Rassistische Kacke im Alltag und sonstwo

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  • Verzeiht mir, wenn ich jemanden verletze, aber ich verstehe das als Weiße wirklich nicht, warum ich die Hautfarbe nicht nennen sollte, wenn ich jemanden beschreibe. Ich meine, es ist für mich klar, dass ich keine Worte wie N***r verwende. Aber warum sollte eine sachliche Beschreibung wie "braune Haut" etwas Anderes sein als "blaue Augen"? Das gehört doch einfach zu Menschen dazu, und wenn man das tabuisiert, dann führt das doch eher zu Ausgrenzung als wenn alle Optik gleichberechtigt dastehen. Wie Nachtkerze schreibt.

  • Ich denke, problematisch ist es bei Beschreibungen nur, wenn man die Hautfarbe AUSSCHLIEßLICH bei People of Color nennt, und bei weißen nicht. Damit erhebt man weiße Menschen zur Norm, die nicht extra benannt werden muss. Und das zeigt auch, dass weiße sich einfach nie mit dem Thema Hautfarbe auseinandersetzen müssen, wenn sie es nicht wollen, während PoC das zwangsläufig tun müssen und für sie daher auch ganz normal ist, die Hautfarbe von jemand mit zu nennen (so habe ich es zumindest verstanden).

    Seitdem mir das klar geworden ist, nenne ich bei Personenbeschreibungen öfters mal bewusst die helle Hautfarbe.

    Wir haben ein tolles Kinderbuch, das von einer US-Amerikanerin geschrieben wurde - es heißt Amy und die geheime Bibliothek. Amy ist Schwarz. Das ist das erste Buch, das ich gelesen habe, in dem ganz selbstverständlich der Hautton der verschiedenen Charaktere beschrieben wird. Das fand ich erst ein wenig ungewohnt, aber wenn es das nicht gäbe, würde mein Gehirn vermutlich meist automatisch weiße Charaktere im Kopf darstellen.

    "Warum haben Sie das getan?" frage ich.

    "Um die neue Welt schneller anfangen zu lassen, denn die alte muss geschubst werden, damit sie schneller umfällt..."

  • Ich hatte z.B. kürzlich den an sich sehr guten Roman "Grünmantel" von Manfred Maurenbrecher gelesen. Es ist mir dann aber vergangen, als eine Schwarze Person beschrieben wurde, als einzige wurde bei ihr die Hautfarbe genannt, dann wurde sie als "die Kraushaarige" bezeichnet (kein anderer Charakter wurde "der Langhaarige"o.ä. genannt), und sogar das N-Wort wurde verwendet (ich weiß nicht mehr, ob als "Beschreibung" oder ob das eine wörtliche Rede von jemandem war).

    Das ist dann halt Othering, wenn bestimmte körperliche Merkmale eben nur bei People of Color benannt werden.


    (Abgesehen davon fand ich die abwertende Beschreibung einer dicken weiblichen Person in dem Buch ebenfalls ätzend. Schade, sprachlich war es ansonsten wirklich toll zu lesen..)

    "Warum haben Sie das getan?" frage ich.

    "Um die neue Welt schneller anfangen zu lassen, denn die alte muss geschubst werden, damit sie schneller umfällt..."

  • Ich denke, problematisch ist es bei Beschreibungen nur, wenn man die Hautfarbe AUSSCHLIEßLICH bei People of Color nennt, und bei weißen nicht.

    Ich verstehe zwar, was du meinst, allerdings fände ich es schon ein bisschen krampfig bis ausgesprochen merkwürdig, bei nur einem einzigen PoC-Kind in der Klasse immer dann, wenn man eines der anderen Kinder beschreiben möchte, ein „du weißt schon, das weiße Kind“ voranzustellen, wenn man das Kind meint, das auf dem Schulkonzert Harfe gespielt hat.

    Selbst hier in München sieht man in einer durchschnittlichen Schulklasse den meisten Schüler:innen ihren Migrationshintergrund nicht an. Dann immer genau das Merkmal mit zu nennen, das gerade nicht zur Unterscheidung taugt, fände ich seltsam.


