Kognitive Fähigkeiten - Talent, Lernen, Üben?

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    • Offizieller Beitrag

    Meine Oma hat mit Mitte 70 "Computer" gelernt - am liebsten zockt sie online, aber sie kommuniziert auch mit Freundinnen, bestellt Dinge und informiert sich...


    Wie Du schön sagst: die Motivation! Und noch fast wichtiger: die Demotivation! Wer lange genug geübt hat "schlecht in Mathe" zu sein, dessen Gehirn wird jedem Lernversuch im Weg stehen...


    Liebe Grüsse


    Talpa

    • Offizieller Beitrag

    Und da schließt sich der Kreis für mich wieder zum "Alles lernen können, wenn man nur wirklich will und sich Mühe gibt". Ist das so?

    Ich denke es gibt da Grenzen. Manches wird trotz hoher Motivation und Übungsbereitschaft gar nicht klappen (ein Blinder wird eher nicht sehen können oder ein komplett Gelähmter laufen können). Aber man kann schon viel erreichen durch regelmässiges Üben, was man erstmal nicht für möglich gehalten hätte. Wenn man jetzt aber als Ziel hatte Weltmeister in einer Sportart zu werden ist es schon recht unrealistisch, dass man das schafft, wenn es einem von vornherein schwer fällt.

  • Und ich dachte bisher, das mach nur ich so... #schäm


    Ich habe IMMER bei großen Reisen beim Start im Auto einen Beutel mit nassen, aber unbedingt benötigten Sachen dabei, die ich dann erst mal im Zelt/ums Zelt aufhängen muss. Auch wenn ich eine Woche vorher anfange.
    OK, wir haben nicht so viele Sachen so daß ich nicht schon viel früher alles benötigte weglegen könnte, aber mit etwas mehr Zeitgefühl, wüsste ich nicht nur irgendwo im Hinterkopf, daß die Zeit eng wird, sondern würde auch die Arbeiten entsprechend legen.

    Trin, reich mir die Flosse! Bei mir sind es meistens meine Klamotten, die noch nass mitreisen, denn ich habe nicht so viel. :D

    Das ist vielleicht eine blöde Frage, aber schaust du sowas nicht nach?


    Ich habe z.B. mehrfach die Zeit gestoppt, wie lange ich zum S-Bahnhof brauche (8 Minuten). Manchmal gehe ich trotzdem noch zu spät los, aber meistens klappt es. Und man kann doch auch bei Google Maps Strecken nachschlagen und wenn man das ein paar Mal damit abgeglichen hat, wie viel Zeit man tatsächlich braucht, weiß man auch, ob Google eher langsamer oder eher schneller läuft/fährt als man selbst.

    Susan, ich glaube, Dir als nicht-betroffener ist das Problem nicht so präsent. Ich bin zwar schlecht mit Zeit einschätzen, aber sonst schon nicht ganz kopflos. Klar kenne ich die Zeit, die ich fahre, zum Beispiel, ganz genau. Aber wann ich anfangen muss, die Tasche zu packen, damit ich auch rechtzeitig ins Auto steige... so was kann man gar nicht stoppen. Zumindest ich nicht, ich packe nicht wie automatisch jedes mal gleich lange mit gleichen Bewegungen. Manchmal fehlen noch Arbeitsklamotten, oder die Dose fürs Essen hat schon jemand anderer mitgenommen... oder schnell noch, wie Trin schreibt, was kurzes zwischendurch erledigen... sollte man nicht, aber ich muss mich bewusst und arg konzentrieren, damit ich nicht wie so ein Kind, etwas sehe und mich plötzlich darauf umschalte, und Ursprungsvorhaben zunächst vergesse. :D


    Das ist nun natürlich nicht so, dass man es vor sich hin laufen lässt und nix unternimmt. Aber, wie Trin bereits geschrieben hat, fällt es einem Menschen, für den das problematisch ist, nicht leicht, sich zu organisieren, und es bedarf bei mir zum Beispiel enormer Anstrengung und ständiger Selbstanmahnung meinerseits. Meine Arbeit ist so, dass ich es mir nicht leisten kann, zu spät zu kommen, deswegen packe ich Arbeitstasche am Abend vorher und fahre immer für mein Zeitgefühl sehr früh los (am Ende der Strecke gibt es noch Parkplatzsuche und und und... ). Dieses "organisier Dich mal besser" und jeder kann das, wenn nur (richtige Online-Terminplaner, Vernetzung mit Partner, etc. pp.) benutzt wird"... Solche Aussagen lassen mich im realen Leben meistens gekränkt und ratlos zurück. Ich habe Jahre gebraucht, und einen guten Chef, um das Problem überhaupt als solches zu erkennen. Es gab ja sonst immer handfeste Ursache, jeden Tag andere, und ich empfand es bis damals als persönlichen Fluch, der mich halt eben so verfolgt.


