Gender-Kacke in Schule und Alltag

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  • Hallo,


    Ich denke, man kann gerade bei dem Thema das heute nun mal schlecht diskutieren, wenn man das "vorher" nicht betrachtet. Das machst du doch genau so. Nur funktioniert das mMn nur bedingt, wenn nur ein Teil des "vorher" dabei gilt (das in Westdeutschla und, der Schweiz usw.) und ein anderes nicht.


    Daß früher unabhängig von der Außer-Haus" bzw. Geldererwerbsarbeit noch vieles anfiel, war vermutlich überall so.

    Meine Oma hatte z.B. Laden und Garten (der den Laden mit füllte, also kein Blümchengarten, eher Klein-Landswirtschaft), Tiere, Kinder, Haushalt...

    Allerdings tatsächlich zusammen mit meinem Großvater. Nicht jeder alles (also schon sie die Wäsche, er hackte Holz), aber beide gleich viel. So sagte sie zumindest und sie war keine, die sich die Butter vom Brot nehmen ließ.


    Die andere Oma war seit jeher Städterin. Sie war alleinerziehend mit 3 Kindern, da fragte eh keiner, ob sie außer Haus arbeiten wollte oder nicht. Wäre sie nicht in die Fabrik und zusätzlich hier und da arbeiten gegangen, wären sie verhungert. So musste eben mein Vater nach der Schule Kohlen holen, heizen, das Essen für die kleinen Geschwister kochen. Auch das keine Frage, wenn es warm sein und Essen geben sollte. Die Mutter kam ja erst gegen Abend.


    Edit:


    Zitat

    Ich glaube, Trin, da gibt es auch Untersuchungen dazu, dass es nicht nur Dir so geht, sondern zum Beispiel auch englischsprachigen Vorschulkindern - ein Unterschied ist meiner Meinung nach, dass die "awareness" im angelsächsischen Raum bereits deutlich weiter fortgeschritten ist.


    Das finde ich interessant.


    Auch, weil es dort offenbar als gültig akzeptiert zu sein scheint, man hier aber, wenn man z.B. sagt, daß man (vermutlich aus seinem geschichtlichen Hintergrund heraus) seit jeher "Studenten", "Experten", "Schüler" ... vorm inneren Auge als beiderlei Geschlechts sieht, gefühlt schnell eins auf den Deckel bekommt, weil das so nicht stimmen kann.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe - um auf den Genderkacke-Aspekt zurückzukommen - einfach das Gefühl, dass in den Regionen, die ich erlebt habe (und da kann ich nunmal für die DDR nicht sprechen), die Frauenerwerbstätigkeit eher unter den Tisch fiel, in der Anerkennung (und nein, damit meine ich nicht Holz hacken vs. Wäsche waschen, sondern echte Erwerbsarbeit, mit denen Geld für das Essen auf dem Tisch angeschafft wurde...). Nicht nur politisch, sondern auch von den Frauen selbst, in ihrem Selbstverständnis (meine Grossmutter hätte sich garantiert immer als "Hausfrau" irgendwo eingetragen - hat aber immer Heimarbeit in grösserem Mass gemacht).

    Ich habe das in meiner Kindheit noch häufig erlebt und erlebe es sogar heute noch, dass sie "nebenher arbeitet", während er der "Ernährer" ist in der Umgebung - völlig unbenommen davon, dass sie mehr verdient als er...

    Subjektiv, aus meiner Wahrnehmung heraus, habe ich das Gefühl, dass dies in der DDR gerechter war - aber eben, da bin ich auf Medien angewiesen, nicht auf Erfahrung.


    So gesehen: ich finde es grosse Genderkacke, dass Arbeit unterschiedlich bewertet wird, je nach dem, wer sie erledigt. Und damit meine ich nicht Haushalt, Kindererziehung etc - sondern eben: dass berufstätige Frauen dies nicht "zugaben", weil es eben nicht so sein sollte...


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Hm, wobei ich persönlich jetzt "officer" oder "fighter" oder auch "attendant" jetzt so rein geschichtlich auch nicht unbeding als neutral sondern schon tendenziell eher "männlich besetzt" wahrgenommen hätte.

    Ja, das ist sicher so, man sieht ja einfach viel mehr Kämpfer als Kämpferinnen, z.B. Das ist denke ich bei vielen genderneutralen Begriffen so, dass man doch irgendwo ein Geschlecht eher damit verbindet. Pflegefachkraft klingt auch irgendwo mehr nach Frau, selbst wenn es im Begriff selbst nicht drinsteckt. Aber der neutrale Begriff eröffnet zumindest die Möglihckeit, dass es sich bei der Pflegefachkraft auch um einen Mann handeln kann.

