Unser Sohn und seine Musikinstrumente

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  • Hallo,


    ich habe da mal eine Frage.


    Unser Sohn wird bald 9 Jahre alt und spielt nun seit fast 3 Jahren Klavier (in der städtischen Musikschule) und seit 2 Jahren Geige (über das Jeki-Projekt in der Schule).


    Er liebt das Klavier und wir mussten ihn bisher noch nie zum Üben drängen. Seine Klavierlehrerin ist wirklich toll und die Chemie zwischen den beiden stimmt einfach. Er macht seine Sache da wohl auch ziemlich gut und lernt wohl sehr schnell.
    Ich bin oft ziemlich beeindruckt, wie toll er spielt und finde es auch super, dass es ihm soviel Freude macht.


    Was die Geige angeht, so fällt ihm das wohl auch ziemlich leicht, das Niveau bei Jeki ist wohl auch nicht so hoch und durch sein Klavierspiel hat er da wohl auch einen ziemlichen Vorsprung zu den anderen Kindern.
    Er übt hier zu Hause eigentlich nie Geige, kommt aber gut klar und spielt auch im Schulensemble, was ihm aber leider überhaupt keinen Spaß macht, weil das auch leider Auftritte mit sich bringt.


    Er ist auch mit seinem Geigenlehrer in der Schule nie so richtig warm geworden, aber da wir leider die Kündigungsfrist verpasst haben #pfeif , ist unser Sohn bereit, noch ein Jahr über Jeki weiter zu spielen.


    Er mag Geige an sich auch recht gern, aber die Struktur des Unterrichts gefällt ihm eben überhaupt nicht, über die Musikschule würde er aber Geige auch sehr gern weitermachen.


    Beim Klavier liebt er eben, dass es Einzelunterricht ist und er wirklich in seinem Tempo mit seiner tollen Lehrerin spielen darf.


    So, das mal zum aktuellen Stand.


    Was mich aber eigentlich interessiert ist, ob es normal ist, dass ein Kind wirklich ABSOLUT kein Interesse daran hat, vorzuspielen oder überhaupt für andere zu spielen.
    Es bedeutet ihm überhaupt nichts, dass er wirklich gut spielt, er will das einfach nicht vor anderen zeigen und versucht, wie es nur geht, sich vor Auftritten zu drücken.


    Beim Klavier kommt er nicht drumherum einmal im Jahr beim Musikschul-Vorspiel mitzumachen, das steht so in der Satzung der Musikschule (das musste ich ihm extra zeigen :) ) und so akzeptiert er das eben mit viel Unbehagen.


    Alle anderen Kinder, die dort auf der Bühne stehen, strahlen über das ganze Gesicht und freuen sich über den Applaus und nur unser Sohn stürmt regelrecht von der Bühne wieder runter und findet das alles ganz furchtbar.


    Er ist ansonsten übrigens überhaupt nicht schüchtern und hat auch kein Problem damit in der vollen Kirche eine Lesung vorzulesen (er ist Messdiener), das findet er sogar ganz toll, aber als der Pfarrer ihn mal gefragt hat, ob er mit der Geige was vorspielen würde, hat er sich strikt geweigert.


    Tja, warum schreibe ich das alles überhaupt?
    Ich bin mir da selbst gar nicht so sicher, aber ich finde es so schade und auch ein bisschen komisch, dass er sich da so extrem verhält.


    Gibt es denn noch mehr Kinder, denen es so geht und hat sich das irgendwann gelegt oder wird das wohl so bleiben?
    Es ist auch keine Koketterie, sondern er will es wirklich nicht, ihm bedeutet die Anerkennung seiner Leistung überhaupt nichts, sondern er spielt am liebsten nur für sich.


    Für meine Eltern ist das natürlich alles meine Schuld. Zitat meines Vaters: 'Tja, das kommt von deiner komischen Methode, ihn nie für irgendwas zu loben.' #augen


    Vielleicht habt ihr ja ein paar Gedankenanstöße für mich.


