So viele Baustellen - sorry, sehr lang

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  • So viele Baustellen - sorry, sehr lang


    Liebes Expertenteam,


    nun ist es soweit, dass auch ich mir eure Hilfe erbitte.


    Kurze Info zu meiner Familiensituation:
    Mein Mann und ich sind vor einem Jahr in eine neue Stadt gezogen. Ende September wurde unsere Tochter geboren. Unser Sohn (3,6 Jahre) geht seit Anfang September in den Kindergarten.


    Wie oben zu lesen, hab ich einige Baustellen zu bearbeiten. Auswirkungen haben alle auf das Verhalten meines Sohnes und mein Verhältnis zu ihm.


    So recht weiß ich nicht, wo ich anfangen soll. Ich denke, zuerst beschreibe ich euch meinen Sohn und was sich so verändert hat.
    Er war in den letzten drei Jahren bei mir zu Hause und ein sehr selbstständiges Kind. Er hat ausdauernd und mit viel Phantasie gespielt. Nicht mit Spielzeug, sondern mit allem anderen, was es so gibt in Haus und Garten. Er kann seine Gefühle soweit ganz gut artikulieren, sagt, was er will und was nicht und was er blöd findet.
    Nun ist es so, dass er nicht mehr spielt. Nur ganz schwer findet er ins Spiel und Spielzeug ist sowieso nichts für ihn. Maximal Duplosteine (selten), Puzzles (nur in Begleitung) und Bücher zum Vorlesen. Wenn er draußen ist und baggert, schaufelt und räumt, ist die Welt für ihn in Ordnung... Doch in letzter Zeit, mag es am Wetter liegen oder nicht, will er auch nicht mehr raus gehen.
    Im Kindergarten, den er seit September besucht, ist es ähnlich. Er tüddelt nur durch die Zimmer und findet selten zu einem richtigen Spiel. Wenn er im Garten zu tun hat, ist er fast nicht mehr zum Reingehen zu bewegen.


    Dass er nicht mehr spielt, wirkt sich sehr negativ auf mich aus. Wenn er zu Hause ist, dann dümpelt er nur bei mir rum. Sitz in der Küche rum, ohne etwas zu tun. Beschwert sich, wenn ich das Zimmer verlasse. Schreit mir hinterher: "Aber ich will nicht alleine sein!"
    Dazu kommt, dass er unheimlich nah am Wasser gebaut ist in letzter Zeit. Er heult und knigelt bei jedem kleinen bisschen. Sei es, dass die Butter nicht richtig auf dem Brot verteilt ist, oder ihm ein Glas runterfällt, oder ich grad an ihm vorbei gegangen bin und er "im Weg" stand.
    Dabei weint er und wird wütend und unheimlich knatschig. Er beruhigt sich auch nicht wieder. Manchmal darf bzw. soll ich zu ihm kommen. Dann sagt er: "Du musst mich trösten, sonst beruhige ich mich nicht!" und andermal soll ich weggehen. Oft lass ich ihn dann einfach. Ich hab auch nicht die Kraft, mich jedes mal zu ihm zu knien und ihn zu trösten. Oft ist mir der Grund des Weinens einfach zu lapidar. Es geht einmal hüh und einmal hott. Erst will er einen Keks mit Schokolade und dann will er nicht. Und egal was, es ist falsch was ich tu und er weint! #sauer


    So, nun zur zweiten Baustelle...


