Gender-Kacke in Schule und Alltag

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  • Und die Generation Meiner Mutter sagt auch oft, wieviel leichter wir Frauen es heute hätten.

    das habe ich tatsächlich nicht gehört. ist ja auch in meinem fall nicht so, nichtmal scheinbar.

    Dann vielleicht familiär? Das stigma der Scheidung, studieren zu dürfen, das waren Themen, Beruf ausüben ohne Genehmigung des Mannes

    Ja, so war das in meiner Familie auch.

    Meine Mutter musste auf die Hauptschule gehen und meine Oma durfte sich nicht scheiden lassen. Da gibt's noch viele Beispiele.

    Aber ich finde Leid lässt sich schwer begreifen und "nur" weil Dinge früher schlimmer waren, ist nicht heute alles gut und einfach.

    Es wurde viel erreicht beim Thema Rechte für Frauen* aber es reicht einfach (noch) nicht.

    Sparst du Zeit, und wofür sparst du sie?
    Wenn es einen Film über dein Leben gäbe, würdest du ihn anschauen, würde er dich faszinieren?
    Sechs Euro für eine Stunde auf der Arbeit - was würdest du zahlen für eine Stunde an einem sonnigen Tag im Park?
    Drei Kaffee auf der Raste kosten soviel wie eine Stunde deines Lebens!
    (Früchte des Zorns - Brennen)

    • Offizieller Beitrag

    Scheidung im Osten hat meine Oma in den 50ern mitgemacht und das war furchtbar. Sie wurde als Versagerin gesehen, die nicht mal ihren Mann halten kann und mein Opa hat sie schließlich wieder zurückgenommen. Es war eine sehr einsame Zeit.

  • Aus einem wissenschaftlichen Papier der Heinrich-Böll-Stiftung:


    "Frauen- und Familienpolitik wurden in der DDR sehr früh eng miteinander verknüpft. Leitlinie war dabei das Bild des “sozialistischen Menschen”, der egal ob männlich oder weiblich, in jedem Fall eine “allseits gebildete” und Vollzeit berufstätige Person sein sollte, die zusätzlich einen Beitrag für die Gesellschaft leistete. Schon kurz nach der Gründung der DDR wurde 1950 ein “Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau” erlassen,[1] das mit der Tradition des Nationalsozialismus, die Frau primar über ihre Mutterrolle zu definieren, klar brach. So schrieb §14 vor, dass:


    “…die Eheschließung für die Frau keine Einschränkung oder Schmälerung ihrer Rechte zur Folge hat” und noch expliziter in §15: “Durch die Eheschließung darf die Frau nicht gehindert werden, einen Beruf auszuüben oder einer beruflichen Ausbildung und ihrer gesellschaftlichen und politischen Fortbildung nachzugehen; auch wenn hierdurch eine zeitweilige örtliche Trennung der Eheleute bedingt wird.”

    Auch die Rechte von Frauen, die uneheliche Kinder geboren hatten, wurden mit diesem Gesetz von 1950 in §17(1) gestärkt:


    “Die nicht eheliche Geburt ist kein Makel. Der Mutter eines nicht ehelichen Kindes stehen die vollen elterlichen Rechte zu, die nicht durch die Einsetzung eines Vormundes für das Kind geschmälert werden dürfen.”

    Diese Regelungen standen in direktem Gegensatz zu den zeitgleich in der BRD geltenden Gesetzen, die teilweise noch jahrzehntelang etwa Ehefrauen und Alleinerziehende diskriminierten.


    Die umfangreichen Rechtsansprüche von Müttern in der jungen DDR erleichterten ihnen zwar das Muttersein und damit eine Entscheidung zugunsten von Kindern, gleichzeitig dienten sie aber von Anfang an der Vereinbarkeit einer Vollzeitberufstätigkeit der Frau – auch als Mutter, selbst als Alleinerziehende. So hatten sich laut Gesetz die Öffnungszeiten von Krippen und Kitas nach den Arbeitszeiten der Frauen zu richten (§24(2)) und Betriebsleiter wurden mit §25(2) sogar gesetzlich verpflichtet, alleinstehende Mütter bevorzugt einzustellen.