    Edit: das mit den Beschreibungen in Büchern ist natürlich was anderes. Das fände ich super, wenn entweder bei allen oder halt eben bei niemandem die Hautfarbe beschrieben würde.

  • Ah! Klar. #idee1 Über so was denkt man als privilegierte Person mit heller Haut nicht nach.


    Mir fällt da ein, dass ich beim ersten Lesen von Harry Potter Lee Jordan als Weißen mit blonden Dreads vor dem inneren Auge hatte #angst - weil seine Hautfarbe nicht erwähnt war und ich in einem Umfeld aufwuchs, wo es kaum PoC gab, und auch diese waren eher hellhäutig.


    Ich finde es schön, wenn ein Buch so aufgestellt ist, dass jegliche Hautfarbe erwähnt ist, zumal ich mir die Personen dann auch viel besser vorstellen kann. Ich will ja auch ihre Augen- und Haarfarbe wissen (und finde es immer fürchterlich, wenn bei Verfilmungen die Schauspieler nicht so aussehen wie ich dachte...)

  • Solid Ground google doch einfachmal Ureinwohner und gucke dir die Bilder dazu an. Ich finde da wird sehr schnell klar, welche Bilder und Assoziationen in den Köpfen der meisten Menschen stecken.

    Das beisst sich aber mit dem:

    Keine Hautfarben sehen und sprechen ist ja auch nicht Lösung. Menschen haben nunmal unterschiedliche Hautfarben genauso wie es unterschiedliche Haarfarben gibt. Darueber nicht zu sprechen, tabuisiert das Thema. Es gibt Studien, dass Kinderschon sehr früh (mit 3-4 Jahren) Hautfarben wahrnehmen und auch Menschen danach kategorisieren und ausgrenzen.

    Es ist genauso falsch, es zu tabuisieren dass Australien z.b. ursprünglich den Aborigines gehörte.

    Dann braucht man ein neues Wort dafür.

    Und nein, indigene Völker ist das sicher nicht - google zeigt mir nämlich bei beiden Suchworten die identischen Seiten und Bilder.


    (indigene Völker hab ich übrigens bisher nur in Zusammenhang mit Naturvölkern = primitive Lebensweise gehört während ich Ureinwohner überwiegend in Zusammenhang mit Landraub usw. gehört hab #weissnicht

    So take courage, hold on, be strong, remember where your help comes from.

  • Solid Ground Ich verstehe nicht, wo du einen Widerspruch siehst? Die Bilder, die ich sehe, wenn ich Ureinwohner Google sehe ich Jäger und Sammlerkulturen.


    Mit Australien kenne ich mich zu wenig aus, und kenne da die Begrifflichkeiten nicht. Soweit ich weiß gilt der Begriff Aborigines bei vielen als Begriff der Kolonialmächte und wird somit abgelehnt.


    In Brasilien sieht das Ganze nochmals anders aus. Es hilft da wirklich den Menschen zuzuhören, die betroffen sind. Es gibt da keine einfache Antwort.


    Volk hat auch nochmal eine andere Konnotation als Nation. ich bekomme da übrigens andere Bilder gezeigt.

    "C'est ici que l'aventure se mêle au vent de la mer."

    Pierre Marc Orlan


    If something won't matter in 5 years, don't waste more than 5 minutes worrying about it now.

  • Indigene. Nicht indigene Völker (denn dann sind wir wieder bei der nächsten Problematik).


    Es mag schon sein, dass Ureinwohner auch "neutral" gemeint sein kann. In meiner Erfahrung aber eher öfter mit dem wertenden Ton. Daher ist für mich Indigene die unbelastete Version, wenn das überhaupt Thema sein muss.


    Denn es ist tatsächlich nur in sehr, sehr wenigen Kontexten tatsächlich nötig, die Herkunft einer Person überhaupt zu klären, oder?

