Trainingsraum in Schulen

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  • An der Schule meines Sohne wurde ganz aktuell ein Trainingsraum eingerichtet.

    Mich stört das, ich mag das Konzept gar nicht.

    Aber vielleicht kennt Ihr das auch (oder sogar aus Lehreinnensicht) und könnt mir Gutes dazu berichten?


    PS: ich habe keine Sorgen um meinen Sohn, er ist kein Kandidat der stört, ich finde es nur als drohende Sanktion nicht nett.

  • Worum geht es denn bei dem Trainingsraum.

    Mir sagt das gar nichts. Am Gymnasium meiner Töchter gibt es einen Wahlkurs Krafttraining, der (vermutlich) in einem Trainingsraum stattfindet, aber so was wirst du vermutlich nicht meinen, oder?

    Nona mit großer (03) und und kleiner (05) Tochter und kleinem Sohn (2008 )

  • Haha, nein, Nona, ich hätte nichts dagegen, dass mein Sohn einen Krafttrainingsraum besucht, er ist nur ne halbe Portion.


    Es werden Kinder hingeschickt, die sich nicht regelkonform verhalten.


    Schema:

    Kind stört Unterricht

    Kind wird von Lehrperson angesprochen, muss seinen Regelverstoß benennen und sich dann entscheiden, ob es aufhört oder dem Unterricht verwiesen wird um in den Trainingsraum zu gehen.

    Dort reflektiert es sein Verhalten schriftlich (es ist irgendeine Aufsicht anwesend) und geht dann damit zurück zur Lehrperson.


    Es soll fördern, dass das Kind die Verantwortung für sein Verhalten übernimmt.

    Das Kind hat ja schließlich die Wahl, ob es dort hingeschickt wird oder nicht.


    Und genau da sehe ich das Problem: aus meiner eigenen Schulkarriere weiß ich, dass es so einfach eben nicht ist. Man entscheidet sich selten bewusst für Störaktionen.

    Und zweitens sieht dieses Konzept ausschließlich einen Änderungsbedarf bei den Kindern vor, die Lehrpersonen machen keine Fehler.

    Weiter finde ich Unterrichtsausschluss per se schwierig. Signal: Du bist nicht, wie du sein sollst, also schließen wir dich aus unserer Gemeinschaft aus.


    Andererseits kann ich mir schon vorstellen, dass es Klassen oder einzelne Kinder gibt, die sich kaum unterrichten lassen. Vielleicht hilft es da wirklich?


    Ich gehe da halt sehr von mir aus und finde das ganz schrecklich.

    • Offizieller Beitrag

    Ich verstehe deine Bauchschmerzen total und bin froh, dass wir es bei uns an der Schule nicht haben.

    Aber - um mal die andere Seite zu beleuchten - es gibt Schüler, die tatsächlich recht wenig Impulskontrolle haben, bzw. solche, die keinen Sinn in der Schule sehen. Wenn die unruhig sind, dann halten sie halt auch andere vom Lernen ab. Einen guten Schüler juckt das meist nicht. Aber ein schwächerer Schüler - bei dem macht es sich schon bemerkbar, wenn im Unterricht keine Lernatmosphäre vorhanden ist. Entsprechend geht es zu Lasten der schwächeren Schüler.

    Sprich - du hast die Abwägung zwischen den Rechten/Interessen des Schülers, der stört, und jenen, die am Unterricht teilnehmen wollen, aber nicht können.

    Und natürlich gibt es noch andere Stellschrauben, an denen man ansetzen kann und vielleicht auch zuerst sollte.

