Angelina Jolie und ihre Brustoperation

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  • Zitat von »HeikeNorge«



    was es bedeutet, durch eine Chemo durch zu müssen, da fallen nicht nur die Haare aus, das bedeutet Übelkeit, SCHMERZEN ohne Ende usw. In der Zeit kann man keine gute Mutter sein. Dazu noch die Angst, dass man es vielleicht trotzdem nicht schafft.


    Heike,
    beziehst Du Dich damit auf eine - wie auch immer geartete - persönliche Erfahrung? Denn ich will Dir Deine Empfindungen keinesfalls absprechen.


    Auf das möchte ich nicht näher eingehen


    Aber es geht mir gegen den Strich, dass hier - nicht nur von Dir - pauschale Aussagen über eine Krankheit gemacht werden, die letzten Endes so individuell ist, wie jede Frau, die sie betrifft.


    In erster Linie möchte ich zwei Dinge klarstellen:


    1. Eine Chemotherapie macht einen nicht notwendigerweise zum Wrack. Sie schränkt die Lebensqualität deutlich ein, das ist keine Frage. Aber sie hindert einen nicht in jedem Fall daran, einen einigermaßen normalen Alltag zu leben.


    2. Ich verwahre mich gegen die Unterstellung, in der Chemozeit keine gute Mutter gewesen zu sein!
    Ich weiß, das war so nicht gemeint. Aber ich bitte zu bedenken, was solche verallgemeinernden Äußerungen in jemandem auslösen können, der selbst gegen die Krankheit kämpft.


    Tut mir sehr leid Astrid, dass du dich angegriffen gefühlt hast, Astrid. Mein Posting kam aus dem Grund heraus, dass es mich getroffen hat zu lesen, man könne ja zuwarten, engmaschig kontrollieren und frühzeitig behandeln. Zu dem frühzeitigen Behandeln gehört eben auch die Chemotherapie, und die ist in den meisten Fällen stark lebensqualitätseinschränkend, meine Erfahrung. Das mit dem gute Mutter sein: das bezog sich auf die Zeiten, in dem man starke Schmerzen hat, nicht auf die ganze Chemo, tut mir leid, wenn ich das missverständlich ausgedrückt habe, es war spät abends und auch ich möchte mir gerne das Recht rausnehmen, mich angegriffen zu fühlen oder traurig zu sein, wenn so über Chemo und Brustkrebs geschrieben wird, dazu hab ich einfach zu viel gesehen, was ich nicht wieder vergessen kann (und will).

    LG Heike


    Der richtige Mensch ist nicht der, mit dem immer alles toll ist, sondern der, ohne den alles blöd ist.

  • Zu dem frühzeitigen Behandeln gehört eben auch die Chemotherapie, und die ist in den meisten Fällen stark lebensqualitätseinschränkend, meine Erfahrung.



    dazu sollte man vielleicht sagen, dass chemotherapie nicht gleich chemotherapie ist. mein mann hatte z.B. so gut wie keine nebenwirkungen und hat die chemos über einen auto-fuser bekommen, d.h, er war nur dreimal pro zyklus zum anhängen der infusion da und hat ansonstenseinen alltag gelebt (inklusive kinderbetreuung und haushalt). das aber nur am rande, ich finde es wichtig, darauf hinzuweisen. denn leider hält es viele menschen von vorsorgeuntersuchungen ab, wenn sie große ängste vor der therapie haben.

  • Ich hab jetzt mal ein wenig gelesen bezüglich der Klage gegen die Firma Myriad Genetics. Das ist ja interessant..



