Gender-Kacke in Schule und Alltag

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    • Offizieller Beitrag

    Ich verstehe dich schon VivaLaVida, ich weiss aber auch, dass Sprache durchaus auch das Bild verändert. Die eigene Sprache ist einfach mit bestimmten Emotionen oder Bilder belegt. In einer neu erlernten Sprache, koennen das ganz andere Bilder sein. Also zB ist es so, dass mitunter Traumaopfer einfacher in einer Fremdsprache ueber die Erlebnisse reden koennen, als in ihrer eigenen Sprache. Das gibt es auch bei mehrsprachigen Menschen, dass verschiedene Sprachen unterschiedlich emotional belegt sind.


    Insoweit, wenn Menschen jetzt grundsätzlich eher beim Wort "Arzt" einen mann vor dem inneren Auge haben, dann kann es dieses Genderklischee aufbrechen, wenn man von Ärztin spricht, oder weiblichem Arzt.


    Ein wenig ist das wie Henne und Ei - schaffen wir durch Sprache Realität, und ermutigen so Maedchen Aerztin zu werden, oder werden sich die Bilder in den Köpfen ändern, weil es mehr Ärztinnen gibt?

  • Was ist denn an Kindergärterin und Kindergärter schlimm?


    Ich mag die Bezeichnung sehr gern. Gärtner hegen und pflegen, ziehen groß, begleiten beim wachsen usw. Ich find das klingt liebevoll

    Nach Kindern die Kinder sein dürfen. Nach lachen und spielen und glücklicher Zeit. Nach Kindergarten!


    Erzieherin und Erzieher hingegen klingt streng. Nach verboten und strengen Regeln und gehorchen müssen und anpassen und viel Autorität. Nach still und funktionieren und perfekter Vorbereitung zu einstimmigen "Jawohl Frau Lehrerin!"

    Das wollte ich auch gerade fragen. Diese Assoziationen habe ich nämlich auch.


    Eine Kindergärtnerinnen darf nur im Kindergarten arbeiten, heute vielleicht vergleichbar mit der Kinderpfleger*in. Ich bin Erzieherin, kann mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Behinderten (jeden Alters) arbeiten. Die Kindergärtnerin ist nur ein kleiner Teilaspekt dessen, was ich gelernt habe und wer mich Kindergärtnerin nennt, erkennt alles andere was ich gelernt habe (übrigens schulisch, also auch noch selbst finanziert, nicht wie viele andere Ausbildungsberufe bezahlt) nicht an.

    Das wußte ich nicht. Danke für die Erklärung.


    Wir sagen hier "Betreuerinnen" zu den Frauen, die im Kindergarten arbeiten. Hat sich noch keine beschwert.

  • gerade beim handwerker wird es doch interessant.


    weiterhin wird auch künftig ziemlich sicher "der handwerker" (sofern man noch nicht weiss, wer genau kommt) gesagt.

    und in einer welt, in der immer differenziert wird, wie es heute gefordert ist, ist er also männlich.


    in einer welt ohne diese differenzierung ist nicht ausgeschlossen, dass es auch eine frau ist.


    aber ich glaube, ich kann mich nicht richtig begreiflich machen, das hat viel mit dem zu tun, was man von kleinauf im kopf hat.

    • Offizieller Beitrag

    Deshalb finde ich ja, wenn ich von den Schreinerinnen als mir unbekannte Gruppe rede, können sich die Männer ein paar Jahrhunderte lang mitgemeint fühlen.

    Kommt aber Hans oder Lucy ist dann ja klar, ob der Schreiner oder die Schreinerin kommt.


    Wenn die Gesellschaft nicht mehr differenziert, wird sie das "der" nicht mehr nutzen - aber das ist noch lange hin, denke ich. Meine Tochter wächst aber im Jetzt heran und ihr will ich klar machen, dass es ausser Topmodel und FaBe auch noch andere tolle Berufe für sie gibt.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • BetreuerInnen ist ja auch ein Überbegriff für alle in der Kita arbeitenden Personen (Ungelernte HelferInnen, KinderpflegerInnen, ErzieherInnen, KindheitspädagogInnen und was es sonst noch so gibt) das finde ich total in Ordnung und würde mich auch nicht beschweren ;)

    lg, Marie
    mit L 08/02, C 06/07, P 01/10 und J 02/13

  • ja, das eigentliche problem ist ja, das hatten wir auch schon mal, dass berufe (und überhaupt alles) im deutschen ein geschlecht haben. da ist mir das englische deutlich sympathischer.

  • Mich würden mal Statistiken interessieren, wie hoch der Anteil weiblicher Ärzte in den verschiedenen Regionen ist.

