Argumente für Konsequenzen - im Gegensatz zu Stafen - gesucht!

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  • Ich verstehe unter Erziehung Begleitung, Weitergabe von den eigenen Normen und Werten, aber auch von denen der Gesellschaft, Erziehung zur Selbständigkeit und einem respektvollen Umgang. Erziehung ist in meinen Augen ein wechselseitiger Prozess. Sowohl die Eltern, als auch die Kinder wachsen aneinander. So in etwa...


    Ich hab mir den Link angesehen, Gänsebraten - es bleibt zu hoffen, dass Ihr einfach Pech mit dem Kursleiter hattet und das nicht flächendeckend so verbreitet wird. *grusel*


    Schon allein deshalb würde ich da weiter hin gehen und widersprechen!

    Es gibt Tage, an denen Du denkst, dass Du untergehst. Wie stark Du wirklich bist, erkennst Du erst, wenn Du sie überstanden hast...

    Einmal editiert, zuletzt von knallgrau ()

  • Hallo,


    Zum Thema Erziehung gibt es verschiedene Sichtweisen.


    Für die einen ist "Erziehung" ALLES, was auf den anderen einwirkt, in dem Zusammenhang wäre auch "Erziehung", wenn ich z.B. meinen Partner bitte, etwas zu tun oder nicht zu tun oder wenn er auf Grund meiner mir gar nicht bewussten Reaktionen bestimmte Verhaltensweisen ändert. Oder wenn ich meine Mutter an etwas erinnere, einem Kind etwas erkläre oder wenn ich einem Fremden den Weg zeige.
    Für mich selber ist das allerdings noch nicht "Erziehung".


    Eine andere Auslegung ist, daß Erziehung das ist, was ich bewußt mache, mit dem Ziel, beim anderen eine dauerhafte Verhaltensänderung zu erwirken. Weil ich der Meinung bin, daß das von mir "geplante" Verhalten das richtigere oder sogar einzig akzeptable ist und ich nicht darauf vertraue, daß sich ein positives Miteinander auch ohne "Maßnahmen" irgendwelcher Art entwickeln kann. Das umfasst dann Dinge wie Strafen/Belohnung, Lob/Tadel usw.


    Im ersten Verständnis "erzieht" man natürlich irgendwie immer. Auch den Partner, die Eltern, die Kollegen, Fremde...
    Im zweiten Verständnis kann man sich schon bemühen, nicht zu erziehen, wenn man es (wie ich) für unnötig hält.

    Einmal editiert, zuletzt von Trin ()

  • Für mich ist das, was Du als zweites Verständnis bezeichnest, keine Erziehung, sondern Manipulation. Wobei ich das natürlich auch so gelernt habe und heute dankbar ablehne. ;)


    Dennoch liegt das, was ich für Erziehung halte, noch irgendwo zwischen Deiner ersten und Deiner zweiten Definition.


    Ich finde es schon noch mal einen Unterschied, ob ich es mit einem Kind zu tun habe, oder mit meinem Partner. Da hab ich ein ganz anderes Maß an Verantwortung. Und ich befürworte es sehr, dass Eltern sich ihrer Modellfunktion bewusst sind und danach handeln.


    Und die Bälger, die zuhause machen können, was sie wollen, gehen mir tierisch auf den Keks. Aber sogar dafür hat man in der Pädagogik den Begriff der antiautoritären Erziehung gewählt.

    Es gibt Tage, an denen Du denkst, dass Du untergehst. Wie stark Du wirklich bist, erkennst Du erst, wenn Du sie überstanden hast...

  • Hallo,


    Zitat

    Dennoch liegt das, was ich für Erziehung halte, noch irgendwo zwischen Deiner ersten und Deiner zweiten Definition.



    Ich finde es schon noch mal einen Unterschied, ob ich es mit einem Kind zu tun habe, oder mit meinem Partner. Da hab ich ein ganz anderes Maß an Verantwortung. Und ich befürworte es sehr, dass Eltern sich ihrer Modellfunktion bewusst sind und danach handeln.

    Natürlich gibt es da so viele Aulegungen wie es Menschen gibt, die sich darüber Gedanken machen.


    Und natürlich hat man Verantwortung.