    Früh stand die Bereitstellung umfassender Kinderbetreuungseinrichtungen im Fokus, gab es Kinderkrippen für Kinder unter drei Jahren, Kindergärten für ältere Kinder, Hortbetreuung in Schulen, Kinderferienlager zur Überbrückung von Schulferien und Wochenheime, in denen Kinder von Montag bis Freitag fremd betreut werden konnten – im Krankheitsfall der Mutter oder, wenn es die Art ihrer Berufstätigkeit erforderte, etwa bei Schichtarbeit.


    Kinderbetreuungseinrichtungen boten überall in der DDR Betreuungszeiten, die mit dem Alltag normal berufstätiger Frauen kompatibel waren. Üblich war ein Betreuungsangebot von sechs bis 18 Uhr. In größeren Betrieben waren Betriebskindergärten häufig, sodass Mitarbeiterinnen keine Extrawege hatten. Auch an höheren Bildungseinrichtungen wie Hochschulen und Universitäten gab es eine Kinderbetreuung vor Ort, sodass ein Studium zumindest nicht für längere Zeit unterbrochen werden musste. Familienzimmer in Studentenwohnheimen erleichterten eine frühe Familiengründung. Jung zu heiraten und Kinder zu bekommen, war üblich in der DDR. Das durchschnittliche Alter der Mutter beim ersten Kind lag 1989 bei knapp 23 Jahren.[2] Ein Grund dafür war auch der große Wohnungsmangel. Für allein lebende junge Erwachsene waren Wohnungen kaum zugänglich. Heirat und Schwangerschaft jedoch ebneten den Weg zur ersten eigenen Wohnung. Die Einrichtung wurde jungen Familien (beide Partner unter 26 Jahre alt) seit 1972 durch einen zinslosen sogenannten Ehekredit in Höhe von 5.000, später sogar 7.000 Mark ermöglicht, den man auch “abkindern” konnte. Für das erste Kind wurden 1.000 Mark erlassen, für das zweite Kind 1.500 Mark, beim dritten Kind war der Kredit getilgt. Dies stellte einen weiteren Anreiz für frühe Mutterschaft und mehrere Kinder dar. Fast 1,4 Millionen solcher Kredite wurden im Volumen von über 9 Milliarden Mark bis 1988 ausgezahlt.[3]


    Frauen in der DDR sollten jedoch auch über ihren Körper frei entscheiden können. So gab es die Pille kostenlos für jede Frau und auch eine Schwangerschaftsunterbrechung war voraussetzungslos bis zur 12. Woche möglich – schon seit 1972. Die erweiterten Möglichkeiten der Familienplanung und die hohe Doppelbelastung arbeitender Mütter führten ab den 60er Jahren zu einer sinkenden Geburtenrate, die erst nach weiteren Maßnahmen in den 70er Jahren wieder stieg, um trotz des ständigen Ausbaus von Unterstützungsleistungen zugunsten einer besseren Vereinbarkeit in den 80er Jahren wieder auf einen Wert von 1.7 Kindern pro Frau zum Zeitpunkt der Wende zu sinken.[4]