    Ich schließe mich meiner Vorschreiberinnen an, jemand ohne ein Bein kann auch mit Prothese laufen lernen und dies einigermaßen gut tun, aber jemand mit zwei gesunden Beinen wird im Laufen immer besser sein.

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke es gibt da Grenzen. Manches wird trotz hoher Motivation und Übungsbereitschaft gar nicht klappen (ein Blinder wird eher nicht sehen können oder ein komplett Gelähmter laufen können). Aber man kann schon viel erreichen durch regelmässiges Üben, was man erstmal nicht für möglich gehalten hätte. Wenn man jetzt aber als Ziel hatte Weltmeister in einer Sportart zu werden ist es schon recht unrealistisch, dass man das schafft, wenn es einem von vornherein schwer fällt.

    Ein bekannter Hirnforscher hat mal gesagt: mit 10 000 Übungsstunden können sie ein Instrument auf Konservatoriumsniveau spielen - oder so gut Tennis spielen wie Roger Federer... Vielleicht wird ihnen dessen Spielwitz fehlen, aber technisch kann das jeder erlernen. Vorausgesetzt, er investiert genug Übungszeit.


    Was ich in der letzten Zeit über das Thema Lernen gelernt habe, ist, dass unser Gehirn unfassbar plastisch und flexibel ist. Und, wenn wir mal von grundsätzlich gesunden, nicht behinderten Menschen ausgehen (was die meisten von uns ja nunmal sind), da wirklich enorm viel möglich ist.
    Als Erwachsene gelerntes "Nicht-Organisiertsein" (denn auch das ist erlernt und jede von uns hat ihre Strategien entwickelt und Verhaltensmuster gefestigt...) mit "Organisiertsein" zu überschreiben ist hart - aber im Prinzip machbar.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Meine Vorstellung von der Arbeitsweise des Gehirns ist etwa so:


    Es gibt grobe Bereiche für verschiedene Dinge wie Sprache, Motorik, Kreativität, Logik, Soziales, usw. und diese vergrößern oder verkleinern sich abhängig vom Training, aber sind auch genetisch bedingt unterschiedlich, also z. B. hat vielleicht einer generell einen größeren oder leichter wachsenden oder besser strukturierten Bereich für eine Fähigkeit als der andere. Das wäre dann dieses der eine ist eben etwas talentierter als der andere, aber der weniger talentierte kann das durch vermehrtes Training gut ausgleichen.


    Dann gibt es noch ganz viele spezialisierte Bereiche/Strukturen, die für sehr konkrete Fähigkeiten vorgesehen sind. Diese sind durch ihre Spezialisiertheit aber auch deutlich anfälliger für Störungen und dadurch kommt es dann zu defiziten wie Lese-Rechtschreib-Schwäche, Dyskalkulie, Gesichtsblindheit, usw., die bei ansonsten völlig normal intelligenten Menschen auftreten. Diese versuchen dann mit ihren vorhandenen Grundfähigkeiten auf das Level zu kommen wie die "Spezialisten" (zu denen ja die meisten anderen gehören), was ihnen aber kaum möglich ist, weil sie durch Training nicht die evolutionär entstandenen speziellen Strukturen erzeugen können. Ich gehe davon aus, dass es von diesen Teilleistungsschwächen noch deutlich mehr gibt als bekannt, weil es dadurch, dass man es eben auch halbwegs ausgleichen kann, nicht so stark auffällt. Und in vielen Fällen gibt es ja auch die Möglichkeit, sich sein Leben so einzurichten, dass man die jeweilige Fähigkeit nicht so oft braucht (indem man sie z. B. Familienmitgliedern oder Freunden überlässt oder einen Beruf wählt, wo man es darauf nicht ankommt).