    Aber du schreibst selber, daß man vorrangig eine Modellfunktion hat. Aber Modell sein ist für mich noch keine Erziehung. Ich habe von meinem Mann vieles in Sachen Haushalt übernommen, da war er eindeutig das bessere "Modell", er dafür vieles von mir in Sachen Erziehung. Trotzdem haben wir beide nicht das Gefühl, den anderen dahingehend "erzogen" zu haben.


    Zum Vorbild kommt für mich, daß ich da eingreife, wo mein Kind sich oder andere gefährdet oder die Grenzen anderer unnötig ünerschreitet. Aber ich bestrafe es dann nicht dafür sondern blebe in der Situation.


    Nur belassen es die meisten Menschen nicht dabei sondern meine, daß Kinder auch Lob und Tadel, Belohung oder Strafen oder eben andere gezielte Maßnahmen "brauchen", um sich "richtig" zu entwickeln.

    Und die Bälger, die zuhause machen können, was sie wollen, gehen mir tierisch auf den Keks. Aber sogar dafür hat man in der Pädagogik den Begriff der antiautoritären Erziehung gewählt.

    Ne, Antiautoritäre Erziehung ist eigentlich das, was man heute als demokratische, partnerschaftliche ... Erziehung bezeichnen würde. Also ein Erziehungsstil, bei dem Autorität nicht mit Maßnahmen künstlich geschaffen wird (Angst vor Strafe z.B.) und sich nicht aus dem Zusammenleben ergibt. Du meinst vermutlich Laissaiz faire, wobei auch da der ursprüngliche Geanke ein anderer war.


    Meine Erfahrung ist übrigens eine ganz andere, ich finde daß in der Regel keineswegs die Kinder, die zu Hause straffrei und aus Sicht meiner Kollegen "zu weich" erzogen werden und vieles dürfen im Hort schwieriges Verhalten zeigen sondern oft Kinder, die sehr unfrei, mit Strafen usw. groß und dafür zu wenig echte Beziehung bekommen.


    Da ich mich auch auf Arbeit weigere, Kinder zu bestrafen, ist es bei diesen Kindern oft schwierig, erst mal eine entsprechende Beziehungs- und Vertrauensebene aufzubauen, die einen solchen Umgang möglich macht. Sie kennen das nicht und es irritiert sie anfanngs oft sogar. Aber mit der Zeit wird das schon und dann gibt es ganz wunderbare, bewegende Momente...
    (Ich habe übrigens nicht den Eindruck, daß das Gesamtverhalten in den Gruppen, in denen ich bin schlechter wäre als in anderen, auch ohne Strafen, Punktelisten usw. ...)

    Einmal editiert, zuletzt von Trin ()


  • Ich verstehe unter Erziehung Begleitung, Weitergabe von den eigenen Normen und Werten, aber auch von denen der Gesellschaft, Erziehung zur Selbständigkeit und einem respektvollen Umgang. Erziehung ist in meinen Augen ein wechselseitiger Prozess. Sowohl die Eltern, als auch die Kinder wachsen aneinander. So in etwa....


    Erziehen die Kinder dann die Erwachsenen auch, da es ja ein wechselseitiger Prozess ist? Wenn du sagst, jeder erzieht (was eigentlich? Kinder? oder nur seine eigenen Kinder?), findet diese Weitergabe von Normen und Werten dann überhaupt bewusst statt? Und falls nicht, warum ist es dann Erziehung, wenn ich einfach (vor-)lebe? Wenn mein Vorbild Erziehung ist, dann erziehe ich ja quasi meine gesamte Umwelt, oder? Dann wäre es ja nichts kindspezifisches. Ist Erziehung das in deinen Augen überhaupt?


    In "Erziehung zur Selbstständigkeit" steckt schon wieder "Erziehung" drin. Magst du das nochmal erklären?





    Und die Bälger, die zuhause machen können, was sie wollen, gehen mir tierisch auf den Keks. Aber sogar dafür hat man in der Pädagogik den Begriff der antiautoritären Erziehung gewählt.


    Ist dir der Unterschied zwischen antiautoritärer Erziehung und Antipädagogik (Nicht-Erziehung) klar?