    Ich merke, dass mir hier in der neuen Stadt die Decke auf den Kopf fällt. Es fällt mir so unheimlich schwer sozialen Anschluss zu finden. Und ich bemühe mich wirklich sehr.
    Bevor wir hier wohnten, war ich mit meinem Sohn weitestgehend allein zu Hause und mein Mann 4/5 Tage die Woche auf Montage. In dieser Zeit hatte ich eine Freundin, mit der ich mich mehrfach die Woche traf und austauschen konnte. Doch das Verhältnis ist zerrüttet und über die lange Distanz auch nicht zu halten gewesen.
    Auf Familie kann ich im großen und ganzen nicht zurückgreifen (siehe nächster Punkt).
    Das paradoxe daran ist, dass ich einen sozialen Beruf (staatl. anerkannte Erzieherin) erlernt habe und immer mit Menschen gearbeitet habe.
    Doch privat fällt es mir so unheimlich schwer, Menschen/Freunde kennenzulernen. Und ich spüre, dass ich den Austausch brauch. Und wenn es ein Plausch beim Kaffee ist.
    Ich geb mir ja Mühe und besuche einen Pekip-Kurs und geh zur Stillgruppe. Nur sind die meisten Frauen da ein wenig anders als ich und ich hab keine Kraft mehr, mich damit auseinander zu setzen. Ich mag nicht mehr groß und breit verteidigen, warum ich im Familienbett schlafe und warum mein Kind nicht mir 4 Monaten Brei bekommt und warum meine kleine nicht schreiend ins Bettchen gelegt wird und allein einschlafen muss und warum meine Kinder nicht geimpft sind und warum ich mein Baby im Tuch trage. Ich bin es einfach leid...
    Es wär so schön, jemanden zu treffen, bei dem die Chemie stimmt und ich mich nicht erklären muss, weil der andere es schon weiß und es ebenso oder ähnlich macht.
    Ich habe schon richtig Angst, wenn ich eine Mama kennenlerne, dass ich irgendetwas sage und ich blöde Blicke einfange. Ich sag teils schon gar nichts mehr.



    Jetzt kommt die Familienbaustelle:
    Ich bin sooooo wütend und so traurig, dass es langsam nicht mehr zu unterdrücken geht.
    Meine Eltern sind beide verstorben und die Umstände machen mich so unglaublich wütend. Zwei Wochen vor der Geburt meiner Tochter verstarb mein Vater. Nicht unverhofft. Nein. Er hat sich, genau wie meine Mutter vor acht Jahren totgesoffen. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Und ich habe ihn beerdigt, meinen Sohn im Kindergarten eingewöhnt und dann Ende September meine kleine Tochter zu Hause geboren. Und nun ist die Luft raus. Und ich kann nicht mehr so recht funktionieren. Es fällt mir immer schwerer, nicht daran zu denken und nicht traurig und wütend zu sein.
    Und es ist ja nicht so, dass ich nicht schon vor acht Jahren das gleiche durchlebt hab und in therapeutischer Behandlung war. Und ich weiß, dass ich in der Hinsicht Hilfe brauch. Denn ich kann nicht mehr lange allein damit umgehen. Mein Mann ist für solche Sachen die falsche Adresse. Das überfordert auch ihn.


    Er wäre dann auch meine nächste Baustelle:
    Ich liebe ihn und hege nicht die Absicht mich zu trennen! Dies sei vorweg gesagt.
    Doch er hilft mir auch so wenig und hat macht so Sachen, die ich nicht mag. Das fängt bei kleinen Dingen an: er raucht und das finde ich (als ehemalige Raucherin) nicht in Ordnung. Zumal er mit den Kindern im Bett schläft. Aber seine ganze Familie raucht und ich finde es nicht gut, wenn mein Sohn solche Vorbilder hat. Er sagte schon: "Mama, aber Männer rauchen immer." 8I
    Dann ist sein Feierabendbier mir schon ein Dorn im Auge (siehe vorige Baustelle). Und ich glaub nicht an das "es schmeckt mir einfach und nach einem langen Tag gönn ich mir das".
    Ich hasse sein PC-gezocke (WoW) - das ist nicht im entferntesten das, was ich mir als Hobby für einen Vater vorstelle, das er mal mit seinem Sohn teilen kann.


