Martin Hirte und die Frage nach der Evidenzbasiertheit in der Impfdebatte

Liebe interessierte Neu-Rabeneltern,

wenn Ihr Euch für das Forum registrieren möchtet, schickt uns bitte eine Mail an kontakt@rabeneltern.org mit eurem Wunschnickname.
Auch bei Fragen erreicht ihr uns unter der obigen Mail-Adresse.

Herzliche Grüße
das Team von Rabeneltern.org
  • Also entschuldige Schaf, aber das ist jetzt nicht gerade ein eindrucksvoller Beleg für die strenge Überwachung... wenn da einer von wenigen Hundert stirbt ist das nicht so wirklich das Gleiche wie "einmal niesen".


    Ich will ja nicht anzweifeln dass da strenge Kriterien gelten, aber das ist nicht wirklich ein gutes Beispiel.

  • also, den begriff der bösen pharmaindustrie hat, wenn ich mich recht entsinne kein skeptiker oder kritiker hier in den mund, bzw. auf die finger genommen. wie heißt es so schön: "das hast du jetzt gesagt."


    ;) - nein, bisher war das Wort "böse" vorne mit "p" geschrieben worden, aber bei dieser Schreibweise hat sowohl die Autokorrektur meines Handys als auch mein eigenes Sprachempfinden gestreikt. Ich dachte, das zweite "ö" im Wort und der Smiley sollten reichen, um zu verdeutlichen, wie der Satz gemeint ist.



    Mit "der Thread wird interessant" meinte ich, dass es hier nicht die üblichen Wortgefechte gibt - mit Skeptikern auf der einen und Befürwortern auf der anderen Seite, sondern dass (was für solche Threads aus meiner Sicht eher ungewöhnlich ist) wirklich mal einigermassen reflektiert diskutiert wird. Meist ufern solche Threads aus und weder die eine, noch die andere Seite ist gewillt, das Thema differenziert zu betrachten - und wirklich informiert sind meist beide Seiten nicht. Die einen beziehen ihre Infos aus dem Hirte (und ja - ich habe ihn auch gelesen, denn man sollte wissen, worüber man schreibt) und zitieren diesen ohne zu hinterfragen, die anderen verlassen sich nur auf Impfkampagnen und das zugehörige "Material".



    Und so sinnvoll die eine Impfung ist, so unnötig kann die andere sein. Die jährliche Grippeimpfung würde ich beispielsweise (zumindest im "jetzt" - im Alter kann es anders aussehen) ebensowenig mitmachen, wie die Schweinegrippeimpfung. Und einen Vorrat an Tamiflu würde ich mir auch nicht anlegen. Impfungen gegen Kinderlähmung (und ich kenne sogar noch einen Betroffenen aus Kindertagen persönlich) o.ä. würde ich hingegen nicht weglassen. Und wie jemand sein Kind zu einer "Masernparty" schicken kann, werde ich auch nie nachvollziehen können. Aber letztendendes muss jeder seine eigene Meinung zu diesem Thema bilden und man muss diese Meinung auch akzeptieren können, wenn selbst eine andere hat.



    Zum Thema Homöopathie halte ich persönlich es wie eine der Anfangsposterinnen - in der Verdünnung, die dort angestrebt wird, muss man froh sein, wenn man noch ein wirksames Molekül auf dem Löffel hat und Wasser hat kein "Gedächtnis". Daher greife ich für mich selbst nicht auf Homöopathie zurück. Die Kids nehmen aber ganz gerne mal ein "Zauberkügelchen" (Arnika). Ich wettere aber auch nicht dagegen - denn jeder soll das machen, was er selbst für richtig hält (habe auch einige Studienkollegen, die in einem antroposophischen Unternehmen gelandet sind und entsprechend an der Herstellung von Homöopathika mitwirken und habe in der Pharma mehr Leute kennengelernt, die sich mit Schüsslersalzen und Globuli und auch dem Impfthema auseinandersetzen als in jedem anderen Bereich). Man muss einfach akzeptieren, dass die Homöpathie auch Grenzen hat - und eine Krebserkrankung nur mit einem Homöopath in Angriff zu nehmen (auch so ein Beispiel kenne ich leider) finde ich dann grob fahrlässig.