    Hermine und drei Jungs (04, 07 und 09)

    ---

    demokratische Ordnung braucht außerordentliche Geduld im Zuhören und außerordentliche Anstrengung, sich gegenseitig zu verstehen

    Willy Brandt, 1969

  • An der Schule, an der ich arbeite (Brennpunktschule) gibt es einen TRainingsraum, seit etwa einem Jahr. Ich konnte mir das anfangs nicht recht vorstellen und hatte auch dieses "Strafkonzept" im Hinterkopf. Mittlerweile finde ich es sehr gut. Bei uns gibt es aber auch drei Möglichkeiten, wie der Raum genutzt wird:

    1. Kinder mit einem besonderen Förderbedarf/Integrationsstatus arbeiten in einer Std/Woche fest mit einer Lehrkraft in einer 1:1 Situation an ihren "Baustellen"

    2. Ein Kind merkt selbst, dass es eine Auszeit braucht (sehr aufgewühlt durch Konflikt o.ä) und spricht den Lehrer auf eine Auszeit an

    3. Kind stört den Unterricht MASSIV und wird deshalb aus der Klasse geschickt


    1. Finde ich extrem toll für beide Seiten, denn man hat ganz andere Möglichkeiten mit dem Schüler zu arbeiten, redet über andere Dinge u.ä.

    2. Erlebe ich kaum - ich habe in meinem Klassenraum eine Ruheecke (wer kurz für sich sein möchte), was wiederum sehr gut genutzt wird

    3. Ja, das ist eine Strafe, aber es gibt dem Kind auch eine Möglickeit "runter zu kommen", mit der Lehrkraft in dem Raum nochmal genau zu überlegen, was lief schief/wie könnte man das ändern. Es gibt Kinder, die stören den Unterricht aus unterschiedlichsten Gründen so massiv, dass es für den Rest der Klasse nicht tragbar ist/UNterricht nicht möglich ist und dann ist eine solche Auszeit für alle gut


    An der (weiterführenden) Schule meines Großen gibt es einen solchen Raum auch, dort aber nur für Störungen. Finde ich trotzdem in Einzelfällen gut. Die Regeln wurden mit den Kindern vorher besprochen und ein Kind, das im Unterricht z.B. gerade massivst überfordert ist/austickt, hat dort die Chance wieder "runter" zu kommen. Es ist ja auch nicht so, dass man dort dann eine Std. lang ausgeschimpft wird...

    Räubermutter mit Räubersohn (01/2006), Rumpelkind (06/2013) und Räuberhund (09/2011)



    “We don’t stop playing because we grow old; we grow old because we stop playing.” (G.B. Shaw)
    G.B. Shaw
  • 3. Ja, das ist eine Strafe, aber es gibt dem Kind auch eine Möglickeit "runter zu kommen", mit der Lehrkraft in dem Raum nochmal genau zu überlegen, was lief schief/wie könnte man das ändern. Es gibt Kinder, die stören den Unterricht aus unterschiedlichsten Gründen so massiv, dass es für den Rest der Klasse nicht tragbar ist/UNterricht nicht möglich ist und dann ist eine solche Auszeit für alle gut

    Aber warum wird das nicht mit dem betroffenen Kind und der betroffenen Lehrperson gemacht? So ein Gespräch zu dritt wäre doch viel sinnvoller, oder?

  • Hallo,


    Ich finde solche Konzepte auch am Ziel vorbei.


    Schülern, die in der Lage sind, ruhig und gelassen in den Trainingsraum zu gehen und dort schriftlich über irgend etwas zu reflektieren, könnte man mMn auch anders begegnen.


    Bei diesen "einfachen" Fällen nimmt es die Lehrer aus der Pflicht, sich IM Unterricht etwas zu überlegen und das finde ich nicht gut. Bei diesen Schülern wird mMn durch das wegschicken überhaupt erst eine "Störenfried"-Rolle geschaffen, die sie dann ev. auch für sich annehmen.


    Die Schüler, bei denen es regelmäßig tatsächlich eskaliert, brauchen andere Hilfe, sie werden sich vermutlich NICHT nett und brav mit ihrem Zettelchen in den Raum begegnen und dort ihr Aufsätzlein schreiben, nur um dann geläutert und mit einer auf magische Weise gewachsener Impulskontrolle am Unterricht teilzunehmen. Die gehen entweder gar nicht hin (bleiben in der Klasse oder gehen heim) oder machen sich nichts draus und sitzen vergnügt ihre Zeit ab.