    Das Kind, das vorne sass, mit dem roten Pulli. Klar, es ist verlockend, "das KoC" zu sagen. Aber eben, umgekehrt ist es nicht so. Ich hätte auch Mühe zu sagen "der Rotschopf", im nicht engen Kreis - und da ist es "nur" auf Äusserlichkeiten reduzierend, nicht rassistisch.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Mit Australien kenne ich mich zu wenig aus, und kenne da die Begrifflichkeiten nicht. Soweit ich weiß gilt der Begriff Aborigines bei vielen als Begriff der Kolonialmächte und wird somit abgelehnt

    Ich kenne es so, dass sie sich selbst als First nation people benennen oder auch peoples, wenn andere Gruppen einbezogen werden sollen wie die Torres Strait Islander. So habe ich es jedenfalls in einem Seminar vor Ort gelernt.

  • Indigene Menschen empfinde ich in meinem Spezialfall nicht als den Begriff, der passend ist. Indigen bedeutet ja von "Indi" abstammend oder von "Indi" kommend. Also im Grunde "indianischer Abstammung.


    Und was sag ich zu den Weißen? Europäische Siedler? Eroberer? Bleichgesichter? Wie benennt man diese Gruppe so, dass es nicht verharmlosend klingt?

    Also Europäer/ Weiße werden in Thailand Farang genannt.


    Farang – Wikipedia
    de.m.wikipedia.org

    Warum mir aber in neuester Welt Anarchie gar so gut gefällt? Ein jeder lebt nach seinem Sinn, das ist nun also auch mein Gewinn! Ich laß´ einem jeden sein Bestreben, um auch nach meinem Sinn zu leben.

    Johann Wolfgang v. Goethe



  • Indigene. Nicht indigene Völker (denn dann sind wir wieder bei der nächsten Problematik).

    Zumindest in den USA ist der Begriff der Nation manchen sehr wichtig.


    thumbelina danke !

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    Pierre Marc Orlan


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  • Das ist auch ok, wenn diejenigen sich selbst Nation nennen (was aber auch nicht den Volks-Nachgeschmack hat, den es im Deutschen einfach hat).

    Von aussen empfinde ich es eher knifflig.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Ich verbrachte gerade 4 sehr unangenehme Stunden mit Menschen, die so durch und durch durchdrungen von rassistischen Strukturen und Denken waren. Ich habe immer wieder sanft versucht einzulenken, Gegenbeispiel aufgezeigt, gefragt, woher man das weiss. Mich macht das richtig unglücklich, wenn ich merke, wie manche Menschen denken. Und das ist alles weitab der Diskussion hier, bei der es um sprachliche Nuancen ging.

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    Pierre Marc Orlan


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  • Ich möchte mal noch ein paar Gedsnken zu Karl May dalassen. Vor allem, warum ich finde, dass die Bücher und Verfilmungen zwar durchaus ne Berechtigung haben, aber ganz klar auch kritisch betrachtet werden müssen.


    Als Kind habe ich die Filme gesehen, nicht, weil ich das sonderlich toll fand, sondern weil es halt da war.... und diese Filme haben lange mein Bild zum Leben der Amerikaner geprägt.


    Im teenageralter hatte ich einige "Kronleuchter" Momente.

    Ich liebte Anfang der 90er die zurück in die Zukunft Filme und hatte den dritten Teil erst später gesehen und habe gehört, dass der Film im wilden Westen spielt... und erst da war mir klar, dass "der Wilde Westen " kein Ort, sondern ne Zeit ist.... ich dachte bis dahin, dass es in Amerika "Cowboys und Indianer" noch gibt....


    Und der andere Kronleuchtermoment hat tatsächlich Jahrzehnte gedauert.

    Auch im teenageralter habe ich gehört, dass Karl May niemals in Amerka war. Und wisst ihr, was ich damals gedacht habe, weswegen ich mich heute schäme?