    Aber das ist nicht irgendwie wissenschaftlich belegt, sondern nur das Bild vom Gehirn, das bei mir im Laufe der Zeit entstanden ist durch die Beschäftigung mit diesem Thema.


    Ich selber kann übrigens auch nicht gut Gesichter erkennen. Das wird wohl dominant vererbt, es scheint also ein einzelnes Gen zu sein, was dafür zuständig ist.


    Was ich auch nicht kann, ist Ballweitwurf. Und ich habe es wirklich geübt, aber ich schaffe es einfach nicht, den Ball im richtigen Moment loszulassen. Aber zum Glück gehört das zu den Fähigkeiten, die ich nach Beendigung der Schule nie wieder gebraucht habe und wohl auch nicht mehr brauchen werde. Und auch so bin ich beim Fangen und Werfen von Bällen sehr ungeschickt. Aber ich gebe zu, es könnte sich dabei durchaus um mangelndes Selbstvertrauen (in meine Fähigkeiten mit dem Ball) kombiniert mit allgemeiner motorischer Untalentiertheit handeln.


    Zum Kartenlesen: Bekannte Karten brauche ich immer nach Norden ausgerichtet, weil ich sonst nicht mehr weiß, wo was ist, und unbekannte Karten drehe ich mir meistens lieber so, wie ich gerade stehe. Wenn ich ohne Karte wo unbekanntes langlaufe, muss ich nur zweimal hintereinander um die gleiche Ecke gehen (also z. B. zweimal rechts abbiegen), und habe ich total die Orientierung verloren. Einmal um die Ecke geht gut und erst links dann rechts oder umgekehrt auch. Ich glaube, meine innere Karte lässt sich nicht um mehr als 90 Grad drehen. Ist ja auch logisch, den Kopf, kann ich schließlich auch nicht mehr als um 90 Grad neigen. ^^


    Und pünktlich losgehen kann ich auch nicht, aber das habe ich inzwischen akzeptiert und versuche es gar nicht mehr. #pfeif Wenn es wichtig ist, plane ich normalerweise ausreichend Puffer, so dass ich es dann auch tatsächlich schaffe.

    • Offizieller Beitrag

    Was ich auch nicht kann, ist Ballweitwurf. Und ich habe es wirklich geübt, aber ich schaffe es einfach nicht, den Ball im richtigen Moment loszulassen. Aber zum Glück gehört das zu den Fähigkeiten, die ich nach Beendigung der Schule nie wieder gebraucht habe und wohl auch nicht mehr brauchen werde. Und auch so bin ich beim Fangen und Werfen von Bällen sehr ungeschickt. Aber ich gebe zu, es könnte sich dabei durchaus um mangelndes Selbstvertrauen (in meine Fähigkeiten mit dem Ball) kombiniert mit allgemeiner motorischer Untalentiertheit handeln.

    Das ist ein extrem spannender Aspekt - ich war gerade kürzlich auf einer Vortragsreihe "Lernen und Motorik", da hat eine Dozentin exakt diese "motorische Störung" erklärt.
    Du befindest Dich in ausgezeichneter Gesellschaft: schlecht Bälle werfen ist extrem typisch für Frauen in Europa. Aus dem einfachen Grund, weil wir in der zweiten Lernstufe steckengeblieben sind, weil wir - kulturell bedingt - zuwenig Training in dieser motorischen Fähigkeit bekommen. Kennt Ihr die Abbildungen aus Largo, Babyjahre/Kinderjahre, wo die Kinder verschiedene Bewegungen üben? Mir fällt gerade nicht ein, wie die drei Phasen heissen, aber beim Werfen von Bällen bleiben die meisten Frauen eben auf der mittleren Stufe stehen: Ball werfen geht, auch schon etwas besser als das Kleinkind, das den Ball noch quasi vom Bauch weg wirft, aber noch nicht so ausgefeilt wie das dann gute Werferinnen machen, die den ganzen Körper miteinbeziehen in die Bewegung.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Die Frage ist halt, ob jeder Körper 10. 000 Übungsstunden Tennis mitmacht oder ob man da nur noch mit Verletzungen beim Arzt sitzt. Vielleicht kann ein Elefant einen Handstand lernen, aber kann er den ganzen Tag Flickflacks üben, ohne seinen Knochen zu schaden?
    Du kannst auch 10.000 Stunden Geige üben und immer einen Viertelton daneben spielen, weil Du das Gehör nicht hast.