    Die Akzeptanz externer Kinderbetreuung war in der DDR sehr hoch, denn die soziale Norm der Vollzeiterwerbstätigkeit galt auch für Mütter, sodass die meisten nach Ablauf des Babyjahres wieder arbeiten gingen. Nur so war die hohe Erwerbsbeteiligung von 91 Prozent 1989 erreichbar – die höchste Quote weltweit [5]. Im selben Jahr wurden 80 Prozent der Kinder unter drei Jahren in einer öffentlichen Einrichtung betreut,[6] bei über dreijährigen war der Anteil noch höher. Eine Kostenbarriere gab es nicht, da nur ein sehr geringer Verpflegungsbeitrag zu zahlen war. Das Babyjahr gab es zuerst nur für Alleinerziehende, später auch für Verheiratete beim zweiten Kind, ab 1986 für alle Mütter – bei vollem Lohnausgleich. War das Kind krank, konnten Mütter viele Tage zusätzliche bezahlte Freistellung im Jahr erhalten. Mit einer Kündigung wegen Schwangerschaft, Babyjahr oder kranken Kindern musste in der DDR keine Frau rechnen. Seit 1976 hatten Mütter zusätzlich schon ab dem zweiten Kind Anspruch auf eine reduzierte Wochenarbeitszeit.[7]


    Auch beim Übergang zur Schule gab es keine Betreuungslücke, denn Ganztagsschulen waren üblich, es gab Hortangebote in der Regel ebenfalls bis 18 Uhr und zahlreiche organisierte Freizeitangebote, wo Kinder in Sport-, Sprach- oder anderen Interessensgruppen regelmäßige und betreute Beschäftigung am Nachmittag und im Rahmen der Schule finden konnten.


    So ausgeprägt die politische Unterstützung einer Angleichung des Berufslebens von Mann und Frau in der DDR waren, so wenig fand sie sich bei der Förderung der Angleichung klassischer Geschlechterrollen. So gab es zwar bedingt durch die doppelte Berufstätigkeit mehr Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen, aber es blieb bei einer Ungleichverteilung der Doppelbelastung. Diese wurde sogar noch institutionalisiert, in dem es einen monatlichen “Haushaltstag” für Mütter und verheiratete Frauen gab, der nur in Ausnahmefällen auch Männern zustand, nämlich wenn sie alleinerziehend waren. Da Frauen auf diese Weise 12 zusätzliche arbeitsfreie Tage zustanden, schien es gerechtfertigt, ihnen auch weiterhin den Löwenanteil der unbezahlten Arbeit zu überlassen. Kinderreiche Mütter wurden dabei besonders unterstützt, sie bekamen mehr Urlaubstage und ihre Wochenarbeitszeit war geringer – bei vollem Lohnausgleich. Für die Väter der gleichen Kinder gab es das nicht.[8]


    Spätverkaufsstellen in den größeren Städten ermöglichten den Einkauf auch nach der Arbeit. Viele Kinder waren sogenannte “Schlüsselkinder”, gingen schon früh allein von der Schule nach Hause und versorgten sich selbst, bis Mutter oder Vater von der Arbeit kamen.


  • "Trotz der andauernden Ungleichverteilung war der Anteil der Männer an hauswirtschaftlichen Tätigkeiten im Vergleich zum Westen recht hoch – Frauen in ostdeutschen Familien leisteten täglich über vier Stunden Familienarbeit, Männer knapp unter drei.[9] Immerhin 72 Prozent Ostmännern stimmten 1990 der Aussage zu, “meine Partnerin soll die gleichen beruflichen Chancen haben wie ich, Haushalt und Kinderbetreuung müssen deswegen auf beide gleich verteilt werden”, westdeutsche Männer stimmten seinerzeit nur zu 46 Prozent zu.[10] Wenn auch sicher in beiden Landesteilen Theorie und Praxis auseinanderfielen, spielt die Grundeinstellung doch auch für das reale Leben eine große Rolle.


    Allerdings muss man auch berücksichtigen, dass viele Kinder außerhalb einer Ehe geboren wurden und viele Ehen wieder geschieden wurden, sodass der Anteil von Kindern, die bei alleinerziehenden Müttern aufwuchsen, enorm hoch war. In diesen häufigen Konstellationen blieb die Aufgabe der Vereinbarkeit ausschließlich an den Frauen hängen.


