Gender-Kacke in Schule und Alltag

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  • Ich muss mal versuchen meine Gedanken in Worte zu fassen. Also entschuldigt, falls vieles schon gesagt und geschrieben wurde.


    Ich befürchte, dass wir in einer ganz schwierigen Zeit für Gleichberechtigung und Feminismus leben. Corona scheint das Rad der Zeit zurück zu drehen.

    Frauen organisieren ihr Home-Office, betreuen nebenher Kinder, machen Home-Schooling, Haushalt, whatever. Und Männer? Sitzen zu Hause im Büro, brauchen ihre Ruhe? Ist klar, oder?

    Mal ganz überspitzt.


    Strukturell:

    Es gibt die Möglichkeit ubezahlten Urlaub für die Kinderbetreuung zu beantragen, der dann vom Arbeitsamt unterstützt wird.

    Da gibt es dann aber nur 67% vom Nettolohn.

    Jetzt mal überlegen...

    Wer verdient gesamtgesellschaftlich weniger? Und dank der Steuerklasse nochmal weniger?

    Klar. Die Frauen. Also bleiben sie zu Hause und betreuen die Kinder. Da muss man ja nur Prozentrechnen können.


    Und die Notbetreuung? Klar. Für Eltern in "systemrelevanten" Berufen. Alles klar. Jetzt soll sie ausgeweitet werden, weil die Läden wieder öffnen, und dann da auch Kinder betreut werden müssen.

    Auch hier eine kleine Überlegung:

    Wie war das vorher? Beide Eltern in der Produktion? Oder beide Eltern auf dem Bau? (Da gibt es auch kein Home Office). Ne. Kein Prolem. Solche Konstellationen wird es schon nicht geben. Wie soll das erst werden,

    Also merke:

    Entweder die Frau ist Krankenschwester oder Verkäuferin. Ist doch klar.


    Und ja, wer MUSS denn jetzt das Kind in die -vorsicht Ironie- virenverseuchte Kita bringen? Ja nur die Familien, in denen die Frauen ARBEITEN.


    Nun dürfte doch auch wirklich dem letzten klar sein, dass das eine arbeitende Mutter nur Probleme mit sich bring. Wie viel einfacher ist es, wenn die Frau nicht arbeitet. Dann können die Kinder weiterhin im sicheren Zuhause (haha) bleiben.


    Disclaimer:

    Ich verurteile hier keine einzelnen Lebensentwürfe und Familienkonstellationen. Ich möchte hier nicht die Kitas schlecht machen und einzelne Berufsgruppen diskreditieren.

    Es ist mehr der gesellschaftliche Diskurs zu diesen Themen, der mich sehr umtreibt.

    Verlasse die Welt ein bisschen besser, als du sie vorgefunden hast (B.P)

  • Julchen86 ja...es sehe das genauso. Hier in meiner sehr strukturkonsevativen Gegend gibt es so gut wie kein Verständnis dafür, das „diese Mütter selbst jetzt noch meinen arbeiten zu müssen“....Einverdienerehen als Kriseenlösung...Halleluja!

  • Ach, ich weiß nicht. Ich lese und höre viel Achtung gegenüber dem, was Mütter (und Väter) momentan leisten. Mir scheint, dass die alltägliche Doppel- und Drei- und Vierfachbelastung von Müttern, die sonst als selbstverständlich genommen wird bzw. nur negativ auffällt, wenn Mütter es mal nicht so glatt gewuppt kriegen, dadurch eher in den Fokus geraten ist.


    Als AE mit z.T. schwierigen Betreuungssituationen (kein Krippenplatz, Kiga, der furchtbar war und keine Alternative) hatte ich die Situation in vielen Jahren sehr häufig, dass ich zu Hause mit Kind gearbeitet habe. Da galt es eher, damit bloß nicht aufzufallen, was das Ganze natürlich noch viel stressiger gemacht hat. Jetzt scheint es im allgemeinen Bewusstsein angekommen, dass die Hochglanzbilder von Mama gut gelaunt und frisch geföhnt am Telefon, während Kind lieb und leise unterm Schreibtisch Stickarbeiten macht, nichts mit der Realität zu tun haben.


    Das, was wir in der momentanen Ausnahmesituation leisten, kann man auch als gemeinsame Heldinnengeschichte lesen.


    Wir lagen auf der Wiese und baumelten mit der Seele.


    Kurt Tucholsky (Schloß Gripsholm)

  • Heute bei nebenan.de war auch wieder so eine nette Diskussion, wo sich eine Mitschreiberin erboste, dass mal wieder die ganzen Muttikolleginnen die Kinderbetreuung nicht gebacken kriegen und ausfallen. Meinen Einwand, dass sich die Herren der Schöpfung wieder fein rausziehen und sie ins das gleiche Horn tutet, dass sich die Frauen slbst zerhacken, konterte sie dann mit "ja, die Frauen haben das ja dann wahrscheinlich so mit den Männern abgeklärt dass sie selbst die Familienhauptlast tragen, also sind die Frauen selber schuld".

  • Wobei typische Frauenberufe jetzt ja als systemrelevant erkannt wurden und die in der Regel nicht von zu Hause aus ausgeübt werden können: VerkäuferInnen, Pflegekräfte, ErzieherInnen....


    Davon kenne ich viele und da sind es die Männer im Home-Office, die sich um die Kinder kümmern, während die Frauen außer haus arbeiten.



    Aber das liegt sicher auch daran, dass ich eben Hauptsächlich den Einblick bei Kolleginnen und Freundinnen aus der Ausbildung habe. Und das sind eben fast alle Pflegekräfte....

  • Hier wurde diese Regelung ganz schnell aufgeweicht, dass ein systemrelevanter Elternteil ausreichend ist für Notbetreuung. Weil wohl sehr viele Väter mit ebendiesem Szenario überfordert waren, oder sich trotzdem schlicht geweigert haben zu betreuen.

  • Spannend: ich bekomme hier eher das Gegenteil mit. Also dass jetzt plötzlich auch mal die Männer um die Kinder rumorganisieren müssen. Weil beide im HO sind und es da kein „entkommen“ gibt oder weil sie nicht von zu Hause arbeiten kann und er daher zu Hause das Kind betreuen muss.


    Ich sehe es beispielsweise in der Firma meines Mannes, eher männerdominierter technischer Bereich. Da jongliert er nun verschiedene HO-Schichten seiner Mitarbeiter, manche Telkos werden verschoben auf wenn die Kinder schlafen oder man sieht sie zwischendurch mal durchs Bild flitzen. Sie werden dort also gerade wesentlich sichtbarer.

    Auch meine Kinder berichten, dass Lehrer öfter mal Kinder beim Video-Unterricht dabei hatten, weil die Mutter außer Haus arbeitet.


    Das kann aber natürlich auch eine Blase sein.


    Ich denke, es könnte in beide Richtungen gehen: in die von @Kiwi vermutete „sehr ihr, die Probleme gäbe es nicht, wenn die Frauen brav daheim wären“ aber auch in die andere: dass es normaler wird, dass auch Männer sich kümmern müssen, hin zu mehr Vereinbarkeit. Ich würde mir jedenfalls zweiteres wünschen

    We must accept finite disappointment, but never lose infinite hope.

    Martin Luther King, Jr.

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    ebura mit S (*04), E (*05) und I (*12/21)