    Quelle: *klick*

    "Erstens, ich wollte dich nicht wegschicken, sondern töten. Zweitens, weißt Du, wie man Kaffee kocht?" Simon, TWD

  • Offenbar ist meine Aussage ganz falsch interpretiert worden. Die Idee, jemandem zu unterstellen, er habe Krebs, weil er falsch gelebt habe, liegt mir fern (außer bei so klassischen Sachen wie Kehlkropfkrebs bei stark rauchendem Alkoholiker, aber da würde ich es wohl für mich behalten). Mir geht es um die Politik! Darum, dass politisch und wirtschaftlich ein Lebensstil unterstützt wird, der viele Menschen krank macht und dass politische Entscheidungen getroffen werden, die das Krebsrisiko vieler erhöhen, die sich nicht dagegen wehren können. Ich habe mich an Audre Lourde erinnert, eine Frau, die an Brustkrebs starb und, da sie Autorin war (unter anderem), darüber schrieb. Und bei ihr war es ganz klar ein politischer Akt, damit an die Öffentlichkeit zu gehen und mit einer Brust ohne plastische Chirurgie zu leben. So forderte sie z.B. Kleidung für einbrüstige Frauen und dass die Politik sich dafür einsetzt, krebserregende Substanzen und Zustände zu verringern. Und vor diesem Hintergrund muss ich Dir, Maude, heftig widersprechen:


    Es geht nicht darum, weil es darum hier gar nicht geht!
    Wenn das genetische Risiko bei 87% liegt, dann ist das so auch ohne andere Faktoren. Die können es nur noch zusätzlich erhöhen, das ist aber hier gar nicht Thema. Wie "gesund" Frau Jolie sonst lebt kann hier niemand von uns beurteilen.


    Ehrlich gesagt bin ich es ziemlich leid, dass einem immer jeder einreden will, wenn man nur "richtig" lebt bekommt man gar keinen Krebs. Ich bin nämlich definitiv NICHT schuld an Krebs erkrankt zu sein und ich hätte es auch nicht verhindern können.


    Denn auch wenn Jolie nur diese spezifische Art des Krebses thematisiert, berührt das natürlich auch die 90% an Brustkrebserkrankungen, die ohne nennenswerte genetische Beteiligung entstehen. Und darüber hinaus gehend kann man auch fragen, ob die Genmutation durch äußere Faktoren häufiger vorkommt Die Fragen nach erwiesenermaßen krebserregenden Faktoren in der Umwelt haben meines Erachtens gar nichts mit der Frage zu tun, ob Du speziell Deinen Krebs hättest verhindern können. Wenn überhaupt dann eher, ob die Gesellschaft Dir das hätte ersparen können. Ich glaube aber, dass das für Einzelfälle kaum zu klären ist, es sind ja alles statistische Aussagen.
    Und da gibt es dann schon das nächste, was mir die Haare hochstellt: Es scheint total unklar zu sein, was die statistische Aussage bei Jolie war. Nehmen wir an, sie lautete, die 37jährige Jolie hätte eine Chacne von 87% in den nächsten 13 Jahren an Brustkrebs zu erkranken. Dann heißt das ja auch, dass sie eine Chance von 13% hat, nicht zu erkranken. Und dann niemand weiß, wo in der statistischen Verteilung sie sich befindet. Die Aussage kann also stasistisch korrekt nicht übersetzt werden mit "die Frau wird fast sicher an Krebs sterben, wenn sie ihre Brüste behält". Denn es handelt sich um eine Wahrscheinlichkeitsaussage, nicht um eine Sicherheit. Und insofern finde ich Deien Aussage, fischlein, einfach falsch:


    Ja, finde ich auch. Es geht ja nicht um eine undefinierte, unmotivierte Angst, sondern um ein ganz klares "es kommt auf mich zu, die Frage ist nur wann". Ich finde, es steht einem absolut zu, Angst vor so einem Schicksal zu haben und auch aus dieser Angst zu handeln.


    Jolie hatte eben eine fundierte Angst vor einer Möglichkeit, aber eine Sicherheit hat sie nicht. Und Deine folgende Aussage, fischlein, zeigt, dass Deine Schulzeit offenbar schon eine Weile her ist udn Du die neuere genetische Forschung nicht zur Kenntnis genommen hast. Oder Deine Lehrerin hat sie verpennt...


    Es gibt immer noch genug Menschen, die Genetik abbügeln, obwohl wir es alle in der Schule gehabt haben und im Grunde auch alle wissen, was im Erbgut ist, ist da, und was nicht drin ist, kommt nie.