  • Hallo,


    Ne, Antiautoritäre Erziehung ist eigentlich das, was man heute als demokratische, partnerschaftliche ... Erziehung bezeichnen würde. Also ein Erziehungsstil, bei dem Autorität nicht mit Maßnahmen künstlich geschaffen wird (Angst vor Strafe z.B.) und sich nicht aus dem Zusammenleben ergibt.


    Das sehe ich anders. Kennst du die "Geschichte der Kindheit" von Lloyd de Mause? (Das Buch heißt: "Hört ihr die Kinder weinen").



    Da bezeichnet er das, was die meisten unter "Erziehung" verstehen, als "Beziehungsform Sozialisation". Also, das Kind kommt zur Welt, und muss, um an der Gesellschaft teilnehmen zu können, "erzogen" werden. Die Erwachsenen wissen also, was richtig und falsch ist, und bringen das dem Kind bei. Kinder sind nicht per se schlecht, aber sie brauchen Führung, damit etwas aus ihnen wird. Kinder kommen also nicht als fertige, soziale Menschen zur Welt, sondern müssen dazu gemacht, geformt werden.


    Eine andere Beziehungsform ist die "Beziehungsform Unterstützung". Dabei geht man davon aus, dass das Kind, und nur das Kind, am besten weiß, was gut für es ist. Alle Einflüsse von aussen können dieses Wissen behindern, und Eltern sollten dafür sorgen, dass das Kind, so gut es geht, davon abgeschirmt wird, um sich bestmöglich (aus sich selbst heraus) zu entwickeln. Während bei der "Beziehungsform Sozialisation" die Erwachsenen also "oben" sind, und sagen/wissen, wie der Hase läuft, ist es hier das Kind, das quasi über den Eltern steht, und diese verstehen ihre Rolle darin, dass sie dem Kind mehr oder weniger "dienen". Das ist das, was meiner Meinung nach mit "antiautoritärer Erziehung" gemeint ist. Laissez-faire ist wieder was anderes, da ist es den Eltern schlicht egal, was die Kinder so treiben.


    Darauf aufbauend bietet Ekkehard von Braunmühl eine weitere Beziehungsform an, die "Beziehungsform Gleichberechtigung". Dabei gibt es kein oben und kein unten, sondern nur ein Miteinander. Kinder werden als soziale Wesen angesehen, die von Anfang an, in Kontakt mit ihren Bezugspersonen, zu sozialem Handel fähig sind. Sie müssen nicht irgendwie "geformt" oder zu etwas "erzogen" werden, sondern entwickeln sich gemeinsam mit den Eltern weiter.
    Während es beim Modell "Sozialisation" irgendwann einen "fertigen" Menschen gibt (der dann nicht mehr erzogen werden muss), gibt es bei der "Beziehungsform Gleichberechtigung" kein Ende. Menschen entwickeln sich ihr ganzes Leben lang weiter, immer im Kontakt mit ihren Bezugspersonen. Das ist das, was man unter Antipädagogik versteht, und was du vielleicht als partnerschaftliche, demokratische Erziehung bezeichnest.


  • Ist dir der Unterschied zwischen antiautoritärer Erziehung und Antipädagogik (Nicht-Erziehung) klar?


    Irgendwie ergibt die Frage jetzt keinen richtigen Sinn mehr. Als ich das schrieb, hatte ich Trins Antwort noch nicht gesehen. Und hatte mich durch deine Antwort etwas angegriffen gefühlt, da der Ausgangspunkt ja war, ob man nicht erziehen kann, und du dann antiautöritäre Erziehung ins Spiel gebracht hast...

  • Ich verfolge gerade gespannt diese Diskussion hier. Die eine oder andere Frage taucht übrigens auch im Nichterziehungs-Austausch auf. ;)
    Vielleicht sollten wir ein Raben-Glossar erstellen, in dem die Begriffe (funktionale/intentionale) Erziehung, autoritäre Erziehung, antiautoritäre Erziehung, laisser-faire, Nichterziehung, Antipädagogik, Sozialisation, Strafe, logische Konsequenz und natürliche Konsequenz definiert sind. Die Vorstellungen über die Bedeutung weichen doch teilweise stark voneinander ab.


    klosterfrau: Ich freue mich gerade total, dass hier noch jemand von Braunmühl gelesen hat.