    Die hohe Erwartungshaltung und die klar wahrnehmbare gesellschaftliche Norm, stets – auch als Frau - berufstätig zu sein, führte dazu, dass viele Frauen ihr Selbstwertgefühl wesentlich auch über ihre Berufstätigkeit definierten, stolz auf ihre Leistungen und mit großer Selbstverständlichkeit wirtschaftlich unabhängig von ihren Männern waren. Die hohen Scheidungsraten sind neben den sehr frühen und oft schnell getroffenen Entscheidungen für eine Ehe auch darauf zurückzuführen, dass Frauen selten einem ökonomischen Zwang unterlagen, in unglücklichen Beziehungen zu verbleiben. Trennungsunterhalt nach einer Ehe war eine Ausnahme. In der Regel trennte man sich (eine Scheidung war in wenigen Wochen vollzogen) und ging anschließend seiner getrennten Wege.

    Insgesamt trug die durch vielfältige Maßnahmen erleichterte Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Kombination mit einem für Frauen und Männer gleichen Zugang zu höherer Bildung zu einer durchschnittlich höheren beruflichen Bildung von Frauen im Vergleich zum Westen bei, sowie zu mehr Frauen in Führungspositionen (wenn auch kaum in TopFührungspositionen) und weniger unterbrochenen Erwerbsbiografien, was in der Folge dieser Aspekte zu einem deutlich geringeren Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen führte, der sich noch Jahrzehnte später in einem marginalen Rentenunterschied niederschlägt.


    In der Zeit nach der Wiedervereinigung war in Wissenschaft und Politik die Auffassung dominant, dass es bald zu einer Angleichung der Ostfrauen an das Verhalten der Westfrauen kommen würde, was die hohen sozialen Unterschiede im Selbstverständnis von Frauen und vor allem Müttern betraf. Man prognostizierte ein starkes Sinken der Erwerbsbeteiligung von Frauen in den neuen Bundesländern, eine Verlängerung familienbedingter Arbeitsunterbrechungszeiten sowie einen Rückgang des Anteils fremd betreuter Kinder. Alles das ist zwar auch eingetreten, aber zum einen war die Entwicklung deutlich schwächer als vorhergesagt und passten andererseits gleichzeitig Westfrauen ihr Erwerbsverhalten an das ostdeutscher Frauen an, sodass die Beschreibung, Ost passt sich an West an, in dieser Einseitigkeit nicht zutrifft.


    Nach wie vor sind die Unterschiede sozialer Normen und ihrer Realisierung durch Individuen und Familien in vielen Aspekten groß und vielfach zwischen Ost und West größer als zwischen Deutschland und anderen europäischen Ländern. Die unterschiedlichen Normen reflektieren sich auch weiterhin in den Aspekten der Familienpolitik, auf die Länder und Kommunen einen Einfluss haben. Es gab jedoch auch Einflüsse, die direkt auf die bundesdeutsche Gesetzgebung wirkten und ostdeutsche Normen auf ganz Deutschland übertrugen.


    Ein erstes Beispiel dafür ist der Einigungsvertrag selbst, in dem für ostdeutsche Alleinerziehende eine Ausnahmeklausel aufgenommen wurde, nach der für sie die westdeutsche Regelung, automatisch einen Amtsvormund für das Kind zugewiesen zu bekommen, nicht galt. Auf dem ehemaligen Gebiet der DDR wurden 1986 bereits 30 Prozent aller Kinder außerhalb einer Ehe geboren (heute sind es sogar über 60 Prozent).[16] Was im Westen akzeptierte Praxis war und nur eine kleine Anzahl Frauen betraf, wäre im Osten unvermittelbar gewesen, sowohl unter Frauen als auch unter Männern. Wie zuvor bereits beschrieben, wurde erst 1998 der verordnete Amtsvormund für erwachsene Alleinerziehende offiziell abgeschafft.