    Ich glaube das englische ist einfach ein bisschen im Vorteil weil es nur ein grammatikalisches Geschlecht gibt. Im englischen kann ich schreiben: As she ran away, the fighter saw .... und es gibt zumindest die Möglihckeit, dass der Fighter weiblich ist. Wenn ich auf deutsch sage: Während sie weglief, sah der Kämpfer, dann sind das sicher zwei Personen weil der Kämpfer per Definition keine "sie" mehr sein kann. Das ist dann eben maximal mitgemeint aber grammatikalisch eigentlich umpassend. Das mag im Plural noch gehen, aber wenn es um ein Individuum geht, klingt es wirklich seltsam.


    Schwierig ist es im Deutschen halt immer weil ich ein grammatikalisches Geschlecht habe und wenn das dann zum biologischen nicht passt, knirscht es sprachlich. Das finde ich so schwierig an den mitgemeinten Frauen, dass man dann nicht nur von "den Mitarbeitern" spricht sondern auch von der "Verantwortung des einzelnen Mitarbeiters, der sich seiner Rolle bewusst sein muss" oder so. Und da kann ich dann kaum mehr "des einzelnen Mitarbeiters, die sich ihrer Rolle bewusst sein muss" sagen. Und spätestens da ist irgendwie ganz klar eine Rollenzuschreibung da, von der man im Kopf nur mit Mühe wieder runter kommt.

  • Hallo,


    Daß eine Frau nicht "zugibt", daß sie einer Erwerbsarbeit nachgeht, ist für mich nun wieder unvorstellbar. Vermutlich weil arbeitende Frauen hier die Normalität waren und man unabhängig vom Geschlecht kritisch angesehen wurde, wenn man nicht für Geld arbeiten ging.


    Ab wann das so war, weiß ich nicht, aber zumindest bei meinen Großmüttern war Erwerbsarbeit schon Selbstverständlichkeit.

    • Offizieller Beitrag

    Ich finde ja, es braucht halt auch etwas Zeit, um sich umzugewöhnen: ich habe noch als Studentin mein Studium angefangen - gegen Ende war es völlig üblich, Studierende zu sein (informell nutze ich immer noch gerne das Binnen-I, und wenn es auch nur ist, um Arbeitskollegen zu ärgern ;)).

    Mit Lernenden ging es mir ähnlich - anfangs stockte ich jedes Mal, jetzt nutze ich es schon sehr selbstverständlich.


    edit: Sage ich ja, Trin, ich glaube, in der DDR war es viel anerkannter. Selbstverständlich war das Arbeiten für meine Vorfahrinnen auch - nur eine Weiel war es sehr verpönnt, dass ihre Männer dies zugeben hätten müssen.



    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Hm, wobei ich persönlich jetzt "officer" oder "fighter" oder auch "attendant" jetzt so rein geschichtlich auch nicht unbeding als neutral sondern schon tendenziell eher "männlich besetzt" wahrgenommen hätte.

    Ja, das ist sicher so, man sieht ja einfach viel mehr Kämpfer als Kämpferinnen, z.B. Das ist denke ich bei vielen genderneutralen Begriffen so, dass man doch irgendwo ein Geschlecht eher damit verbindet. Pflegefachkraft klingt auch irgendwo mehr nach Frau, selbst wenn es im Begriff selbst nicht drinsteckt. Aber der neutrale Begriff eröffnet zumindest die Möglihckeit, dass es sich bei der Pflegefachkraft auch um einen Mann handeln kann.

    Ich glaube das englische ist einfach ein bisschen im Vorteil weil es nur ein grammatikalisches Geschlecht gibt. Im englischen kann ich schreiben: As she ran away, the fighter saw .... und es gibt zumindest die Möglihckeit, dass der Fighter weiblich ist. Wenn ich auf deutsch sage: Während sie weglief, sah der Kämpfer, dann sind das sicher zwei Personen weil der Kämpfer per Definition keine "sie" mehr sein kann. Das ist dann eben maximal mitgemeint aber grammatikalisch eigentlich umpassend. Das mag im Plural noch gehen, aber wenn es um ein Individuum geht, klingt es wirklich seltsam.