    'Wow, der Karl May hat ja Wahnsinn Talent, dass er so gute Geschichten über das Leben der Indianer (mit Absicht dieses Wort) geschrieben hat, dass das so "echt" rüberkommt"


    Heute schäme ich mich für diesen Gedanken

    Heute denke ich " Karl May hat in seinen Geschichten genau die Stereotypen und Rassismen reproduziert und durch die Verfilmungen wurden sie über Generationen zementiert, die ohnehin schon aus der Kolonialzeit über unterdrückten menschengruppen vorherrschten"


    Ich finde es total wichtig, dies eben kritisch zu hinterfragen

    "Wenn Dein Leben schwerer geworden ist, bist Du vielleicht ein Level aufgestiegen?!"

  • Karl May war nie mein Beuteschema, aber dafür wohnte John Wayne bei uns im Wohnzimmer.

    Meine Vorstellung von Amerika war geprägt durch die Western die mein Vater liebte.

    Das ist nicht weniger übel. Und ganz frei bin ich tatsächlich nicht von Klischees was Native americans angeht.

    Schokojunkie mit Töchtern (5/07 und7/09)

  • Und ganz frei bin ich tatsächlich nicht von Klischees was Native americans angeht.

    Wer ist das schon.

    Eine meiner besten Freundinnen hat ein paar Jahre in LA gewohnt und hat dort in der Filmbranche gearbeitet und ein paar American Indians kennengelernt. Zwei aus der Cherokee Nation waren sie vor wenigen Jahren besuchen und wir haben einen gemeinsamen Abend geplant.

    Eine von ihnen hat übrigens einen dieser Namen, von denen ich als Kind lange dachte, sie seien eine deutsche Erfindung, sowas wie "Fliegender Stern" oder "Dance with Wolves". War mir lange nicht klar, dass das kein Klischee sein muss.

    Ich fuhr also zu meiner Freundin, war etwas aufgeregt, weil mein Englisch nur so überschaubar gut ist, überlegte so rum, was ich sagen könnte, und in meinem Kopf spielten sich ständig Gespräche über Pferde ab.

    Erst beim Essen - im Sushi-Restaurant - kam mir in den Kopf, wie überaus klischeehaft mein Gedanke war, wir könnten ja über Pferde sprechen. Warum sollten die denn über Pferde sprechen wollen - ich wusste ja nicht mal, ob sie Pferde mögen #angst


    Wir haben dann über Filme gesprochen, die ich größtenteils nicht kannte, und über schlechte Drehbücher und bekloppte Regisseure und ich habe erst auf der Rückfahrt gecheckt, dass einer von den beiden ein echt bekannter Schauspieler ist, von dem ich sogar schon eine Serie gesehen hatte #lol

    Es gibt überall auch Gutes in der Welt.
    Selbst RTL hat Ninja Warrior!

  • Die Jugendbücher von Antje Babendererde haben bei mir tatsächlich viel getan, um mit Klischees über nordamerikanische Natives aufzuräumen, auch wenn ich sie erst als Erwachsene gelesen habe.


    Es kann natürlich sein, dass sie nicht allesso darstellt, wie es wirklich ist, aber für das Genre (junge deutsche Person reist in die USA und entweder besucht sie jemanden im Reservat oder hat viel Kontakt mit Natives) finde ich es verdammt gut recherchiert. Ach, das klingt blöd. Die ist eine renommierte Autorin, und ich möchte davon ausgehen, dass man ohne gute Recherche auch keine guten Bücher schreiben kann.

  • Ich hatte so ein "Aha"-Erlebnis als ich in LA im Western Heritage-Museum war. Da ging es um "den wilden Westen". Gar nicht um Indigene, sondern um das Leben der Siedler.

    Da LA recht im Westen der USA ist, waren damals einige der Ausstellungsstücke gerade mal hundert Jahre alt. Und irgendwie dämmerte mir dann, dass diese Menschen, die diese Stühle und Hüte und so verwendet haben, in etwa die Generation meiner Uroma sind. Dass das also alles noch gar nicht sooo lange her ist.

    Das war der Moment in dem ich realisierte, dass es den "Wilden Westen " wirklich gab, so ganz in echt mit echten Menschen und nicht nur in Filmen und Comics.