    Oder sie machen für die andren etwas cooles draus ("Hähä, ICH musste die stunde beim ollen ... wenigstens nicht absitzen!" und sind am Ende noch der große Held.


    Natürlich ist es keine schlechte Sache, einen Raum zu haben, in dem sich mal jemand zurückziehen kann, es ist auch wichtig, Ansprechpartner zu haben, die ggf. mit dem Schüler überlegen, was los war, wie es dazu kam, wer vielleicht "gestichelt" hat, was man besser machen könnte. Aber das geht mMn nur im persönlichen, zugewandten Gespräch und es muss von vornherein eine gewisse Offenheit beim Schüler da sein.


    An ein funktionierendes "Eine Lösung passend für alle" glaube ich nicht.

  • Ich finde das Konzept gut. Die Regel ist nämlich, dass die Kinder des Unterrichts verwiesen werden und dann bei offener Tür in der Garderobe sitzen müssen, damit die restlichen Kinder weiterlernen können. Dabei lernt das ausgeschlossene Kind aber nichts, sondern sitzt eben eine Strafe ab. Im 'Trainingsraum' sind die Kinder wenigstens betreut und können unterrichtet werden.

  • Hallo,

    Ich finde das Konzept gut. Die Regel ist nämlich, dass die Kinder des Unterrichts verwiesen werden und dann bei offener Tür in der Garderobe sitzen müssen, damit die restlichen Kinder weiterlernen können. Dabei lernt das ausgeschlossene Kind aber nichts, sondern sitzt eben eine Strafe ab. Im 'Trainingsraum' sind die Kinder wenigstens betreut und können unterrichtet werden.


    Und die schreiben dann mit 15, 16... Jahren nach dem totalen Austicken tatsächlich dort ihre Textchen warum wieso und dass sie bestiummt nie wieder... und gehen dann zurück in die Klasse und sind "brav"?

    Ich kann mir das schwer vorstellen.


    So ein Raum als Angebot zur freiwilligen Nutzung um in Ruhe zu arbeiten oder um runterzukommen - OK. Ich finde eh, daß viel mehr und differenzierte Räumlichkeiten vorhanden sein müssten.


    Aber als (Haupt)-Lösung für massiv auffälliges V erhalten? Bei ein paar Reinquatschern braucht man das nicht und wie gesagt, bei Schülern, die so ausrasten, daß sie nicht mehr im Unterricht tragbar sind, bezweifle ich, daß sie da hin laufen, schreiben und "gebessert" wiederkommen.

    Am Ende ist es auch nichts anderes als ein hilfloses, in dem Falle nur halt "pädagogisch begründetes" Aussperren der Schüler. Ein kostengünstiges "Guckt mal, wir machen was!", was aber am Ende mMn nicht wirklich etwas bringt.

    Ich fände es sinnvoller, in andere Sachen zu investieren, die Klassen generell zu verkleinern, ganz verschiedenen Fachkräfte einzustellen, die die Lehrer unterstützen, die Leute ggf. als Zweitkraft IN die Klassen zu schicken usw.


    Aber das würde Geld kosten, richtig Geld...

  • Huhu


    Ich finde das Konzept gut, ich meine sogar, es kommt aus der GfK. Es gibt immer wieder Situationen, in denen Kinder aus verschiedenen Gründen gerade nicht beschulbar sind und die anderen aber vom Lernen abhalten - egal in welchem Unterrichtssetting. Meist sind es die Kandidaten, die früher einfach vor die Tür gesetzt wurden. Im Trainingsraum bekommt das Kind die Möglichkeit runterzukommen und mit einer geschulten Lehrkraft im 1:1-Gespräch herauszufinden, was gerade nicht funktioniert und welche Sorgen und Nöte es hat. Das kann ich im Unterricht nicht leisten - ohne dass immer dieselben zu kurz kommen. Daher ist es gut, wenn das woanders aufgefangen wird. Es bleibt mir ja als KlassenlehrerIn unbenommen, trotzdem noch ein Gespräch zu führen, gerade wenn jemand öfter die anderen stört.