    Mit Zitaten, dass die von der Pharmaindustrie gesponserten Studien häufiger zum Erfolg führen, habe ich allerdings ein wenig Mühe. Die Pharmaindustrie besteht sicher nicht nur aus Gutmenschen, sonden will - wie jede andere wirtschaftlich orientierte Branche auch - Geld verdienen (wen wundert das?), aber dass diese Studien häufiger Erfolg haben, liegt mit Sicherheit auch daran, dass einfach ein Riesen-Apparat mit jeder Menge Erfahrung dahintersteckt. Dass Wirkstoffe, welche wenig vielversprechend erscheinen oft schon aussortiert werden, bevor sie in die klinischen Studien gehen. Dass von Anfang an sehr viel "wirtschaftlicher" entwickelt wird (in der Uni geht es darum, am Ende das gewünschte Molekül in Händen zu halten - wie man dorthin gekommen ist, sprich wie aufwendig und teuer die Aufreinigung und Isolation war und wie die Ausbeuten waren, ist relativ ega - in der Industrie zählt vor allem auch das Verfahren). Dass viele Start-Up-Unternehmen und ja - auch Unis - mit den grossen Pharmaunternehmen zusammenarbeiten bzw. (bei Start-Ups) die Wirkstoffe und Verfahren dann verkaufen, wenn es Richtung Spätphase (sprich klinische Phase 2 oder 3) und Commercial geht, u.a. weil Studien und vor allem dann die Registrierung von Wirkstoffen (inkl. allem was dran hängt, wie die Validierung des Verfahrens etc.) richtig teuer sind und weil die Start-Ups für die Produktion im grösseren kg-Massstab gar nicht ausgerüstet sind. Und weil Studien auch in Spätphasen sofort gestoppt werden, wenn etwas "aus der Reihe" läuft und das Produkt dann oft nie auf den Markt kommt. Und ja - das passiert auch bei Phase 3. "Aus der Reihe" ist da zwar nicht der oben zitierte "Schnupfen", denn das ist auch sehr überspitzt formuliert, sondern das ist im grössten Teil der Fälle eine gegenüber dem Placebo nicht signifikant höhere Wirksamkeit oder im Vergleich mit anderen bereits registrierten Wirkstoffen keine signifikant höhere Wirksamkeit oder eben eine "krassere" Nebenwirkung. Da kann sich im Nachhinein auch rausstellen, dass der Patient (bei Phase 3 wird am kranken Menschen getestet) noch diverse andere "Probleme" hatte und die Nebenwirkung nicht dem Medikament geschuldet ist - die Studie wird trotzdem sofort gestoppt. Bei späten Phasen/Registrierung dann auch direkt von der Behörde. Die Anforderungen der Behörde und die Anforderungen von GMP sind ohnehin sehr hoch - und das ist auch gut so.



    Schwarze Schafe gab es und wird es immer geben. Wenn ich mir alleine am Beispiel des simplen generischen Wirkstoffs Acetylsalicylsäure (besser bekannt als Aspirin) anschaue, wieviele Neuregistrierungen bei den Behörden eingingen und wieviele Dossiers dann wieder entzogen und eingestampft wurden, wird mir manchmal ganz anders. Sobald ein Wirkstoff generisch wird, darf den "jeder" produzieren und da er entsprechend im Preis massiv sinkt, läuft die Produktion dann oft in Fernost, wo manchmal GMP noch nicht ganz so genau genommen wird. Ob die Liste an Nebenwirkungen dann noch vom Wirkstoff selbst kommt, oder von möglicherweise eingeschleppten Verunreinigungen, sei mal dahingestellt.



    Letztenendes ist die Pharma weder nut "gut" noch nur "böse" - sie ist aber auf jeden Fall in vielen Fällen lebensrettend und das darf eben auch nicht vergessen werden.