    So das waren die kleinen Dinge, das größte ist die Sache, dass er mich in finanziellen Dingen allein lässt. Es sieht nicht gut aus bei uns und es braucht sicher auch noch einige Zeit, bis sich alles in geregelte Bahnen bewegt hat. Mein Mann war lange selbstständig und wir haben noch eine Menge Altlasten zu begleichen. Er geht seit Mai 2012 einer Tätigkeit als Angestellter nach. Doch um alle Anträge bei öffentlichen Stellen, um Unterstützung (Wohngeld, Kinderzuschlag etc.) muss ich mich allein kümmern. Selbst um seine Steuererklärung und seinen Kontostand und seine Telefonrechnungen muss ich mich kümmern.


    Ich will mich da nicht mehr kümmern. Ich will mal einen Mann haben, der sich selbst kümmert! Der sich und sein Leben in die Hand nimmt und Vorbild ist und stark und sich kümmert.



    So, jetzt hab ich mein Herz ausgeschüttet und weiß immer noch nicht, wo ich anfangen soll, etwas zu ändern, damit es mir besser geht.
    Ich fühl mich erschöpft und hab das Gefühl, dass alles mich erdrückt. Dass ich nicht mehr standhalten kann. Und am meisten macht es mir Angst, dass es meine Kinder aushalten müssen und ich nicht angemessen und ihnen würdig mit ihnen umgehen kann, weil mir die Kraft und die Nerven fehlen.


    Danke fürs durchhalten und lesen.
    Vielleicht habt ihr eine Strohhalm für mich, der mir ein bisschen Halt gibt.

    "Die Natur schafft immer von dem, was möglich ist, das Beste."

    Aristoteles

  • Liebe wedekind,


    nachdem ich Deinen Beitrag gelesen hatte, habe ich zunächst nur das Bedürfnis gehabt, Dich mal ganz fest in den Arm nehmen zu wollen - Du hast im Moment wirklich sehr, sehr viele Baustellen am Laufen, und ich kann gut verstehen, dass Du das Gefühl hast, dass Dich die ganze Situation so langsam aber sicher ein bisschen in die Knie zwingt.
    Gemeinerweise scheinen sich schwierige und unglückliche Situationen meist ja gegenseitig auch noch zu verdichten: versucht man, sich gedanklich mit der einen Gegebenheit zu befassen, schubsen und drängeln sich so halbgar im Schatten noch die anderen in die Gedankengänge mit hinein und werfen alles, was man sich Konstruktives und Hilfreiches aufgebaut hat, dabei ganz gerne wieder über den Haufen.


    Ich nehme jetzt Deine Reihenfolge mal auf und fange bei Deinem Sohn an.


    Vieles von dem, was Du beschreibst, erinnert mich an meine Kinder. Meine Tochter hatte diese Phase des "Alles irgendwie blöd" mit etwa drei Jahren, mein Sohn etwas früher, und ich weiß noch gut, dass es mich mehr als einmal in den Wahnsinn getrieben hat, wenn es absolut nichts gab, was ich in solchen Momenten "richtig" machen konnte.
    Ohne auf das ganze Drumherum einzugehen, würde ich zunächst einmal sagen, dass Dein Sohn rein vom Alter her ohnehin in einer Phase steckt, in der er sich mit seinen Gefühlen und Bedürfnissen zunehmend differenzierter auseinandersetzt, dabei aber selbst noch nicht unbedingt in der Lage ist, diese Gefühle und Bedürfnisse auch immer zu durchschauen und womöglich sogar noch selbst zu befriedigen.
    Als ich einer Freundin mal diesbezüglich mein (und meines Sohnes) Leid schilderte, meinte sie, dass alles, was mein Sohn an "Du sollst...." und "Ich will... " und "Ich will nicht..." vorbringt, letztlich nur auf einen einzigen Satz hinausläuft: "Mach mich glücklich. Sofort."


    Das allein wäre für jede Mutter schon Herausforderung genug.


