Prosopagnosie -mein Defizit hat einen Namen

Hab ich auch, weiss es aber schon lange. Ich hab den Eindruck, dass der Schweregrad der Prosopagnosie mit den Jahren schwächer wird, vermutlich durch Training oder durch das unbewusste Aneignen von "Erkennungstechniken".

Die allermeisten Tests auf Prosopagnosie, die ich kenne, sind falsch aufgebaut, meiner Meinung nach, testen also nicht wirklich die Prospagnosie. Deinen Link oben hab ich jetzt aber noch nicht angeschaut ...

Ich hab übrigens auch die "Gabe" der Synästhesie. Ich seh Vokale, Zahlen und Musik farbig.

Ich kenne sowohl das Problem als auch die Bezeichnung

ich hab das auch und kommuniziere das relativ offen. Wobei es durchaus Menschen gibt die für mich einen höheren Wiedererkennungswert haben als andere. Meist sind es diejenigen, die irgendwas markantes (für mein visuelles Empfinden) an sich haben.

Ich kann mich locker einen halben Tag mit einer Person unterhalten und einen Monat später erkenne ich sie nicht wieder, wenn wir uns begegnen.

Ja, ich auch. Ich weiß das schon ein paar Jahre. Gestern erst habe ich meinen Nachbarn nicht erkannt, als ich ihn unvermittelt an unerwarteter Stelle getroffen habe.

Auch bei mir ist es so, dass ich sehr charismatische Gesichter mir dann doch oft für eine gewisse Zeit merken kann. Manchmal erkenne ich die Leute in der Zusammenschau von Stimme, Frisur und Körperhaltung. Aber gerade junge, schlanke Frauen kann ich praktisch nicht unterscheiden. Leute um die 40 oder 50 herum hingegen oft relativ gut, wenn ich sie oft gesehen habe. Die verändern sich scheinbar weniger schnell.

Meine Kinder scheinen das beide auch geerbt zu haben. Die erkennen selbst Leute nicht, die ich erkenne. Daher glaube ich auch, dass man über die Jahre Strategien entwickelt und ich da einfach schon weiter bin.

Trotzdem ist es im Alltag ein enormes Handicap, was mich sehr stört und mich auch oft sehr verunsichert, weil ich in unerwarteten Situationen ohne Kontext einfach Leute nicht erkenne. Und es ist mir unangenehm regelmäßig auf Leute zu treffen, denen ich dann im Gespräch erst entlocken muss, wer sie überhaupt sind. Mit mir neuen Gruppen in einer Kantine essen zu gehen, ist der Horror, weil ich die Leute nicht wiederfinde.

Ja, es ist ein Kontinuum, von ganz doll ("der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte" von Oliver Sacks beschreibt das ganz eindrücklich) bis zu gar nicht und dazwischen gibt es alles und auch gar nicht so selten.

Ja, ist irgendwie so, oder? Ich habe mich früher regelrecht für etwas minderbemittelt gehalten, weil meine Arbeitskollegin alle Patienten sofort mit Namen ansprechen konnte und ich das nicht lernen konnte. Irgendwie fand ich es dann aber selber bizarr, dass ich mir die halbe Lebensgeschichte der Leute merken konnte, wenn sie davon erzählt haben, nur wiedererkennen konnte ich sie nicht. Ich brauchte als Passwort zu ihren Daten ihren Namen.... Ich war dann auch sehr erleichtert, als ich irgendwann erfahren habe, dafür vermutlich nichts zu können und das mein Gehirn ansonsten ganz in Ordnung ist.

Was man übrigens mit dieser Schwäche nicht werden sollte: Lehrerin.

Hier auch! Ich hab mich lang gewundert wie Paparazzi es schaffen, Stars zu fotografieren wenn diese ungestyled und mit Hut herumlaufen.. Schauspieler erkenne ich auch kaum. Wenn eine Schauspielerin in der Rolle sich plötzlich sehr verändert (reicht schon von Kostüm und Haare offen zu sportkleidung mit Zopf..) kapier ich die Handlung nicht. Ich erkenne Leute an ihren Fahrrädern, Schuhen, am Gang...

Zitat von braten

Hier auch! Ich hab mich lang gewundert wie Paparazzi es schaffen, Stars zu fotografieren wenn diese ungestyled und mit Hut herumlaufen.. Schauspieler erkenne ich auch kaum. Wenn eine Schauspielerin in der Rolle sich plötzlich sehr verändert (reicht schon von Kostüm und Haare offen zu sportkleidung mit Zopf..) kapier ich die Handlung nicht. Ich erkenne Leute an ihren Fahrrädern, Schuhen, am Gang...

Ja! Ich fand es mal bei irgendeinem Film total irre wie gut ein Freund von mir die Personen aus verschiedenen Zusammenhängen zusammenbringen konnte. Für mich waren das alles neue Personen....

Und bis ich mal Leute aus meinem Wohnhaus auf der Straße wiedererkenne, kann viel Zeit vergehen. Womöglich mit neuer Frisur, Mütze oder so...

