Dank euch nochmal für die differenzierten Antworten und entschuldigt, dass ich mich erst jetzt wieder melde.
Ich hab vor einiger Zeit eine 'Fortbildung' an der Uni zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gemacht -- letztlich eines dieser Selbsterfahrungs-/Peer-Austausch-Seminare, bei denen einem klargemacht werden soll, dass man die Antwort längst kennt, weil sie in einem selbst verborgen liegt. Dort war ich übrigens die einzige, die erst das Kind gemacht und sich dann die Frage gestellt hat, wie das denn jetzt eigentlich gehen soll Die anderen kamen alle mit der Frage, ob sie sich trauen sollen, überhaupt ein Kind zu bekommen, was einiges über den Saftladen Wissenschaft aussagt, finde ich.
Das Patentrezept der Seminarleiterin war es, in uns die Erkenntnis zu wecken, dass wir Kompromisse nicht notwendigerweise in der Lebens-, sondern auch in der Karriereplanung schließen können -- uns als hehres Ziel also nicht die W3-Professur setzen müssen, sondern auch mit einer wissenschaftlichen MA-Stelle glücklich sein können, und dabei Ressourcen für anderes freisetzen können. (Dieselbe Frau hat aber wortlos die Augenbrauen hochgezogen, als ich unter dem Stichwort 'Planung' an der Pinnwand eine Moderationskarte mit den Worten 'zweites Kind' anbrachte.)
Der Armen wurde im Verlauf fast der Kopf abgerissen, weil sie sich der allgemeinen Ansicht gegenüber fand, dass ein solcher Mittelweg im deutschen Hochschulsystem einfach nicht angelegt ist: es ist halt eine Frage von ganz oder gar nicht, plan auf die Professur hin oder gib es gleich auf. Klar gibt es ein paar akademische Ratsstellen, und vermehrt werden auch Lecturerstellen gebildet, aber sich in seiner Karriereplanung darauf verlassen, dass man sowas (unbefristet) kriegt, ist so ähnlich wie Lotto spielen.
Insofern ist es ja nicht nur die Frage, mute ich meiner Familie unmögliche Arbeitszeiten, maximale Flexibilität und mehrfache Ortswechsel zu, sondern auch, führt es letztlich zu was?
Aus allen euren Beiträgen hab ich rausgelesen, dass es einer ziemlichen Kompromissbereitschaft bedarf, und das nicht nur bei sich selbst (Selbstansprüche, Freizeit, Osterkränze, Ordnung), sondern auch bei der Familie (keine Karriere des Partners, Kinder, die örtliche Wechsel mitmachen). Wo man die Kompromisse letztlich schließen muss oder auch kann, ist vermutlich sehr individuell von der eigenen Person und Situation abhängig. Und vielleicht ändert sich das auch und man kann das vorher gar nicht so entscheiden. Es ist mehr ein schwammiger Möglichkeitsraum: wenn ich mich für den Versuch einer Karriere entscheide, dann entscheide ich mich (und meine Familie) für eine anstrengende, ungewisse Zukunft, wobei der Weg das Ziel sein muss, wenn man nicht den Atem verlieren will. Wenn man all die Umwege, die man in diesem System so geht, nur als solche wahrnimmt, muss man zwangsläufig frustriert werden. Vielleicht sollte man die Umwege gehen, solange es überhaupt weitergeht, die Landschaft in ihrer Vielfältigkeit genießen und abwarten, wo man rauskommt. Und darauf vertrauen, dass man sich immer noch irgendwie querfeldein auf die nächste Landtraße oder zumindest einen Trampelpfad woandershin schlagen kann.
Ich glaube, das meinte ich auch mit dem Partner, der einen mit einem sicheren Beruf entlasten können sollte. Mir schwebt der Idealfall eines Gymnasiallehrers vor: jemand, der überall unterkommt und gleichbleibend gut verdient, ohne selber große Aussichten auf Karriere zu habe. Solche Stellen gibt es nun wirklich nicht so häufig, insofern hast du sicher recht, Shakes. Aber dass die Unterstützung des Partners ganz wesentlich ist, ist bei euch allen deutlich geworden. Ich habe die Unterstützung, aber gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, weil mein Freund auch sehr gerne tut, was er tut. Und auch er ist noch weit davon entfernt, ein auf Jahre gesichertes Auskommen zu haben, muss also gerade auch selbst zumindest in Ansätzen in Richtung Karriere denken.