Behörden nehmen deutscher Familie die Kinder wegen Heimunterricht weg

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    • Offizieller Beitrag

    Voodoo: ich denke, in Sachen "vernetztes Denken" hat sich viel getan in den vergangenen Jahren. Projektarbeit, Fächer wie "Mensch und Umwelt"...
    Aber ich gebe Dir völlig recht: Lernen muss für alle Kinder möglich sein, auch die, die sich lieber alles selbst erarbeiten.
    Uneinig sind wir ja nur über den Inhalt dieses Lernens ;)


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • also ich weiß noch erstaunlich viel aus meinem Lateinunterricht - und das war weder mein Lieblingsfach noch eines meiner "starken" Fächer, eher im Gegenteil. Und es ist 35 Jahre her 8I

    #rose Sohn (2/92), Sohn (2/97), Tochter (8/01)


    "Das Vorhandensein eigener Kinder, unabhängig von ihrer Zahl, stört die Reinheit des theoretisch-pädagogischen Denkens erheblich"
    G. Laub

  • Da zeigt sich mal wieder, dass das Thema so komplex ist, dass man einfach keine allgemein gültigen Aussagen treffen kann.


    Aber wie schon gesagt wurde: Da, wo es akut Probleme gibt, sollte es leichter möglich sein, zuhause zu lernen. Theoretisch kann man das bei Schulangst ja z.B. machen. Aber die Hürden sind wohl recht hoch.


    Außerdem finde ich es besser, Eltern, die der Meinung sind (zu recht oder unrecht, das ist mir eigtl. egal), ihre Kinder lernen besser zuhause, diesen Weg offen zu lassen. Denn die Zusammenarbeit mit Elternhaus und Schule wird dann eh nicht wirklich gut laufen. Dazwischen stehen dann die Kinder in diesem Zwiespalt und müssen dem gerecht werden. Also sicher mehr Belastung als Nutzen.


    Dennoch muss kontrolliert und geregelt werden, wie das (grob) vor sich zu gehen hat. Die religiösen oder sonstwie ideologischen Eiferer würde ich auch ungern zuhause unterrichtet wissen.


    Da aber eine sinnvolle Grenze zu ziehen, die verfassungskonform ist, ist wahrscheinlich gar nicht so einfach bzw. vielleicht sogar unmöglich?

  • Die Regelung in Österreich halte ich für einen guten Kompromiss. Man kann sein Kind wohl ohne Probleme für den Heimunterricht anmelden (korrigiert mich, wenn ich Blödsinn erzähle), es wird jährlich eine Externistenprüfung abgelegt, die Schulbücher erhält man von der Schule und ansonsten wird man wohl weitgehend in Ruhe gelassen. Das könnte man in solcher oder ähnlicher Form doch auch in Deutschland umsetzen.


    Was mich in D extrem stört, ist einfach, dass man keinen individuellen Weg für sein Kind und die Familie wählen kann. Es kann ganz verschiedene Gründe geben, weshalb man sein Kind lieber zuhause lernen lassen möchte. Sei es die negative Sozialisation in der Schule oder dass ein Kind extrem sensibel auf jegliche Form von Erwartungshaltung und Leistungsdruck reagiert, in der Schule gibt es Mobbingprobleme, die Kinder können sich nicht aussuchen, mit wem sie ihre Zeit verbringen, sie müssen vorgegebenes Wissen in vorgegebener Zeit bewältigen usw. usw. Ich habe gerade ein Buch von John Holt gelesen, das mich sehr beeindruckt hat. Es geht u.A. darum, dass die Art und Weise, wie Lehrer Inhalte erklären, oft nicht mit dem übereinstimmt, wie Kinder denken bzw. wie sie sich Inhalte erarbeiten würden. Und wenn ich da an meine Schulzeit zurückdenke, kann ich das sehr gut nachvollziehen. Dann gibt es einfach Menschen, die sind geborene Autodidakten. Die würde jeder Versuch von außen, den Lernprozess zu beeinflussen, massiv stören. Ich habe z.B. mein Abi im Fernstudium absolviert, dann ein Präsenzstudium abgeschlossen und studiere aktuell an der Fernuni. Ich habe also den direkten Vergleich und würde nicht sagen, dass generell das eine oder das andere besser ist. Aber ich weiß, was für MICH besser passt.