    Ostdeutsche junge Frauen wurden in den folgenden Jahren zur mobilsten und gleichzeitig am höchsten ausgebildeten demografischen Gruppe in Deutschland[17]. Viele verließen ihre Heimat in Richtung Westen, um bessere Arbeits- und Berufschance zu finden. Überallhin brachten sie ihre andere Sozialisation und Erwartungshaltung, was die Erwerbstätigkeit von Frauen und Müttern und die Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsplätzen betrifft. Sie wurden so auch zum Rollenmodell und Vorbild bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Westdeutschland. Viele Ostfrauen erlebten einen Clash der Kulturen, waren konfrontiert mit stereotypen Zuschreibungen, die sie aus ihrer Heimat nicht kannten. Der Begriff “Rabenmutter” etwa war in der DDR und auch nach dem Mauerfall im Osten völlig ungebräuchlich.


    Im weiteren geht es dann um die Angleichung der Verhältnisse nach 1989. Auch sehr interessant zu lesen.


    https://www.boell.de/de/2016/1…angfristigen-auswirkungen

  • Scheidung im Osten hat meine Oma in den 50ern mitgemacht und das war furchtbar. Sie wurde als Versagerin gesehen, die nicht mal ihren Mann halten kann und mein Opa hat sie schließlich wieder zurückgenommen. Es war eine sehr einsame Zeit.

    Ich finde es auch wichtig diese Erlebnisse zu erzählen und das Unrecht sichtbar zu machen.

    Aber Frauen* sollten sich damit nicht gegenseitig bremsen, wegen der Annahme, dass wir es heute gut hätten im Gegensatz zu früher.

    Haben wir nicht und bis dahin ist es noch ein langer Weg.

    Sparst du Zeit, und wofür sparst du sie?
    Wenn es einen Film über dein Leben gäbe, würdest du ihn anschauen, würde er dich faszinieren?
    Sechs Euro für eine Stunde auf der Arbeit - was würdest du zahlen für eine Stunde an einem sonnigen Tag im Park?
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  • Scheidung im Osten hat meine Oma in den 50ern mitgemacht und das war furchtbar. Sie wurde als Versagerin gesehen, die nicht mal ihren Mann halten kann und mein Opa hat sie schließlich wieder zurückgenommen. Es war eine sehr einsame Zeit.

    Ich finde es auch wichtig diese Erlebnisse zu erzählen und das Unrecht sichtbar zu machen.

    Aber Frauen* sollten sich damit nicht gegenseitig bremsen, wegen der Annahme, dass wir es heute gut hätten im Gegensatz zu früher.

    Haben wir nicht und bis dahin ist es noch ein langer Weg.

    Das hatte aber nichts mit politischen Rahmenbedingungen, sondern eher mit der Rückständigkeit der Männer (in diesem Fall dem Opa), die sich natürlich nicht in wenigen Jahren auflöst, zu tun. Diese Generation war ja ohnehin massiv geschädigt und oft sicherlich nicht sehr modern in ihren Auffassungen..


    Und ja, es war nicht alles gut (wo ist das schon so?). Aber wie in dem von mir verlinkten Paper ja auch steht, war vieles eben doch besser eingerichtet von rechtlicher Seite.

  • Mit meinen Großeltern (aus dem Westen) würde ich nicht tauschen wollen.


    Meine Oma konnte ihre mütterliche Seite ausleben, als sie 13 war und ihre eigene Mutter im Kindbett starb, da hat sie sich dann nämlich mit um das Baby gekümmert.

    Später hat sie mit ihrem Mann zusammen das väterliche Geschäft übernommen (statt zu studieren, wie sie eigentlich wollte ). Beide haben jeweils bis zu ihrem Tod gearbeitet (mein Opa buchstäblich, meine Oma bis die Krebsschmerzen unaushaltbar wurden). Die Kinder wurden von Kindermädchen betreut.

    Mein Opa war bi- oder homosexuell und durfte das nicht ausleben, ich schon.