    Für Deinen Sohn kommen im Moment aber mehrere Dinge zusammen (irgendwie könnte man es auch "seine Baustellen" nennen):
    Er ist nun ein großer Bruder, und seine kleine Schwester fordert seit dem letzten September einiges von dem ein, was er bisher explizit und unteilbar für sich alleine hatte.
    Zudem kam er im gleichen Monat, in dem seine Schwester geboren wurde, in den Kindergarten (und je nachdem, welches Temperament Dein Kind besitzt, kann der Zusammenhang "Das Baby kommt - ich gehe in den Kindergarten" ein schwieriger sein).
    Und zu alldem ist er offenbar ein Draußen-Spieler, und der extrem lange Winter macht ihm sicherlich zu schaffen.


    Wenn Du ihn als "nah am Wasser gebaut" beschreibst und erzählst, dass er immer nur irgendwo in Deiner Nähe rumsitzt, aber selten in irgendein Spiel findet, dann fühlt sich das für mich sehr danach an, dass es ihm tatsächlich in erster Linie um die Nähe zu Dir geht. Er "will nicht alleine" sein, er präferiert Spiele, bei denen Du mitmachen sollst (Puzzles) oder musst (vorlesen) - er sucht den Kontakt zu Dir, und das in einer Stimmung, die es Dir nicht unbedingt leicht macht, auf ihn zuzugehen.
    Aber auch, wenn Dein Kind sprachlich bereits sehr gewandt zu sein scheint, so ist er eben doch noch nicht in der Lage, Dir mitzuteilen, was tatsächlich hinter seinem Gejammer steckt, warum er in, so scheint es Dir, wegen einer lapidaren Situation zu weinen beginnt.
    Du schreibst, Du würdest ihn dann oft "einfach lassen", Du habest nicht die Kraft, ihn wegen irgendwelcher Kleinigkeiten dauernd zu trösten, aber vielleicht hilft es Dir, wenn Du Dir bewusst machst, dass er im letzten Jahr so einiges an Veränderungen hat wegstecken müssen, die selbst Erwachsene nicht so ohne weiteres wegstecken würden: ihr seid umgezogen, er teilt die elterliche Liebe seit einem halben Jahr mit einer Schwester, er muss sich einen neuen Freundeskreis in einem für ihn ebenfalls neuen Kindergarten aufbauen, sein Opa ist gestorben (ich weiß nicht, wie eng der Kontakt zu ihm war) und sein Ventil der Entspannung, nämlich rausgehen und spielen, scheint ihm ob des miesen Wetters derzeit auch genommen.


    Ich denke, es wäre sehr wichtig für ihn, wenn Du ihm das Gefühl vermitteln könntest, dass Du ihn in all seinem Elend ernst nimmst und Deinen Fokus daher auch auf die Kleinigkeiten richtest, wegen denen er offensichtlich ins Schleudern kommt, um dahinter auch die wirklich großen Baustellen zu erreichen, die ihn vermutlich auch ziemlich umtreiben.


    Nun ist es aber so, dass Deine eigenen Baustellen um Dich herum dafür nicht viel Kraft und Energie lassen.
    Es nutzt nicht viel, wenn Dir meine Worte das Gefühl vermitteln, Du solltest Dich um Deinen Sohn kümmern, wenn alles in Dir sich nach jemanden sehnt, der sich auch mal um DICH kümmert.


    Wenn Du schreibst, dass Dein Vater - wie auch schon Deine Mutter - sich "totgesoffen" haben, dann lese ich heraus, dass Du darin fast schon eine bewusste, aktive Handlung darin siehst. Und dass dies zwei Wochen vor der Geburt Deines zweiten Kindes passieren musste, ist um so entsetzlicher. Deine Eltern scheinen Dich geradezu im Stich gelassen zu haben, und für das Kind dieser Eltern, dass Du warst und immer noch bist, zieht sich mir wirklich das Herz zusammen.
    Jedes Kind verdient Eltern, die es unterstützen und verlässlich hinter ihm stehen, und aus eigener, persönlicher Erfahrung weiß ich, wie es sich anfühlt, wenn man diese Kraft der eigenen Eltern nicht im Rücken hat.
    Ich weiß nicht, wie groß diese Baustelle des Todes Deines Vaters Dich immer wieder massiv in Deinem Alltag belastet und beeinträchtigt.
    Du schreibst, Du habest Dir auch bei dem Tod Deiner Mutter vor acht Jahren Unterstützung gesucht - bestünde die Möglichkeit, diese Hilfe wieder in Anspruch zu nehmen?