Bei einer Nachbarin habe ich dann immer über ihren Hund kapiert, dass sie es ist. Und dann ihren Freund, wenn der mit dem Hund unterwegs war. Aber sicherlich bin ich an denen schon hundertmal vorbeigegangen wenn sie keinen Hund dabei hatten. Und das Gegenteil kann auch passieren: ich sage jemanden Hallo, weil ich denke, der wohnt hier, und dass ist jemand ganz anderes.

es ist manchmal nervig und anstrengend.

Neben mir könnten sonst was für bekannte Schauspieler sitzen und ich würde nix checken.

Zitat von braten

Hier auch! Ich hab mich lang gewundert wie Paparazzi es schaffen, Stars zu fotografieren wenn diese ungestyled und mit Hut herumlaufen.. Schauspieler erkenne ich auch kaum. Wenn eine Schauspielerin in der Rolle sich plötzlich sehr verändert (reicht schon von Kostüm und Haare offen zu sportkleidung mit Zopf..) kapier ich die Handlung nicht. Ich erkenne Leute an ihren Fahrrädern, Schuhen, am Gang...

Bei Schauspielern muss ich mich auch total konzentrieren, um die auseinanderzuhalten. Also, es geht, wenn die eine blond ist und die andere dunkelhaarig, sonst wirds oft schwierig.

Aber so im normalen Leben hab ich das nicht. Öfter geht es mir so, dass ich Leute erkenne und nicht mehr weiß, woher und dann zum Beispiel die Bäckereiverkäuferin freundlich auf der Straße grüße, die mich vermutlich eher nicht kennt.

Und die zu den Leuten passenden Namen sind auch schwierig. Keine Ahnung, ob das damit zusammenhängt.

Ja, Filme sind ganz schlimm. Ich frag dann immer meine Jungs: "Ist das jetzt sie, die vorher xy gemacht hat?" Und die Jungs sind dann genervt ...

Ich merke mir die Menschen an ihrer Kleiderfarbe. Dumm ist es dann, wenn ich in einem mehrtätigen Kurs bin, mir die Leute am ersten Tag gemerkt habe, und sie dann am zweiten Tag was anderes tragen ...

Hallenbad ist auch ganz schlimm für mich. Denn in Menschenmengen such ich meine Kinder auch immer an Hand der Farbe ihres T-Shirts, anders finde ich sie fast nicht. Wenn nun aber im Hallenbad alle Jungen mit nacktem Oberkörper rumlaufen ... ungeheuer anstrengend für mich, die Kids da im Auge zu behalten. Gut, jetzt sind sie schon "gross" und ich muss sie nicht mehr so ganz genau überwachen.

Als Zahnärztin hab ich mal den falschen Patienten aus dem Wartezimmer mitgenommen! Ich hab sowieso zuerst immer die Assistentinnen gefragt, ob mein Patient schon da ist. Sie haben das in diesem Fall bejaht. Ich bin also zum Wartezimmer gegangen und wusste, es ist ein älterer Mann, ich hab ihn schon oft behandelt. Dumm war nur, dass da zwei ältere Männer sassen, und ich nicht wusste, welcher von beiden mein Patient ist. Ich habe also gesagt: "Herr Müller bitte!" und habe beide angeschaut. Einer ist dann aufgestanden und mit mir mitgekommen. Auf dem Weg ins Behandlungszimmer ist mir das Ganze etwas merkwürdig vorgekommen und ich hab zu dem Mann gesagt: "Sind Sie wirklich Herr Müller?" Er hat das verneint!! Mir war das natürlich schrecklich peinlich, ich bin mit ihm zurück ins Wartezimmer gegangen und hab ihm erklärt, dass ich eben keine Gesichter erkennen könne ... Er hat gesagt: "Ach, das macht doch nichts ... ich bin dafür schwerhörig!"

Zitat von Alexy

Möglicherweise gibt es verschiedene Schweregrade, soweit bin ich mit meinen Forschungen noch nicht, aber es tröstet mich einfach unglaublich, wenn ich mich bei den Kunden entschuldigen und erklären kann, woran es liegt.

Meines Wissens nimmt man an, dass die Gesichtsblindheit über ein einzelnes Gen vererbt wird (steht z. B. auch hier). In diesem Fall gäbe es bei der angeborenen Gesichtsblindheit nicht verschiedene Schweregrade, sondern es wird nur unterschiedlich gut kompensiert.

Zitat von Pling

Und die zu den Leuten passenden Namen sind auch schwierig. Keine Ahnung, ob das damit zusammenhängt.

Das geht mir auch so. Ich habe mich auch schon öfters gefragt, ob es da einen Zusammenhang gibt oder ob ich einfach beides nicht kann. Ich könnte mir vorstellen, dass das Problem ist, dass ich kein Gesicht in meinem Kopf habe, dem ich den Namen zuordnen kann, weil ich mir das Gesicht ja nicht einfach so merke. Und dann fehlt quasi der Ankerpunkt, unter dem ich den Namen speichern kann.