Mir fällt gerade ein, dass das auch in einem anderen Thread mal zur Sprache kam, dass viele hier eine richtige, gute Freundin in ihrem Leben vermissen. Sind "echte" Freundschaften wirklich so selten? Und woran liegt das? Bzw. was kann man dagegen tun? Wer von euch hat eine echte "Busenfreundin", die ihr so nah (oder näher) steht wie eine Schwester, die fast schon zur Familie zählt, der man sich anvertraut und auf die man nie mehr verzichten mag? Oder wie definiert ihr Freundschaft? Was wünscht ihr euch von einer Freundin? Und woher kennt ihr eure Freunde?
Und eure Kinder? Haben die richtig "dicke" Freunde, vielleicht über viele Jahre / die gesamte Schulzeit hinweg? Und welchen Einfluss haben Eltern auf die Freundschaften ihrer Kinder?
Ich hadere da grad mal wieder mit diesem Thema. Das hat bei mir sehr vielschichtige Aspekte:
- Zum einen wächst meine Tochter als Einzelkind auf. Ein Stück weit unfreiwillig, obwohl es durchaus auch Vorteile hat, ein Einzelkind zu haben (und eines zu sein), so ist es nicht. Aber gerade weil die Geschwister fehlen, ist der Kontakt zu anderen Kindern umso wichtiger. Das weiß ich und habe den Umgang mit anderen Kinder deshalb von Anfang an gefördert. Es ist mit ein Grund, warum ich mit ihr z.B. verschiedene Kurse besuche (Musikgarten, Tanzen, aktuell Schwimmen und Turnen). Wir sind dieses Jahr umgezogen. Vorher hatten wir in einer Spielstrasse gelebt mit ziemlich vielen Kindern in der Nachbarschaft. Die Kids waren zwar alle unterschiedlich alt, haben sich aber trotzdem super untereinander verstanden (was vielleicht auch daran lag, dass es vorwiegend Mädchen waren, die wenigen Jungs in der Strasse waren da zugegeben schon ein bisschen außen vor). Meine Tochter war von Anfang an sehr selbständig und hat sich aktiv Freunde zum Spielen gesucht. Da sie klein und niedlich war, kam sie auch überall gut an und hat schnell Anschluss gefunden. Im Kindergarten später genauso. Mit einem knapp 2 Jahre älteren Mädchen aus der Nachbarschaft entwickelte sich schließlich eine recht innige Freundschaft. Aber dann sind wir dieses Jahr wie gesagt leider weggezogen und im September ist sie hier jetzt eingeschult worden. Natürlich ist hier alles erst mal noch neu und auch Freundschaften müssen wachsen. Sie hat recht schnell andere Mädchen aus der Klasse oder auch aus der neuen Nachbarschaft kennen gelernt. Die Kinder haben ihr gegenüber allerdings den Vorteil, dass die meisten sich schon aus dem Kindergarten kennen. Und das bekommt meine Tochter auch zu spüren, denn im Zweifelsfall halten die Freunde, die sich schon länger kennen, natürlich zusammen. Für meine Tochter ist es eine neue Erfahrung, auch mal abgelehnt zu werden oder als "Außenseiter" daneben zu stehen. Mit dem einen Mädchen aus der Nachbarschaft hat sie sich schon ein paarmal zum Spielen getroffen, die beiden laufen auch gemeinsam zur Schule. Sind aber andere Kinder da, ist meine Tochter sofort abgeschrieben. Auch reagiert das Nachbarsmädchen oft auffällig schroff, aggressiv und zickig. Meine Tochter weiß nicht, wie sie damit umgehen soll, aber so die richtig innige Freundschaft entsteht da zwischen den beiden nicht gerade, und das Mädchen wäre sicher auch nicht die erste Wahl meiner Tochter. Also hoffe und warte ich, dass sich vielleicht mit einem anderen Mädchen eine tiefere Freundschaft ergibt und frage mich derweil, wie ich ihr dabei vielleicht helfen kann. Wenn sie Interesse an einem anderen Kind zeigt und sich mit diesem privat treffen möchte, organisiere ich entsprechende Verabredungen wenn ich kann. Früher hat fast immer jemanden aus der Strasse zum Spielen gefunden, und wenn es nicht die Nachbarskinder waren, dann wurde ein Spieltermin mit anderen Freunden vereinbart. Es haben ja auch fast alle in erreichbarer Nähe gewohnt. Hier ist das besagte Nachbarsmädchen momentan die einzige "Freundin" in der Nähe, eine weitere wohnt immerhin in Fußreichweite, die anderen Klassenkameraden wohnen am anderen Ende vom Ort und die bisherigen Freunde haben wir ja am alten Wohnort zurück gelassen. Das ist sowohl für meine Tochter als auch für mich jetzt eine neue Situation und zum ersten mal tut es mir leid, dass sie ein Einzelkind ist.
