Rassistische Kacke im Alltag und sonstwo

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    • Offizieller Beitrag

    Interessante Discussion. Ich versuche zu lernen und meine Meinung zu formen, es ist nie einfach wenn man mit anderen Kulturen und deren Regeln aneckt und diese versucht zu hinterfragen und zu verstehen.


    Hier in F, ist es so, dass in den Schulen Kopftuchverbot herrscht fuer alle, nicht nur Lehrerinnen. Es gibt dann Schülerinnen, die das Tuch nach der Schule gleich wieder aufziehen. Kette mit Kreuzen dran sind ebenso verboten.


    Es ist auch ein Zeichen on, "hier sind wir alle gleich".



    Andererseits ist es mir auf der persönlichen Ebene enorm wichtig, dass NIEMAND irgendjemand eine Kleidervorschrift macht. Kleidergebote in der Öffentlichkeit finde ich deshalb absolut den falschen Weg.

    Genauso.

  • @Lesliie Winkle: ich stimme Dir zu, was die Freiwilligkeit angeht. Viele Frauen und Mädchen stehen unter enormem Druck durch die Familie und die community. Ich denke aber auch, daß wie einige schon oben geschrieben haben, das mit der Freiwilligkeit so eine Sache ist, wenn man aus seinem kulturellen Kontext nicht rauskommt.


    Was ich mit meiner Aussage meine: Mit dem Kopftuch demonstriert die Trägerin ihre "Andersartigkeit", ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit eigenen Werten, Regeln und Anschauungen. In diesem Fall dem Islam, dessen heutige Auslegung die Rolle der Frau in der Gesellschaft anders versteht als heutzutage in Mitteleuropa gemeinhin üblich. Die Werte des Islam, so wie er vielfach auch bei uns praktiziert wird, stimmen nicht mit "unseren" westlichen Werten überein, die vergleichsweise liberal sind.


    Wenn man nun in einem nicht-muslimischen Land mit dem Kopftuch offen sichtbar seine Religionszugehörigkeit demonstriert (das passiert sowohl beim freiwilligen als auch unfreiwilligen Tragen), grenzt man sich sichtbar vom Mainstream und seinen Anschauungen ab. Egal ob bewußt als Statement beabsichtigt oder als Nebeneffekt. Die Wirkung und die Message bleibt für mich nach außen hin dieselbe. Ich persönlich kann nicht umhin, das als Kritik an bzw. Abgrenzung zu westlichen, liberalen Werten zu empfinden.


    Ohne jetzt näher auf die Hintergründe eingehen zu wollen, wage ich zu behaupten: Der Islam ist in den vergangenen Jahren (allgemein gesprochen) restriktiver geworden, als er schon einmal war (immer wieder erschreckend, Bilder aus muslimischen Ländern der 60er zu sehen). Daß beispielsweise Schülerinnen von Mitschülern drangsaliert werden, Kopftuch zu tragen, ist eine neuere Entwicklung. Daß die in Österreich oder Deutschland geborenen Kinder von gut integrierten, gebildeten, nicht strenggläubigen muslimischen Eltern, sich auf die "traditionellen" islamischen Werte und Bräuche "rückbesinnen", und beginnen, von sich aus ein Kopftuch zu tragen (was weder ihre Mütter noch Großmütter taten) ist auch neu.


    Und diese Entwicklung macht mir persönlich ein mulmiges Gefühl.

    • Offizieller Beitrag

    Daß die in Österreich oder Deutschland geborenen Kinder von gut integrierten, gebildeten, nicht strenggläubigen muslimischen Eltern, sich auf die "traditionellen" islamischen Werte und Bräuche "rückbesinnen", und beginnen, von sich aus ein Kopftuch zu tragen (was weder ihre Mütter noch Großmütter taten) ist auch neu

    Aber ist das nicht auch ein Trend, den es unter deutschen gibt? Ich lese hier im Forum immer wieder davon, dass Eltern ihre TeenagerKinder als spiessiger und regelkonformer als sich selbst beschreiben. Der Trend ist vielleicht gar nicht nur bei einer Gruppe junger Menschen zu suchen, sondern insgesamt. Woher der aber kommt und was fuer Auswirkungen das hat?

  • Ich finde es schwierig, das Kopftuch liberalen Werten gegenüberzustellen. Für mich gibt es diesen Gegensatz erstmal nicht und ich sehe das Kopftuch daher auch nicht als eine Aussage über die Ablehnung westlicher Werte.

    Ich finde die Karikatur in sofern gut als dass sie aufzeigt dass wir eben immer einen von unserer Kultur gefärbten Blick haben.

    Ja, so sehe ich sie auch und daher mag ich sie. Ob ich die getroffenen Aussagen wahr finde, ist für mich davon unabhängig.