    Meine Oma hatte die ganzen rechtlichen Restriktionen, die es halt im Westen gab, plus die ganze Verklemmtheit, z.B. dass du bei der Geburt nicht mal schreien darfst, weil sich das nicht schickt.


    Meine andere Großmutter hat nur die Volksschule abgeschlossen und dann geheiratet, sie war wirtschaftlich abhängig von ihrem Mann, der sie wahrscheinlich betrogen hat und der früh gestorben ist, was ihr erhebliche soziale Probleme bereitet hat.


    Das einzige, was damals für sie besser war als heute ist die bessere Witwenversorgung.


    [Edit. Damals gab es in Westdeutschland auch noch schuldige Scheidungen, aber "man" ließ sich nicht scheiden.]


    Mir wurde nicht gesagt, ich könne alles machen. Das war eigentlich nicht groß Thema. Es gab offensichtlich verschiedene Möglichkeiten, das war aus dem Umfeld ersichtlich. Wir haben eher noch darüber gesprochen, welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Modelle haben. Meine Eltern haben sich ja getrennt, als ich 19 war, so dass ich da auch gleich noch Anschauungsmaterial bekam. Die Partnerin meines Vaters ist Witwe seit ihre Kinder klein sind, das hatte sie sich auch anders vorgestellt gehabt.


    Was ich aus den Gesprächen mitgenommen habe, ist, dass es oft schwer ist, vorauszusehen, wie es einem in einer späteren Situation gehen wird. Und dass sich Einstellungen auch ändern können.

  • Sehr interessant. Ich bin ja selbst erst nach der Wende geboren und kenne mich wenig aus.


    Ein Grund dafür war auch der große Wohnungsmangel. Für allein lebende junge Erwachsene waren Wohnungen kaum zugänglich. Heirat und Schwangerschaft jedoch ebneten den Weg zur ersten eigenen Wohnung.

    Das finde ich allerdings gruselig.

    Schon kurz nach der Gründung der DDR wurde 1950 ein “Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau” erlassen,[1] das mit der Tradition des Nationalsozialismus, die Frau primar über ihre Mutterrolle zu definieren, klar brach

    Finde ich super das gesetzlich zu Verankern. Ist nur die Frage, wie weit der Bruch dann wirklich durch die Gesellschaft und die gelebte Kultur ging und ob es da noch regionale Unterschiede über die Akzeptanz gab.

    Kinderbetreuungseinrichtungen boten überall in der DDR Betreuungszeiten, die mit dem Alltag normal berufstätiger Frauen kompatibel waren. Üblich war ein Betreuungsangebot von sechs bis 18 Uhr. In größeren Betrieben waren Betriebskindergärten häufig, sodass Mitarbeiterinnen keine Extrawege hatten

    Das ist tatsächlich ein Traum.

    Ich verstehe auch wirklich nicht, warum sich sämtliche Dienstleistungen schnell den Bedürfnissen der Kund*innen angleicht und die Betreuung der Kinder nicht oder nur seeeehr langsam.

    Die hohe Erwartungshaltung und die klar wahrnehmbare gesellschaftliche Norm, stets – auch als Frau - berufstätig zu sein, führte dazu, dass viele Frauen ihr Selbstwertgefühl wesentlich auch über ihre Berufstätigkeit definierten, stolz auf ihre Leistungen und mit großer Selbstverständlichkeit wirtschaftlich unabhängig von ihren Männern waren

    Der Mensch als Produktionsfaktor und sich definierend über die Lohnarbeit. Ich weiß nicht, ob das so weit weg vom Westen ist/war dann.

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  • Ich fänd es wirklich gut, wenn wir bei diesem Thema hier mehr differenzieren würden zwischen Einzelschicksalen und dem gesellschaftlichen Rahmen.

    Die Einzelschicksale entspringen doch aber auch einem gesellschaftlichen Rahmen und einer Prägung der Beteiligten?