    Ich habe hier hauptsächlich weibliche Ärzte: Kinderärztinnen, HNO-Ärztin, Hausärztin, Hautärztin, Augenärztin, Gynäkologin. Das IST nichts Besonderes #weissnicht. Ach ja - Zahnarzt, Kiefernorthopäde und Urloge sind männlich.

    Und es ist hier absolut normal zu sagen: "Ich gehe zum Arzt!" - "Arzt" im Sinne: zu medizinischem Fachpersonal bzw. eben "in die Arztpraxis". Ich sehe da (zumindest in dem Bereich) nicht die Notwendigkeit, das Weibliche zu betonen.


    In anderen Bereichen sehe ich die Diskrepanz in der Realität auch kritisch.

    Aber ich bin trotzdem der Meinung, dass der Weg, eine breitere Berufswahl bei Kinder und Jugendlichen zu erreichen, weniger über die Begrifflichkeiten, als über das Vorleben funktioniert. Zumal das Thema durch divers nochmal zusätzlich komplex wird.

    Ich habe letztlich auf einem Plakat gesehen, da wurden "Pflegekräfte (m/w/d)" gesucht, das finde ich gut (wobei man da dann wieder über die Reihenfolge streiten kann #haare).


    Und was Erzieherin vs. Kindergärtnerin angeht: Ja, Erzieherin ist deutlich weiter gefasst, als Kindergärtnerin. Für mich ist das eine der Ausbildungsberuf, das andere die gerade ausgeführte Tätigkeit und ich finde nicht, dass "Kindergärtnerin" da irgendwie abwertend ist, warum auch?

    Ich trage, wenn man mich fragt, was ich beruflich mache, auch nicht meine Studiumsabschlussbezeichnung vor mir her, sondern eine Kurzbezeichnung, die das beschreibt, was ich im Moment tue.

  • ich glaube, ich weiss, was mich so stört.


    nämlich, dass die frauenbewegung im westen seit jahrzehnten über begrifflichkeiten streitet und argumentiert ohne wirklich anzuerkennen, was die frauen im osten bereits vor jahrzehnten für die emanzipation in der realtität, also außerhalb von begrifflichkeiten, getan haben.


    ganz ohne endungen.

    • Offizieller Beitrag

    ja, das eigentliche problem ist ja, das hatten wir auch schon mal, dass berufe (und überhaupt alles) im deutschen ein geschlecht haben. da ist mir das englische deutlich sympathischer.

    Faszinierenderweise glauben wohl vor allem wir Deutschsprachigen, dass englische Berufsbezeichnungen kein "Geschlecht" haben: diese Experimente mit Kinderzeichnungen wurden zuerst im englischsprachigen Raum durchgeführt und waren sehr entlarvend.


    Freda, ich verstehe echt nicht, warum bei einer Mehrzahl weiblichen medizinischen Fachpersonals der Sammelbegriff "Ärztin" nicht geht? Also, so mal abgesehen von der reinen Gewohnheit ;) Ohne Änderungen in unseren Gewohnheiten wird gesellschaftlicher Wandel eher schwer, so global gesprochen.


    Am Anfang stolpert frau noch etwas drüber - aber ich habe mich wirklich sehr schnell umgewöhnt.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • BetreuerInnen ist ja auch ein Überbegriff für alle in der Kita arbeitenden Personen (Ungelernte HelferInnen, KinderpflegerInnen, ErzieherInnen, KindheitspädagogInnen und was es sonst noch so gibt) das finde ich total in Ordnung und würde mich auch nicht beschweren

    Hm ja, könnte aber sein, daß sich dann auch die eine oder andere in ihrer Qualifikation nicht gesehen fühlt? Also wenn ich zur Leitung ebenso "Betreuerin" sage wie zur Praktikantin?

    Ich weiß tatsächlich gar nicht, welche Ausbildungen die jeweils haben. Dem Kind ist das eh egal.

  • Faszinierenderweise glauben wohl vor allem wir Deutschsprachigen, dass englische Berufsbezeichnungen kein "Geschlecht" haben: diese Experimente mit Kinderzeichnungen wurden zuerst im englischsprachigen Raum durchgeführt und waren sehr entlarvend.


    das hat aber nichts mit der endung zu tun, um die es hier geht. und offenbar ist eben die endung dann doch nicht so ausschlaggebend, wie behauptet wird. was ich ja meine.

  • Das ändert sich nicht von heute auf morgen, das ändert sich über die Generationen, in denen die Vermischung tatsächlich stattfindet.


    Ich habe mich letztlich mit einem jungen Mann unterhalten, der Erzieher werden möchte. Da kann man die jungen Leute bestärken, dass das eine tolle Wahl ist, statt zu sagen: "Hast Du Dir das auch gut überlegt, da verdient man doch so wenig ....".