    Allerdings muss allen Beteiligten ganz klar sein, dass es eben KEINE Strafe ist, sondern eine Auszeit vom Lernen mit Gespräch. Wenn das nicht klar ist, verkommt das Konzept zur reinen Bestrafungsmaßnahme ohne jeglichen Sinn. Passiert leider oft.


    Edit, weil Trin erst jetzt gelesen: Das Konzept ist weit, weit davon entfernt kostengünstig zu sein. Da müssen LehrerInnen im Coaching geschult werden, da müssen Stunden für bereitgestellt werden, die aus irgendeinem Topf genommen werden müssen, 6 Stunden am Tag, 5 Tage die Woche ...


    Lg - roma

    Toleranz ist der Verdacht, dass der Andere Recht hat - Kurt Tucholsky

    2 Mal editiert, zuletzt von Dindymene ()

  • Hallo,


    Huhu


    Ich finde das Konzept gut, ich meine sogar, es kommt aus der GfK. Es gibt immer wieder Situationen, in denen Kinder aus verschiedenen Gründen gerade nicht beschulbar sind und die anderen aber vom Lernen abhalten - egal in welchem Unterrichtssetting. Meist sind es die Kandidaten, die früher einfach vor die Tür gesetzt wurden. Im Trainingsraum bekommt das Kind die Möglichkeit runterzukommen und mit einer geschulten Lehrkraft im 1:1-Gespräch herauszufinden, was gerade nicht funktioniert und welche Sorgen und Nöte es hat.


    Wie gesagt, praktische Erfahrungen habe ich nicht. Aber für mich klingt das nach einer von den vielen Sachen, die auf dem Papier gut klingen, in der Praxis aber ganz anders aussehen. Da wo ich davon gehört habe, ist es ganz klar Strafe, "Rausschmiss" und wird auch genau so vermittelt. "Wenn du nicht sofort.. dann gehst du in den Raum, 2 Seiten schreiben!"

    Und da sitzen dann in der Praxis auch keine geschulten Leute mit ganz viel Zeit für einzelne sondern die Schulsekretärin soll ein Auge drauf haben o.ä.


    Ich arbeite ja "nur" mit Grundschulkindern und da ist es für mich unvorstellbar, daß ein Kind in einer emotionalen Extremlage tatsächlich mal eben irgendwo hingehen und dort ganz in Ruhe und reflektiert mit jemandem reden und schreiben würde - um dann ruhig und gelassen wieder zu kommen.

    Und so wie ich Jugendliche kenne, denke ich nicht, dass das mit Acht-, Neunt- oder Zehntklässlernm sehr viel einfacher ist als mit 1, 9 oder 10-jährigen.

  • Trin, ich meinte das Konzept, wie es bei Räubermutter umgesetzt ist.

    Bei regelmäßiger Störung im Klassenraum hat eine Lehrkraft nunmal ein Aufsichtsproblem zu lösen, sie ist ja für alle Kinder der Klasse verantwortlich. Selbst das in der Garderobe sitzen ist schon grenzwertig, weil das Kind dort nicht ordentlich beaufsichtigt werden kann unter Umständen. Also ein total ausrastendes Kind müsste sowieso abgeholt werden und bis zur Abholung separat durch Fachpersonal betreut werden. Kam in der Klasse meiner Tochter auch schon vor.

    Es gibt halt Kinder, die trotz geeigneter Maßnahmen für das Klassengefüge zeitweise nicht tragbar sind. Da ist eine kleine Auszeit manchmal, nicht immer, ganz hilfreich. Ich wüsste jedenfalls nicht, warum Kinder, die unter dem Verhalten einzelner Störer leiden, dem ausgesetzt sein sollten nur, weil die anderen davon auch nicht 'brav' werden.