    "Guck mal, hier ist ein bisschen Grün für Deine Kaninchen."
    "Mama, die essen nur Blau!"

  • Hallo,


    Auch hier ist es wieder die Frage, was man diskutiert.


    Das, was ursprünglich unter Antiautoritärer Erziehung verstanden wurde oder das, wofür viele den Begriff benutzen, was aber eher Laissez faire ist oder gar komplette Beziehungsverweigerung.


    Wenn man da von verschiedenen Standpunkten ausgeht - ich von dem, was als Fachbegriff darunter verstanden wird, du das was von manchen Menschen fälschlicherweise (z.B. in diversen urban legends) darunter verstanden wird, dann kann man nur aneinader vorbeireden.


    Antiautoritäre Erziehung ist keineswegs eine vernachlässigendender Umgang mit den Kindern oder komplette Regellosigkeit, wie manche es deuten. Es ging ursprünglich darum, daß es durchaus Autoritäten im positiven Sinne gibt, diese aber durch ihr Verhalten und ihre Kompetenz als solche angesehen werden und nicht die Kinder dazu erzogen werden, Menschen als Autoritäten anzuerkennen, weil sie z.B. die Macht haben, zu strafen.


    Ich kann das nur bestätigen, obwohl ich z.B. auf Arbeit nicht strafe und auch sonstige Machtbezeugungen vermeide, bin ich im Gruppenalltag trotzdem jemand, auf den in der Regel gehört wird.


    Im Alltagsgebrauch dagegen verwenden viele den Begriff für grenzüberschreitendes Verhalten, oft sogar unabhängig vomm tatsächlichen Erziehungsstil der Eltern. In der Regel verstehen viele eher das darunter, war unter Laissez faire fällt. Wobei auch da im ursprüngliche Ansatz keineswegs ein emotional oder sonstwie vernachlässigender Umgang gedacht war, sondern durchaus auch trotzdem ein "in Beziehung sein" und es sich wirklich vorrangig auf die Frage bezog, in welcher Form bzw. ob überhaupt man regulierend auf das Verhalten einwirken darf/muss.


    Darüber hinaus gibt es natürlich tausende persönliche Auslegungen (von denen meine, obwohl sie sich mMn nahe an den Definitionen hält, auch nur eine ist).
    Ich kenne Leute, die von sich steif und fest behaupten würden, ihre Kinder kein bisschen autoritär zu erziehen und für mich das Bilderbuchbeispiel genau dafür wären. Dafür andere, für die die "pädagogische Welt untergehen würde, wenn man ihnen sagen würde, wie wären mach meiner Beobachtung statt mühsam zu "erziehen" in einer wunderbar positiver Beziehung, die Erziehung einfach unnötig macht, weil Befriffe "nicht erziehen" für sie ein rotes Tuch sind. usw.


    Das macht es so spannend, aber auch so schwierig darüber zu diskutieren.
    An Braunmühl habe ich mich mehrfach versucht, leider irgendwie nie wirklich Zugang gefunden.

    Einmal editiert, zuletzt von Trin ()

  • Mir ist schon klar, was für verschiedene Erziehungsstile es gibt. Ich fand Deinen Beitrag, Klosterfrau, nur etwas daneben, weil ich eben der Meinung bin, dass "Erziehung" wichtig ist. Gerne kann man es auch Führung, Begleitung, soziales Miteinander oder sonst wie nennen.
    Aber mMn brauchen Kinder Bezugspersonen, an denen sie wachsen können, die ihnen Wege zeigen und diese mit ihnen gehen.


    Erziehung ohne Beziehung lehne ich ab. Und wenn ich eine Beziehung zu einem Kind habe, dann kann ich jeden Konflikt so lösen, dass keiner das Gesicht verliert und alle gestärkt raus gehen. Zum Beispiel. Und Konflikte gibt es nun mal immer wieder im Leben. Aber das ist jetzt auch nur ein Beispiel von vielen (aus aktuellem Anlass), was zeigt, wie ich persönlich das heute gerade sehe.


    Erziehung ist nichts statisches. Und Belohnungssysteme usw. lehne ich ab. Und trotzdem leiste ich tagtäglich ganz schön viel Erziehungsarbeit. Mit Spaß auch noch.