    Mein Sohn, der in zwei Jahren schulpflichtig wird, ist gehörlos. Und ich weiß ganz genau, dass keine Schule auf der Welt ihm das bieten kann, was ich ihm bieten kann. Einfach weil es keine Schule mit 1:1-Betreuung gibt. Kann es ja gar nicht. Und warum, wenn denn Schule doch angeblich zum Wohle des Kindes ist, ich aber nachweislich bessere Lernbedingungen schaffen kann, sollte mein Sohn nicht zuhause lernen dürfen?

    "Guck mal, hier ist ein bisschen Grün für Deine Kaninchen."
    "Mama, die essen nur Blau!"

  • Veggi-Mama:


    Das österreichische Modell mag in der Theorie gut sein, aber wie schützt es die Kinde radikaler Glaubensgemeinschaften davor, von Bildungsinhalten ferngehalten zu werden und sozial isoliert zu werden?


    Ich habe eine Zeitlang in einer Förderschule gearbeitet, die von gehörlosen Kindern besucht wurde. Ich hatte nicht den Eindruck, dass diese Kinder eine 1:1-Betreuung brauchten. Warum glaubst du, dass das nötig ist?

    Das B in Pegida steht für Bildung.

  • Das österreichische Modell mag in der Theorie gut sein, aber wie schützt es die Kinde radikaler Glaubensgemeinschaften davor, von Bildungsinhalten ferngehalten zu werden und sozial isoliert zu werden?

    Na, durch die jährliche Externistenprüfung, denke ich.


    Gegenfrage: Wie schützt die deutsche Schulanwesenheitspflicht deutsche Schüler vor Mobbing inkl. Selbstmordversuchen (kürzlich hier bei uns auf dem Gymnasium (!) passiert) oder davor, mit 14 noch funktionale Analphabeten zu sein?


    Die Aufsichts- und Bildungspflicht, die sich für den deutschen Staat aus seinem Alleinanspruch auf die Bildung ergibt, sollte meines Erachtens von uns Bürgern viel stärker überprüft und auch eingeklagt werden, dann würden sich vielleicht einige Perspektiven verändern...

    Grüße vom nkind
    mit Tochter (2004), Sohn (2008 ) und Wunderkind (03/2014)


    Wir reisen um die Welt:
    Die Weltwunderer

  • Na, durch die jährliche Externistenprüfung, denke ich.


    Das schützt vielleicht davor, dass man in Mathe, Deutsch oder Musik den Anschluss an die Schulwelt verliert. Aber davor, von der Gesellschaft ferngehalten, zu Kinderarbeit gezwungen und in irgendwelche kruden Sektenmachenschaften gezogen zu werden, davor schützt es nicht.


    Wie schützt die deutsche Schulanwesenheitspflicht deutsche Schüler vor Mobbing inkl. Selbstmordversuchen (kürzlich hier bei uns auf dem Gymnasium (!) passiert) oder davor, mit 14 noch funktionale Analphabeten zu sein?


    Das ist schrecklich und dass man dagegen was tun muss, ist gar keine Frage. Aber dein Vergleich hinkt.


    Wenn 90% der Körperverletzungen/Misshandlungen innerhalb der Familie passieren, ist auch nicht die logische Konsequenz, das System Familie in Frage zu stellen. Es gibt innerhalb des deutschen Schulsystems gute Möglichkeiten, ein Kind vor Mobbing oder Analphabetismus zu schützen. Schlimm, wenn sie nicht ausgenutzt werden. Mobbing ist ja kein Problem, was durch die Schule an sich verursacht wird (vgl. Gewalt/Familie), sie ist ein Ort, wo viele Menschen zusammen kommen.

    Das B in Pegida steht für Bildung.

  • #gruebel Hmmm...


