Wie "perfekt" muss Familie wirklich sein?

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  • Auch wenn ich mir bewusst bin, dass das eine sehr kontroverse Diskussion werden könnte, möchte ich euch gerne fragen, wie ihr die oben gestellte Frage beantworten würdet? Ich habe momentan das Gefühl, dass Eltern an jeder möglichen Stelle ein schlechtes Gewissen gemacht wird, dass sie nicht 100% geben...

    Ein paar Beispiele:
    - "Was? Ihr tragt in der Manduca? Es gibt doch besseres, warum kein Tuch?..."
    - "Was? Das Kind wird nicht gestill? Es ist doch aber so wichtig, weil..."
    - "Was? Du kaufst Kleidung bei Xy, es gibt doch sooooo tolle Bio-Kleidung."

    Ich könnte hier endlos weiter machen. Aber muss es denn immer perfekt sein? Kann man denn zwischendurch nicht mal einfach nur "leben"? Kann man nicht mal mit seinen Kindern abends eine Tiefkühlpizza essen? vor dem Fernseher? in der unaugeräumten Bude? in der H&M Jeans? und einfach nur Spaß haben ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben? Ich für mich kann das ganz gut, bemerke aber gerade im Internet, wie viele (vor allem Mamas...) sehr schnell damit sind, anderen ein schlechtes Gewissen zu machen, weil sie eben nicht 365 Tage im Jahr alles "perfekt" machen... Ich finde das soooooooo schade, soooooo einschränkend... es reicht doch wirklich, wenn man 99% gibt es müssen doch nicht immer 100% sein, oder????

    Bin mal gespannt, wie ihr das seht #angst

    (nur kurz als Hintergrundinfo: die Frage stelle ich mir, da momentan bei meiner Arbeit als Trageberaterin immer mehr die Angst bei den Eltern auftaucht, eben nicht alles 100% korrekt zu machen und das zu Angst und Unsicherheit führt...)

  • Aber muss es denn immer perfekt sein? Kann man denn zwischendurch nicht mal einfach nur "leben"? Kann man nicht mal mit seinen Kindern abends eine Tiefkühlpizza essen? vor dem Fernseher? in der unaugeräumten Bude? in der H&M Jeans? und einfach nur Spaß haben ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben?

    Ob die einzelne Person das kann, hängt doch vor allem davon ab, wie stark sie eigene und von außen an sie herangetragene Ansprüche erfüllen will.

    Ich schlage 80/20 vor - 20% Aufwand für 80% des Erfolgs, die restlichen 80% für die restlichen 20%. ;)

  • Ich denke, jede Familie sollte es so machen, wie es am besten für sie passt.

    Ich habe für mich beschlossen, dass ich nicht 100 % perfekt leben kann (weder ethisch noch fair noch bio noch ...) Und je mehr ich an allen Ecken und Enden geschraubt habe, um besser zu werden, desto gestresster wurde ich. Also reflektiere ich, ändere an manchen Stellen und an anderen wieder nicht, weil es nicht zu mir oder meiner Familie passt und ich es nicht für sinnvoll halte.

  • Ich bin da eher entspannt, es muss zu uns passen. Einiges ist mir persönlich wichtig, das mache ich dann auch, anderes ist mir egal, dementsprechend mache ich es dann "bequem" oder "anders".

    So Sprüche wie Du sie zitierst kriege ich selten und wenn wäge ich ab, ob ich pampig antworte, versuche, zu erklären, oder es ignoriere. Selten nimmt mich sowas mit, zum Glück. Ich bin aber auch von unserem Weg überzeugt, und lasse mir nicht gern reinreden. Ich denke manchmal, dass ich das auch ein bißchen ausstrahle, so dass wenig Gegenwind kommt.

    (Außer bei meiner Mutter, aber das ist wieder ein anderes Thema, seufz.)

  • Das mit den 80/20 find ich gut :D Ich für mich kann mich da auch gut abgrenzen, merke aber, dass es gerade "frischen" Eltern teilweise echt schwer fällt. Die sind dann wirklich völlig aufgelöst, weil sie im Internet gelesen haben, dass ja alles falsch war was sie machen. Das tut mir so leid, weil es einfach oft sooooo unwichtig ist. Gerade jetzt wo ich beruflich wieder viel mit Menschen/Kindern zu tun habe, die gaaaaaanz andere Probleme haben, fällt mir das wieder vermehrt auf. Aber schön, dass ihr hier auch alle entspannt seid #super