  • Ich habe mal an einer Förderschule in einer Schülerinsel gearbeitet....


    Kinder, die aus emotionalen Gründen kurzzeitig nicht am Unterricht teilnehmen konnten, kamen dann zu mir, mit laufzettel wo draufstand, ob das Kind einen Arbeitsauftrag hat! Wie lange es da bleiben darf/soll


    Meine Aufgabe war es, das Kind zu begleiteN, ich war da Ganz klar Begleiter des Kindes und nicht erfüllungsgehilfe der Lehrperson.


    Über Fehlverhalten reflektieren kann und sollte man auch! Aber warum muss das schriftlich sein?


    Ach und meine Rolle war es auch bei konfliktbearbeitungen zu vermitteln.... Ein Konflikt einsteht Doch immer durch Interaktion und somit hat auch ein gegenüber mindestens ne teilverantwortung...

    "Wenn Dein Leben schwerer geworden ist, bist Du vielleicht ein Level aufgestiegen?!"

  • Hallo,

    Trin, ich meinte das Konzept, wie es bei Räubermutter umgesetzt ist.

    Bei regelmäßiger Störung im Klassenraum hat eine Lehrkraft nunmal ein Aufsichtsproblem zu lösen, sie ist ja für alle Kinder der Klasse verantwortlich. .

    (...)

    Ich wüsste jedenfalls nicht, warum Kinder, die unter dem Verhalten einzelner Störer leiden, dem ausgesetzt sein sollten nur, weil die anderen davon auch nicht 'brav' werden.


    Nein, das eigentliche Ziel des Trainingsraumes ist nicht, das Aufsichtsproblem zu lösen. Es ist KEINE Aufsichts- und Disziplinierungsmaßnahme. Es soll theoretisch eine Art therapeutische Hilfsmaßnahme sein - bei der ich halt nur nicht daran glaube, dass sie so funktioniert.

    Die Frage der Aufsicht könnte man auch anders lösen, indem man z.B. großzügiger Zweitkräfte genehmigt - oder wenigstens erst mal überhaupt bedarfsgerecht die Stellen besetzt! - das käme den Schülern aus ganz vielfältigen Gründen zugute.


    Wie gesagt, ich glaube nicht dran, daß ein wirklich austickender 15jähriger freiwillig in den Trainingsraum geht, nur weil dort ein netter Mensch auf ihn wartet, der mit ihm zum 3. Mal diese Woche reflektieren möchte, warum man doch besser ruhig zuhört.

    Und einer, der nur mal reinquasselt, weil er sich schlecht bremsen kann, braucht eh andere Lösungen. Bei den wenigsten Schülern ist die fehlende Impulskontrolle eine Frage der Einsicht und mit "Ich nehme mir vor, nie wieder ... weil... "zu lösen. Das ist zumindest meine Erfahrung.


    Das mag für einige gehen, die einfach mal eine Auszeit brauchen - taugt aber als generelle Problemlösung aus meiner Sicht nicht und das Risiko, es als Disziplinierungsmaßnahme und damit auch zur Stigmatisierung zu missbrauchen, ist aus meiner Sicht zu groß.


    Aber da sind wir zur dieser ache eben verschiedener Meinung.

  • Nein Trin, ich bin Deiner Meinung. Ich denke nur, dass die von Dir genannte Alternative leider aus Kostengründen und vor dem Hintergrund des Lehrermangels, vor allem in denGrundschulen, utopisch ist. Das hast Du ja selbst auch angemerkt.


    Sorry, nicht ganz korrekt zitiert, das Tablet wehrt sich.