    Und ansonsten finde ich toll, was hier geschrieben wurde - denn es trägt zur eigenen Meinungsbildung bei... Es ist eben kein nur "schwarz/weiss" und nur "pro/kontra", sondern ein differenziertes Denken. Und letztendes gilt bei allem - bei Hirte ebenso wie bei Werbekampagnen, dass man *ironiemoduson* "nur einer Statistik glauben sollte, die man selbst gefälscht hat".

  • Also entschuldige Schaf, aber das ist jetzt nicht gerade ein eindrucksvoller Beleg für die strenge Überwachung... wenn da einer von wenigen Hundert stirbt ist das nicht so wirklich das Gleiche wie "einmal niesen".


    Ich will ja nicht anzweifeln dass da strenge Kriterien gelten, aber das ist nicht wirklich ein gutes Beispiel.


    ja wie deutlich hättest du es denn gerne? Ich kann nicht mehr schreiben weil ich hier googlebar bin.
    Fakt ist dass es reicht wenn EINE Person erkrankt und die Krankheit muss nicht mal was mit der untersuchten Krankheit zu tun haben, um eine Studie möglicherweise abzuschiessen.
    Und dass die Person sich erkältet hat ist sehr wahrscheinlich ein Zufall gewesen. Und solche Beispiele gibt es zuhauf, entschuldige dass ich mich aber hier rechtlich nicht auf dermassen dünnes Eis begebe.

    Mäh! mit Pubertier (12/04) und kleinem Räuber (07/14)

  • Du musst überhaupt nicht deutlicher werden, ich "hätte" es überhaupt nicht gerne mit mehr Fakten gespickt. Aber es ist ein Unterschied ob man schreibt "da muss nur mal einer niesen" oder "in Phase III ist einer der Probanden gestorben wobei ein Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden konnte".


    Das war alles #weissnicht

  • Wie war das denn jetzt mit der HPV-Impfung? Gute Pharmafirmen oder böse Pharmafirmen? Und die STIKO? Gut, böse oder einfach nur gut korrumpierbar, weil da jeder auch bei den Pharmafirmen die Hand aufgehalten hat?


    Ich hoffe, daß ich mich richtig erinnere, das war ein Beitrag des BR (Radio, ich glaube Bayern 2), in dem das so beschrieben wurde, daß die STIKO noch am Prüfen war, als die TK mit der Werbung rausging, sie werde (Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb #augen) diese Impfung bezahlen. Und dann ist die STIKO mit ihrer Empfehlung nachgerückt. Aber vielleicht weiß hier noch jemand was genaueres dazu.

    Viele Grüße
    Elena mit Mini1 (*2004) und Mini2 (*2006)

  • darum plädiere ich ja immer wieder zur skepsis und kritik und nicht für ablehnung und verunglimpfung. man braucht vernünftige kontrollorgane und eine vernünftige transparenz.
    trotzdem werden immer noch menschen übrig bleiben, die eine nische finden, um schmu zu machen und die gilt es zu finden und ihnen das handwerk zu legen.
    na ja, und vt wird es auch immer geben und das finde ich ganz gut. zum einen ist es sehr unterhaltsam, zum anderen regen sie doch auch manchmal zum hinterfragen an.(irgendwie widerspreche ich mir da gerade #gruebel , ich muss noch mal über verschwörunstheorien nachdenken.)
    die pharmaindustrie ist mit sicherheit nicht heilig, aber sie ist auch nicht das personifizierte böse.


    Dem kann ich mich nur anschließen...ein gesundes Maß an Skepsis ist sicher überall angebracht.



    Also entschuldige Schaf, aber das ist jetzt nicht gerade ein eindrucksvoller Beleg für die strenge Überwachung... wenn da einer von wenigen Hundert stirbt ist das nicht so wirklich das Gleiche wie "einmal niesen".


    Ich will ja nicht anzweifeln dass da strenge Kriterien gelten, aber das ist nicht wirklich ein gutes Beispiel.