    Schwierig ist es im Deutschen halt immer weil ich ein grammatikalisches Geschlecht habe und wenn das dann zum biologischen nicht passt, knirscht es sprachlich. Das finde ich so schwierig an den mitgemeinten Frauen, dass man dann nicht nur von "den Mitarbeitern" spricht sondern auch von der "Verantwortung des einzelnen Mitarbeiters, der sich seiner Rolle bewusst sein muss" oder so. Und da kann ich dann kaum mehr "des einzelnen Mitarbeiters, die sich ihrer Rolle bewusst sein muss" sagen. Und spätestens da ist irgendwie ganz klar eine Rollenzuschreibung da, von der man im Kopf nur mit Mühe wieder runter kommt.

    Spannend, wie verschieden Sprache ist.


    Für mich wärez.B. eine Pflegefachkraft spontan ein Mann. Vermutlich weiß ich eine Menge Pfleger (männliche Pflegende? Krankenversorgende männlichen Geschlechtes? ) kenne und ich so rein vom Gefühl her eher auf "männliche Version für Krankenschwester" tippen würde. Üblich ist hier von "Pflegepersonal" zu sprechen oder "Schwestern und Pflegern"


    Das Problem mit den Artikeln hat man aber in der Einzahl bei neutralen Begriffen auch "Die Lernende" ist im Gefühl ganz klar ein Mädchen, "Der Lernende" ein Junge. Es entfällt lediglich das "In" bei der Weiblichen Version von Schüler, die zuordnung ist trotzdem eindeutig. Wenn man von "der Lernende" spricht ("jeder Lerndene bekommt eine Kopie von..." "Falls ein Lerndener Schwierigkeiten hat, kann er Buch Seite... zu Hilfe nehmen.). Das wäre mMn kein sprachlicher Zugewinn. Denn dann ist man auch wieder bei der männlichen Version für alle.


    Und in der Mehrzahl ist das "die sowieso neutral, wenn man sagt, "die...(Schüler/Lernenden, Studenten/Studierenden, Lehrer/Unterrichtendenden, ...) sagt das "die" ja nichts über die Geschlechterverteilung aus.


    Wenn es um das Grundgeschlecht gehen würde, hätte man schon mit dem Wort Mensch ein Problem. DER Mensch. Ich denke zumindest außerhalb rein biologischer Zusammenhänge eindeutig an einen Mann. "Der Mensch kommt den Weg entlang". "Als der Mensch sich bewegte...". "Der Mensch war nicht besonders groß, rannte aber schnell hinter uns her...". "Wir trafen endlich einen Menschen, der uns den Weg zeigen konnte." In allen fällen wäre theoretisch beides möglich, ich hätte aber klar einen Mann vorm inneren Auge.


    "Die Menschin" gibt es nicht einmal, "die Menschen" dagegen sind selbstverständlich beiderlei Geschlechts.


    Es geht also darum, wie werden Worte wahrgenommen. Bei "die Krankenschwester" usw. ist ganz klar zu vermuten, daß da keine Männer im Team sind. Aber schon bei Schüler, Stundeten und Direktoren zumindest für mich nicht mehr, da ist es tatsächlich eine Frage der Wahrnehmung und da ist "die Studenten" für mich wesentlich neutraler als "Fighter" oder "Officer" z.B. .

    • Offizieller Beitrag

    Zu "Lehrer", "Ärzte" etc gibt es jede Menge Studien, wie das im Schnitt wahrgenommen wird. Der grosse Teil der Menschen sieht Männergruppen vor sich.


    Manche Wörter mögen unklar sein, die meisten sind es aber nicht: "Menschen" sind ganz klar gemischte Gruppen.

    Auf einzelne Personen bezogen ist es nochmal was anders: wobei ich "meine Lernende" wunderbar so nennen kann - und im Unterschied dazu mein Mann sofort weiss, wen ich mit "meinem Lernenden" meine (da muss ich ja gar nicht sagen: "meine Lernende, das Mädchen"). Aber "Lehrlinge" sind die fünf Jungs meines Mannes, ich hingegen habe "Lernende", nämlich einen Mann und eine Frau. Und wenn ich nicht weiss, ob ich eine gemischte Gruppe vor mir habe, dann sage ich gerne das neutrale Wort: Lernende.

    Da die Berufsbezeichnung hier eh geändert hat, fällt die Pflegefachkraft hier weg. Es sind Fachpersonen Gesundheit, oder eine Fachfrau oder ein Fachmann, wenn Du nur einen Menschen vor Dir stehen hast.