    So funzt das nämlich nicht mit der Vererbung. Entgegen der jahrelang als gesichert geltenden Annahmen weiß man heute, dass Genome verschieden ausgelesen werden und dass der Körper somit Gene an und abschalten kann. Was da ist sagt also nicht so enorm viel darüber aus, was ausgelesen wird. Außerdem weiß man inzwischen auch, dass es doch möglich ist, dass sich Gene durch Erfahrung verändern. Wie es jetzt für diese bestimmte Krebsmutation aussieht, weiß ich nicht, aber Genetik ist irrsinnig komplex.


    mir hat man gesagt, dass es für DIESEN krebs keine rolle spielt, wie man lebt, wenn man den gendefekt hat, da dieser extrem dominant ist.
    ich hatte auch gehofft, dass meine 5 jahre stillen da irgendwie helfen könnten. das scheint aber bei einem echten gendefekt keine weitere rolle zu spielen.


    Da bin ich mir nicht sicher. Denn wovon hängt es denn ab, ob man zu den 87% oder zu den 13% gehört?


    Das folgende finde ich ein schwieriges Thema, weil es sehr persönlich ist. Trotzdem ist es mir wichtig, etwas dazu zu schreiben. Meines Erachtens ist die Chance groß dass Die von Dir, Astrid, zurückgewiesene Aussage stimmt. Ich finde aber, dass man das Dir oder anderen Frauen in ähnlichen Situationen nicht anlasten kann, weil es einfach unrealistisch und gemein wäre zu fordern, dass Frauen in jeder auch noch so schwierige Situation gute Mütter sein müssten.


    2. Ich verwahre mich gegen die Unterstellung, in der Chemozeit keine gute Mutter gewesen zu sein!
    Ich weiß, das war so nicht gemeint. Aber ich bitte zu bedenken, was solche verallgemeinernden Äußerungen in jemandem auslösen können, der selbst gegen die Krankheit kämpft.


    Vielleicht könnten sie bedeuten, dass man sich mit der eigenen Begrenztheit versöhnt. Eine Frau unter enormen Schmerzen (was bei Chemos nicht immer, aber eben doch oft so ist, wie ich aus der Begleitung von Bezugspersonen weiß) kann keine gute und aufmerksame Begleiterin oder Gespärchspartner sein - aber, und das ist mir ganz wichtig - das kann man auch nicht von ihr verlangen. Es wäre schlicht unmenschlich. Wir alle haben Grenzen, die wir manchmal einfach akzeptieren müssen. Da müssen eben andere Menschen ran und die Mutter, so gut es geht, unterstützen.

  • Sorry, fürs OT #schäm
    Aber, in den USA scheint solch ein Gentest tatsächlich 3000 US-Dollar zu kosten 8I Das bedeutet, ein Otto-Normalbürger kann sich solch einen Test nur schwerlich bis gar nicht leisten. Die ärmere Bevölkerung schon gleich gar nicht. Das finde ich echt krass. (darum auch die Klage gegen Myriad Genetics)


    In Deutschland hat Myriad Genetics dem Proteststurm von Ärzten, Genetikern und Greenpeace-Aktivisten nachgegeben, die Rechte wurden hier eingeschränkt.

    Zitat

    In Brustzentren analysieren die Labors den genetischen Status der Frauen, ohne dass dafür Lizenzgebühren an Myriad Genetics fließen. Frauen nehmen dann automatisch an einer großen Studie teil. „Das Ganze“, so erklärt Denise Horn von der Berliner Charité in einem Deutschlandfunk-Interview, „ist in ein Forschungsprojekt eingebunden.“ Die Kosten von etwa 1800 Euro tragen die Krankenkassen.

    Quelle: *klick*

    "Erstens, ich wollte dich nicht wegschicken, sondern töten. Zweitens, weißt Du, wie man Kaffee kocht?" Simon, TWD

    Einmal editiert, zuletzt von Poulaki ()

  • merin, ich denke, dein Standpunkt ist ein komplett anderer als meiner oder Astrids. Du hast dich nie damit befassen müssen SELBST an Krebs erkrankt zu sein, du siehst das Ganze sehr wissenschaftlich. Ich weiß, das klingt wie ein Todschlagargument, doch ich weiß, dass ich selbst vor 2 Jahren sicher auch noch anders gedacht habe.