    So unterschiedlich kann die Wahrnehmung sein, da wir eine Studie gestoppt obwohl nicht sicher ist ob ein Kausalzusammenhang besteht. Wie schon erwähnt wurde, in Phase III wird an kranken Menschen getestet, in diesem Fall scheinbar auch noch an Senioren, dass eine Erkrankung in Form einer grippalen Infektion bei älteren Menschen nun zum Tod führen kann ist nicht unwahrscheinlich, nichtsdestotrotz wird sofort abgebrochen...da funktioniert doch die Überwachung...


    Kiwi

  • Kiwi, ich wollte nur darauf hinweisen dass zwischen dieser Aussage:

    Vor allem auch deswegen weil Studien sofort abgebrochen werden wenn da auch nur einer niest.


    Und dieser :

    Das Medikament war in der letzten Phase der Zulassung, es gab zwei Studienzentren die es den Patienten unter engmaschiger Kontrolle gaben. Ein Patient (aus einer Gesamtzahl von mehreren Hundert) bekam nun auf einmal eine Erkältung (im Sommer...). Diese Schlug aufs Herz und er starb an einer Herzkrankheit ... Dennoch konnte man nicht 100% ausschliessen dass das neue Medikament nicht doch was mit dem Fall zu tun hatte.


    doch eine gewalte Diskrepanz besteht bzw. die zweite Geschichte kein guter Beleg für die oben getroffene Aussage ist. Mehr nicht :)


    Ich hab beruflich bedingt durchaus auch Einblick in klinische Studien und weiß in etwa welch ein Aufwand dahinter steckt.


  • ja wie deutlich hättest du es denn gerne? Ich kann nicht mehr schreiben weil ich hier googlebar bin.
    Fakt ist dass es reicht wenn EINE Person erkrankt und die Krankheit muss nicht mal was mit der untersuchten Krankheit zu tun haben, um eine Studie möglicherweise abzuschiessen.
    Und dass die Person sich erkältet hat ist sehr wahrscheinlich ein Zufall gewesen. Und solche Beispiele gibt es zuhauf, entschuldige dass ich mich aber hier rechtlich nicht auf dermassen dünnes Eis begebe.


    Ich gehe eigentlich rein sicherheitstechnisch davon aus, daß das, was Du oben beschrieben hast passiert, auch wenn das dann letztendlich einfach mal Pech für die Studie ist.


    Ähnliche Dinge "passieren" bei anderen Tests und Studien fernab der Pharmaforschung, die womöglich weniger sicherheitsrelevant sind.


    Aber ich bin sehr dankbar für diesen Thread und erfahre interessante Dinge. Gerade denen bin ich dankbar, die so ein bißchen aus dem Nähkästchen plaudern, denn erstens müssen sie dies ja relativ verdeckt tun und zweitens setzen sie sich damit ja unmittelbar sämtlichen Anfeindungen aus.


    Meine Impfentscheidungen werden durch einen solchen Thread allerdings nicht beeinflußt, da ich, wie viele andere wohl, es keineswegs schwarz/weiß sehe, von wegen die absoluten "Durchimpfer" haben Recht oder die totalitären Impfgegner. Gut, das gehört nicht hierher.


    Danke nochmal für die interessanten Infos in diesem Thread!

  • ich finde es auch sehr interessant hier ...


    trotzdem finde ich, dass skepsis gerade bei größeren unternehmen, die viel umsatz machen (und dazu zähle ich die pharmaindustrie), durchaus in intensiverem maße angebracht ist als vielleicht anderwo. unter umständen liegt ja auch da das problem, dass eben viel geld schon im vorfeld in die entwicklung von medikamenten oä investiert wird ... da ist dann natürlich auch das bestreben groß, dass das später auch verkauft werden kann. und gerade in letzter zeit, wo immer mehr korruptionsfälle zb in politik oder landwirtschaft ans tageslicht kommen, halte ich es für recht wahrscheinlich, dass auch die pharmakonzerne zu sehr nach profit streben. aber das geht jetzt dann schon bald in richtung verschwörungstheorie #augen


    was allerdings auch erwähnt werden sollte, wenn es um impfungen und pharmaindustrie geht: es ist wohl so, dass pharmakonzerne deutlich mehr geld mit der behandlung von krankheiten machen und weniger mit deren vermeidung (und impfungen sollen ja krankheiten vermeiden).

    lieben gruß von mauli mit maulino (2/12)


    ... mal da, mal dort, mal hier, mal fort ...