    Ich glaube weiterhin an Talent in Kombination mit Übung.

    • Offizieller Beitrag

    Das war auch bisher meine Vorstellung davon, aber eben, mich haben die Gehirnforscher langsam überzeugt - der Talent-Anteil an der Sache ist anscheinend deutlich kleiner als ich so vom Gefühl her gesagt hätte.


    Wie "entsteht" Gehör? Die technischen Voraussetzungen sind bei uns gesunden Menschen praktisch gleich - aber vielleicht hat das eine Kind eine besonders verstärkende Umgebung, die Eltern merken schon früh "Fritzchen mag Musik doch so gern", es hört noch mehr, es hat positive Gefühle dabei, weil es immer mehr unterscheiden kann, es übt ständig mehr (hämmert immer auf jedem Gegenstand rum...) und verstärkt so sein vermeintliches Talent.


    Ich glaube, wir sind noch seeeeeehr weit am Anfang, wenn es darum geht, unser Gehirn und seine Funktionsweise zu verstehen.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • fischlein, mich kostet das auch Kraft, so ist es nicht. Und ich kriege es auch nicht immer hin, aus den gleichen Gründen wie du. Meine Sichtweise ist allerdings insofern anders, als ich es eben eher als ein Aufwand-Problem sehe, ähnlich wie z.B. Aufräumen. Ich kann total ordentlich sein, nur bin ich meist zu faul dazu. Also ist es bei mir meistens unordentlich. Bei meiner Freundin ist es meistens ordentlicher, die verbringt aber auch viel mehr Zeit mit Aufräumen und Putzen... Wenn ich mehr Energie in das Thema stecke, entwickle ich auch praktische Lösungen. Das beschreibst du dich auch, etwa mit der Arbeitstasche, die du Abends vorbereitest. Das ist ja eine total sinnvolle Maßnahme und jetzt auch kein außergewöhnlicher Aufwand, sondern das entspricht etwa dem, was ich als "so machen das gut organisierte Leute und bringen es auch ihren Kindern bei" kennengelernt habe.


    Letztes Jahr musste ich viel Reisen und davor immer packen und saubere Blusen parat haben etc. Da habe ich dann auch irgendwann Routinen entwickelt. Zum Beispiel hatte ich manche Sachen wie Ladekabel oder Necessaire einfach doppelt und immer im Koffer liegen.


    Meine letzte Dienstreise habe ich dann nicht selber geplant, sondern die Sekretärin sollte das machen. Die bekam erstmal eine mehrseitige Anleitung, was ich alles wie brauche (sie war begeistert... ^^). Das war letztlich meine verschriftlichte Planungsroutine. Die war schon so eingeübt, dass ich erst beim Aufschreiben gemerkt habe, wie viel das eigentlich ist.


    Interessant fände ich, wie es sich ergibt, dass Leute sich in die eine oder andere Richtung gezogen fühlen. Warum fällt es meiner Freundin schwerer, den Dreck zu ignorieren und leichter, ihn wegzuputzen und mir geht es umgekehrt? Dabei finde ich es, wenn ich mich erstmal aufgerafft habe, gar nicht so schlimm, teils sogar ganz nett, und hinterher bin ich total stolz und zufrieden. ^^ Und ich mag auch Struktur gerne; das was ich abgeheftet habe, ist immer schön systematisch geordnet.


    Warum interessiere ich mich für Excel in jemand anderes nicht? Warum interessiert sich meine Familie für Fußball und ich nicht?

  • Hallo,


    Mit einer Mutter,. die Sportlehreirn war und die den Ehrgeiz hatte, daß ihre Kinder gut in Sport sind und uns daher reichlich Anleitung, Motivation und Übungsstunden verschafft hat, kann ich die These, daß zu wenig Training dahintersteckt, nicht wirklich bestätigen.


    Bei meinen Kindern ist es so, daß die Jungs deutlich schlechter werfen als die Mädels, ich glaube aber nicht, daß sie im Kleinkindalter so grundlegend unterschiedliche Übungsmöglichkeiten gehabt hätten...


    Vermutlich spielt bei uns die gekreuzte Lateralität mit rein, aber die kann man nun mal nicht "wegüben".