  • Mir ist es egal, was andere denken. Ich habe nicht getragen (und wenn dann im Glückskäfertragesack, huuuust), ich kaufe auch keine Biokleidung und bei Nahrungsmitteln auch eher selten Bio. Andere machen es anders und damit kann ich leben. Ich möchte NICHT missioniert werden, egal von wem und weshalb. Ich nehme gerne Ratschläge entgegen, ob ich sie dann umsetze, ist alleine MEINE Sache. So sehe ich das. Und ganz ehrlich, es ändert sich doch ständig was. Was damals bei meiner fast 12jährigen in der Babyzeit noch toll und gut war, mag heute schon wieder total doof und pfuibuh sein. Ist mir, wie gesagt, egal, ich habe mich da fast immer auf mein Bauchgefühl verlassen, Kinder sind geliebt und groß geworden, bis jetzt, von daher, wie gesagt: Leben und leben lassen.

    "Erstens, ich wollte dich nicht wegschicken, sondern töten. Zweitens, weißt Du, wie man Kaffee kocht?" Simon, TWD

  • Hoch lebe das Pareto-Prinzip! #laola

    Ich bin da (in verschiedensten Lebensbereichen) ein großer Freund von.

    Zur Frage des Anspruchs an sich selbst: 100% perfekt leben geht nicht, insofern bleibe ich auch in meinen Erwartungen realistisch. Sich selbst über fordern macht ja auch keinen Spaß. Es gibt Punkte, die fallen mir leicht (Verzicht auf ein Auto beispielsweise), es gibt Bereiche, da fällt es mir schwer, korrekt zu leben, aber ich tue das gern, weil ves mir selbst wichtig ist (allerdings fällt mir dazu gerade kein Beispiel ein) und es gibt einen großen Bereich, in dem ich gerne bereit bin Abstriche zu machen, weil zu viel Perfektion auch niemandem nützt, wenn es der Familie nicht gut geht.

    Die Kosmonautin, der Bartträger, bald vier Kinder und eine Flüchtlingsunterkunft im Nebenhaus.
    wir berichten

    • Offizieller Beitrag

    Tandema, dann wäre es für dich wichtig, die Eltern zu begleiten und versuchen, ihnen ein Stück weit die Unsicherheit zu nehmen. Gerade wenn du mit professioneller Kompetenz in Kontakt trittst zu den Eltern, ist das schon auch etwas, das wirkt (anders als z.B. eine Bemerkung von einer Freundin oder einem Kollegen.

    Versuche einfühlsam zu sein. Bestärke die Eltern, sage ihnen, wie toll sie es machen. Die Eltern sollen ja mit dem Gefühl aus der Beratung gehen: "Ja, ich kann das." Und nicht denken: "Mist, alles machen wir falsch."
    Eltern hören auch viel zu selten Lob. Von daher: Lobe sie! Allerdings nur, wenn du es auch ehrlich meinst. ;)
    Kennst du Eltern-Gruppen, Mu-Ki-Frühstück o.ä. in deiner Nähe (wo du evtl. auch selbst vorbei schaust? Wenn ja, dann verweise die Eltern darauf. Damit sie sehen: Andere kochen auch nur mit Wasser. UNd es muss nicht alles perfekt sein. IM Alltag geht sowieso jede Familie ihren Weg.

    Und ehrlich gesagt: Wer möchte schon perfekte Eltern? Da ist das Scheitern der Kinder ja schon vorprogrammiert, denn so einem Perfektheitsanspruch werden sie sowieso nicht gerecht.

  • Das mit den 80/20 find ich gut :D Ich für mich kann mich da auch gut abgrenzen, merke aber, dass es gerade "frischen" Eltern teilweise echt schwer fällt. Die sind dann wirklich völlig aufgelöst, weil sie im Internet gelesen haben, dass ja alles falsch war was sie machen. Das tut mir so leid, weil es einfach oft sooooo unwichtig ist. Gerade jetzt wo ich beruflich wieder viel mit Menschen/Kindern zu tun habe, die gaaaaaanz andere Probleme haben, fällt mir das wieder vermehrt auf. Aber schön, dass ihr hier auch alle entspannt seid #super

    Vielleicht kannst du für die besorgten Eltern diese Geschichte abwandeln:

    http://www.aulosen.de/geschichten.htm

    Was für das Leben insgesamt gilt, gilt doch auch für das Miteinander in der Familie.

  • Gab es nicht mal ein Buch "Lebe lieber unperfekt"? Ich finde es gerade nicht. 100% geht nicht, wir haben doch gerade hier bei den Raben auch einen Thread: wie man es macht ist es verkehrt (meine Wortwahl) ;) .