    3 Mal editiert, zuletzt von mauli ()

  • unter umständen liegt ja auch da das problem, dass eben viel geld schon im vorfeld in die entwicklung von medikamenten oä investiert wird ... da ist dann natürlich auch das bestreben groß, dass das später auch verkauft werden kann.


    Na ja, aber wie willst du das denn anders machen? Willst du schlecht vorbereitete und erforschte Wirkstoffe an kranken Menschen erproben? #gruebel

  • Shakes, genau das ist der Punkt. Wenn man Arzneimittelforschung und Zulassungsverfahren an den Universitäten oder sonstigen staatlichen Institutionen machen würde, dann würde die Begründung wegfallen, wieso Pharmakonzerne sich "zu recht" dumm und duselig verdienen dürfen.


    Deswegen glaube ich auch nicht, dass die großen Pharmakonzerne es wirklich schlecht finden, dass die Arzneimittelzulassung immer aufwendiger geworden ist. Eigentlich bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass der "Verband der forschenden Arzneimittelhersteller" oder wie deren Lobbyorganisation genau heißt, sich für diese komplizierten Verfahren stark gemacht hat, um sich die Konkurzenz von kleinen Klitschen vom Hals zu halten.

  • was allerdings auch erwähnt werden sollte, wenn es um impfungen und pharmaindustrie geht: es ist wohl so, dass pharmakonzerne deutlich mehr geld mit der behandlung von krankheiten machen und weniger mit deren vermeidung (und impfungen sollen ja krankheiten vermeiden).

    Wenn ich mir vorstelle, wie viele Menschen im Jahr Tetanus haben und wie viele Menschen routinemäßig dagegen geimpft werden, geht Deine Rechnung irgendwie nicht auf, oder? Impfstoffe herstellen ist wie eine Lizenz zum Geld drucken, so stelle ich mir das vor.


    Die HPV-Impfung kostete bei der Einführung über 400 Euro, habe ich gelesen. Halleluja.

  • Shakes, genau das ist der Punkt. Wenn man Arzneimittelforschung und Zulassungsverfahren an den Universitäten oder sonstigen staatlichen Institutionen machen würde, dann würde die Begründung wegfallen, wieso Pharmakonzerne sich "zu recht" dumm und duselig verdienen dürfen.

    Die Zulassung läuft über die Behörden der jeweiligen Länder, in denen der Wirkstoff zugelassen wird, die Parmafirma reicht "nur" die registrierrelevanten Unterlagen ein. Sie macht nicht das Zulassungsverfahren und genauso würde das auch eine Uni nicht machen (die zudem nicht für Produktion und Formulierung ausgerüstet ist, ebensowenig wie die meisten "kleinen Klitschen"). Das ist Behörden- und Ländersache. Zudem ist die Uni ein Ort der Grundlagenforschung. Dort ist die Zielsubstanz das gewünschte, nicht der Weg dorthin. Und man überlegt auch nicht, ob einem wegen dem verwendeten Lösungsmittel z. B. das Lufthygieneamt auf's Dach steigen könnte, weil das im mg-Maßstab im Reaktionskolben einfach niemanden interessiert...

    Deswegen glaube ich auch nicht, dass die großen Pharmakonzerne es wirklich schlecht finden, dass die Arzneimittelzulassung immer aufwendiger geworden ist. Eigentlich bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass der "Verband der forschenden Arzneimittelhersteller" oder wie deren Lobbyorganisation genau heißt, sich für diese komplizierten Verfahren stark gemacht hat, um sich die Konkurzenz von kleinen Klitschen vom Hals zu halten.