    Irgendwo musst Du unbedingt ein bisschen abgeben, erzählen dürfen, auch Du brauchst Menschen um Dich herum, die Dich auffangen und Dir neue Energie geben.
    Leider findest Du diese Unterstützung zur Zeit weder bei Deinem Mann im ausreichenden Maße, noch, aufgrund des Umzugs, in einem Freundeskreis.


    Was Deinen Mann betrifft, so möchte ich Dich fragen, ob Du ihm bereits so offen Deine augenblickliche Situation geschildert hast, wie Du sie hier für Dich zusammengefasst hast?
    Weiß er, dass Du gerade verstärkt seine Unterstützung und auch Verantwortungsübernahme von ihm brauchen würdest?
    Vielleicht gäbe es die Möglichkeit, die für Dich dringlichsten Punkte anzusprechen (das Herausziehen seinerseits aus allem, was mit finanziellen Dingen zu tun hat, sein Rauchen, was auch immer) und ganz konkret auf seine Mithilfe in diesen Dingen zu bestehen?
    Dir ist es hier gelungen, Deinen derzeitigen Stand der Dinge sehr differenziert und sachlich darzustellen, trotzdem hast Du deutlich gemacht, wie sehr Du unter dieser Situation leidest - ich könnte mir gut vorstellen, dass Du dies ähnlich klar auch Deinem Mann gegenüber verdeutlichen kannst.
    Frag ihn, was er selbst sich vorstellen könnte, um Dir unter die Arme zu greifen, bitte ihn konkret um bestimmte Dinge, bei denen Du Dir seine Hilfe wünschst.
    Wichtig ist vor allen Dingen, dass Du ihm Deine Gefühle, die Dich im Moment schier überrollen, nicht verschweigst.


    Freundeskreis: Es hilft Dir nicht, wenn ich Dir sage, dass beinahe jeder, der in ein neues Umfeld zieht, berichtet, dass es in der Regel mehrere Jahre benötigt, um das Gefühl zu bekommen, man habe Fuß gefasst.
    Wenn Du schreibst, dass Du Dich bereits aktiv in andere Gruppen hineinwagst, dann befindest Du Dich auf einem guten Weg - auch wenn es sich für Dich so anfühlt, als sei das alles nicht wirklich passend.
    Vergiss nicht, dass Du im Moment wirklich sehr unter Strom stehst und entsprechend vermutlich auch nicht wirklich so gelassen mit neuen Menschen umgehen kannst, wie Du dies könntest, wenn Du etwas weniger Baustellen zu bewältigen hättest.
    Gibt es für Deinen Umkreis Internet-Seiten, die sich speziell an Mütter richten?
    In München gibt's beispielsweise mehrere Netzwerke, die auch Mütter "verkuppeln" - oft reicht eine Anzeige, in der Du Dich und Deine Wünsche mit ein paar Worten beschreibst, um andere Frauen zu finden, mit denen Du Dich ganz konkret auch erst einmal in einer vielleicht etwas weniger stressigen Zweierrunde + Kinder treffen kannst, um sich zu beschnuppern.
    Als ich vor sechzehn Jahren nach München gezogen bin, habe ich mich genau auf diese Weise mit recht vielen Frauen getroffen, bis der Freundeskreis daraus erwachsen ist, der mich auch heute noch begleitet (es hatte fast schon etwas von einer Partner-Suche - die Freundinnen zu finden, die wirklich zu Dir passen, ist eine echte Herausforderung).
    Vielleicht findest Du bereits hier bei den Rabeneltern am "Gartenzaun" Gleichgesinnte?