    Ich habe auch ein Fach studiert, in dem ich damals ziemlich allein war als Frau. Mittlerweile habe ich immer mehr Kolleginnen. Und das Unternehmen, in dem ich arbeite, wird weltweit seit einigen Jahren von einer Frau geführt und es gibt da ganz viele Initiativen zum Thema "be equal".

    Wir haben die Chance, unseren Kindern es entweder vorzuleben oder sie in Entscheidungen zu bestärken, die nicht den Berufsrollenklischees entsprechen. So habe ich es durch meine Eltern erlebt und so gebe ich es auch an meine Kinder weiter.


    In den Unternehmen kann man Bewusstsein dafür schaffen, wie wertvoll gemischte Teams sind. Da gibt es ganz viele Untersuchungen und Materialien, mit denen man im eigenen Umfeld dafür arbeiten kann. Ich engagiere mich da auch seit vielen Jahren. Das finde ich viel, viel wichtiger, als Berufsbezeichnungen zu diskutieren.

    • Offizieller Beitrag

    Naja, ich denke, zb. hier in der Schweiz musste einiges auch in der Sprache "geöffnet" werden, damit auch andere als herkömmliche Rollen-und Lebensentwürfe anerkannt wurden.


    Es war ja nicht nur so, dass der Handwerker per se männlich war, sondern auch das aus nur ein Mütterzentrum gab, nur Mutter-Kind-Turnen, es gibt auch immer noch nur "Mutterschaftsurlaub".


    Und um das zu öffnen muss es ja einem erst bewusst werden.

    Natürlich ist das nicht bei jedem gleich nötig, keine Frage, dass jemand der halt anders aufgwachsen ist, das als Rückständig empfindet. Trotzdem ist die Diskussion hier immer noch wichtig.

  • es nimmt aber im gesellschaftlichen diskurs einen unglaublich großen raum ein. nicht erst neuerdings. ich bin das nicht gewohnt und finde es unverhältnismäßig.

    Genauso geht es mir auch. Ich glaube auch wirklich, das Sprache da nur ein minimaler Baustein ist. Ich denke, der Vergleich mit dem Englischen (wo die Berufsbezeichnungen ja neutral sind), zeigt doch auch, dass es an der vorgelebten Rolle, nicht an der Bezeichnung liegt, was man mit einem Begriff assoziiert.

    Und deswegen verwende ich, wenn ich mich nicht auf eine konkrete Person beziehe das Wort "Arzt", weil es in MEINEM Umfeld ganz selbstverständlich (und sogar im überwiegenden Falle) weibliche Personen meint, während Ärztin eben (das ist auch so im Duden enthalten) eine eindeutig weibliche Form ist und Männer explizit nicht mitmeint. Hier in meinem Umfeld wird niemand bei "Ärztin" an einen Mann denken, aber eben auch nicht explizit an einen Mann, wenn ich sage "ich gehe zum Arzt".

  • es nimmt aber im gesellschaftlichen diskurs einen unglaublich großen raum ein. nicht erst neuerdings. ich bin das nicht gewohnt und finde es unverhältnismäßig.

    Das erlebe ich auch so. Da ich begonnen habe, mit gendernonkonformen Menschen zu arbeiten, gewöhne ich mir gerade an, das Gendersternchen zu sprechen. Also die Lücke, die dann auch Raum für alles jenseits von w und m lässt. Ist eigentlich kein großes Ding, zeugt nur von Respekt vor dem Gegenüber. Für mich kann ich das tun, ohne dass ich dabei stehen bleiben muss. Ich verstehe nicht, wieso sich Leute über Gendersternchen aufregen, weil das doch bloß son Winzding ist. Man kann sich doch, wenn man es egal findet, dann einfach schulterzuckend der Förderung von Frauen in Führungspositionen zuwenden.


    Zu Geschlechterbildern in der DDR glaube ich, dass da tatsächlich auch die Bilder in Bilderbüchern usw. diverser waren. In meiner Erinnerung gab es da Kranfahrerinnen und Lokführerinnen. Leider kann ich es nicht mehr prüfen. Die paar Bücher, die ich aufgehoben habe, sind leider sehr stereotyp. Worum es mir aber geht: Ich glaube, dass Sprache eben nicht das einzige ist, was es gibt. Und wenn da dauernd ein Bild ist, auf dem eine Frau in einem Kranhäuschen sitzt und da "Kranführer" druntersteht, dann ist das auch eher so zugeordnet. Heute gibt es aber viel mehr Bilder - und sie zeigen eben oft Geschlechterstereotype.