    Ich bleibe dabei, das ist Gewohnheitssache - mal ehrlich: nutzt Ihr noch Fräulein? Und doch seid Ihr wahrscheinlich alle noch damit aufgewachsen - es kann sehr schnell gehen, sich sprachlich der Realität anzupassen.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Sorry, jetzt etwas verspätet (bin heute nicht eher ans Netz gekommen), aber ich finde das grad sehr spannend. Ich bin in einer niederbayerischen Kleinstadt aufgewachsen, und da ging es so ab, wie Trish beschreibt: durch die Ehe wird die Friseurin oder Metzgereiverkäuferin "Frau Oberstudienrat" und kann es den ehemaligen Kolleginnen, die nicht "rauf"geheiratet haben, gegenüber raushängen lassen. Meine Mutter (in der Kindheit meiner Geschwister hat sie an derselben Schule wie mein Vater unterrichtet, das war schon mal außerhalb der Norm) wurde mal von Kollegengattinnen entgeistert darauf angesprochen, warum sie die Putzfrau grüßt #stumm . Die Eheschließung war also mit Prestigegewinn verbunden, dass die Frau nicht "arbeiten muss" war ebenfalls eine Prestigesache. Und wenn die Frau das nicht muss und soll und will, dann ist ja auch der Arbeitserlaubnis-durch-den-Ehemann-Paragraph kein Problem....

    An meiner Schule war es so, daß die gesamten Naturwissenschaften und Mathe usw. eher als Fächer angesehen wurden, in denen die Mädchen sowieso die Nase vorn haben, zu den Begabtenkursen gingen vorrangig Mädchen, an den Erweiterten Oberschulen (= Abi) oft deutlich mehr Mädchen als Jungen.

    Ich hatte einen Mathelehrer, der uns am Anfang des Schuljahres erklärte, er hätte es eigentlich nicht nötig, sich vor eine reine Mädchenklasse (das hatte sich in diesem Jahr so ergeben) hinzustellen. Als ich Anfang der 90er in München mein klassisch-westweiblich-bildungsbürgerliches geisteswissenschaftliches Studium aufgenommen habe, wurden die zwei Maschinenbaustudentinnen von den männlichen Kommilitonen nach ihrem Sexappeal beurteilt ("da dad i gern amal drübersteign").


    Ich lebe derzeit im Osten und habe erstaunt (= positiv überrascht) zum ersten Mal in meinem Leben Biographien wahrgenommen, wo die Mutter Ingenieurin ist und die Tochter ebenfalls. Meine Nachbarin (ca. 50) ist Kindergärtnerin/Erzieherin und beklagt den Niedergang der Ausbildung (in der DDR = Studium).

    Besser eine Hand voll und Ruhe, / als beide Hände voll und Arbeit und Luftgespinst.

    Koh 4,6

    .

  • Anyway, ich merke, dass hier offenbar nicht alle Erfahrungen und Lebenswelten gefragt sind.

    Wenn Du damit mich meinst, reden wir jetzt endgültig aneinander vorbei ;) Wo hat jemand geschrieben, dass Deine Erfahrungen nicht gefragt sind? Dasselbe hatte ich umgekehrt in Deinem Text verstanden, ganz konkret durch Deine Formulierungen "Ganz ehrlich?" und "privilegiert" und durch die Tatsache, dass Du das, was ich als mein Umfeld in der Kindheit beschrieben habe als "mehr Ideal als Realität" bezeichnet hast.


    Mein Gefühl sagt, dass Du nicht die einzige bist, die das als unpassendes Nebenthema in diesem Thread empfindet, deshalb höre ich jetzt auch auf damit. Nur das noch zur Erklärung: der Zusammenhang kommt für mich daher, dass diese Erfahrungen eben unser Handeln prägen, auch wenn wir es bekämpfen, die eine stärker, die andere weniger. Mir fehlen z.B. total die Role Models. Und das ist eine Konsequenz aus dem, was ich oben beschrieben habe.

    Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es verstehen.


    Konfuzius

    • Offizieller Beitrag

    An meiner Schule war es so, daß die gesamten Naturwissenschaften und Mathe usw. eher als Fächer angesehen wurden, in denen die Mädchen sowieso die Nase vorn haben, zu den Begabtenkursen gingen vorrangig Mädchen, an den Erweiterten Oberschulen (= Abi) oft deutlich mehr Mädchen als Jungen.

    Ich hatte einen Mathelehrer, der uns am Anfang des Schuljahres erklärte, er hätte es eigentlich nicht nötig, sich vor eine reine Mädchenklasse (das hatte sich in diesem Jahr so ergeben) hinzustellen.