    Ich finde es wichtig, sich Gedanken über die "Erziehung" unserer Kinder zu machen. Man kann es auch Anteilnahme beim Großwerden unserer Kinder nennen. Aber ich finde z. B. solche Kurse nicht per se schlecht. Aber man muss genau hinschauen und kritisch hinterfragen, was die TS ja tut.


    Ist es jetzt klarer?


    Also, ich erziehe und das tue ich in Beziehung. Und ich kenne genügend Leute, die ihre Kinder nicht erziehen und Leute, die meinen, ihre Kinder gut zu erziehen, und sehr viel Verunsicherung...


    Ein aktuelles Beispiel hab ich noch:


    Ein Junge geht nur noch mit Bauchschmerzen in die Schule, weil es in fast jeder Pause Ärger gibt. Er kann nicht gut einstecken, kann verbal aber gut austeilen. Dann kriegt er eine auf die Nase. Er führt mittlerweile von sich aus ein Heft, in dem er das "Geschehen in der Pause" (so hat er es genannt) festhält. Er besucht die dritte Klasse, fühlt sich total allein gelassen.
    Die Täterkinder sind wechselnd, aber auch gerne mal zu dritt gegen ihn.


    So, sollte da nun eingegriffen werden? Und ist das dann Erziehung oder was ist das?

    Es gibt Tage, an denen Du denkst, dass Du untergehst. Wie stark Du wirklich bist, erkennst Du erst, wenn Du sie überstanden hast...

  • Naja, es ging um Auszeit.Dazu sei ein Raum gebraucht, in dem das Kind nicht spielen kann.Sonst kann es ja angenehm sein.


    8I Das ist aber eine eindeutige Strafe und eine ziemlich miese noch dazu!


    Es kann sinnvoll sein, dass ein Kind aus einer Situation raus muss - aber dann ist es - meines Erachtens - besser, es empfindet den Wechsel als angenehm und lernt so perspektivisch, sich selber aus schwierigen Situationen rechtzeitig zurückzuziehen, weil es dann "angenehmer" ist.

  • Hallo,

    Ein Junge geht nur noch mit Bauchschmerzen in die Schule, weil es in fast jeder Pause Ärger gibt. Er kann nicht gut einstecken, kann verbal aber gut austeilen. Dann kriegt er eine auf die Nase. Er führt mittlerweile von sich aus ein Heft, in dem er das "Geschehen in der Pause" (so hat er es genannt) festhält. Er besucht die dritte Klasse, fühlt sich total allein gelassen.
    Die Täterkinder sind wechselnd, aber auch gerne mal zu dritt gegen ihn.


    So, sollte da nun eingegriffen werden? Und ist das dann Erziehung oder was ist das?

    Natürlich sollte da eingegriffen werden, nein, es HÄTTE schon längst etwas passieren müssen.


    Aber nicht jedes Eingreifen würde ich "Erziehung" nennen. Zuhören, Kind stärken, mit den andren reden, nach Lösungsmöglichkeiten suchen usw.


    Wenn es in einem Kollegenteam Spannungen gibt und dort nach einer Konfliklösung gesucht wird oder auch bestimmten Kollegen deutlich gemacht wird, wo die Grenzen sind, würde ich auch nicht sagen, diese Kollegen werden "erzogen".


    Ansonsten wie gesagt, so lange man von verschiedenen Definitionen von "erziehen" ausgeht, wird man schwer zusammenkommen.


    Ich bin z.B. der Meinung Kinder brauchen intensive BE-ziehung, Vorbild, einen bedürfnisorientierten Umgang, gemeinsame Erlebnisse, autentische Mitmenschen (die auch zeigen, wo Grenzen sind) usw., aber sie brauchen eigentlich nicht ER-ziehung.
    Nach deiner Definition dagegen fällt vermutlich all das, was ich genannt habe dagegen schon unter "Erziehung" (d.h. dann würde man auch seinen Partner erziehen oder den Menschen aus einem anderen Kulturkreis, dem man erklärt, wie es bei uns so üblich ist... für mich ist das aber noch nicht "erziehen")

  • Okay. Dann sind wir gar nicht weit auseinander. Eher ziemlich nah. Nur die Begrifflichkeiten sind unterschiedlich.