    Ich hatte übrigens eine Chemo, die deutlich härter war als die der meisten anderen Krebsarten. Ich kann mich an genau 3 Tage und eine Nacht erinnern in denen ich schreckliche Schmerzen hatte. Ansonsten war ich schlapp, ja. Ich konnte den Haushalt nicht erledigen, stimmt. Aber für meine Kinder (und meinen Mann, und meine Freunde) hatte ich immer ein offenes Ohr!
    Die höllischen Schmerzen von denen du schreibst kenne ich eher von Menschen mit Krebs im Endstadium, die liegen aber am Krebs, nicht an der Chemo (für die es heute phantastische Medikamente gegen die Nebenwirkungen gibt) Und dass Sterbende vermutlich in der letzten Phase nicht mehr so sehr für ihre Kinder da sein können, das bestreitet ja auch niemand.


    Ein bisschen geärgert hat mich allerdings, dass du tust als sei ich zu blöd Statistiken zu verstehen. Natürlich heißt 87% nicht, dass man den Krebs auf jeden Fall bekommt. Aber würdest du dein Kind in ein Flugzeug setzen, dass ein Risiko von 87% hat abzustürzen? Würdest du dann auch sagen "Ach, die äußeren Bedingungen sind doch gut, das Wetter ist sonnig!" und dich drauf verlassen, dass dein Kind zu den anderen 13% gehört?


    Wenn du dich in Jolies Situation entscheiden würdest darauf zu vertrauen, dass du Einfluss darauf hast zu den 13% zu gehören, ok. Aber keine Frau ist dümmer, ungebildeter oder naiver als du wenn sie sich anders entscheidet.


    Edit: Mein ganz spezieller Krebs hat übrigens rein gar nichts mit Umweltfaktoren zu tun, denn der Prozentsatz der Erkrankungen bleibt seit Jahrzehnten gleich bzw. geht in den industrialisierten Ländern sogar zurück. Und mein Risiko daran zu erkranken lag - wie bei jedem anderen auch - bei 0,003%.
    Dass Umweltfaktoren generell schon eine Rolle spielen stimmt, dennoch ist es nicht relevant für DIESE Diskussion.

    Liebe Grüße, Maude

    Einmal editiert, zuletzt von Maude ()

  • maude, ich verstehe Deine Entrüstung, aber wenn Du nochmal nachliest, wird denke ich, deutlich, dass Du mich fehlinterpretierst: fischlein hat die mE statistisch falsche Aussage gemacht, nicht Du.
    Ich habe wissentlich keinen Krebs, aber eine Person während der Chemo begleitet. Das habe ich auch geschrieben. Ich berichte von den Erfahrungen mit dieser Person. Und die hatte starke Schmerzen.


    Und der Vergleich mit dem Flugzeug hinkt so stark, dass er kein Vergleich mehr ist, finde ich. Denn da kannst Du Dir aussuche, einzusteigen oder nicht. In meinen Körper bin ich schon eingestiegen. Ich kann mich nur entscheiden, ihn präventiv zu verstümmeln um den Rest zu erhalten. Dass ich behauptet hätte, es sei dumm, sich für die präventive OP zu entscheiden ist schlicht eine gemeine Unterstellung. Ich glaube das nicht und ich schrieb es nicht. Ich schrieb nur, dass der Fall nicht so eidneutig ist, wie hier oft behauptet wird. Die hier oft gemachte Aussage "Die vorbeugende Brustentfernung ist vernünftig, mutig und verantwortungsvoll" kann so allgemein eben nicht gemacht werden. Ebenso falsch wäre aber die gegenteilige Aussage, die Du mir hier unterstellst.


    Ich habe inzwischen auch nochmal nachgelesen zu dieser Genmutation. Das, was ich fand, war:
    - sie führt dazu, dass der Körper Schäden nicht mehr gut reparieren kann. Warum das so ist und wie die Wirkmechanismen sind ist ebenso unbekannt, wie warum einige mit der Mutation erkranken und andere nicht.
    - daraus folgt dann auch: die Wirkung von vorbeugender Brustentfernung ist umstritten Die Wirkung vorbeugender Eierstockentfernung ist noch stärker umstritten.