    Und das groesste Hobby der Firmen sind wohl Behoerdenaudits, oder?!? ;)


    Ich wiederhole mich ungern, aber die ganz kleinen Klitschen sind schlicht nicht dafür ausgerüstet cGMP-konform in die Wirkstoffproduktion oder Formulierung einzusteigen. Sie entwickeln häufig bis Anfangs Spätphase und verticken den Wirkstoff dann, wenn er vielversprechende Resultate in den Studien bringt an eine groessere Bude. Und dabei machen sie wohl eher kein Verlustgeschäft (und spielen je nach Vertragweiterhin mit). Wenn die Studien schon sehr weit sind und die in die Entwicklung gesteckte(n) Erfahrung/Kosten nich so gigantisch, kauft die große Bude u.U. ein Verfahren, das stark verbesserungswürdig ist, an dem sie aber eher wenig ändern darf, weil PAR-Studien und Validierung und alles was dazugehört schon durch sind und die Änderungen relevant fuer die Zulassung wären...


    Ich glaube, ich klinke mich besser wieder aus.... (und nein, ich arbeite nicht in einem der erwähnten großen forschenden Pharmaunternehmen).

  • Ich bin auch dafür, dass du bleibst Krapi. Nur so ist doch eine konstruktive, wenn auch kontroverse, aber aussagekräftige Diskussion möglich. Außerdem habe ich ja auch schon mehr als einmal versucht mich aiuszuklinken. Klappt eh nicht #augen .

  • Wo wir gerade beim Thema Einflussnahme auf Studienergebnisse sind:


    Vielleicht schrieb ich es schon, aber meine impfkritische Einstellung beruht nicht auf der Vermutung, dass die Pharmaindustrie manipulativ, geldgierig o.ä. wäre, sondern eher darauf, dass es generell schwierig ist, Studien durchzuführen, die vernünftige Aussagen über Nebenwirkungen von Impfungen ermöglichen.


    Dennoch gibt es für mich einen Aspekt, der Impfstudien für mich doch arg in die manipulierte Ecke schiebt (auch wenn die Manipulation da von denjenigen ausgehen würde, die die Regeln für Impfstoffstudien aufstellen, nicht direkt von den Herstellern). Da manche von euch sich ja mit Studiendesign auszukennen scheinen, könnt/mögt ihr vielleicht eine sinnvollere/glaubwürdigere Erklärung geben als das, was mir bisher untergekommen ist.


    Bei Impfstudien wird ja entweder eine Impfung ohne das Impfantigen oder eine andere Impfung als Placebo verwendet, hier eine Erläuterung des PEI:


    Bei einer placebokontrollierten Impfstoff-Studie gibt es zwei Möglichkeiten, wie das Placebo aufgebaut sein kann:


    Entweder erhält eine Teilnehmergruppe den zu testenden Impfstoff, die Vergleichsgruppe dagegen einen 'Scheinimpfstoff', dem das Impfantigen (der Wirkstoff) fehlt, der ansonsten aber von der Zusammensetzung her mit dem Testimpfstoff identisch ist. Dies erfordert natürlich unter anderem auch die Verwendung von Adjuvanzsystemen wie zum Beispiel Aluminiumhydroxid (Al(OH)3), wenn diese im Testimpfstoff verwendet werden. Dies war bei Gardasil der Fall.


    Oder eine Teilnehmergruppe erhält den zu testenden Impfstoff, die andere Gruppe einen bereits zugelassenen Impfstoff, der ein anderes Impfantigen enthält. Das hat den Vorteil, dass die Placebogruppe ebenfalls einen Nutzen von der Teilnahme an der Studie hat.


    Beide Ansätze erlauben es, den Anteil an Nebenwirkungen, der auf das Impfantigen zurückzuführen ist, zu ermitteln, da das Impfantigen der einzige Unterschied in der Zusammensetzung von Testimpfstoff und Placebo ist.