    Ich weiß nicht, wo genau Du wohnst, aber auf einen Tee oder einen Kaffee würde auch ich mich gerne mit Dir treffen - und wenn das entfernungsmäßig nicht so ohne Weiteres machbar ist, dann biete ich Dir gerne an, mit Dir in einen PN-Austausch zu treten, so Du die Energie und die Kraft dafür aufbringen kannst.


    Ich wünsche Dir alles Gute, wedekind. #knuddel

  • Tut mir leid, dass meine Antwort so lange auf sich hat warten lassen.
    Ich musste erstmal alles "verdauen" und die Ostertage hinter mich bringen.


    Vorweg gesagt, geht es mir seit dem Schreiben hier schon besser. Es hat sehr gut getan, die Dinge mal beim Namen zu nennen.


    Kira, dir danke ich, da ich einen Anfang hab machen können. Mit meinem Mann hab ich nicht so direkt gesprochen, aber er scheint es schon gemerkt zu haben, dass ich mehr Hilfe brauch. Die Ämtersachen sind weiter mein Part, da hat er keinen Draht zu. Aber er hat mir unsere Tochter jetzt sehr oft abgenommen und ist mit ihr in der Trage raus. Am Wochenende war er
    sogar mal mit beiden Kindern weg und ich konnte entspannt baden gehen - herrlich #applaus




    Zudem habe ich mir überlegt bezüglich des Tods meines Vaters Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich möchte nicht, dass meine Wut auf ihn sich so auf meine Kinder und unser Familienleben auswirkt. Und ja, ich unterstelle ihm zwar keine Absicht, aber Ignoranz und Selbstbezogenheit. Krankheit hin oder her - er wusste wie es enden kann und es hat ihn nicht interessiert, dass er uns (meine Schwester und mich) einfach so zurück lässt.
    Leider muss ich noch bis Mitte Mai warten, bis ich den Termin mit meiner Ärztin wahrnehmen kann. Bin aber gespannt, was sie mir vorschlägt tun zu können. Und allein die Aussicht darauf, hat mich aufatmen lassen.


    Mein größtes Problem ist aber derzeit noch mein Sohn. Durch deine Worte habe ich ihn doch mal eher "von außen" betrachten können. Ich habe versucht, mich in ihn hinein zu versetzen und mir vorzustellen, was da grad wichtig ist, wenn er so weinerlich ist. Das "Spiegeln" hilft mir da teils ganz gut und er merkt doch, dass ich ihn mehr erkenne. Auch hab ich mehr Kuscheleinheiten für ihn - wenn er es möchte.
    Doch seit einigen Tagen wacht er nachts/spät abends auf und sitzt heulend im Bett. Das hatte er schon als kleines Kind, aber nie so arg und so oft hintereinander. Damals hab ich das als "Nachtschreck" abgetan. Es kam so ein- oder zweimal im Monat vor. Und ganz lange war nichts mehr...
    Ich finde das fast gruselig - er sitzt im Bett (Familienbett), teils mit geschlossenen Augen und wimmert und weint und redet vor sich hin. Was er sagt, versteh ich nicht. Er spricht da zu undeutlich. Manchmal hat er dann auch eingepullert. (Er schläft erst seit zwei Wochen ohne Windel.) Es fällt mir schwer etwas zu tun. Alles ist falsch! Wenn er dann etwas munterer wird, dann steigert sich das weinen in ein unsegliches Heulen. Und alles, aber alles ist falsch. Sitzen, liegen, kuscheln, trinken, pullern - mal ja, mal nein und alles wird nur schlimmer. Egal ob ich oder mein Mann etwas tun oder nicht - es wird schlimmer. Oft steht er dann schreiend im Flur, zittert und weiß weder ein noch aus.
    Ich bin da richtig am verzweifeln. Bis jetzt hat mein Mann ihn da gut wieder raus bekommen. Er nahm in mit in die Küche und hat alltägliches gemacht - das was er sonst auch getan hätte ohne unseren Sohn. Irgendwie hat ihn das dann abgelenkt, ohne abgelenkt zu werden #gruebel
    Nach etwa einer halben bis einer Stunde schläft er dann bei meinem Mann auf dem Klappsofa ein. (Wir schlafen derzeit getrennt, weil ich so schnarche.)
    Mein Sohn will dann auch nicht zu mir.