    Hm, wobei laut dieser "alles ist (um)lernbar, ist ist vorgegeben" wären ja auch wieder die Leute am Zuge, die meinen, auch Linkshändigkeit sei "wegübbar", wenn man sich nur Mühe gibt und ausreichend lange übt.

    • Offizieller Beitrag


    Mit einer Mutter,. die Sportlehreirn war und die den Ehrgeiz hatte, daß ihre Kinder gut in Sport sind und uns daher reichlich Anleitung, Motivation und Übungsstunden verschafft hat, kann ich die These, daß zu wenig Training dahintersteckt, nicht wirklich bestätigen.




    Hm, wobei laut dieser "alles ist (um)lernbar, ist ist vorgegeben" wären ja auch wieder die Leute am Zuge, die meinen, auch Linkshändigkeit sei "wegübbar", wenn man sich nur Mühe gibt und ausreichend lange übt.

    Zum oberen: na ja, Kinder sind ja nicht nur von ihren Eltern beeinflusst - sondern beeinflussen sich auch selbst (sprich, mit völlig denselben Voraussetzungen hat das eine als noch sehr kleines Kind ein besonders positives Lernerlebnis - unser Gehirn ist da ein Junkie, das will mehr von dieser Droge "positives Lernerlebnis"...). Wir nennen es meist Talent - Lernforscher wie Lutz Jaenke sind da wohl langsam eher skeptisch.


    Und letzteres: die selben Lernforscher machen da wohl umgekehrt einen Schuh draus - Links- oder Rechtshändigkeit ist gelernt, die Prozesse sind aber so vielfältig, dass wir wohl noch gar nicht mitbekommen, wann genau und wie. In dem Moment, in dem die Leute das Umlernen zu versuchen, ist der Zug aber schon abgefahren, die Fähigkeit "Lego zusammen stecken" ist schon eingeübt. Dass es grundsätzlich möglich ist, beide Hände gleich motorisch fit zu machen, zeigen MusikerInnen ja jeden Tag.
    Gäbe es einen vernünftigen Grund, beidhändig schreiben zu können, könnte man das Einüben, so man denn wollte - das hat aber nichts mit der Holzhammermethode des "Umlernens" zu tun.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Hallo,


    Ähm, doch, ich wollte durchaus gut werfen, weil es mir als Kind als irgendwas sehr wichtiges erschien. Genau so wie Sprint, Ausdauerlauf... alles Sachen, wo ich kläglich versagt habe, trotz z.T täglichem üben.


    Ich wollte es sogar mehr als gut turnen können, weil turnen irgendwie weniger wert schien als Leichtathletik. Trotzdem fiel mir Turnen und Gymnastik leicht. Obwohl Musik in meiner Familie keine große Rolle spielte und ich mich nicht wirklich an Gelegenheiten erinnere, wo ich das hätte üben können, war mein Rhythmusgefühl schon immer recht gut. Während ich beim Lauf nicht mal mittelprächtig schaffte, obwohl ich jeden Abend gerannt bin.


    Und warum sollte sich ein Kopf, der sich mit dem organisieren schwer tut, leichter in "total konzentriert und unorganisiert" überschreiben lassen als z.B. Händigkeit?


    Zum Musizieren - da kenne ich bisher nur die These, daß man wohl die HÄNDE mit sehr viel Training gleich fit machen kann (zu dem, Preis, daß bei gleicher Leistung die nicht dominante Hand immer auch nach dem Lernprpozess einen deutlich größeren Anteil an Konzentration usw., benötigt), die Verbindung zur Seele aber nicht. (Ich hab von Musikern gelesen, die es wahnsinnig erleichternd fanden udn einen ganz anderen Zugang zur Musik entdeckten, als sie ihr Instrument irgendwann endlich "Händigkeitsgerecht" spielen konnten, weil Händigkeit eben nicht nur eine Frage der Motorik ist.


    Mich ängstigen diese "alles ist machbar, wenn man sich nur genug Mühe gibt" Thesen.

    • Offizieller Beitrag

    Wie sagte Lutz Jaenke in einem Interview mal so schön: Trauen sie ihrem Gehirn einfach nicht...
    Will heissen: Was Du willst/wolltest, ist Deinem Gehirn vielleicht völlig egal :D Lernen läuft um einiges unbewusster, als wir denken.


    Ich sage nur, wie ich einige ForscherInnen verstehe - wie Du das als einzelnes Individuum erlebst und was Du daraus machst, ist Deine Sache.


