Liebes Expertenteam,
ich bin neu hier im Forum, lese aber schon sehr lange bei den Rabeneltern mit und bräuchte dringend eure Hilfe. Leider habe ich es nicht geschafft, mich kurz zu fassen.
Zu unserer Familiensituation:
Mein Sohn wurde im Juni 3 Jahre alt, unsere Tochter wurde vor 3 Wochen geboren. Mein Mann geht ganztags arbeiten, seine Freizeit verbringt er fast ausschließlich auf der Baustelle unseres Hauses, in das wir in den nächsten 1-2 Monaten umziehen. Wir wohnen momentan in einer kleinen Wohnung im 3. Stock.
Ich habe seit dem Ende meiner Schwangerschaft das Gefühl, mein Leben nicht mehr auf die Reihe zu kriegen. Ich bin relativ allein mit meinen Problemen. Unterstützung von der Familie gibt es nicht, und selbst wenn, dann wird mir das Gefühl vermittelt, ich sei unfähig, denn andere schaffen es schließlich auch. Verständnis gleich null. Freunde zum ausheulen sind keine vorhanden, denn keine meiner "Freundinnen" hat es verstanden, dass ich mir "das freiwillig nochmal antue" (also nochmal schwanger werde). Mein Mann hat für meine Probleme keinen Kopf, da er durch Arbeit und Baustelle geistig derart überlastet ist, dass ich selbst wenn ich ihm mein Leid klage merke, dass seine Gedanken ganz wo anders sind.
Nun möchte ich ins Detail gehen.
Mein Sohn.
Er ist ein sehr sensilbles Kind, hochsensibel so die Meinung seines Vaters. Er ist ausgesprochen willenstark (zuhause! Außerhalb der Wohnung ausgesprochen ruhig, zurückhaltend, schüchtern) und eigentlich nicht mehr zu bändigen. Übrigens war das bereits vor der Geburt des Geschwisterchens so. Das Verhalten hat sich ein bisschen verstärkt seit der Geburt, aber im Großen und Ganzen war das Verhalten schon früher so.
Z.B. Beißt uns mein Sohn seitdem er Zähne hat. Früher noch zum Spaß. Ich habe nie eine Möglichkeit gefunden, ihm dies "abzugewöhnen". Er biss ohne Vorwarnung während dem Spiel zu. Teils so stark, dass ich sichtbare Wunden am Körper hatte, auf die ich von Außenstehenden angesprochen wurde. Dies war auch der Grund, warum ich mit 10 Monaten abstillte. Mittlerweile ist er 3 Jahre alt und beißt (schlägt, kratzt oder zwickt) sobald ihm etwas gegen den Strich geht. Er hat solch eine Kraft, dass er uns meist wirklich verletzt. Das das absichtliche Verletzen nicht okay ist, sage ich ihm, seit er es tut. Aber das scheint ihn nicht zu intressieren. Es gab Zeiten in den wir so verzweifelt waren (auch weil er andauernd Besucherkinder verletzte), dass wir ihn in diesen Fällen ins Zimmer brachten und erst nach paar Minuten wieder rausließen. Ich weiß dass dies falsch ist, daher wende ich mich nun endlich an euch.
Außerdem schimpft er "Du bist blöd. Ich will dich nie mehr sehen. etc.). Das tut mir persönlich mehr weh, als die Schläge. Auch wenn ich weiß, dass er ein Kind ist und es nicht so meint.
Abgesehn davon ist es mir praktisch nicht möglich, mit ihm das Haus zu verlassen. Vor allem jetzt mit 2. Kind. Z.B. Sind wir mit dem Rad am Spielplatz und er weigert sich einfach, nach Hause zu fahren. Er besteht darauf, dass ich ihn heimtrage. Und wenn er dies so meint, dann ist er auch mit keinen Ablenkungen, Lockmitteln, etc zu überreden. Oft drohe ich ihm in meiner Verzweiflung damit, dass ich allein fahre und er müsse dann eben alleine hierbleiben. Manchmal funktioniert es dann. Abends wenn er dann endlich schläft, weine ich bitterlich, weil es mir so leid tut und ich mich so hilflos fühle.Ich möchte nicht zu solchen Mitteln greifen müssen, weil ich es schlicht und einfach falsch finde. Ich möchte meinem Kind keine Angst machen. Ähnliches Beispiel: Stiegensteigen in den 3. Stock (unsere Wohnung). Er geht die Stiegen nicht freiwillig hinauf. In der Schwangerschaft habe ich ihn oft trotzdem hinaufgeschleppt, weil mir die Tränen so weh tun. Jetzt mit Baby ist es praktisch unmöglich. Er setzt sich auf den Boden im Stiegenhaus und schreit. Jeder Versuch von mir, ihn zum Raufgehen zu bewegen scheitert. Und ja ich habe schon alles versucht. Auch das Locken mit Süßigkeiten etc. Mein letzter Ausweg: Dann musst du eben allein hier sitzen bleiben und ich gehe allein rauf. Spätestens wenn ich aus der Sichtweite bin kommt das absolut verzweifelte, ja sogar panische Weinen meines Kindes und er eilt mir nach. Aus Angst. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich es erzähle. Weil ich weiß, dass es falsch ist. Bitte bitte helft mir. Ich traue mich schon nicht mehr aus dem Haus, weil ich so Angst vor den Ausbrüchen habe. Grundsätzlich kommt es mir vor, als würde er immer das Gegenteil von dem machen, was ich gern hätte, um was ich ihn bitte. Warum?