    Das klingt sicher ganz wirr.... ich komm damit so schwer zurecht. Ich werde so wütend und ungehalten und manchmal laut und hab ihn auch schon angeschrien:"Was willst du???"


    Ich bin da total überfordert - weiß nicht warum und wie es besser werden kann.


    Beste Grüße,
    wedekind


    PS: über einen PN-Kontakt würde ich mich freuen

    "Die Natur schafft immer von dem, was möglich ist, das Beste."

    Aristoteles

  • Liebe wedekind,


    zuallererst: Es ist sehr schön zu hören, dass sich in Deiner Situation etwas bewegt hat, bzw. dass Du an einigen Baustelle bereits das ein oder andere zusammenpuzzlen konntest.


    Dass sich die Dinge bereits dadurch etwas sortieren, indem man sie einmal schriftlich vor sich ausbreitet, kenne ich auch sehr gut. Man nimmt ihnen dadurch die Möglichkeit, sich dreist immer wieder nach vorne zu drängeln und übereinander aufzutürmen. In schnöder Listenform können sie zwar immer noch trostlos aussehen, sie haben dann aber nicht mehr die Gelegenheit sich doppelt und dreifach in Deine Gedanken zu quetschen und sich dadurch dann überdies auch noch extrem aufzuplustern.


    Dass Dein Mann Dich gerade mehr unterstützt ist großartig - um so schöner beinahe, dass er offenbar selbst bemerkt zu haben scheint, dass Du seine Hilfe im Moment dringend benötigst.
    Behalte trotzdem im Hinterkopf, mit ihm in einer ruhigen Stunde mal Deine Baustellen-Liste durchzugehen.
    Auch ohne desinteressiert oder gleichgültig sein zu wollen, kann ein Partner seine Unterstützung aufgrund irgendwelcher Umstände auch wieder einstellen. Wenn Du Deinem Mann Dein Innenleben ein wenig öffnest, hebelst Du dadurch nicht nur die zufälligen und stimmungsabhängigen Hilfsangebote ein wenig aus, sondern gibst ihm auch die Möglichkeit, sich Dir gegenüber als unterstützender und verlässlicher Partner zu erweisen.


    Was Deinen Vater betrifft, so ist Mitte Mai zwar noch ein wenig hin, aber da Du Dich bezüglich dieser Baustelle für ein bestimmtes Vorgehen entschlossen hast, könnte ich mir vorstellen, dass sie nicht mehr ganz so überrollend sein dürfte – schließlich bist Du ja gerade dabei, nicht nur hilflos auf die gegebene Situation zu starren, sondern Dir konkret Hilfe diesbezüglich zu organisieren.


    Deine derzeit größte Baustelle: Dein Sohn und seine (und eure) schlaflosen Nächte.
    Tatsächlich habe ich auch als erstes an den Nachtschreck denken müssen. Einiges von dem, was Du beschreibst, lässt stark darauf schließen – sein Weinen, die offensichtliche Erregung und die Tatsache, dass man ihn schier nicht aus seinem angstvollen Zustand herausholen kann. Schwitzt er dabei oder atmet er sehr schnell? Dauert der Zustand nicht länger an als höchstens zwanzig Minuten? Kann er sich später an diesen Vorfall erinnern?
    Falls er wirklich dem Nachtschreck ausgesetzt ist (und dann hast Du die ersten Fragen mit „Ja“ und die letzte mit „Nein“ beantwortet), dann kann er nichts dagegen tun – und ihr als Eltern leider auch nicht. Er ist dann so in seiner Verwirrtheit und der daraus resultierenden Angst gefangen, dass man kaum zu ihm durchdringen kann und tatsächlich einfach abwarten muss, bis er von alleine wieder aus seinem Zustand herausfindet.
    Es kann dabei sogar sein, dass er auch vor Dir oder Deinem Mann Angst hat und tatsächlich ist es mitunter so, dass jeder Versuch, das Kind zu beruhigen, seine Angst sogar noch verstärkt.