    Und nein, ich sehe das ganze nicht nur wissenschaftlich. Ich behaupte einfach mal, ich sehe es auch menschlich, ethisch und spirituell.

  • Die Aussage "präventiv verstümmeln" finde ich in diesem Zusammenhang sehr übel. Gerade bei solchen Themen sollte man doch etwas auf die Wortwahl achten, wenn Betroffene mitschreiben. :|

  • Ich finde es völlig in Ordnung, dass Frau Jolie sich so entschieden hat. In ihrem Fall absolut nachvollziehbar.


    Meine Mutter hat sich auch trotz vieler Gegenreden für eine Gebärmutterentfernung entschieden, anstatt sich nur ausschaben zu lassen. Sie hat es nie bereut.


    Solange Ärzte gründlich und umfassend beraten und zu nichts drängen, finde ich das völlig in Ordnung. Ob ich das so machen würde, weiß ich nicht. Aber ich vermute, ich hätte bei einem Risiko von 87% einfach wahnsinnige Angst.


    Zudem habe ich eine Verantwortung für meine Familie. Daher habe ich mich auch nach langem Zögern dazu entschieden, doch Blutdruckmedikamente zu nehmen, obwohl mein Blutdruck tatsächlich noch im Grenzbereich ist. Mein Vater ist an Folgen von Arteriosklerose gestorben...


    Ich finde den Ausdruck "Verstümmelung" in diesem Zusammenhang auch unglaublich daneben.

  • Zitat

    Warum ist der Begriff für Euch nicht passend? Für mich trifft er die Tatsachen exakt.


    Mit Verstümmelung assoziiere ich einen rohen Akt der Gewalt. Grausamkeit und Krieg. Und auch sonst hat das Wort fur mich einen stark abwertenden Charakter.Würdest du denn auch andere Menschen nach Amputationen als verstümmelt bezeichnen?


    Als letztes klingt fur mich in dem Wort Sinnlosigkeit mit. Dass der praventive Eingriff nicht notwendig war.

  • Und Deine folgende Aussage, fischlein, zeigt, dass Deine Schulzeit offenbar schon eine Weile her ist udn Du die neuere genetische Forschung nicht zur Kenntnis genommen hast. Oder Deine Lehrerin hat sie verpennt...



    So funzt das nämlich nicht mit der Vererbung. Entgegen der jahrelang als gesichert geltenden Annahmen weiß man heute, dass Genome verschieden ausgelesen werden und dass der Körper somit Gene an und abschalten kann. Was da ist sagt also nicht so enorm viel darüber aus, was ausgelesen wird. Außerdem weiß man inzwischen auch, dass es doch möglich ist, dass sich Gene durch Erfahrung verändern. Wie es jetzt für diese bestimmte Krebsmutation aussieht, weiß ich nicht, aber Genetik ist irrsinnig komplex.


    Ich bin alt, ich weiss 8)


    Im Ernst, ich glaube, diese Diskussion würde den Thread sprengen. Was Du schreibst, gilt auch nicht für alles. Gilt eher für multigenetisch kodierte Sachen. Kaum für etwas, was dominant vererbt wird, für was 1 oder 2 Gene und nicht mehr stehen. Wenn für eine Finktion nur ein Gen vorhanden ist, wir nur dieses ausgelesen. Wenn mehrere vorhanden, gibt es natürlich Spielraum. Einfaches Beispiel: wenn Trisomie 21 vorhanden ist, wir der Mensch Down-Syndrom haben. Es wird nicht so oder anders ausgelesen.


    Aber Recht hast Du, Genetik ist schon sehr komplex.

  • Fischlein, da stimme ich zu.


    Mit Verstümmelung assoziiere ich einen rohen Akt der Gewalt. Grausamkeit und Krieg. Und auch sonst hat das Wort fur mich einen stark abwertenden Charakter.Würdest du denn auch andere Menschen nach Amputationen als verstümmelt bezeichnen?