    Und da gehen wir wohl einfach sehr grundsätzlich unterschiedlich an das Leben ran - "ängstigen" ist ein zu grosses Wort dafür, aber ich fühle mich dafür nicht so wohl mit der These "es ist eh alles vorbestimmt".


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Wobei Übemöglichkeiten ja auch nicht das gleiche wie tatsächliche Übungsstunden ist. Zumindest bei meinen Töchtern merke ich da einen recht großen Unterschied. Die Große spielt gerne mal Ball, hatte immer Bälle, wir haben mit ihr gespielt. Die Kleine aber hat eine schon Monate andauernde "Ball-Phase". Sie liebt Bälle, egal ob Bällebad, Flummi, Fußball,... und natürlich hat das einen Einfluß auf uns: Für sie haben wir im Urlaub einen Extra-Ball gekauft weil sie ständig den von anderen Kindern geklaut hat. Wir haben jetzt fast immer einen am Spielplatz dabei, letztens im Schwimmbad haben wir viel Ball gespielt. etc. pp. Netto hat meine kleine Tochter sicher mindestens schon so viel Ball gespielt wie ihre Schwester obwohl die drei Jahre älter ist. Es würde mich nicht wundern, wenn sie später besser in Ballsportarten wäre. ÜbeMÖGLICHKEITEN hatten aber beide, die Kleine hat nur mehr Interesse/ Motivation/ Spaß am Spiel mit Bällen. (Ich denke das ist oft so, dass die Leute, die wirklich gut in irgendwas sind, daran schon als Kinder Interesse und Spaß hatten.)


    (Gerade Ballsportarten ist mMn wirklich viel Übung, das sieht man auch daran, dass es relativ alte Spitzensportler gibt. Ich meine Manning hat mit fast 40 die SuperBowl gewonnen. Die sind körperlich nicht mehr so fit wie ähnlich trainierte 20-Jährige aber haben einen Erfahrungsvorteil, der offensichtlich mehr ausgleicht als beispielsweise beim Schwimmen.)

    • Offizieller Beitrag

    (Ich denke das ist oft so, dass die Leute, die wirklich gut in irgendwas sind, daran schon als Kinder Interesse und Spaß hatten.)

    Definitiv!
    Und: jedes positive Lernerlebnis verstärkt!
    Als kleines Kind einmal toll mit dem Ball gespielt - beim nächsten Mal ist das Gehirn schon besser auf "Ball" zu sprechen... Die Schwester hat vielleicht beim ersten Mal den Ball auf die Nase bekommen - und schon "will" das Gehirn dieses Objekt gar nicht mehr sooooo genau kennenlernen...


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Das ist ein extrem spannender Aspekt - ich war gerade kürzlich auf einer Vortragsreihe "Lernen und Motorik", da hat eine Dozentin exakt diese "motorische Störung" erklärt.Du befindest Dich in ausgezeichneter Gesellschaft: schlecht Bälle werfen ist extrem typisch für Frauen in Europa. Aus dem einfachen Grund, weil wir in der zweiten Lernstufe steckengeblieben sind, weil wir - kulturell bedingt - zuwenig Training in dieser motorischen Fähigkeit bekommen. Kennt Ihr die Abbildungen aus Largo, Babyjahre/Kinderjahre, wo die Kinder verschiedene Bewegungen üben? Mir fällt gerade nicht ein, wie die drei Phasen heissen, aber beim Werfen von Bällen bleiben die meisten Frauen eben auf der mittleren Stufe stehen: Ball werfen geht, auch schon etwas besser als das Kleinkind, das den Ball noch quasi vom Bauch weg wirft, aber noch nicht so ausgefeilt wie das dann gute Werferinnen machen, die den ganzen Körper miteinbeziehen in die Bewegung.


    Liebe Grüsse


    Talpa

    Ich kann auch nicht Ballwerfen und war in der Schule auch immer froh, wenn ich überhaupt 10m schaffte (bei weniger wurde gar nicht gemessen). Meine Sportlehrer/innen meinten auch immer, ich müsse mehr üben. Was meinst Du, wie oft ich tatsächlich auf dem Acker geübt habe, Feldsteine zu werfen! ...ich kann es bis heute nicht (und das ist manchmal echt ein Problem, weil man hin und wieder doch was werfen muss) und zweifele, dass ich es je lernen werde. Was ich auch nicht kann - und vielleicht hängt das damit zusammen - Schraubverschlüsse von Gläsern und Flaschen öffnen.