    Für mich ist das Erziehung - bezogen auf ein Kind. Bezogen auf Mann oder Freunde würde ich sagen, es ist einfach soziale Interaktion.


    Wenn man das Richtige tut, ist es aber eigentlich egal, wie man es nennt. ;)

    Es gibt Tage, an denen Du denkst, dass Du untergehst. Wie stark Du wirklich bist, erkennst Du erst, wenn Du sie überstanden hast...

  • Sagt mal, darf ich mal kurz ein anderes Beispiel in eurem Thread posten.
    Die Diskussion hier tut mir grad sehr gut, weil es mir zeigt, dass ich vllt doch auf dem richtigeren Weg bin.
    Bei uns ist ja grad Anziehen das große Thema und ich bin grad zu dem Schluss gekommen, dass ich mich da entspanne. :D
    Gestern hatte ich den großartigen Plan, meine Tochter früher abzuholen und noch mal richtig ausgiebig raus in Wald/Wiese zu gehen.
    Hatte extra noch lauter Leckerlis eingepackt, dass wir wirklich bis abends draußen bleiben können.
    Natürlich habe ich die grüne Auszeit selbst gaaaanz dringend gebraucht und weil ich soviel gearbeitet habe letzter Zeit,
    dachte ich, dass die Extra-Kinderzeit auch ihr gut tut.
    Nun ja.
    Sie ließ sich den Schlafsack nicht ausziehen.
    Nur unter Kreischen und Aufwendung brachialer Gewalt. Will ich natürlich nicht.
    Hab ihr meinen Plan erklärt, dass ich gern raus will mit ihr.
    Es war nix zu machen.
    Sie hat sich den Schlafsack erst abends ausziehen lassen, weil sie mal groß musste.
    Den ganzen Nachmittag hat sie mit mir zuhause drinnen verbracht - im Schlafsack - und vor sich hingebrödelt.
    Alleine gespielt.
    Ich hab Haushalt gemacht.
    Und war stinkesauer auf mich, weil ich mich nicht durchgesetzt habe.
    Dann telefoniere ich abends mit einer befreundeten Dreifach-Mutter, die zu mir sagt:
    "Naja, sie weiß ja auch, dass sie damit bei Dir durchkommt."


    Da war ich sprachlos und habe sehr, sehr an mir gezweifelt.
    Ist jetzt vllt ein Mini-Beispiel, aber ich bin grad so bissel dünnhäutig.


    Vllt hätte ich sie mit Schlafsack auf die Wiese setzen sollen und es wäre noch was geworden.
    Das probiere ich dann nächstes Mal.

  • Bei deinem beispiel muss man erst ueberlegen fuer wen der ausflug gedacht war
    Wenns fuers kind gewesen waere..egal weil sie zu hause zufriedener war im augenblick
    Wars fuer dich...da haettest dann was ueberlegen muessen...

  • Kann Odette da nur zustimmen.


    Habe letztens "Familienkonferenz" von Gordon gelesen. Da ging es auch darum, zunächst zu schauen, wer wirklich das Problem hat. Hat das Kind ein Problem, so wird aktives Zuhören empfohlen, hat der Erwachsene ein Problem, so... mh, was war dann nochmal? schwangerschaftshirn? :stupid: Ich glaube, dann muss er sich abgrenzen... Problem sei, dass man oft durcheinanderbringe, wer das Problem wirklich hat, also die Probleme der Kinder zu seinen eigenen macht (mit Tipps bombardieren) oder die eigenen (das könnte ja das Beispiel mit dem Ausflug sein, wenn DU den eig. machen wolltest und das Kind zu Hause glücklicher war, dann war es Dein Problem und Deine Freundin hätte recht, Du wärst dafür verantwortlich) zu denen des Kindes (nach Tipp Deiner Freundin. Im besten Fall waren Eure Interessen sogar deckungsgleich und ihr fandet es BEIDE entspannter zu Hause zu bleiben, dann gäbe es m.E. gar kein Problem. Wieso Durchsetzen um des Durchsetzens willen? Bei seinem Partner z.B. würde man sich auch darauf einigen, zu Hause zu bleiben, nur beim Kind sitzt die verwurzelte Angst vor den angeblichen Tyrannen tief?!)