  • Ich kenne das Konzept eines Trainingsraums aus der Praxis an zwei Gesamtschulen, wobei beide auf jeden Fall als Brennpunktschulen zu bezeichnen waren. An beiden Schulen saß ich zum einen als Beobachterin in der Klasse und stand zum anderen auch selbst an der Tafel bzw. mittlerweile eher am Smartboard ;)


    Diese beiden unterschiedlichen Perspektiven finde ich wichtig zu erwähnen, weil man als Beobachter doch noch mal einen ganz anderen Blick auf die Klasse und den Unterricht hat als wenn man tatsächlich gerade selbst unterrichtet.

    Selbst bin ich noch nicht in die Lage gekommen, einen Schüler oder eine Schülerin in den Trainingsraum schicken zu müssen - das lag aber sicher auch daran, dass man als Student im Lehramtspraktikum gerne noch einen gewissen Bonus bei den SchülerInnen hat (das ist natürlich keine Garantie und kann auch ins Gegenteil umschlagen - aber ich hatte bislang entweder einfach Glück oder hab die Kids mit meinem charmanten Wesen und meinem bombigen Unterricht überzeugt #super) UND daran, dass man in der Ausbildung "Vorführstunden" inszeniert, in die so viel Vorbereitungszeit fließt, wie das in der täglichen Praxis einfach nicht möglich ist.


    Auf jeden Fall finde ich das Konzept, so wie ich es erlebt habe, sehr sinnvoll und überzeugend. Einige Argumente wurden auch schon von meinen Vorschreiberinnen genannt: Wenn ein Kind/Jugendlicher den Unterricht intensiv stört und dieses Verhalten auch mit Unterstützung bzw. nach Hinweis des Lehrers nicht abstellen kann, bietet der Trainingsraum eine Möglichkeit, den Schüler für den Moment aus der Klasse zu nehmen und ihm die Gelegenheit zu geben, mit Unterstützung sein Verhalten zu reflektieren. Das setzt natürlich voraus, dass eben nicht die Schulsekretärin im Trainingsraum sitzt und lediglich die Aufsicht gewährleistet. Und selbstverständlich darf das Reflektieren auch nicht "Jetzt schreib mal zwei Seiten darüber, was du alles falsch gemacht hast" bedeuten. So habe ich das aber auch nicht beobachtet.

    In beiden Schulen war der Trainingsraum immer von einem Lehrer besetzt und es gab spezielle Arbeitsblätter für den Trainingsraum, die einerseits die Reflektion anleiten sollten und andererseits später mit dem Lehrer besprochen werden sollten.


    Ich möchte ganz klar sagen, dass ich es auch besser fände, wenn man nie einen Schüler aus dem Raum schicken müsste. Aber bei den beiden von mir erwähnten Schulen handelt es sich wie gesagt um Brennpunktschulen und da ist leider einiges nicht so, wie ich mir das wünschen würde. Wenn ich in einer Klasse mit 30 Schülern stehe, die in der Mittelstufe immer noch große Probleme haben, sich an ganz normale Verhaltensregeln - keine Beleidigungen, nicht einfach aufstehen um jemandem mal eben auf den Kopf zu hauen und auch sonst möglichst am Platz bleiben, andere ausreden lassen, sich melden - zu halten, die einen normalen Unterricht möglich machen, dann muss man darauf irgendwie reagieren. Und man kann eine akute Störung leider in solchen Klassen auch nicht immer direkt im Unterricht lösen, weil dann nämlich nur noch sehr wenig Zeit für den eigentlichen Unterricht bleiben würde.


    An vielen Schulen (ich hoffe an den meisten!) braucht man den Trainingsraum wohl nicht bzw. so selten, dass er sich nicht lohnt. (Wenn man voraussetzt, dass er wirklich stets von einem Lehrer betreut sein muss. Und an der Grundschule halte ich ihn auch für fraglich, weil die Kinder im Durchschnitt hier wohl ihr Verhalten noch gar nicht so weit reflektieren können und man "Störungen" wirklich am besten direkt in der Situation löst.