    Aber ich stimme dir zu, dass viele (nicht alle) rechtlichen Rahmenbedingungen besser waren.

    Es braucht aber Zeit bis ein Gesetz, dass z.B. Frauen nicht beteiligt werden dürfen dann auch tatsächlich in der Realität umgesetzt werden. Da bedarf es Aufklärung und Bilder müssen sich lösen.

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  • Ja, da lässt sich trotz aller Fortschrittlichkeit noch einiges diskutieren.


    Freut mich, dass Du es komplett gelesen hast Flora90 .

    Ja, aber schade, dass dieser Fortschritt dann nicht übernommen wurde, sondern Vieles ja heute noch abgelehnt wird, weil es aus der "bösen" DDR kam.

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    • Offizieller Beitrag

    Mein Eindruck ist, dass das kein Einzelschicksal war. Aber es war gesellschaftlich erwartet. Dass die Gesetze fortschrittlich sind, ist ja nur eine Komponente. Vielleichtkk no sogar die erste.

  • Wie zuvor bereits beschrieben, wurde erst 1998 der verordnete Amtsvormund für erwachsene Alleinerziehende offiziell abgeschafft.

    Das wusste ich nicht. Gruselig.



    Das ist tatsächlich ein Traum.

    Ich verstehe auch wirklich nicht, warum sich sämtliche Dienstleistungen schnell den Bedürfnissen der Kund*innen angleicht und die Betreuung der Kinder nicht oder nur seeeehr langsam.


    Na weil das in der Regel keine Dienstleistung am - zahlenden - Kunden ist, sondern Infrastruktur. Da kommt es auf die Lobby an. Die Radwege hier sind auch mist.

    Ich fänd es wirklich gut, wenn wir bei diesem Thema hier mehr differenzieren würden zwischen Einzelschicksalen und dem gesellschaftlichen Rahmen.


    Ich fänd es wirklich gut, wenn wir bei diesem Thema hier mehr differenzieren würden zwischen Einzelschicksalen und dem gesellschaftlichen Rahmen.

    Sorry, zu spät gesehen. Aus meiner Sicht waren die Leben meiner Großeltern vielleicht sogar stärker von sozialen als von rechtlichen Normen geprägt - alles mögliche dazu, was "man" macht und wie "man" das macht. Mein Großonkel hat dann auch Jura studiert, obwohl er es gehasst hat - aber sein Vater wollte das und 'man' machte halt auch, was der Vater wollte.


    Wobei ich ehrlicherweise nicht weiß, ob meine Großeltern bei gleichen sozialen Normen Dinge anders entschieden hätten, wenn die Rechtslage anders gewesen wäre. #gruebel


    Das erscheint mir auch ein Problem heute - viele Regelungen sind ja rein rechtlich durchaus (weitgehend) neutral, z.B. zu Elternzeit, Elterngeld (Ausnahme Mutterschutz-Zeit), Steuerklassen, Teilzeitgesetz etc. Trotzdem gibt es große Unterschiede darin, wie sie genutzt werden.

  • Flora90


    Krass ist doch das hier, oder?


    Nur so war die hohe Erwerbsbeteiligung von 91 Prozent der Frauen 1989 in der DDR erreichbar – die höchste Quote weltweit.


    Ich selbst bin umständehalber, trotz exzellenter Ausbildung und einem Kindheits-Umfeld, das nichts anderes für Frauen vorsah, nicht mehr einer Lohnarbeit nachgegangen nach der Geburt unserer Töchter.


    Das ist nicht ganz einfach zu rechtfertigen und auch oft nicht ganz einfach für mich zu verargumentieren, wenn ich ehrlich bin. Auch natürlich innerfamiliär. Da herrscht grosse Ratlosigkeit, denn richtige tiefe, politische Gespräche darüber sind natürlich ganz selten. Das wäre aber nötig, um meine Beweggründe zu kennen. Ich stelle ja meine Arbeitskraft in der Politik massiv zur Verfügung. Nur unentgeltlich.