    Generell zu dem ursprünglichen Thema:


    Ich finde es manchmal auch schwierig mit den Konsequenzen und ertappe mich ab und an dabei, dass ich etwas konstruiere... Da muss ich mich dann zur Ordnung rufen und überlegen, was in der Situation schief läuft. Wenn ich mich entspanne, finde ich dann aber auch immer seinen sinnvollen Weg. Wenn Tochter zB Sport hat und trödelt, und ich emrke: Du kommst zu spät zum Ballett hat keinen Effekt, dann stelle ich manchmal fest, dass anscheinend nur ICH das schlimm finde und die natürlich - logische Konsequenz nicht zieht. Dann überlege ich meine Position und normalerweise, wenn ich meiner Tochter erkläre, warum es wichtig ist, pünktlich zu kommen, warum es für die anderen nicht schön ist, wenn da jemand zu spät ist und versuche, herauszufinden, warum es sie nicht stört. Will sie nicht mehr hingehen? Gut, das ist dann so, aber dann ist Trödeln nicht die Lösung, sondern nach etwas anderem suchen (ohne Drohung). Versteht sie den Sinn nicht, so begreift sie es normalerweise nach den Erklärungen. z.B. weiss sie aber auch, dass man sich entschuldigen muss, wenn man zu spät kommt. Wenn ich sie zu spät abgeholt hae, dann mache ich das, wenn sie aber trödelt, dann muss sie es tun...


    Ich denke bei der Unterscheidung zwischen Konsequenz und Strafe gehts auch um die philosophisch-pädagogische Einstellung zum Kind und zu Erziehung. Und das Menschenbild, das das Kind erhält. Das (bezuglos) strafende (autoritäre) Elternteil suggeriert für mich als Lerneffekt: Wer Macht hat, der kann bestimmen und von dem sind die anderen abhängig, nach dem müssen sie sicht richten. Der Elternteil, der irgendwo zwischen autitorativem und permissivem Erziehungsstil in der demokratischen Erziehung (also zB nach dem m.E. am ehesten rabenkonformen frühkindlichen bindungsbasierten Erziehungsstil) anzusiedeln ist, vermittelt dem Kind: Deine Bedürfnisse werden respektiert und gibt dem Kind die Möglichkeit (immer seinem Entwicklungsstand entsprechend) die Bedürfnisse seiner Mitmenschen auch zu erkennen und zu respektieren.


    Das sind aber die REINEN Theorien, und eben auch nur Theorie , in der Praxis ist das natürlich alles nicht so trennscharf. Für mich ist es aber das idealbild als Ziel. Am Ende steht für mich die Frage: Will ich ein Kind, das z.B. hilft, weile s merkt, das sich Hilfe benötige oder eines, das etwas tut, weil es Angst vor Strafe hat, weil ich am längeren hebel sitze und das ggf. hofft, selbst irgendwann mal am längeren hebel sitzen zu können udn die MAchtverhältnisse umkehrt.



    Bin leider gerade zu müde, um das stichhaltiger eloquent auf den Punkt zu bringen. #tutmirleid

    "Es ist nur ein Phase, es geht vorbei, es ist nur eine Phase..." :)

  • Hallo,


    Also zuerst mal: Sich durchzusetzen, nur damit man sich durchsetzt, halte ich für Quatsch und sehr beziehungsschädigend. Ein schlechtes Gewissen habe ich deswegen schon lange nicht mehr...


    Ich kenne das, wenn man etwas "Gutes" geplant hat, dabei möglichst noch mehrere Fleigen mit einer Klappe schlagen kann, und dann läuft alles schief, nur weil das Kind gerade "mucksch" ist, fiel es mir auch immer schwer, mich umzustellen. Manchmal fühlte ich mich dann acuh an meiner Ehre gekratzt, ich wollte es "gut" machen, stecke vielleicht selber irgendwo zurück - und statt Freude und Dank ernte ich Motzanfälle.


    Ich denke auch, zu schauen, was bei wem liegt, ist ein guter Ansatz.
    Oder auch Frage aus den Kloetersbriefen"wer leidet mehr" bzw. "Worunter leidet jemand mehr".