    Aber - und das wird jetzt hoffentlich langsam mal mein Fazit ;) - ein Trainingsraum kann unter bestimmten Bedingungen und verantwortungsvoll umgesetzt auf jeden Fall sinnvoll sein.

    Ich glaube definitiv auch, dass man sich als Lehrer immer wieder fragen muss, inwieweit man selbst am Verhalten seiner SchülerInnen beteiligt ist und durch seinen eigenen Unterricht hervorruft: Wenn ich eine stinklangweilige Stunde halte, ist es kein Wunder, wenn die Kids aussteigen und sich anderweitig beschäftigen. Aber wenn ich in einer (zu) großen Klasse stehe, in der ohnehin viele Schüler mit Verhaltens- und anderen Problemen zu kämpfen haben und ein Schüler stört konstant mit seinem Verhalten eine hoffentlich gut vorbereitete Stunde, dann kann der Trainingsraum eine gute Lösung für alle Beteiligten sein. Manchen Schülern tut eine solche "Auszeit" auch tatsächlich gut, weil sie ihnen die Chance gibt, wieder runterzukommen und sie erst einmal aus der Situation nimmt. Da ist das dann auch wirklich keine Strafe, sondern eine Unterstützung. (Wichtig ist natürlich auch der Umgang des Lehrers mit dem Schüler, wenn dieser zurück in die Klasse kommt. Aber ich zumindest habe nie beobachtet, dass ein Lehrer da einen "Na, hast du brav über deine Missetaten nachgedacht"-Tonfall an den Tag gelegt hätte.)

  • Und jetzt muss ich noch etwas nachtragen, weil die Diskussion während meiner Schreibzeit schon weiterging:


    Natürlich wäre es ganz klar viel besser, wenn man den Trainingsraum gar nicht bräuchte. Dafür müsste aber einfach viel mehr Geld ins Bildungssystem fließen. Kleinere Klassen, mehr Lehrkräfte und möglichst viel Team-Teaching, mehr Sozialpädagogen und bitte auch genügend Sonderpädagogen, um Inklusion nicht nur auf dem Papier zu ermöglichen.


    Vielleicht sollte ich mir vor morgen doch noch mal schnell die Wahlprogramme durchlesen, wer am meisten Geld für Bildung verspricht ;)

  • Meine Nachbarin, Rollifahrerin wegen MS, hat ehrenamtlich an einer Brennpunktschule gearbeitet und in genau solch einem Trainingsraum gesessen. Wenn Schüler dorthin geschickt wurden, war sie einfach dort. Es wurden die geschickt, die irgendwie ausgeflippt sind. Um die Situation zu entschärfen. Sie kamen i.d.R. sehr aufgeregt rein, die ersten Male haben sie kein Wort gesagt, aber das änderte sich irgendwann. Meine Nachbarin hat einfach nur dagesessen. Und meistens haben die dann irgendwann angefangen zu reden.

    Sie sagte, dass das richtig gut war.

    Ich glaube, es kommt darauf an, wie das umgesetzt wird.


    Das beschrieben Konzept entspricht in meinem Verständnis mehr einer Maßregelung, wirkt autoritär und irgendwie erniedrigend und pädagogisch wohl höchstens auf dem Papier sinnvoll.


    Edit Das mit der Rollifahrerin und der Einschränkung habe ich expizit geschrieben, weil man dort an der Schule gute Erfahrungen gemacht hat, wenn Leute mit sichtbarem physischem Handicap in dem Raum saßen.

    Fiawin mit d9be21343ykoa.gif

    age.png



    Eigentlich bin ich ganz anders. Ich komme nur so selten dazu.


    Lass die Hoffnungswaschmaschine laufen!


    Whatever you want, it isn't me.

    Other people's ambitions are not my specialty.

    Sometimes I can see from here clear to the ocean.

    Sometimes I'm blind.

    Als die Vielfalt ging, entzündete die Einfalt ein Freudenfeuer.

    Einmal editiert, zuletzt von Fiawin ()