    Aber könnte man nicht argumentieren, dass es weder im System Schule "vorgesehen" ist, dass Schüler gequält werden, noch dass das System Familie in der Regel so dysfunktional ist, dass es zu sozialer Isolation und Sektiererei kommt? Misshandeln usw. kann man Kinder in der Familie wahrscheinlich auch wunderbar, während sie ihrer Schulanwesenheitspflicht nachkommen :S


    Immerhin gibt es ja das grundgesetzliche Recht (und die Pflicht?) der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder. Will man Familien dem Generalverdacht aussetzen, sie würden ihre Kinder misshandeln, sollte man wohl zuerst dieses Recht einschränken. Das hat aber keiner vor. Im Gegenteil, nicht mal eine Impfpflicht ist staatlicherseits angedacht.
    Ich denke also nicht, dass die Schulanwesenheitspflicht speziell wegen dieser Möglichkeit existiert - immerhin klammert sie die schutzbedürftigsten Kinder, nämlich alle unter 6 Jahren, ja von der staatlichen Zwangsaufsicht (und dem darin angeblich liegenden Schutz) aus. Und kleine Kinder können doch genauso isoliert und von Sekten missbraucht werden.


    Insofern würde ich in einer Debatte diese Begründung - Schulanwesenheitspflicht wegen der Gefahr dysfunktionaler Familiensysteme - nicht als Argument gelten lassen.

    Grüße vom nkind
    mit Tochter (2004), Sohn (2008 ) und Wunderkind (03/2014)


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  • Veggi-Mama:


    Das österreichische Modell mag in der Theorie gut sein, aber wie schützt es die Kinde radikaler Glaubensgemeinschaften davor, von Bildungsinhalten ferngehalten zu werden und sozial isoliert zu werden?


    Ich habe eine Zeitlang in einer Förderschule gearbeitet, die von gehörlosen Kindern besucht wurde. Ich hatte nicht den Eindruck, dass diese Kinder eine 1:1-Betreuung brauchten. Warum glaubst du, dass das nötig ist?


    Der Bildungsstand wird jährlich überprüft. Besteht das Kind die externe Prüfung nicht, muss es in die Schule. Wieviele Versuche genau die Kinder haben und wie strikt dann die Schulanwesenheitspflicht greift, kann ich Dir nicht sagen. Aber ich denke, wenn über Jahre hinweg kein Lernfortschritt beobachtet wird, dann ist es vorbei mit dem Heimunterricht. Was die soziale Isolation angeht, so denke ich, dass Kinder in die Schule gehen und trotzdem sozial isoliert sein können. Einerseits wird möglicherweise den Kindern beigebracht, dass sie nicht mit anderen Kindern reden oder spielen dürfen. Und andererseits wollen die anderen Kinder mit den Außenseitern vielleicht gar nichts zu tun haben. Schulanwesenheit bedeutet nicht automatisch soziale Integration. Im schlimmsten Fall sind die Kinder nicht nur sozial isoliert, sondern werden in der Schule außerdem gehänselt, ausgegrenzt oder Schlimmeres. Es gibt bestimmt ganz tolle und interessierte Lehrer. Nach dem, was ich so aus dem Bekanntenkreis höre, gibt es aber auch einige, denen ich meine Kinder nicht für 5 Minuten anvertrauen möchte. Wenn solche "Sektenkinder" das Pech haben und an einen solchen Fiesling geraten, dann leiden sie noch mehr.