    Diesen Ansatz halte ich für sehr fragwürdig, da ja ein Teil der Nebenwirkungen den sonstigen Zusatzstoffen wie z.B. dem Aluminiumhydroxid zugerechnet wird - so dass die Studien zwangsläufig weniger Nebenwirkungen "liefern" als tatsächlich verursacht werden. Mir ist auch noch nicht untergekommen, dass die Nebenwirkungen durch das "Placebo" da noch irgendwie draufgerechnet würden.


    Jedenfalls konnte ich noch keine gescheite Erklärung für diese mE fragwürdige Vorgehensweise finden. Der ehemalige Stiko-Vorsitzende Schmidt gab beispielsweise auf die Frage hin, warum als Placebo nicht Kochsalzlösung verwendet wird, die denkwürdige Erklärung ab, dass so etwas von keiner Ethikkommission genehmigt würde, weil ja auch die Placebo-Gruppe von der Studie profitieren müsse. Die Erklärung dafür, wodurch die Placebo-Gruppe aber profitiert, wenn als Placebo die Impfung ohne Impfantigen genutzt wird, blieb er allerdings schuldig.


    Eine andere Erklärung, die mir schon untergekommen ist, ist die, dass Kochsalzlösung nicht als Basis für Impfungen taugen würde, weil man das nicht in den Muskel spritzen könne. Scheint mir angesichts dessen, dass beispielsweise die Tetanol pur Impfung Kochsalzlösung als Grundlage hat, wenig glaubwürdig.


    Hat jemand eine bessere?


    Beste Grüße,

    Liebe Grüße

    Sabine mit T. 10/02 und Q. 11/05

  • Die einzige Erklärung, die ich logisch finde, ist, wenn du zwei Gruppen hast eine mit Impfantigen, eine ohne aber mit Adjuvanzien und jetzt taucht eine Nebenwirkung auf, sagen wir mal dicker Arm mit blauen Punkten. Tritt der dicke Arm mit blauen Punkten auch in der Placebo-Gruppe auf, ist es naheliegend, dass ein Zusatzstoff Schuld ist. Tritt er nur in der Antigen-Gruppe auf, aber nicht bei den Placebos, ist es offensichtlich, dass es das Antigen war.
    Das ist jetzt aber pure Spekulation und hat nichts mit Wissen zu tun. Die zweite Gruppe einfach mit einem anderen Impfstoff zu impfen, halte ich allerdings auch für etwas fragwürdig.
    Bei einmal Kochsalz, einmal Impfung, wüsste man ja nicht, wer Schuld an der Nebenwirkung ist. Antigen oder Zusatzstoff.

  • Das ist die Begründung, die auch in der Erläuterung vom PEI anklingt. Aber wenn ich mich impfen lasse, möchte ich doch wissen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist, dass ich blaue Punkte kriege. Und weniger, ob die blauen Punkte vom Impfantigen oder den Begleitstoffen kommen.


    Beste Grüße,

    Liebe Grüße

    Sabine mit T. 10/02 und Q. 11/05

  • Es geht bei den Impfstoffstudien nur um das zu testende Impfantigen, nicht um Adjuvantien, diese müssen bereits zugelassen und erprobt sein um als Träger oder Begleitstoffe genutzt zu werden...So zumindest in der Vet. Med.


    Kiwi

  • Es geht bei den Impfstoffstudien nur um das zu testende Impfantigen, nicht um Adjuvantien, diese müssen bereits zugelassen und erprobt sein um als Träger oder Begleitstoffe genutzt zu werden...So zumindest in der Vet. Med.


    Kiwi

    Ja, das steht doch da auch, Kiwi. Aber warum kann man nicht in der einen Gruppe Impfstoff komplett und in der anderen Kochsalzlösung oder Ähnliches impfen?
    Danke für Deine Beiträge, huehnchen69. Ich finde sie sehr interessant und aufschlussreich.


    Waren das in der Schweinegrippe-Impfung nicht neue Wirkverstärker? Wo genau wurden die vorher erprobt, Kiwi?