    Derhjenige, der mehr leidet kann auch durchaus der Erwachsene sein. Dann ist es kein "sich durchsetzen, um des Durchsetzens willen" (was ich persönlich absolut sinnlos, ja schädlich finde), sondern man wahrt die eigenen Grenzen. Wenn MIR z.b. Luft ims Gehirn grad total wichtig ist, weil ich das GEfühl habe, sonst emotional zusammenzukippen und mein Kind hat "keinen Bock" und leistet nur mäßigen widerstand, lässt sich aber mit Ablenkung, Zeit lassen usw. doch dazu bringen, dann ist das OK.


    Ich hatte früher auch schon Abende, wo ich meiner Bande ein "So, wir gehen jetzt eine Runde" verordnet habe und auch ein gewisses Maß an maulen hingenommen habe (inzwischen sind sie alt genug, selber zu entscheiden, ob sie mitkommen, wenn ICH Luft brauche)


    Leidet mein Kind aber sehr, weil das rausgehen nur mit Macht, ja gar körperlicher Gewalt möglich ist, dann würde ich vermutlich mein Interesse zurückstecken und schauen, wie ich anderweitig was für mich tun kann.


    "Mir etwas Gutes tun" würde für mcih trotzdem wichtig bleiben". Im Idealfalle - nur wann handelt man schon ideal, vor allem wenn man gefühlsmäßig durch den Wind ist - hätte man die Situation für sich nutzen können und statt der Hausarbeit die eh als "frei" verplante Zeit für sich nutzen können.


    Manchmal ist es leicht zu entscheidehn, manchmal nicht. Manchmal ist man sich sicher: Ja, so war es richtig, manchmal nicht. Machmal gibt es Kompromisse, manchmal nicht...
    Das ist nun mal das "echte Leben".


    Ich denke, die Kloetersbriefe mit ihren Leitsätzen könnten dir helfen, da für dich ein bisschen mehr Klarheit zu finden, mir ging es jedenfalls so.

  • Von mir auch eine Empfehlung für die Kloetersbriefe.
    Und ich möchte Trins Worten noch hinzufügen, dass Erziehung immer auch ganz viel mit flexibel sein zu tun hat. Bedürfnisse sind eben unterschiedlich und vor allem oft nicht planbar. Allerdings können wir Erwachsene auch mal zurückschrauben, was Kinder erst lernen müssen, bzw. erst können, wenn wichtige Entwicklungsschritte abgeschlossen sind.

    Es gibt Tage, an denen Du denkst, dass Du untergehst. Wie stark Du wirklich bist, erkennst Du erst, wenn Du sie überstanden hast...

  • Ich fand Deinen Beitrag, Klosterfrau, nur etwas daneben, weil ich eben der Meinung bin, dass "Erziehung" wichtig ist. Gerne kann man es auch Führung, Begleitung, soziales Miteinander oder sonst wie nennen.
    Aber mMn brauchen Kinder Bezugspersonen, an denen sie wachsen können, die ihnen Wege zeigen und diese mit ihnen gehen.




    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass überall da, wo explizit "Erziehung" draufsteht (wie bei dem Kurs der TS), auch Erziehung drin ist, und zwar genau das, was ich unter Erziehung verstehe: Dressur. Wenn es darum geht, wie man eine gute Beziehung zu seinem Kind haben kann, wie man es begleitet, wie man als Familie harmonisch zusammenlebt, und allen gerecht wird usw., dann habe ich es noch nie erlebt, dass dort im Titel "Erziehung" steht. Darauf bezog sich mein Kommentar. Wie hast du ihn denn verstanden?



    Wenn ich dich richtig verstehe, dann ist dir wichtig, dass die Eltern sich um ihre Kinder kümmern, sich verantwortlich fühlen, stimmt das? Und nicht darum, dass sie ihre Kinder erziehen i.S.v. formen?




    Noch kurz anmerken möchte ich, dass ich deinen Kommentar, dir wäre bewusst, dass es verschiedene Erziehungsstile gibt, als sehr ignorant empfinde. Ich weiß nicht, ob du das mit Absicht machst, aber dir müsste aufgefallen sein, dass ich Erziehung ablehne, und meinen Umgang mit jungen Menschen dementsprechend nicht als "Erziehungsstil" bezeichnet sehen möchte. Ich möchte dich in dieser Hinsicht um mehr Rücksicht bitten.