    Versteh mich nicht falsch, ich finde es auch verkehrt, wenn Eltern ihren Kindern einen so begrenzten Horizont anbieten und ihre Kinder sozusagen nach ihrem Ebenbild gestalten wollen. Aber das kann für mich kein Argument dafür sein, alle Kinder in die Schule zu zwingen. Dann müsste man auch so konsequent sein und eine Kindergartenpflicht und eine Krippenpflicht einführen, denn es gibt bestimmt das eine oder andere Kind, das davon profitieren würde. Da müsste es eine andere Institution geben, die sich um solche Fälle kümmert. Interkulturelle Familienhelfer oder was auch immer. Es gab hier im Forum einmal Links zu irgendwelchen obskuren Sektenmachenschaften, in die Kinder verwickelt waren. Bei youtube findet man Dokus zu dem Thema. Denkst Du denn, das sind alles Kinder, die nicht in die Schule gehen? Ich glaube, die meisten Lehrer haben ohnehin schon unzumutbare Arbeitsbedingungen und nicht die Kapazitäten oder das Interesse, sich über den Unterricht hinaus für ihre Schüler zu engagieren. Ihnen auch noch die Verantwortung für die soziale Integration von "Problemkindern" zu übertragen, ist doch eher unrealistisch, finde ich.


    Ich weiß nicht, ob mein Sohn eine 1:1-Betreuung "nötig" hat, was auch immer das heißt. Tatsache ist aber doch, dass kein Lehrer so intensiv auf ein einzelnes Kind eingehen kann, wie ich als (engagierte) Mutter es kann. Ich habe doch ganz andere Möglichkeiten, das Lernen in den Alltag zu integrieren als die Schule. Bei meinem Sohn würde allein durch die Tatsache, dass er zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort ist, um zu lernen, alles blockieren. Ich erlebe doch, wie er auf die Reha, auf die Logopädie und auf den Kindergarten reagiert, wenn er das Gefühl hat, dass etwas von ihm erwartet wird. Ich habe die Hoffnung, dass er vernünftig genug sein wird, dass er den geforderten Stoff für die Prüfung lernt, wenn er dafür die übrige Zeit seinen eigenen Interessen nachgehen kann. Radical Unschooling ist leider aufgrund unserer Situation nicht möglich.

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    • Offizieller Beitrag

    Das österreichische Modell hat aber den Nachteil, dass es keinen flexiblen Lehrplan ermöglicht. Es ist nur für die Homeschooler geeignet, die halt mit "dem Schulhaus" Probleme haben - ein etwas freieres System fände ich toll, auch innerhalb der Schulen.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Ja, das fände ich auch toll. Ich denke auch nicht, dass das österreichische System das Nonplusultra ist. Ich habe erst begonnen, mich damit auseinanderzusetzen, finde es aber bis jetzt um Welten liberaler als das deutsche System, wo es überhaupt keine Wahlmöglichkeiten gibt. Ich könnte mir auch vorstellen, wenn man denn unbedingt den Bildungsstand prüfen will, dass man nach der Grundschule einen Test durchführt und dann wieder vor dem angestrebten Schulabschluss. Und ich wäre für eine 9-jährige Bildungspflicht und keine Schulpflicht von 12 Jahren bzw. bis zum 18. Geburtstag wie bei uns.

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  • Interessant, dass die Aussage, die Kinder hätten keinen entsprechenden Bildungsstand, offensichtlich nicht zutreffend ist:


    "Auch die Kinder der Familie Wunderlich sollen über ein hohes Bildungsniveau verfügen. Das Schulamt hat sich kürzlich ein Bild von ihrem Leistungsstand gemacht. "Die Kinder haben demzufolge eine überdurchschnittlich hohe Lesekompetenz", berichtet Andreas Vogt, der Anwalt der Familie, "sie haben ein hohes naturwissenschaftliches Wissen, können sehr gut selbstständig arbeiten und verfügen über hohe Konzentrationsfähigkeiten."


    http://www.welt.de/vermischtes…eren-nicht-dem-Staat.html

    • Offizieller Beitrag

    Naja, deren Anwalt behauptet das. Das mag so stimmen oder auch nicht. Würde jetzt das Jugendamt bekräftigen, dass es aus den Resultaten des Tests schließt, dass die Kinder weit unter Altersniveau lägen, wäre ich da genauso skeptisch. Erstmal abwarten, jetzt gerade kann da von beiden Seiten auch viel passend zur eigenen Position interpretiert sein.


    Aber schön, dass die Kinder wieder zu Hause sind. Ich wünsche Ihnen einen guten Start in der Schule, das wird ja sicher nicht leicht.