Ein weiteres massives Problem: Wenn er wütend ist (und das ist er zig Mal am Tag): Schmeißt er mit Spielsachen oder anderen Dingen herum (oder auf uns) und zerstört diese dadurch oder er bricht absichtlich Dinge von Spielsachen ab vor lauter Zorn. Oft weint er danach bitterlich, weil er so traurig darüber ist, dass sein geliebtes Spielzeug kaputt ist. Oft ist es ihm aber auch vollkommen egal. Geredet haben wir schon viel darüber, doch es scheint in diesen Momenten alles vergessen zu sein, was wir besprochen haben.
Ich.
Leider bin ich schon immer sehr nahe am Wasser gebaut. Vor allem jetzt nach der Geburt. Ich breche laufend vor ihm in Tränen aus, da ich so verzweifelt bin und nicht mehr weiter weiß. Das verunsichert ihn sehr und oft bittet er mich aufzuhören und versucht mich zu trösten und sagt mir wie lieb er mich hat und dass er nie mehr schlimm ist. Es tut mir so leid, dass ich ihm das zumute. Ich kann mich jetzt noch erinnern wie schlimm es für mich war, meine Mutter als Kind weinen zu sehen. Mein Sohn sieht mich momentan jeden Tag mind. ein Mal weinen, oft sogar öfter. Und er weiß, dass er "Schuld" daran hat. Dabei weiß ich doch, dass ein Kind niemals Schuldgefühle haben sollte. Doch wie soll ich meine Gefühle vor ihm verbergen? Selbst wenn ich aufs Klo flüchte sieht er es nachher in meinen Augen. Er ist sehr feinfühlig. Es entgeht ihm nie, dass ich geweint habe und er bespricht es immer.
Mein Mann.
Leider ist mein Mann der Ansicht, Kinder sollten Respekt vor Erwachsenen haben und Grenzen erfahren. Oft streiten wir wegen unseren verschiedenen Ansichten. Er ist der Meinung, dass wir die Probleme mit meiner Art der "Erziehung" nicht in den Griff bekommen. Und da hat er ja nicht so unrecht. Denn was wir als Phase betrachtet haben dauert nun schon Monate/Jahre. Wenn unser Sohn ihn verletzt wird er teilweise so wütend, dass ich ihn aufforderen muss den Raum zu verlassen. Er würde den Jungen gerne mit Konsequenzen und Strafen spüren lassen, dass er sich falsch verhält und ist der Meinung, dass er sich dann vlt "zusammenreißen" würde.
Zwei Kinder.
Ich schaffe es kaum meinen Alltag zu bewältigen, bin hoffnunglos überfordert mit den zweien. Die Kleine ist zwar im Verhältnis zu meinem Sohn in dem Alter sehr pflegeleicht. Doch ich kann sie nie unbeaufsichtigt lassen, da ich Angst habe, der Große könnte sie unabsichtlich verletzen. Absichtlich hat er sie Gott sei Dank noch nie verletzt. Er liebt sie sehr und sagt ihr das zig Mal am Tag. Doch man merkt trotzdem die Eifersucht, da sie sehr ausgiebig stillt und ich in diesen Momenten nicht für meinen Sohn dasein kann.
Wann soll ich kochen? Oder aufräumen? Oft setze ich den Sohn neuerdings vor den Fernseher, da ich keine andere Möglichkeit mehr sehe. Doch ich bin eine große Gegnerin des Fernsehens. Es muss doch auch anders zu schaffen sein!?
Ich kommen nun endlich zu einem Ende, obwohl ich noch ewig weiterschreiben könnte. Bitte helft mir! Ich bin verzweifelt und dankbar für jeden Tipp! Oder sollte ich mich vielleicht an einen Familientherapeuten wenden?? Wenn es etwas bringt würde ich es sofort tun!
Danke fürs Lesen und dafür, dass ich mein Herz ausschütten durfte!