    Wer möchte schon perfekte Eltern? Da ist das Scheitern der Kinder ja schon vorprogrammiert, denn so einem Perfektheitsanspruch werden sie sowieso nicht gerecht.

    genau!

    • Offizieller Beitrag

    Hier ist (für mein Empfinden) manches 'perfekt' und manches furchtbar. Wir versuchen uns an ein paar Dinge zu halten die uns wirklich wichtig sind und bei allem anderen sind wir entspannt. Weil 100% ALLES richtig machen geht eh nicht. Nicht zuletzt deshalb, weil jeder Mensch richtig/perfekt anders definiert.

    Als kleines Beispiel: Ich bin sehr stolz auf uns, weil der Kleine Nerd bis jetzt kaum im Kinderwagen war. (Gestern war der Papa mit ihm im Kiwa spazieren, weil ihm der Rücken weh tut.) Deshalb fühl ich mich aber nicht überlegen so irgendwas, sondern ich bin deshalb stolz, weil wir uns das als Eltern so vorgenommen haben und es auch durchziehen.

    Dafür hab ich kein Problem damit gelegentlich Abends mit dem Kleinen eine TK Pizza zu teilen, wenn keiner von uns Erwachsenen mehr Lust hat zu kochen.

  • Ich handle nach Bauchgefühl, meinem gesunden Menschenverstand und nach dem, was für uns als Familie passt und wo sich alle wohl mit fühlen (und wenn es nur der kleinste gemeinsame Nenner ist).
    Wir konzentrieren uns da in erster Linie auf uns drei als Kernfamilie, dann die Familie drum herum (Großeltern, Geschwister), danach Freunde und Bekannte und danach der Rest, immer in Abstufungen.

    Ich würde auch versuchen zu bestärken und Mut zu machen, den eigenen Weg zu finden. Und die Erkenntnis anzunehmen, dass man es nie Jedem recht und nicht jede Sache 100 % perfekt machen kann. Zudem sich eigene Prioritäten im Laufe des Lebens auch verschieben können.

  • Schönes Thema :)

    ich glaube man muß die Kunst beherrschen, sich und seine Situation immer und immer wieder von aussen zu begucken. Sich zu fragen: 'Passt das, was wir da tun zu uns? Passt es eventuell nicht mehr? Warum? Was passt jetzt besser?' Und das dann zu ändern, bis es wieder passt. Egal was andere davon halten. Wenn dann alles stimmig ist, ist es mir auch wurschtegal, was andere davon halten. Ich verurteile niemanden, der anders lebt, als ich (Edit: Doch tue ich schon, wenn derjenige jammert, wie schwer er es hat, aber sämtliche Lösungsvorschläge ignoriert), möchte aber auch nicht verurteilt werden.

    Es gibt NIX, was ewig gleich gut ist. Leben ist Bewegung, ist Anpassung und soll Spaß machen. Streß kommt von aussen, aber viele machen sich Streß auch selbst, indem sie selbst auferlegte Regeln befolgen (müssen).

    Mal ein Beispiel aus meinem Leben: Vorm ersten Kind haben mein Mann und ich gegessen, wann wir Hunger hatten. Nach dem ersten Kind habe ich feste Essenszeiten eingeführt und problemlos eingehalten. Nach dem 2. Kind fand ich es zunehmend stressiger, pünktlich ein Essen auf dem Tisch zu haben. Manchmal hatte dann gar keiner Hunger und ich war verärgert, weil die Arbeit hatte ich ja trotzdem. Jetzt, nach Kind 3 höre ich wieder auf den inneren Hunger und mache Mahlzeiten dann, wenn alle danach krähen. Das passt jetzt besser, kann sich aber auch wieder ändern. Egal. Die Jahreszeiten ändern sich auch immer und immer wieder....dabei ist der Frühling für sich betrachtet einfach nur perfekt und trotzdem wirds Sommer und dann Herbst und dann Winter. Die Natur ist im Wandel...das gilt für alles und jeden #ja