    LG,
    murmel

  • Ich habe das Vorspielen auch gehasst, hab aber daheim gern geklimpert. Ich kann ihn gut verstehen. :) Lass ihn doch einfach, er ist eben so. Warum machst du dir Gedanken darüber? Möchtest du gern mit seinem Können "angeben"? Eigentlich geht es doch darum, dass er Freude am Spielen hat und ein Hobby, das ihn ganz für sich allein ausfüllt. Manche Menschen sind halt keine Rampensäue. ;) Vielleicht ändert sich das noch, vielleicht aber auch nicht und dann ist es doch auch egal. #weissnicht

    mit Sohn groß (2007) und Sohn klein (2010)

  • Nur ne Idee: vielleicht ist seine Musik für ihn "privater" als eine Lesung in der Kirche und er mag sie nicht in die Öffentlichkeit tragen?


    Corva
    mit Großtochter (5/2000),
    auch-schon-ganz-groß-Sohn (6/2004)

  • Nicht jeder steht gerne so im Mittelpunkt. Vielleicht mag er einfach lieber für sich spielen. Ich sehe das ähnlich wie Fürchel.


    Außerdem finde ich es ein Geschenk, wenn jemand anderen was vorspielt. Diese Forderung der Musikschule finde ich blöd.

    Es gibt Tage, an denen Du denkst, dass Du untergehst. Wie stark Du wirklich bist, erkennst Du erst, wenn Du sie überstanden hast...

  • Ich habe genau einmal vorgespielt im Leben, habe festgestellt dabei wie sehr ich es hasse und alles weitere "einfach" abgelehnt.
    Der Druck war gross.
    Meine Mutter, die mit mir angeben wollte und meine Klavierlehrerin, die ihre ganze Reputation aus ihren vorspielenden Schülern schöpfte.


    Das hat zu einem schlechten Verhältnis zur Lehrerin geführt, was mir wiederum den Spass am Klavier verleidet hat. Ich habe dann ganz aufgehört!
    Schade eigentlich, oder?
    Heute würde ich es so gerne können!


    Mein Sohn hingegen liebt es mit seiner Geige vorzuspielen, ist extra noch im Orchester usw.


    Typsache würde ich sagen. Er merkt aber auch denke ich, dass wir und einfach nur an seinem Spiel erfreunen, sicherlich auch Stolz auf ihn sind, aber es eben nicht brauchen für UNSER Selbstbewusstsein.

    "Die größte Kunst ist, den Kleinen alles, was sie tun oder lernen sollen, zum Spiel und Zeitvertreib zu machen."
    John Locke, 1632-1704

  • Ich war selber auch ein sehr musikalisches Kind, ich hab mir Blockflöte selbst beigebracht und damit die Charts rauf und runtergespielt, danach war Klavier mein Instrument und ich bin bewußt auf ein musisches Gymnasium gegangen mit Intrument als Hauptfach. Hier gehörte das Vorspielen dazu, schon allein wg. der Notengebung, aber auch Schulkonzerte standen an. Ich habe es gehaßt, die Konzerte noch mehr als die Notenvorspiele, war meganervös und immer einen Tick zu schnell.
    Zuhause hab ich weder für meine Eltern noch für andere gespielt. Also auch nicht an Weihnachten das Familiensingen begleitet oder so. Das musizieren war für mich was ganz intimes, da hab ich meine Gefühle offenbart, meinen Frust, meine Wut und meine Freude ausgedrückt. Klar, hört man so ein altes Klavier durchs ganze Haus, aber wenn die Tür zu war und ich alleine, dann begann alles zu fließen und ich war versunken. Ging die Tür auf, war´s damit vorbei, ich wurde holperig und machte Fehler. Was gut geklappt hat: auf Cassette aufnehmen für meine Oma. Das konnte ich so lange wiederholen bis es für mich perfekt war und war beim anhören nicht anwesend.
    Schlimm war es damals für mich, als beschlossen wurde, dass das Klavier mein Zimmer verläßt und ins Wohnzimmer kommt, damit hab ich immer weniger gespielt und geübt und letztlich auch irgendwann damit aufgehört.