    Als letztes klingt fur mich in dem Wort Sinnlosigkeit mit. Dass der praventive Eingriff nicht notwendig war.


    Ich habe den Begriff bewusst gewählt um zu verdeutlichen, dass es ein Gewaltakt ist. Einer, dem sie zugestimmt hat, aber nichts desto trotz ein Gewaltakt. Mich hat das in diesem Tread erschreckt, dass so viele meinten "ich würde das auch tun": Ich finde es von unglaublicher Brutalität vor so eine Entscheidung gestellt zu werden, wie sie Jolie treffen musste, und mir war wichtig, das zu würdigen. Und ja, ich bezeichne Menschen nach Amputation als verstümmelt und da ich mit welchen gearbeitet habe, kann ich sagen, dass sie dies selbst auch oft tun. Selbst wenn "nur" ein Fingerglied oder ein Auge fehlt.
    Sinnlosigkeit ist für mich dabei nicht impliziert, da haben wir ein unterschiedliches Wortverständnis.

  • Aber dann kann man doch jede Operation als einen Gewaltakt ansehen, oder? Und z. B. jeden KS auch... Und Sterilisationen dann ja auch... 8I


    Es tut mir leid, dass du mit Amputierten zu tun hattest, die sich als verstümmelt ansehen. Mein Opa hatte auch eine Bein-Amputation, aber wenn ihn jemand als verstümmelt bezeichnet hätte, wäre er schwer beleidigt gewesen...


    Dagegen habe ich einige Verwandte an Krebs verloren und das Sterben an Krebs ist wirklich sehr schlimm, sehr schmerzhaft, sehr langwierig, sehr verzweifelt. Wenn es dann eine Schutzmaßnahme gibt, diese dann als Verstümmelung zu bezeichnen, damit man nicht irgendwann wirklich schlimm verreckt, das finde ich irgendwie total zynisch...

  • Fischlein, da stimme ich zu.



    Ich habe den Begriff bewusst gewählt um zu verdeutlichen, dass es ein Gewaltakt ist. Einer, dem sie zugestimmt hat, aber nichts desto trotz ein Gewaltakt. Mich hat das in diesem Tread erschreckt, dass so viele meinten "ich würde das auch tun": Ich finde es von unglaublicher Brutalität vor so eine Entscheidung gestellt zu werden, wie sie Jolie treffen musste, und mir war wichtig, das zu würdigen. Und ja, ich bezeichne Menschen nach Amputation als verstümmelt und da ich mit welchen gearbeitet habe, kann ich sagen, dass sie dies selbst auch oft tun. Selbst wenn "nur" ein Fingerglied oder ein Auge fehlt.
    Sinnlosigkeit ist für mich dabei nicht impliziert, da haben wir ein unterschiedliches Wortverständnis.

    sie tun es oft, aber wohl nicht immer. und für mich ist das ein großer unterschied, ob ein betroffener sich selbst so bezeichnet oder ein dritter, der dieses schicksal nicht teilt.
    ich finde diese bezeichnung hier absolut fehl am platz.

  • ich empfinde es als Unverschämtheit, dass mich wer Wildfremdes als verstümmelt bezeichnet, weil mir (auch als Präventivmaßnahme) der Uterus entfernt wurde. Auch ich habe die Entscheidung nach langem Überlegen selber getroffen, DAMIT ich meinen Kindern noch ein wenig länger erhalten bleibe.
    Merin, das ist geschmacklos!
    Nicht nur Frau Jolie gegenüber, sondern allen anderen operierten Menschen auch.
    Nur weil sich einzelne Menschen selber so bezeichnen, ist es noch lange nicht in Ordnung so damit andere Menschen zu betiteln.

    Havanna + #male (*02.05) & #female (*02.03)
    Filzgleiter sind nur komprimierte Schafe

    --Ist Hotte S. noch im Amt und wenn ja, warum?--


    Wenn ich das Wort "Trottel" oder "Trotteln" schreibe, möge sich die geneigte Leserin dieses Wort in wienerisch denken.

  • Ich lese schon eine Weile mit und mir geht so einiges durch den Kopf.