  • Es gibt ja mittlerweile viele Ratgeber und viele "Regeln", wie man dies und das machen soll. Ich glaube auch, dass es im Sinne von 80%-20% gut ist, Regeln als Leitlinien zu haben und sich damit zu orientieren. Wichtiger finde ich aber noch, einen eigenen roten Faden zu haben und ein Gefühl dafür zu haben, was Sinn macht und was nicht. Ich glaube, dass viele Menschen heutzutage gerade bei der Kindererziehung ihren roten Faden verloren oder nie gefunden haben und deswegen in Regeln etwas zu (er)füllen suchen, was ihnen im Inneren fehlt. Ich denke, dass es vielen Menschen deswegen auch nicht gut geht. Und ich glaube auch, dass es nicht sehr bedürfnisorientiert (mit so einem Begriff schmeiße ich dann paradoxerweise auch gleich wieder so eine Regel ins Rennen) ist, sich strikt an Regeln zu halten, denn häufig trifft die Regel eben nicht die beste Lösung für eine reale Situation. Und ich finde, wenn man Kinder perfekt groß ziehen will und noch die Welt retten will nebenbei, dann weiß man sowieso nicht wo man anfangen soll und sollte alles was man schafft positiv sehen.

    Grüße schnuppe

    There is no way home, home is the way.

  • Mir ist mal eine Mutter begegnet, die mir tatsächlich vorgebetet hat, welche Gummistiefel ich am besten kaufen müsse (weil die bei Ökotest so und so abgeschitten hatten), wie ich unsere Sonnencreme am Besten nicht zu benutzen hätte, wie 'man' reagieren müsse, wenn das Kleinkind andere haut... Nicht ganz so normativ vorgetragen, aber es kam schon bei mir an wie "Wie, das machst du nicht/anders, das ist aber ganz schlecht!".
    Das fand ich sehr unangenehm.
    Meinen eigenen Hang zum Perfektionismus schraube ich ganz laaaangsam immer mehr runter. Weil ich sehe, dass es auch glückliche Kinder gibt, die z.B. von Anfang an im eigenen Bett schlafen, nicht oder kaum getragen wurden u.v.A.
    Was mir ganz wichtig bleibt, ist, dass ich keine Erziehungsmethoden anwenden möchte, die Angst und Unsicherheit in meinem Kind auslösen und unsere Beziehung gefährden. Da bin ich sehr vorsichtig, informiere mich ununterbrochen und hadere oft mit mir, wenn es nicht so funktioniert hat, wie ich mir das eigentlich wünsche.

    "Eigentlich weiß man nur, wenn man wenig weiß. Mit dem Wissen wächst der Zweifel." (Goethe)

  • Dazu muss man doch erstmal perfekt definieren.
    Ich mache Dinge nach Bauchgefühl und dann ist vieles für mich perfekt. Für andere vielleicht nicht. Ich habe viel getragen, anfangs im Tuch später im Ergo. Jetzt trage ich fast gar mehr, er ist mir zu schwer. Für mich war/ist das perfekt.
    Meine Freundin würde niemals tragen. Das ist Ihr Weg und für sie perfekt. Meiner war es nicht.
    Ich denke mal soll die Eltern darin bestärken mehr auf ihr Bauchgefühl zu hören.

    War mal NiMi2012

    Einmal editiert, zuletzt von NiMi2012 (25. Juni 2014 um 14:59)

    • Offizieller Beitrag

    Die Frage finde ich wirklich gut, wobei ich beim Lesen spontan andere "Beispiele" im Kopf hatte:

    - wie sehr darf/muss ich als Eltern Grenzen setzen
    - wie sehr muss ich meine Kinder kontrollieren (hört sich doof an, aber ich bekomme oft den Feedback, dass meine Kinder Sachen dürfen, die andere nicht dürfen - bin ich nachlässig? ist mir Eigenverantwortung wichtig(er)? ist im Endeffekt beides das Gleiche?)
    - was für Anforderungen soll/muss ich an meine Partnerschaft stellen? ist es okay, wenn wir in (wichtigen) Punkten unterschiedlicher Meinung sind?
    - wie sehr sollte ich meine Kindern fördern? Schön wenn alle immer sagen, das ist nicht nötig und einen dann angucken wie ein Auto, wenn die Kinder nur (wenn überhaupt) Sport machen. Kein Musik, keine zweite Sportart, keine Kunst, keine Pfadfinder...

    das sind so Sachen, von denen ich mich immer mal wieder gut stressen lassen kann. Und die "ich" anstrengender finde als die Frage ob Tuch oder Manduca. Ist aber vermutlich auch vom Alter der Kinder abhängig.

  • Die Situation, auf die du dich beziehst: "frisch gebackene Eltern bei der trageberatung" ist natürlich ganz speziell. Alles neu, Baby zerbrechlich, alle reden rein - diebwürden ja nicht zu dir kommen, wenn sie nicht Ansprüche an sich hätten, die sie nicht einfach mal so erfüllen können.