    Ich fand diesen TED-Talk hochinteressant zum Thema Koran und weiblicher Kopfbedeckung:

    *klick*

    Vielen Dank, ich fand ihn auch spannend. Worauf bislang noch niemand eingegangen ist: Wieso kam Mohammed nicht auf die Idee, die Straftäter zu bestrafen, statt bei den Opfern anzusetzen? Das ist ja bei allen drei großen Religionen gleich: Immer soll die Frau sich ändern, wenn der Mann seine Gier nicht zügeln kann. Und mir will einfach nicht in den Kopf, wieso kein großer religiöser Führer das mal versucht hat, anders zu lösen.

  • tulan Ansatzweise gab es diese Bestrafung für Täter: Im Alten Testament steht auf Ehebruch die Todesstrafe. Für beide Geschlechter. Ein Mann, der eine verheiratete Frau vergewaltigte, konnte dafür hingerichtet werden. Die Frau galt dabei als Opfer und unschuldig, wenn sie sich gewehrt hatte, also z.B. laut um Hilfe geschrieen. Wenn die Frau nicht um Hilfe gerufen hatte, galt sie ebenfalls als Ehebrecherin und wurde mit gesteinigt.


    Mal abgesehen davon, dass es hierbei natürlich nicht um den Schutz der Frauen ging, sondern um den Schutz der Ehemänner vor Nebenbuhlern (wenn eine unverheiratete Frau vergewaltigt wurde, bestand die Strafe für den Vergewaltiger darin, dass er sein Opfer heiraten musste):


    Vor 3000 Jahren, als diese Gesetze entstanden, gab es keine Polizei, und keine Forensik, und keinen Justizapparat mit Haftanstalten und dergleichen, und auch keinen Staat im heutigen Sinne. Es war eine Nomadenkultur. Es gab keine Möglichkeit, Täter mittels Gewebeproben, Fingerabdruck oder gar Gentests zu überführen. Und es gab auch in den meisten Fällen keine Möglichkeit der Haftstrafe, denn es gab noch nicht mal Gebäude die als Gefängnis hätten dienen können, und keine Obrigkeit, die Gefängnisaufseher hätte organisieren und bezahlen können. Die einzigen möglichen Strafen waren daher Geldbußen/ materielle Bußen, und bei Schwerverbrechen halt Körperstrafen - von Stockhieben bis hin zur Todesstrafe.


    Man kann diese Verhältnisse nur sehr schwer auf die heutige Zeit übertragen. Und noch schwieriger finde ich es, den damaligen Religionsführern einen Vorwurf daraus zu machen, dass ihre Gesellschaft eine so unvorstellbar andere war als unsere. Umgekehrt finde ich es aber natürlich genauso problematisch, wenn heute manche religiöse Fanatiker versuchen, die Regeln von damals 1:1 auf die heutige Zeit zu übertragen.

  • Danke Schlehe. Vor diesem Hintergrund wird manches leichter verständlich. Ich habe mich vor allem immer gefragt, warum die Strafen so massiv waren, aber natürlich: Für alles andere braucht es eine Infrastruktur und die war ja bis vor einigen Jahrhunderten nicht vorhanden.

  • Vielen Dank, ich fand ihn auch spannend. Worauf bislang noch niemand eingegangen ist: Wieso kam Mohammed nicht auf die Idee, die Straftäter zu bestrafen, statt bei den Opfern anzusetzen? Das ist ja bei allen drei großen Religionen gleich: Immer soll die Frau sich ändern, wenn der Mann seine Gier nicht zügeln kann. Und mir will einfach nicht in den Kopf, wieso kein großer religiöser Führer das mal versucht hat, anders zu lösen.

    ;) Vermutlich weil Muhammed ein Mann war und die drei großen Religionen alles patriarchale Religionen sind.


    Golda Meir (frühere Ministerpräsidentin von Israel) konterte den Vorschlag eines Ausgangsverbotes für Frauen am Abend wegen vieler Vergewaltigungen damit, dass sie eine Ausgangssperre für Männer (die offensichtlich das Problem waren.) empfahl.

  • Golda Meir (frühere Ministerpräsidentin von Israel) konterte den Vorschlag eines Ausgangsverbotes für Frauen am Abend wegen vieler Vergewaltigungen damit, dass sie eine Ausgangssperre für Männer (die offensichtlich das Problem waren.) empfahl.

    #super dem wurde wohl nicht stattgegeben, schätze ich #rolleyes

    the nature of this flower is to bloom

    (alice walker)

  • Nachtkerze: Ich persönlich habe von einer solchen Rückkehr zur Spießigkeit unabhängig von Religion nicht in meinem Umfeld bemerkt #weissnicht.