    Ich finde schon, dass man trennen darf und muss zwischen der persönlichen Ebene von direkt oder indirekt Betroffenen und einer wissenschaftlich-statistischen Ebene. Frau Jolie und andere haben ihre Entscheidung getroffen und niemand hat das zu bewerten oder in Frage zu stellen.


    Dennoch kann und muss man sich über die Rahmenbedingungen Gedanken machen.


    Ich persönlich glaube nicht so unerschütterlich an die Aussagen, die uns die Pharmaindustrie präsentiert. In diesem Fall handelt es sich ja nicht um Forschungsergebnisse einer freien Forschung. Mich macht es misstrauisch, dass da eine Firma mit einem quasi Monopol dahintersteht.
    Und es hinterlässt bei mir irgendwie ein komisches Gefühl, dass hier Dinge für klarer verkauft werden als sie bei genauem Hinsehen sind (wobei die freie Forschung ja offensichtlich gar nicht so genau hinschauen darf).

  • Ich habe das Gefühl, dass hier Differenziehungsfähigkeit verloren geht. Ich kann das verstehen, weil es so doll Angst macht und die Emotionen hoch schlagen. Aber ich finde das schade, denn das Thema ist zu wichtig.
    Ich glaube, dass für das Wort "Verstümmelung" verschiedene Bedeutungen möglich sind. Die Bedeutung, die Entfernung eines inneren Organs darunter zu fassen, ist aber mE aufgrund des allgemeinen Sprachgebrauchs abwegig. Wikipedia finde ich an dieser Stelle sehr klar:


    Zitat

    Verstümmelung (alternative Schreibweise: Verstümmlung, lat.: mutilatio) bezeichnet die als nachteilig bewertete, radikale Veränderung der Gestalt durch äußere Einwirkung.[1][2] Der Begriff kann sowohl für den Vorgang wie auch für das Ergebnis stehen.[3] Verstümmelung kann mit Verlust von Funktion oder wichtiger Bestandteile einhergehen.


    Das trifft auf Brüste zu und auch auf Augen (auch wenn es bei beiden Prothesen gibt), auf Gebärmütter oder Eierstöcke nicht. Insofern bist Du, havanna, eindeutig nicht gemeint. Wobei ich überhaupt niemanden speziell meine:


    Ebenso finde ich es unzulässig, das Sprechen über jemanden, der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mitliest (Frau Jolie) gleichzusetzen mit dem Sprechen mit ihr. Es mag sein, dass Frau Jolie sich nicht als verstümmelt bezeichnet, weil sie es nicht so sieht. Auch viele genitalverstümmelte Frauen werden sich nicht so sehen. Es geht immer auch um die Bedeutung, die die individuelle Frau ihrer Entscheidung selbst gibt. Aber hier geht es ja nicht um Frau Jolies Bedeutung, sondern um den medialen Umgang damit und um das, was es bei uns angeregt hat. Und da scheint es mir eben so, dass diese Frau (überspitzt formuliert) gesagt hat: "Schaut her. Ihr vergöttert mich wegen meiner Brüste. Nun bin ich in meiner Existenz gefährdet und ich schneide mir die Dinger ab und setze Silikon an ihre Stelle um mich zu retten." Für mich ist diese mediale Inszenierung, die sie nur teilweise in der Hand hat, auch eine Anklage ("schaut, was mir zugemutet wird"), aber auch der Versuch, sich in einer enorm bedrohlichen und fast hoffnungslos anmutenden Situation selbst als handlungsfähig zu zeigen. Und die Inszenierung (nicht Frau Jolie, über die kann ich gar nichts aussagen) hat eine große Brutalität, die zeigt, wie mit weiblichen Körpern medial umgegangen wird. Ich steh in der Berliner U-Bahn und da schreit es mir von Bildschirmen entgegen "Angelina hat sich beide Brüste amputiert". Und daneben ein Bild, auf dem sie fast nackt zu sehen ist, inklusive intakt scheinendem Busen. Ich finde das unglaublich brutal, gegenüber allen Frauen. Kann das irgendwer nachvollziehen? Und ich finde, man muss klare Worte finden, für diese Brutalität. "Amputation" finde ich ein ähnlich klares und brutales Wort - das hier verwendet wird und nicht auf Widerstand stößt. Weil es medizinischer klingt?