  • Hallo,


    Wie sagte Lutz Jaenke in einem Interview mal so schön: Trauen sie ihrem Gehirn einfach nicht...
    Will heissen: Was Du willst/wolltest, ist Deinem Gehirn vielleicht völlig egal :D Lernen läuft um einiges unbewusster, als wir denken.


    Wobei sich das dann ja wieder mit der "Man kann alles lernen, wenn man nur will und sich genug Mühe gibt"-These beißen würde.


    Ich meine, wenn ich wollen und üben kann, so viel ich will, es aber nicht viel bringt, weil mein Gehirn offenbar ganz ohne mein Zutun etwas anderes beschließen kann... sind wir da nicht doch wieder bei "Lernen hat auch bei Wollen und üben seine Grenzen"?


    Und wäre man mit "Mein Gehirn WILL XY lernen und macht mir das daher leicht und Z mag es nicht so gern und darum geht es nicht recht voran" nicht wieder bei so etwas wie "Veranlagung" ?


    Und zwischen "Alles ist möglich, wenn man nur will und übt" und "Alles ist vorbestimmt" gibt es ja noch eine Menge bunter Varianten...


    Ich jedenfalls denke z.B. über andere Menschen lieber: "Menschen sind halt verschieden, nicht jedem fällt alles gleich leicht, dafür hat jeder seine Talente Ich bin bei Fehlern gnädig und hoffe, daß es andere auch mit mir sind" statt "Alles ist lernbar, der braucht also nur zu wollen und sich Mühe zu geben".

  • Wobei man ja auch denken kann, dass vieles eine Frage von Motivation ist und GLEICHZEITIG dem anderen zugestehen kann, dass er sich für manche Themen einfach nicht so interessiert. Aus der Sicht auf das Gehirn als sehr lernfähig in dem meisten Bereichen folgt doch überhaupt nicht, dass man dann denkt "Ah, du strengst dich nur nicht genug an".


    Ich gestehe mir selber ja auch zu, dass ich nicht viel mit Musik anfangen kann, nicht gut Kraulschwimmen kann oder Auto fahren. Bei allen drei Dingen könnte ich das sicher besser lernen aber bei zumindest zwei davon WILL ich es nicht. (Für einen Kurs im KRaulschwimmen bin ich angemeldet).


    Ich denke auch über andere Menschen, dass sie absolut das Recht haben, sich z.B. nicht für Mathe zu interessieren auch wenn ich davon überzeugt bin, dass die allermeisten Menschen das zumindest auf Abiturniveau lernen KÖNNTEN. Wegen mir muss niemand Bälle werfen oder mit Linux umgehen oder irgendwas können. Anstrengend finde ich es nur manchmal wenn Menschen absolut überzeugt sind, Dinge nicht zu können ohne es überhaupt zu versuchen.

  • Hallo,


    Wobei man ja auch denken kann, dass vieles eine Frage von Motivation ist und GLEICHZEITIG dem anderen zugestehen kann, dass er sich für manche Themen einfach nicht so interessiert.


    Ich finde es ... schwierig, wenn man z.B. sein Leben lang darum kämpft, pünktlich zu sein oder Leute zu erkennen oder das Chaos im Griff zu behalten oder, oder... zu wissen, daß das Gegenüber vermutlich denkt: "Tja, alles eine Frage der Übung, der Motivation und des Interesses..., wer wollte, der könnte." .


    Und wie gesagt zwischen "gar nicht können" und "genau so gut können wie "alle" liegen Welten.


    Wie ist das eigentlich mit Menschen, die Handicaps haben. wenn alles nur eine Frage des Willens und der Übung ist, müsste man die doch auch einfach "weg-wollen" und "weg-üben" können. Schließlich geht es in den meisten Fällen nicht um die Frage, Bein ab oder nicht - sondern die Grenzen sind scheinbar fließend.


    Die Frage, wie "alles ist machbar, wenn man nur will und genug übt" mit "Das Gehirn entscheidet ohne mich, was es leichter lernt und was nicht, was ich will ist ihm dabei völlig egal" zusammenpasst, ist für mich noch nicht beantwortet.