  • VivaLaVida, 2000 (also 2 Jahre nach dem von dir verlinkten 1998) bekam ich auch noch so eine Art Unterstützung durchs Jugendamt, als ich ein uneheliches Kind geboren hatte. Und nur wegen des fehlenden Vaters.


    Nachdem die Vaterschaft anerkannt war fiel das weg und nachdem das Theater nur drei Wochen dauerte weiß ich nicht mehr, was genau das war.


    Es war auf jeden Fall noch eine Kontaktaufnahme durchs Jugendamt vorgesehen, die nur deswegen entfiel, weil ich dann einen Vater vorweisen konnte.

    • Offizieller Beitrag

    Ich finde neben den gesetzlichen Aspekten den gesellschaftlichen Aspekt durchaus auch interessant, und ich weiss nicht, ob wirklich alleine die Gesetzesaenderung da zu einem Umdenken führen wird. Ich denke da auch an das Thema der Mutterrolle in Deutschland rum, auf das ainu mich vor einigen Monaten ansprach und das ich immer mal wieder begrübele. Ich fuehle mich in dieser gesellschaftlich-erwarteten Mutterrolle nicht sehr wohl und empfinde dennoch viel Druck und Erwartung, was man als Frau alles so fuer die Familie und Kinder und den Mann zu leisten habe. Das liesse sich auch wenig durch Gesetze ändern, oder doch?

  • Mir ist das mit dem Vormund auch noch präsent. Meine Mutter erzählte mir, dass, als sie in den 70ern mit mir nach Deutschland kam (da war die Scheidung m.E. noch nicht durch) auch Besuch vom Jugendamt bekam... Die waren nur einmal da, weil sie dann sahen, dass "alles soweit in Ordnung" war (wahrscheinlich, weil sie wieder bei ihren Eltern wohnte) und danach, keine Ahnung, war irgendwie nie mehr relevant. Aber ein Hammer ist das dennoch, sie war ja schon volljährig.


    Ich weiß gerade nicht mehr, wer gesagt hat, was ich geschrieben habe, wäre etwas romantisierend (oder so ähnlich). Mag sein, aber ich habe da durchaus alle möglichen REalitäten erlebt. Selbst komme ich aus einer Familie, wo (beim deutschen Teil) die Frauen quasi selbstverständlich (für mich) erwerbstätig waren. Nicht immer, weil sie wollten, sondern teilweise wegen Schicksalsschlägen, die den Mann zumindest zeitweise als Brotverdiener "ausgeschaltet" haben, teilweise auch, weil sie sich nicht abhängig machen wollten. Das habe ich wohl sehr verinnerlicht. Manchmal habe ich mir schon gewünscht, ich hätte das weniger verinnerlicht, aber ich mag einfach nicht mit den Stunden runter, auch wenn das in vieler Hinsicht manchmal leichter wäre, gesundheitlich, nervlich, zeitlich... aber ich will meine eigene Rente haben und ich will wissen, dass ich gehen kann, wenn auch mit Verlusten an Lebensstandard, aber ich kann gehen.

    In meinem Umfeld gab es dann auch viele Sozialhilfeempfänger, die z.T. schon in der 2. Generation Sozialhilfe bezogen. Die Frauen verbrachten da teilweise den halben Tag auf der Straße (n meiner Straße( im Vorgarten, rauchend und ihre Kinder auf der STraße spielend, mit teilweise wechselnden oder nicht vorhandenen Partnern. Das war für mich auch nie attraktiv als Lebensmodell. Der Gegenpart war dann in meinem Kindergarten und meiner Grundschule mit teilweise anderem Einzugsgebiet, da war das tatsächlich im "klassischen" Sinne bürgerlich.


    Muss Schluss machen, Abendessen ruft...

    Alle Möpse bellen, alle Möpse bellen, nur der kleine Rollmops nicht...