Hab meiner Tochter (jetzt 5. Jahr Latein) gerade deinen Text zu lesen gegeben. Sie kann sich an keine Wortspiele und viel Spass erinnern. Aber Zitat meiner Tochter: "Das Wortfeld "Tod und töten" ist schon sehr umfangreich in Latein. Vielleicht hat da ja jemand Spass daran." Es geht halt auch viel um Kriegsführung usw.
Aber erst im 5. Jahr oder?
Die Freundin meiner Tochter hatte jetzt 1 1/2 Jahre Latein und bereits 7 Wörter für töten gelernt
Mein Sohn ist jetzt ja im 1. Jahr. Sie haben das Buch Cursus A. Die erste Hälfte des Buches ungefähr besteht aus erfundenen Geschichten, die im Alten Rom und Umgebung spielen, also das Leben einer Familie dort. Dabei lernen sie zwei Familien kennen. Die eine davon macht eine Schiffsreise, dabei werden sie von Piraten überfallen. Die Männer entkommen, glaube ich, irgendwie, die Frauen werden von den Piraten entführt und dann auf dem Sklavenmarkt nach Gallien verkauft. Dem Mädchen gelingt es dann irgendwie einen Brief an ihren Liebsten in Rom oder ihren Vater zu schicken und die kommen dann und holen die Frauen wieder zurück. Wie's weiter geht, haben sie noch nicht gelesen Dann ab ungefähr der Mitte des Buches fängt es an mit irgendwelchen Sagen und Göttergeschichten aus dem Alten Rom.
Nach 6 Lektionen haben sie ungefähr 150 Wörter gelernt, dazu natürlich die Konjugation der Verben, 4 Fälle und KNG-Kongruenz der Adjektive. "Wortspiele" gibt es da durchaus im Sinne von "Ordne zu: canem- canes - canibus - canis - cani - canum - canis - canes ("der Hund" in den 4 Fällen Nominativ, Genetiv, Dativ und Akkusativ im Singular und Plural) magno - magni - magnos - magnis - magnus - magnorum - magni - magnum ("groß" in den 4 Fällen sowie Singular und Plural). Man kann das natürlich als Spiel auffassen, es ist aber nicht wirklich spielerisch sondern wird ernsthaft unterrichtet, weit ernsthafter als die gesprochenen Sprachen.
Mit einem guten Gedächtnis sind diese ganzen Konjugations- und Deklinationstabellen offensichtlich aber kein Problem. In der Klasse meines Sohnes ist Latein das Lieblingsfach der meisten Kinder. Das Buch ist gut aufgebaut, der Lehrer unterrichtet ernsthaft aber mit viel Freude an der Sache, die er den Kindern auch vermitteln kann, und sehr strukturiert. Mein Sohn liebt auch die ganzen Sagen und Göttergeschichten, die auch vorher immer mal wieder in den Unterricht mit einfließen. Letztens haben er und sein Freund freiwillig ein Referat über Schifffahrt im alten Rom gehalten. So etwas, was klassisch unter "Bildung" verstanden wird, wird wohl tatsächlich am ehesten im Lateinunterricht vermittelt.
Im Französischunterricht geht es mit den Vokabeln - wie auch in Englisch - wesentlich schneller voran, dafür mit der Grammatik nicht ganz so schnell. Die Bücher sind - finde ich - so chaotisch aufgebaut wie im Englischunterricht, mit mehr Bildern als Text. Die Themen sind aus dem aktuellen Leben gegriffen, zunächst aus der Schulwelt der Kinder in Frankreich, dann auch allgemeines über Frankreich, zum Beispiel ein Besuch in den Katakomben von Paris. Die Sprache soll wohl etwas lebensnaher und spielerischer vermittelt werden, wobei ich feststelle, dass zumindest für meine Tochter der spielerische Ansatz nicht gut ist. Dafür kann man mit der Sprache theoretisch zumindest praktisch was anfangen: Schüleraustausch mit Frankreich, Urlaub in Frankreich, Brieffreunde in Frankreich, Flüchtlinge aus Kamerun... wogegen man Latein im echten Leben wirklich nicht braucht, auch wenn man, wie ich, Biologie studiert hat
Bei meiner Tochter an der Schule haben sich die Kinder aber eigentlich nicht für eine Sprache sondern für einen Zug entscheiden. Die, die in der 6. Klasse mit Latein angefangen haben, sind im "sprachlichen Zug", d.h. sie werden ab Klasse 8 dann mit Französisch weiter machen - die Frage ist hier also nicht Französisch ODER Latein, sondern Latein oder nicht, denn die Kinder, die in der 6. Klasse mit Französisch angefangen haben, sind im naturwissenschaftlichen Zweig und werden in der 8. Klasse verstärkt mit NwT weitermachen. Ich weiß, es gibt auch Schulen, bei denen das anders ist, aber falls es bei euch auch so wäre, wäre es ja vielleicht auch eine Überlegung wert, daran zu denken, welches Profil deine Tochter später mal machen will. Wenn sie NwT wollte, wäre zumindest in unserem Fall Latein kontraproduktiv. (Auf der Schule meines Sohnes ist es z.B. anders. Er hat mit Englisch und Latein gleichzeitig angefangen und muss nun erst wieder zur 8. Klasse sein Profil wählen, wobei er sowohl NwT als auch diverse Sprachen oder sogar Kunst nehmen kann.)