Unterhalt bei Vermögen

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  • Sehr geehrte Frau Simon,


    Ich habe eine allgemeine Frage zum besseren Verständnis:


    Mein Mann war bisher der Geldverdiener, ich war mit unserem Kind (minderjährig) zu Hause geblieben.

    Inzwischen hat mein Mann kaum noch Einkünfte, wir leben von seinem Angesparten.


    Wir sind verheiratet, werden uns trennen.

    Nun weiß ich nicht, ob ich mit Kindesunterhalts-Zahlungen (durch meinen Mann an mich) rechnen kann:

    Sein Einkommen reicht zumindest nicht aus, das habe ich beim Jugendamt schon erfragt, nach Abzug des Selbstbehalts ist im Prinzip kein Einkommen mehr als Berechnungsgrundlage übrig.

    Jedoch habe ich jetzt den Paragraphen §1603 BGB "entdeckt":


    Zitat

    (1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

    (2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. (...)


    Auf meinen Mann würde Absatz 1 zutreffen, er wäre also erstmal nicht unterhaltspflichtig.


    Jedoch hat er ein beträchtliches Vermögen zur freien Verfügung (über 200.000 Euro, in Depots angelegt, die er problemlos auflösen könnte). Von diesem Geld leben wir (abgesehen von geringen Einkünften) jetzt bereits.


    1.) Können Sie als Fachfrau mir sagen, ob ich den Absatz 2 dahingehend richtig verstehe, dass mein Mann unserem Kind gegenüber damit doch unterhaltspflichtig ist (sofern es bei mir wohnt)?


    2.) Wenn ja: in welcher Höhe? Mindestunterhalt?

    (3.) Entspricht der Mindestunterhalt dem Betrag in der Düsseldorfer Tabelle in der obersten Zeile, abzgl. hälftiges Kindergeld etc.?)


    4.) Wie ist es beim Wechselmodell? Ist da grundsätzlich kein Elternteil dem anderen für das Kind barunterhaltspflichtig? Da käme dann also das Vermögen nach §1603 (2) auch nicht zum Tragen?


    5.) Bisher habe ich es so verstanden, dass das Vermögen nach §1603 (2) zwar für Kindesunterhalt relevant ist, nicht jedoch für Trennungsunterhalt. Stimmt das?


    Schon jetzt tausend Dank für Ihre Hilfe!!!

  • Liebe Fragestellerin,


    zu 1.)


    Ob und wie weit der Vater sein Vermögen zum Kindesunterhalt einsetzen muss, bestimmt sich danach, ob dieses Vermögen als Schonvermögen anzusehen ist, etwa weil es der Finanzierung der Altersvorsorge dient. Dazu ist zunächst festzustellen, ob es noch eine andere Absicherung gibt, z.B. Rentenanwartschaften;


    Für den Mindstunterhalt ist aber etwas anderes wichtig: um diesen leisten zu können, hat der Unterhaltspflichtige eine sogenannte verschärfte Erwerbspflicht; er istverpflichtet, alle verfügbaren Mittel hierfür einzusetzen und insbesondere seine volle Arbeitskraft auszuschöpfen. Bei einer willkürlichen Reduzierung des Einkommens werden fiktive Einkünfte zugerechnet, die Pflicht zur Zahlung des Mindestunterhalts bleibt bestehen


    Es ist also zu klären, ob der Vater arbeitsfähig ist, dann ist er als Unterhaltsschuldner verpflichtet seine Arbeitskraft einzusetzen, tut er es nicht und weist er nicht nach, dass es ihm nicht möglich ist, z.B. erfolglose Bewerbungen (hohe Anforderungen!), dann werden ihm fiktive Einkünfte zugerechnet und aus diesen der Unterhalt berechnet.


    zu 2) und 3)


    Hier ist der Link zur aktuellen Düsseldorfer Tabelle, die Zahlbeträge (1/2 Kindergeld schon abgezogen) ergeben sich aus der letzten Tabelle (Anhang: Tabelle Zahlbeträge), Mindestunterhalt ist 1. Stufe, der Betrag staffelt sich nach Alter.


    http://www.olg-duesseldorf.nrw…eldorfer-Tabelle-2018.pdf


    Zu 4)


    Nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung müssen im Fall des Wechselmodells beide Elternteile für den Barunterhalt einstehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich in diesem Fall nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergebenden - erhöhten - Bedarf insbesondere die Mehrkosten des Wechselmodells (vor allem Wohn- und Fahrtkosten), so dass der von den Eltern zu tragende Bedarf regelmäßig deutlich höher liegt als beim herkömmlichen Residenzmodell.


    Es wird also das gesamte (evtl.) fiktive Einkommen der Eltern genommen, daraus der Unterhaltsbedarf des Kindes berechnet und dieser dann anteilig nach Einkommenshöge auf die Eltern verteilt, so dass bei einer 50/50 Teilung der Elternteil mit dem geringeren Einkommen noch einen Zahlungsanspruch hat.


    Sie müssen beim Wechselmodell bedenken, dass dann beide Elternteile für den Mindestunterhalt die verschäfte Erwerbspflicht gilt!


    5)


    Die Verwertung von Vermögen für Ehegattenunterhalt kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, in Ihrem Fall könnte man vortragen, dass man auch bisher schon von der Vermögensverwertung gelebt hat;


    Beste Grüße

    Bettina Simon