    Meine Klassenkameradinnen und ich durften uns anhören, dass eine naturwissenschaftliche Matura ja "schon ein bisschen schwer für Mädchen" sei... (wir reden von den frühen 90er Jahren)...

    Zum Glück sahen unsere Lehrpersonen das anders (und meine Eltern auch).


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Hallo,


    Wie gesagt, das ist individuell. (editr: Betrifft die Bezeichnungen)


    Wenn ich von meiner Arbeit spreche, ist irgendwie sonnenklar, daß ich nicht nur die Jungs meine, wenn ich sage "die Schüler" - es sei denn ich setze in einem Nebensatz die Schülerinnen dazu, weil es irgend eine Relevanz hat. HAT es eine Relevanz. dann müsste ich das bei "die Lernenden auch deutlich machen. Kommt in der Grundschule aber zumindest in meinem Arbeitsbereich selten vor (eigentlich nur bei der Wahl der Sportumkleide) und wenn heißt es einfach die Jungen bzw., die Mädchen.


    Da ist "Lernende" einfach nur ein anderes Wort, aber kein neutraleres.


    Und daß "die Praktikanten" bei meinem Mann auf Arbeit ebenfalls beiderlei Geschlechts (wenn auch nach wie vor noch tendenziell weiblich) sind, muss er mir auch nicht erklären. Sind es nur Mädchen, sind es die Praktikantinnen.


    Vielleicht ist es wirklich eine geschichtliche Prägung, gerade darum finde ich es schlecht, wenn diese ignoriert und negiert wird. Ein Lehrling kann nämlich für mich z.B. selbstverständlich ein Mädchen sein. "Unser Lehrling" allein sagt für mich in meiner Erwartung noch gar nichts über das Geschlecht aus.

  • der Zusammenhang kommt für mich daher, dass diese Erfahrungen eben unser Handeln prägen, auch wenn wir es bekämpfen, die eine stärker, die andere weniger.

    Das finde ich eine ganz wichtige Erkenntnis in dieser Diskussion! Dass einige den Sinn in manchem nicht sehen (können) weil sie ganz andere Voraussetzungen haben.#idee1


    Übrigens habe ich Bücher aus den 80ern zum Thema gelesen und war frustriert, wie wenig wir weiter gekommen sind, sogar in manchem zurückgeschritten sind.

    Hat jemand mein verlinktes Buch von 1908 gelesen? Auch da so vieles, was immer noch aktuell ist. Aber wie sie schrieb, dass "in 100 Jahren dies und das erreicht ist", da hat sie tatsächlich gut geschätzt.

    • Offizieller Beitrag

    Vielleicht ist es auch noch ein Unterschied, wer das Zielpublikum von "Schüler" ist?

    Klar spreche ich mit meinem Mann nicht 1000prozentig genderneutral und ja, das spreche ich auch mal von "den Lehrern"...


    Aber wenn ich etwas veröffentliche, drucke oder an grösseres Publikum richte, bin ich etwas pingeliger. Da finde ich es schon wichtig, dass die zukünftigen potentiellen Ärztinnen sich auch mitgemeint fühlen und nicht nur die Ärzte.


    edit: warum ist Lernende kein neutrales Wort? Ich nehme an, dass Dir Auszubildende näher liegt, aber auch das ist meiner Meinung nach um Längen neutraler als "Lehrlinge". Mit gutem Willen könnte ich versuchen, bei Lehrlingen auch Frauen in der Gruppe zu sehen - aber in der Realität ist es nunmal so, dass die meisten Menschen das nicht tun (und es ist schön, dass es bei Dir nicht so ist, aber da scheinst Du nunmal nicht den Durchschnitt zu repräsentieren).


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Hallo,


    An meiner Schule war es so, daß die gesamten Naturwissenschaften und Mathe usw. eher als Fächer angesehen wurden, in denen die Mädchen sowieso die Nase vorn haben, zu den Begabtenkursen gingen vorrangig Mädchen, an den Erweiterten Oberschulen (= Abi) oft deutlich mehr Mädchen als Jungen.

    Ich hatte einen Mathelehrer, der uns am Anfang des Schuljahres erklärte, er hätte es eigentlich nicht nötig, sich vor eine reine Mädchenklasse (das hatte sich in diesem Jahr so ergeben) hinzustellen. Als ich Anfang der 90er in München mein klassisch-westweiblich-bildungsbürgerliches geisteswissenschaftliches Studium aufgenommen habe, wurden die zwei Maschinenbaustudentinnen von den männlichen Kommilitonen nach ihrem Sexappeal beurteilt ("da dad i gern amal drübersteign").