  • Hallo,


    Ich vermelde hier auch Kinder, die diverse Instrumente spielen und auf keinen Fall aufhören möchten (im Gegenteil eigentlich eher noch mehr Instrumente lernen möchten), die aber Vorspiele hassen.


    Frag nicht wie es gerade ist. Jahresvorspiel der Musikschule, als Begleitinstrument zu einem Jahresvorspiel einer anderen Instrumentengruppe usw.
    Beim Benefitzkonzert mitspielen wollten sie auch nicht, wir könnten doch auch einfach so etwas spenden. Zusammen musizieren mögen sie auch nicht so (Ausnahme Bläserkreis), was ich sehr schade finde, denn ich spiele gerne mehrstimmig und hatte mich auf ein kleines Familienorchester gefreut.


    Ich denke es ist eine Mischung aus Angst sich zu verspielen und Unbehagen im Mittelpunkt zu stehen. Und ich denke auch das Gefühl, daß Musik etwas "privates" ist kommt auch dazu.
    Ich dachte erst vielleicht ist es das Lampenfieber, aber ich denke nicht. Denn wenn sie irgendwo mitmachen, sind sie total cool und gelassen drauf.


    Wegen Loben: Bei meinen Kinder ist es komischerweise so, daß die Weigerung sich verstärkt, wenn sie "gelobt" werden. Entweder sie haben das Gefühl, manipuliert zu werden ("Mama, das macht die Frau ... nur, damit ich noch mehr übe") oder es ist ihnen einfach peinlich. Echt gemeinte Freude über ein gelunges Vorspiel können sie dagegen annehmen.

    Einmal editiert, zuletzt von Trin ()

  • Es ist auch keine Koketterie, sondern er will es wirklich nicht, ihm bedeutet die Anerkennung seiner Leistung überhaupt nichts, sondern er spielt am liebsten nur für sich.

    das finde ich sooooo schön!! genau so soll es doch sein. alle wollen doch immer, dass die kinder für sich lernen und nicht für lehrer, eltern etc. super toll! das wünsch ich mir für meine auch, wenn sie älter ist.

  • Ich war auch so ein Kind. Alles, was mit Wettkämpfen oder Selbstdarstellung zu tun hatte, habe ich gehasst. Ich bin auch vom Schwimmen nie zu den Wettkämpfen mitgefahren, fand ich zum Brechen. Das einzige, was ich ok fand waren die Chorauftritte, aber da ging es ja auch nicht um mich allein. Lass ihn einfach, manche Menschen sind eben so.

  • Ich war lange mit einem Musiker zusammen und er hat sich konsequent und standhaft geweigert, mir mal etwas vorzuspielen bzw. dass ich ihm beim Über zuhören durfte :wacko: . Ich hielt das auch irgendwie für eine ziemlich paradoxe Macke, weil er auch im Orchester spielte und ich ihn da natürlich bei Auftritten hören konnte. Aber das Üben war für ihn auch einfach etwas sehr Intimes, mittlerweile kann ich das besser nachvollziehen. Damals hat es mich irgendwie gekränkt.

  • Hallo,


    vielen lieben Dank für eure Antworten und Erfahrungsberichte!


    Die ganze Sache ist deshalb ein 'Problem' für mich, weil es hier immer wieder endlose Diskussionen und Jammereien zu diesem Thema gibt.
    Vor dem Klaviervorspiel mault er tagelang und auf Dauer ist das schon ganz schön zermürbend.


    Und wenn ein Geigenvorspiel in der Schule ansteht, versucht er ebenfalls alles, um sich davor zu drücken und auch das ist etwas anstrengend mit der Zeit.


    Also hat das mit 'Angeben'-Wollen meinerseits aber rein gar nichts zu tun, ich weiß ja auch, wie schön er spielt, hier zu Hause hat er ja überhaupt kein Problem damit.