    @lemonysnicket: Ja, ich finde genau genommen muss man jede Operation (jede, bei der geschnitten oder gebohrt wird, nicht die, bei denen nur zugenäht oder repariert wird, da war die Gewalt vorher) als Gewaltakt sehen. Ich sehe das so, ja. Es ist Gewalt, die Sinn macht (meist jedenfalls), die auch Leben rettet, aber es ist Gewalt. Und viele Frauen, mit denen ich gesprochen habe und die einen KS hatten, empfinden das so und leiden darunter. Inklusive mir. Es gibt Bücher darüber (z. B. "Narben an Bauch und Seele" da wird schon im Titel die Gewaltfolge sichtbar). Wenn man den eigenen Körper als Wert ansieht, dessen Unversehrtheit ein Gut ist, das geschützt werden muss, dann ist es folgerichtig, das so zu sehen. Ehrlich gesagt, erstaunt es mich, dass es viele hier anders zu sehen scheinen.
    Und was ich ein bissel gemein finde ist der Zusammenhang, den Du herstellst: "vorbeugende Brustamputation ist keine Gewalt, weil an Krebs zu sterben eine ist". Habe ich das richtig verstanden? Für mich ist das nicht folgerichtig. Für mich stellt sich eher die Situation dar, dass ich eine gewisse Gewalt hinnehme und ertrage, um mich vor einer ungewissen, aber viel bedrohlicheren Gewalt zu schützen. Und das ist doch das Gemeine, fast Unaushaltbare daran: Dass ich um die Gewalt wahrscheinlich nicht herumkomme. Und wenn es ganz gemein kommt, habe ich sie sogar doppelt: Lasse mir die Brust abschneiden und bekomme dann trotzdem Krebs und einen langen und schmerzhaften Tod...
    Zynisch ist dabei vielleicht die Realität (wobei ich dafür nicht das Wort zynisch wählen würde) aber ich bin es, finde ich, nicht. Da fühle ich mich missverstanden.


    Edit: nivanna, was Du benennst ist für mich auch ein ganz zentraler Punkt: Die scheinbare Eindeutigkeit der getroffenen Entscheidung. Und dabei geht es eben nicht um Jolies Entscheidung, sondern allgemein um die Frage der in einer solchen Situation zu treffenden Entscheidung. Jolies (oder eine konkrete andere) Entscheidung zu bewerten steht mir nicht zu und daher sind all meine Äußerungen als allgemeine Überlegungen zu sehen, nicht als Aussagen über konkrete Frauen oder Männer.

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    Autor:innenforum, Textarbeit: http://www.federteufel.de

    Einmal editiert, zuletzt von tulan ()

  • In der Definition steht "nachteilig bewertete", und genau da scheiden sich ja die Geister. Das muss jeder für sich selbst bewerten.


    Und das mit den OPs und KS hinkt in dem Sinne, dass es meistens eher nicht an dem Akt ansich liegt, sondern an dem Personal, wie es mit den Patienten umgeht (ignorieren oder gut zureden, drum kümmern/aufklären oder einfach Routine abfahren, grober oder feinfühliger Umgang etc.). Bei meinen sämtlichen OPs hab ich mich gut aufgehoben gefühlt, beim KS hab ich mich wie ein Stück totes Fleisch gefühlt, ein Schwein beim Schlachter. Dabei war der KS im Vergleich zu den anderen OPs weniger schmerzhaft, weniger einschränkend. Es liegt also nicht in der Natur der Sache, sondern an den handelnden Personen.


    Es kommt vermutlich auch auf die Erfahrungen an: merin hat Amputierte kennengelernt, die sich verstümmelt fühlen, also ist die Amputation das Schlimme. Ich habe Krebskranke erlebt, die an ihrer Krankheit verzweifelt sind und die extreme fiese und lange Schmerzen hatten und halte deshalb alles, was irgendwie den Zustand von Krebs verhindert, für das Gute.