Interessiert lese ich Posts über unangenehme Lehrer, problematische Kindergärtnerinnen, unfähige Erzieher und derlei Probleme rund ums Kind.
Oft kann ich gut verstehen, dass die Eltern, also die Threadstarter es nicht gut finden, wie mit dem Kind umgegangen wird. Manchmal les ich aber auch mit und bin völlig ahnungslos, wie in der Vorstellung der Eltern, die Erzieherin hätte reagieren sollen.
Nun ist es so, dass ich auf der anderen Seite bin. Auf der Erzieher-Seite. Nicht als Erzieherin im Kindergarten oder so. Zu mir kommen die Kinder einmal in der Woche und lernen am Nachmittag eine bestimmte Sache, eine Art Unterricht, duchaus vergleichbar mit Schule. (Etwas kryptisch, aber ich möchte nicht erkannt werden)
Oft überlege ich, gerade jetzt am Anfang des Schuljahres wieder, wie ich den Kindern begegne. Manche machen es mir echt nicht leicht. Auszeit? Verpönt. Stiller Stuhl? Ganz schlecht. Am Ende der Stunde mit den Kindern reden und gemeinsam überlegen, wie es besser laufen kann? Funktioniert nicht.
Ich möchte den Kindern auf Augenhöhe begegnen, das klappt auch in 95% der Fällen. Aber was mach ich mit dem Rest?
Und nein, bei einer Gruppe von momentan 23 Kindern und einer Unterrichtszeit von 45 Minuten hab ich keine Zeit in Ruhe mit den Rabauken zu reden. Abgesehen davon, dass ich das auch schon versucht habe und das Ergebnis gleich Null ist. Währenddessen langweilen sich die anderen. Und das kanns ja auch nicht sein. Ich mag nicht meine Aufmerksamkeit nur auf die 3 verhaltensoriginellen Kinder legen, während die anderen 20 leer ausgehen. Das kanns ja auch nicht sein.
Was mach ich mit Gustav, der seine Position als Gruppenclown gerade festigt? Wie hol ich den da raus. Was mach ich mit Erich, der zum hundertsten Mal auf den Stuhl steigt, obwohl das bei uns verboten ist (aus Sicherheitsgründen, ist klar) und er das auch weiß? Auf den Boden setzten? Was mach ich mit Frieda, die gerade zeigen muss, dass Sie die Große ist und die Kleinen unterdrückt?
Ich bin da echt ratlos und dann läuft es halt doch wieder darauf hinaus, dass ich mahne und verkünde: wir sind eine Gruppe, wir wollen zusammen xxxx, dazu besprechen wir Regeln, diese sind verbindlich. Wer sich nicht daran halten kann, kann hier nicht mitmachen.
Beispiel: Hugo (6) "küßt" seine Nachbarinnen. "Iiii, der knutscht mich". "Hugo, setz dich bitte auf deinen Stuhl (immer formulieren, was ich möchte, nicht was ich NICHT möchte) und lasse deine Hände bei dir. Die Nachbarn werden nicht berührt.
Hugo hört aber nicht auf und ich bin permanent damit beschäftigt kreischende Mädels zu beruhigen. Unterricht nicht möglich. Was dann?
> Zu mir setzen? Das wäre eher Belohung, denn der Platz bei mit ist megabegehrt!
> Keine Beachtung schenken? Haha, da kann ich nicht wegschauen. Wie soll das gehen, ich versteh ja sonst mein eigenes Wort nicht
> Den Küßer beschäftigen. Funktioniert leidlich, denn erstens muss Hugo sich beschäftigen lassen und zweitens kann er beides: Mitmachen und die Nachbarn küßen
> Also nochmal Bitten und nochmal bitten und dann doch für 2 Minuten raus aus dem Kreis. Auszeit. Ich geb Hugo dann meine Uhr und er darf, wenn der große Zeiger zweimal rum ist, selbstsändig wieder rein. Oft bringt das die erhitzten Gemüter zum Abkühlen. Verpönte Auszeit!
Pädagogisch fragwürdig. Aber was wäre die Alternative?
Nun sind die betroffenen Kinder aber beim Küßen nicht wirklich gefährdet. Was anderes ist es, wenn Türen geknallt werden, irgendwo drauf geklettert wird usw. Da hab ich auch eine Verantwortung gegenüber den anderen Kindern.
Ich freu mich auf Austausch und auf eure Ideen.