    Aber ich werde nun noch stärker im Hinterkopf behalten, dass es dann wohl zu seinem Charakter gehört und werde versuchen, mehr Rücksicht darauf zu nehmen.


    Sehr schön fand ich das Bild, dass ein Vorspiel immer ein Geschenk ist, das hat mir sehr weitergeholfen - vielen Dank dafür!


    Und sehr wertvoll ist auch der Tipp mit dem Aufnehmen auf Cassette für die Omas und Opas, das werden wir auf jeden Fall mal versuchen und das macht ihm bestimmt Spaß!
    Danke auch dafür!


    LG,
    murmel

  • Also, ich berichte mal von mir: Ich haatte einen privaten Klavierlehrer, ein sehr lieber Musikpädagoge, der aber sowas wie Auftritte und so nie orgaanisiert hat. Und ich bin ihm so dankbar darum! Ich hab das Vorspielen gehasst, dieses Vorführen, weil ich es einfach unglaublich peinlich fand, vor anderen Menschen Fehler zu machen. Das war auch beim üben mein Problem, ich hab gerne geübt, wirklich gerne, aber wenn meine Familie zu hause war, haben es alle zangsläufig mitbekommen, was ich nicht konnte, und das war doof. Folglich habe ich, wenn ich alleine war, alles geübt, was ich nicht konnte, und wenn jemand zuhörte, nur das Repertoire, was ich schon drauf hatte. Das ist selten bescheuert in den Augen anderer, aber so war ich nun mal.


    Klavier spielen ist mir aber total wichtig, ich mach das bis heute sehr regelmäßig - aber nur für mich. Weder spiel ich gerne was vor, noch begleite ich gerne Weihnachtslieder. Einfach nur für mich spielen reicht mir, und ist für mich ein wunderbarer Ausgleich. Und ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass ich 8 Jahre Klavierunterricht bekam, obwohl sie nie schick zurechtgemacht zu einem Vorspielen konnten :D


    Vielleicht sieht dein Sohn das Klavier und/oder auch die Geige einfach als persönliche Bereicherung in seinem Leben. Wenn er das als persönlichen Ausgleich sieht, wären Vorspiele tatsächlich (in seinen Augen) nur unnötiger Druck, weil er die Bestätigung, die er dort vielleicht bekäme, gar nicht benötigt.

  • Als Kind ist man da einfach viel zu aufgeregt für. Ich denke es ist normal, dass Kinder auch Bühnenscheu sind, bzw kein Interesse daran haben aplaudiert zu werden. Aber was ja noch nicht ist, kann mit der Zeit noch werden :)
    Nur nicht den Mut verlieren ;)

  • Ich war lange mit einem Musiker zusammen und er hat sich konsequent und standhaft geweigert, mir mal etwas vorzuspielen bzw. dass ich ihm beim Über zuhören durfte :wacko: . Ich hielt das auch irgendwie für eine ziemlich paradoxe Macke, weil er auch im Orchester spielte und ich ihn da natürlich bei Auftritten hören konnte. Aber das Üben war für ihn auch einfach etwas sehr Intimes, mittlerweile kann ich das besser nachvollziehen. Damals hat es mich irgendwie gekränkt.

    Das kann ich nur bestätigen, ich übe auch am liebsten morgens, wenn keiner da ist. Vorspiele in der Musikschule gehörten halt dazu, im Studium sowieso (Konzerte, Examen), da war ich zwar ziemlich nervös, aber hinterher auch stolz, wenn es gut geklappt hat. Üben ist aber noch mal was ganz anderes, ja, das ist sehr intim, weil man da nicht das fertige, gekonnte Stück präsentiert, sondern eben zeigt, was man nicht kann. #schäm

    "Die Simpsons": Die Kinder sind in der Schule eingeschneit.
    Marge: "Schrecklich! Wie sollen die Kinder denn jetzt nach Hause kommen?"
    Homer: "Keine Ahnung. Übers Internet?"