    Daß das so war, bezweifelt ja auch keiner. Das war (ist) nun mal real. Nur das was ich schrieb, war genau so real, auch wenn es gerne ignoriert wird.


    (Ich beklage übrigens kein bisschen, daß es die DDR nicht mehr gibt, nur wie gesagt hätte ich mir statt einem Einstampfen, "untergehen lassen" und alles übernehmen sollen, auch wenn es noch ganz altbackene Sachen sind, einen offeneren Umgang, ein genaueres Hingucken gewünscht. Und ja, wenn ich sehe mit wie wenig Handwerkszeug (mMn deutlich weniger als früher trotz insgesamt 5 Jahren) die Leute heute teilweise nach der Ausbildung in den viel herausfordernd gewordenen Beruf geschickt werden, tun sie mir manchmal einfach nur leid).

    • Offizieller Beitrag

    Kannst ja im Vorwort schreiben: der besseren Lesbarkeit halber wurde nur die weibliche (oder eben männliche) Form genutzt. Das andere Geschlecht und Transgender sind natürlich mitgemeint.

    Wozu sollte ich das?


    Sooooo schwer ist es nun wirklich nicht, neutrale Texte zu verfassen (und wahrscheinlich würden 90% der Warner vor der schrecklichen gendergerecht verunstalteten Sprache den Unterschied nicht mal merken :D - das mache ich wie gesagt nur informell, wenn ich etwas provozieren will)

    Es gibt eine Unmenge von Dingen, auf die frau beim Formulieren achten sollte, Rollenklischees zu vermeiden ist eher eine Kleinigkeit, finde ich.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Hallo,


    edit: warum ist Lernende kein neutrales Wort?


    Es geht da ja erst mal um das persönliche Empfinden.

    Wenn ich sagen" Die Schüler unserer Schule... " (Haben morgen einen freien Tag. ... haben nächste Woche Projektwoche... bereiten sich auf den Mathewettbewerb vor.)..., ist das für mich nun mal nicht weniger neutral als würde man sagen: "Die Lernenden an unserer Schule ... " (haben morgen frei).

    Wie gesagt, auch im ersten Fall käme hier wohl keiner auf die Idee, es wären nur die männlichen Schulkinder gemeint. #weissnicht


    Sagt jemand "Die Schüler der Klassenstufe 10 haben heute schriftliche Prüfung, seid bitte leise im Haus" statt "Die Lernenden der Klasse 10..." würde vermutlich auch keiner denken, daß die Mädels wohl morgen erst dran sind.


    Ich muss morgen mal rumfragen, ob ich da tatsächlich so eine Ausnahme bin, aber irgendwie kann ich mir wirklich schwer vorstellen, daß das irgendwer hier (IRL) anders sieht.

    • Offizieller Beitrag

    Das hat gerade ein bisschen was von "aber das haben wir immer schon so gemacht"...

    Schüler funktioniert für Dich und Andere im täglichen Sprachgebrauch wunderbar (tat es für mich auch, lange). Jetzt kommt ein neues, neutraleres Wort auf - kann ich mich natürlich dagegen "sperzen"... ich kann es auch übernehmen.

    Ich würde mal sagen, hier nützt bereits der grösste des Fachpersonals "Lernende", das wirkt schon völlig normal - im schriftlichen Verkehr noch oft SuS (Schülerinnen und Schüler). Vielleicht setzt es sich in D auch durch, vielleicht nicht. #weissnicht Mir ganz persönlich gefällt es und ich habe es mir angewöhnt (wie ich mir auch Begriffe/Sprichwörter abgewöhnt habe, im Lauf meines Lebens).


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Hallo,


    Nö, mir ist das "neue Wort" (das keineswegs neu ist) relativ wurscht, Von mir aus nutze ich es, wenn es üblich wird. Warum sollte ich mich da sperren? Ich hab mich auch als ich im Kindergarten gearbeitet habe, schon lange offiziell als Erzieherin bezeichnet, einfach weil es so üblich geworden war, obwohl ich alte Wort Kindergärtnerin sogar viel schöner finde.


    Ich sehe nur speziell im Fall Schüler/Lernende den Zugewinn an "Neutralität" tatsächlich nicht. (Was wie gesagt nicht heißt, daß ich mich nicht den Üblichkeiten anpassen werde, wenn sie sich denn ändern) .