Die Frustrationstoleranz

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  • Vielleicht liegts am Sternzeichen, meine ist ähnlich :) Da kannst dann nix dagegen machen ...

    LG, Costra


    "Jede Dummheit findet einen, der sie macht."

  • Ich mische mich mal ganz vorsichtig ein. Ich gebe zu, ich kann nicht wirklich mitreden, zum einen habe ich eine Tochter mit einer (angeborenen???) extrem hohen Frustrationstoleranz, zum anderen bin ich kein Experte. Aber ich habe mal neugierig mitgelesen und nur eine Idee gehabt. Ob die aber richtig ist oder was bringt, weiß ich auch nicht ...


    Mein erster Gedanke: Hast du ihm schon mal echtes Feedback gegeben, ihm gesagt wie es dir dabei geht, welchen Eindruck sein Verhalten auf dich hinterlässt (nicht auf andere, du kannst nur für dich selbst reden)? Ich meine, das was du uns hier schreibst, hast du IHM das schon mal gesagt? In einem ruhigen, zugänglichen Moment?


    Und was ist mit deinem eigenen Frust? Welche Situationen lösen bei dir Frust aus? Und wie gehst du selbst dann damit um? Hat er solche Situationen bei dir (oder seinem Vater) schon mal miterlebt? Wie regaiert er auf Frust- und Wutanfälle seiner Familienmitglieder? Redet ihr über solche Gefühle? hast du ihn mal daran teilhaben lassen, was in DIR vorgeht, wenn etwas nicht gelingt, du enttäuscht bist oder dich ungerecht behandelt fühlst? Dass er mit solchen Gefühlen nicht alleine dasteht? Dass jeder Mensch Frust und Enttäuschungen erlebt?


    Hast du ihn mal gefragt, ob er es selbst gut findet, dass er jedes mal so abgeht wie ein Zäpfchen? Es ist gut möglich, dass ihn das sogar selbst belastet, dass er vielleicht sogar merkt, wie blöd er sich da verhält, in dem Moment aber nicht raus kann. Frag ihn mal, ob er das vielleicht sogar selbst ändern will. Und ob ihr gemeinsam nach Lösungen suchen wollt. Vielleicht fällt ihm ja selbst eine Idee ein, wie man in solchen Situationen "besser" reagieren könnte. Oder ihr holt euch Rat bei einem Jugendtherapeuten (wenn er damit einverstanden ist).


    Kurz: Binde ihn aktiv mit ein in die Problemlösung!


    Und die nächste Frage / Gedanke, der mir beim Lesen kam: Versuche mal zu analysieren, ob du ihm (jetzt und/oder in der Vergangenheit) vielleicht zu oft "aus der Patsche" geholfen hast, er also die Konsequenzen eigener Fehler nur selten selber ausbaden muss. Etwa das Beispiel mit dem Fahrrad: Wenn er nicht darauf aufpasst und durch Glasscherben fährt und hinterher dann der Reifen platt ist, wieso musst DU dann das Rad reparieren? Wer's kaputt macht muss es auch wieder richten. Mag sein, dass ein 10-jähriger dabei noch Anleitung oder Hilfe braucht, aber wenn er noch nicht weiss, wie man einen Reifen wechselt bzw. ein Loch im Reifen flickt, wird's Zeit das er's lernt. Und wenn er sich nicht selbst drum kümmert, nicht Bescheid sagt und nicht mithilft, dann bleibt der Reifen eben weiter platt und er hat kein Fahrrad. Egal wie sehr er mault. Halte das aus und springe ihm nicht sofort helfend zur Seite.


    Zur Frustrationstoleranz gehört nämlich nicht nur die Erfahrung, dass auch mal etwas schief gehen kann und dass das kein Weltuntergang ist und jedem mal passiert, sondern ganz wichtig auch das Erfolgserlebnis, dass etwas klappt wenn man es nach einem gescheiterten Versuch noch mal versucht oder es wieder in Ordnung bringt. Dieses "wieder in Ordnung bringen" hat er bisher (so mein Eindruck) aber immer anderen überlassen (oder andere haben es ihm abgenommen), so dass die eigenen Erfolgserlebnisse für ihn bisher ausblieben.


    Er muss also nicht lernen, den Frust einfach nur auszuhalten, sondern er braucht ganz dringend ein paar Erfolgserlebnisse und das gefühl, dass man an Dingen, die einem nicht passen, auch was ändern kann! Das geht natürlich nicht immer, aber in vielen Situationen ist es sehr wohl möglich, z.B. die eigene Leistung durch Üben zu verbessern, etwas das kaputt gegangen ist, zu reparieren, etwas das nicht gelungen ist beim nächsten mal zu erreichen oder besser zu machen.


    Das ist natürlich ein Lernprozess, der auch auf deiner Seite viel Geduld erfordert, du musst ihn immer wieder ermutigen, musst seinen Frust und seine Wut auszuhalten, darfst nicht zu schnell einzuknicken und musst ihn in der (von ihm selbst verursachten!) Misere auch mal "schmoren" zu lassen.


    Beobachte dich mal selbst, ob du ihm vielleicht tatsächlich zu schnell zur Seite springst. Gerade bei kleinen Kindern neigen wir ja gerne dazu, sie zu beschützen, und wenn ihnen ein Missgeschick passiert oder etwas nicht klappt, sind wir schnell zur Stelle, helfen, trösten und schimpfen "auf den bösen Boden", "die böse Schaufel", "den bösen Wind". Bei kleinen Kindern sind gerne immer alle anderen schuld, nur das Kind nicht. Und wenn das Kind dann größer wird soll es plötzlich kapieren, dass auf einmal andere Regeln gelten?


    Wie gesagt, wenn ich dir da jetzt was falsches unterstelle, dann entschuldige bitte. Aber ganz oft ist es so, dass unsere Kinder uns durch ihr Verhalten einen Spiegel vorhalten. Also wäre meine Idee, dass du auch mal überlegst, was du vielleicht an DEINEN Reaktionen ändern musst, wenn du willst, dass er SEINE Reaktionen ändert.


    Und wie gesagt: Beziehe ihn mit ein! Probleme kann man niemals von außen kurieren, immer nur von innen!


    Just my two cent ...

    Es gibt nichts das höher, stärker,
    gesünder und nützlicher für das Leben ist,
    als eine gute Erinnerung aus der Kindheit.

    - Fjodor M. Dostojewskij -