    Generell denke ich, daß Regeln und feste Strukturen (manchen) Menschen Halt und Sicherheit geben können. Gerade junge Menschen mit Migrationshintergrund (selbst in zweiter und dritter Generation), die in Parallelgesellschaften aufgewachsen sind und - obwohl hier geboren - hier nie richtig Fuß gefaßt haben, schlechte Ausbildung haben, perspektivenlos sind sehnen sich nach klaren Verhältnissen. Der Glaube kann ihnen das geben - religiös zu sein ist in manchen Kreisen sogar schon Teil der Jugendkultur.


    Ich fand diesen Artikel in dem Zusammenhang sehr interessant:

    *klick*

  • Ja, das sind homegeschoolte Kinder, bisher habe ich nur Mädchen als Externisten dort gesehen.

  • Oh. Nur Mädchen, und dazu der vermutlich zumindest teilweise sehr konservative Hintergrund... Das klingt schon, als sollten die Mädchen von der Gesellschaft abgeschirmt werden :(

    • Offizieller Beitrag

    Nachtkerze: Ich persönlich habe von einer solchen Rückkehr zur Spießigkeit unabhängig von Religion nicht in meinem Umfeld bemerkt .

    Ich weiss es nicht, ich kenne nicht so viele Teenager, aber ich lese es hier im Forum durchaus häufiger.

  • aber ist das nicht normal bei Teenagern radikal zu sein, radikal spießig, radikal vegan. Radikal religiös, radikal dagegen, radikal alternativ, radikal links, radikal irgendwas?

  • Ich habe leider gerade keine Ressourcen, um mich aktiv zu beteiligen, aber allen Kritikerinnen des "Kopftuches" möchte ich sehr dringend(und ganz freundlich :)) "Verschleierte Wirklichkeit. Die Frau, der Islam und der Westen." von Christina von Braun und Bettina Mathes empfehlen. Mir hat dieses Buch sehr die Augen geöffnet.

    Dennoch sehe ich das Thema nicht unkritisch, aber wesentlich differenzierter.

    Auch wenn es verspätet ist möchte ich dieser Lektüre ganz dringlich dieses Buch entgegensetzen: Masih Alinejad the wind in my hair: my fight for freedom in modern iran


    Ich würde mir wünschen, dass das tragen des Kopftuches nicht immer als harmlose Kulturgeset verharmlost wird. 


    Um es mit Judith Sevinc Basad zu sagen:

    Zitat

    Doch die Angst, sich des Rassismus schuldig zu machen, sitzt tief unter den deutschen Feministen. So tief, dass sie die misogyne Realität des Alltags im Nahen Osten totschweigen und den Schleier als modisches Accessoire oder Zeichen der Emanzipation verharmlosen. Denn nichts Anderes geschieht, wenn die hiesigen Medien von der „Taz“ bis „Bento“ Hijab, Nikab und Burka in eine Reihe mit dem Kopftuch einer „schwäbischen Oma“, der Queen und sogar dem Pali-Tuch von Yassir Arafat stellen.


  • Ich habe in meiner zweiten Klasse zwei Schülerinnen mit Kopftuch.

    Letztes Schuljahr haben sie das nur zu besonderen Anlässen getragen, jetzt immer.


    Kopftücher finde ich nicht grundsätzlich befremdlich, bei kleinen Kindern aber schon.

  • Ich denke schon dass muslimische Kinder und Jugendliche ausgegrenzt werden. Teils unbewusst, teils aus Unsicherheit ("kann ich Xy zusammen mit meinen Kindern auf den Ausflug mitnehmen oder mache ich etwas falsch?" genauso wie manche Muslime ihre Kinder nicht gern unbeaufsichtigt zu solchen Ausflügen gehen lassen. Mädchen aus dem arabischen /türkischen Kulturkreis haben oft strengere" nachhausekommzeiten" als ihre Klassenkameraden. Das grenzt auch aus. Viele Jugendliche werden nach aussen, es dann eher selbst vertreten als einzugestehen dass ihre Eltern es verbieten.

    Ich sehe oft eine trotz Reaktion. Wenn wir nicht richtig bei euch mitmachen dürfen, dann machen wir unser eigenes Ding. Wobei das mitmachen dürfte in der Regel aus den familiären Strukturen hervorgeht.

    Da entsteht schon so eine Subkultur.

    Ich finde es erschreckend wie viele junge Frauen Kopftuch oder sonstige verhüllungen tragen, in meiner Kindheit waren das nur die alten.

    Ich persönlich möchte keine vollverschleierung im Stil Saudi-Arabiens hier haben. Das tragen dieser Schleier ist auch ein Statement pro politischem Islam. Und das lehne ich ab.

    Zu Hause kann jede glauben an was und wieviel sie mag, aber ich möchte nicht dass Religiosität öffentlich zur Schau gestellt wird. Eine Mütze oder ein Hut bedeckt den Kopf auch, ein hijab oder eine kippa sagen aber zusätzlich "seht her, ich bin fromm". Auf die Information kann ich gerne verzichten

    Schoko

    Schokojunkie mit Töchtern (5/07 und7/09)