    Normalerweise verschwinden die Nachtschreck-Phasen mit zunehmendem Alter von allein, wenn die Reifung des Gehirns voranschreitet und die Kinder nicht mehr so leicht zwischen Tiefschlaf und Wachsein feststecken können.


    Ich habe schon Berichte von Eltern gehört, die sagen, dass die Nächte ruhiger sind, wenn auch die Abende ruhiger verlaufen oder dass die Kinder eine gewisse Unruhe vom Tag in die Nacht mit „hineinnehmen“.
    Vielleicht fallen Dir ja auch Parallelen zum vorangehenden Abend oder Tag auf.


    Was also tun?
    Nichts. Dabei sein. Abwarten. Darauf achten, dass Dein Sohn sich in seinem Zustand nicht versehentlich selbst verletzt, indem er beispielsweise völlig desorientiert versucht, aus dem Bett zu klettern.
    Das klingt jetzt vermutlich ein wenig frustrierend – es ist immer besser, wenn man das Gefühl hat, man kann konkret etwas machen.
    Ich hoffe, es nimmt den Druck aber bereits etwas heraus, wenn Dir bewusst ist, dass man dem Nachtschreck in der Situation selbst wirklich kaum entgegentreten kann.


    Was mir in einer vergleichbaren Situation geholfen hat, war übrigens folgendes: Meine Tochter war ein Schreibaby. Ein Wort – viele, viele, VIELE schlaflose Stunden und frustrierende Nächte. Ich hatte regelrecht Angst dafür, sie auch nur quäken zu hören und habe mich mental beinahe schon in einer Art Dauerzustand furchtsamer bzw. entnervter Erregung befunden.
    Auch ich wollte gerne etwas tun, wollte ihr helfen, einen Weg finden, sie aus ihrem Leid herauszuholen.
    Aber erst, als ich mir klargemacht habe, dass ich ihr Schreien nicht verhindern kann, mehr noch, dass ich ihr dieses Ventil für was auch immer gar nicht nehmen sollte, wurde es besser. Ich habe mir bewusst gesagt: „Sie wird schreien. So ist es. Ich kämpfe nicht dagegen an, ich suche nicht länger nach Lösungen. Ich bin nur da für sie, ich bin bei ihr, und ich halte das Schreien gemeinsam mit ihr aus.“
    Jetzt kommt ein fieser „Wunderheilung“-Satz, aber ja, es wurde dadurch besser.
    Ich war wesentlich entspannter, und das wiederum wirkte sich auf meine Tochter aus.
    Und selbst wenn’s nur ein Timing-Zufall war – ich habe mich tatsächlich besser gefühlt, weil ich für mich den Druck herausgenommen habe, meine Tochter sofort aus ihrem Schreien herausholen zu müssen.


    Vielleicht hilft es Dir ja auch, wen Du Dir bewusst machen kannst, dass Du Deinem Sohn nichts bieten und ihm nicht helfen musst, sondern dass es ausreicht, in seiner Nähe zu sein und mit ihm gemeinsam schlicht abzuwarten, dass er aus seiner Angst wieder herausfindet.


    Wenn Du jedoch das Gefühl hast, dass der komplett nicht ansprechbare Zustand wesentlich länger als zwanzig Minuten dauert (mir haben Eltern allerdings auch schon erzählt, dass ihr Kind bis zu einer halben Stunde völlig neben sich steht) oder wenn der Nachtschreck weiterhin langfristig bei euch auftaucht, dann würde ich Dir empfehlen, dies eurem Kinderarzt zu berichten, um andere potenzielle Schlafstörungs-Ursachen auszuschließen.


    Wenn Du magst, dann können wir unser Gespräch gerne an dieser Stelle weiterführen, Du kannst mir aber auch eine PN schreiben, wenn Dir das lieber ist. :)