- Auf der anderen Seite denke ich mir halt, dass sich auch selbst in Punkto Freundschaft nicht gerade das leuchtende Beispiel bin. Ich habe zwar eine Schwester, aber unser Kontakt ist relativ oberflächlich. Wir sind sehr verschieden und wohnen auch relativ weit auseinander. Das ist noch das nächste: Meine Schwester hat selbst zwei Mädchen. Ich hätte es toll gefunden, wenn die Cousinen gemeinsam hätten aufwachsen können. Aber auch das geht leider nicht aufgrund der Entfernung. Es mangelt also überall an Geschwistern, Cousinen, Nichten und sonstigen Familienmitgliedern.
Unterdessen habe ich aber auch selbst keine richtige "Busenfreundin". Hatte ich auch noch nie. Ich war in meiner Schulzeit ein ziemlicher Außenseiter. Aus meiner Kindheit bzw. Jugend ist mir keine einzige Freundschaft erhalten geblieben. Heute haben wir einige gute Bekannte, die ich auch sehr mag. Aber irgend etwas fehlt trotzdem. Diese eine enge Vertraute, die man als erste anruft, wenn man mal Kummer hat. Mit der man stundenlang quatschen kann. Die man auch mal einfach so trifft, ohne Mann, ohne Kinder, ohne Anlass. Die sofort parat steht wenn Not am Mann ist. Dabei gäbe es sogar die eine oder andere Freundin, die womöglich gerne diese Rolle übernehmen würde. Eine meiner Freundinnen ist Single und kinderlos, versteht sich aber super mit meiner Familie, würde ggf. auch mal als Babysitter einspringen und hört mir auch gerne zu, wenn ich was auf dem Herzen habe. Aber aus irgend einem Grund "nutze" ich sie nur wenig als Freundin. Eine andere wohnt leider wieder ein Stückchen weiter weg und hat mehr als genug damit zu tun, Job, eigenes Kind und diverse Engagements und Hobbys unter einen Hut zu bringen. Ich hätte sie gerne mehr in meiner Nähe, würde mich gerne öfter mit ihr treffen, auch mal ohne Kinder. Aber organisatorisch ist das eine Katastrophe ...
Und so bleiben die meisten meiner Freundschaften eher an der Oberfläche. Am Samstag wollte ich mit meinem Mann ausgehen. Da er und Tochterkind aber kurzfristig krank geworden sind, stand ich nun also alleine da und hatte noch eine Karte übrig. Ok, es war kurzfristig, aber ich habe 5 Freundinnen durchtelefoniert, und keine einzige konnte oder wollte mitkommen. Ich bin dann tatsächlich alleine hin und habe all die anderen Freundesprächen und Cliquen beobachtet, die zusammen getuschelt, getanzt und gelacht haben, und fühlte mich echt alleine ...
Und nun sitzt meine Tochter hier am Maltisch und beschwert sich (zurecht), dass sie keinen Bock hat, immer alleine zu spielen (ich spiele ja auch immer wieder mit ihr, aber ich kann ihr keine gleichaltrigen Freunde ersetzen. Auch habe ich nicht immer die Zeit und zugegeben die Muse, mich mit ihr zu beschäftigen). Uns beiden fehlt etwas ganz wichtiges im Leben: Eine richtige Freundin. Eine, über die man sich immer freut, mit der man durch dick und dünn gehen würde, die immer für einen da ist, die uns versteht und uns tröstet, wenn wir down sind, die Krankenbesuche abstattet, als Babysitter einspringt, mit uns shoppen geht oder auch einfach nur mal mit uns zusammen schweigt.
Wobei: Ich habe ja sogar so einen Freund. Meinen Mann! Unter all den Menschen in meinem Leben ist er mein engster Vertrauter, bei dem es nie peinlich ist, wenn man mal schlechte Laune hat oder sich streitet oder auch einfach nur zusammen schweigt. Und der beste Babysitter der Welt ist er obendrein.
Nun wünsche ich mir von ganzem Herzen einen solchen Freund (oder Freundin) auch für meine Tochter. Wie viel Geduld muss ich haben? Wie viel Einfluss habe ich als Mutter darauf? Und wie kann ich hier am besten helfen, wenn sie sich mal wieder "mutterseelenallein" fühlt? Gegen die Angst, dass sie am Ende ihrer Schulzeit genauso ohne Freunde dasteht wie ich damals? Gegen das schlechte Gewissen, dass wir ihr nie ein Geschwisterchen geschenkt haben? Gegen die Selbstvorwürfe, dass es schließlich unser Wunsch war, hierher zu ziehen (einen Wunsch, den wir auch selbst schon ein paar mal angezweifelt haben ...), denn unsere Tochter war am alten Wohnort immer sehr glücklich gewesen ...
Gibt es solche "Herzensfreundschaften" überhaupt? Oder ist das alles nur eine Illusion und unrealistisches Wunschdenken?
(Sorry für den etwas wirren "Gedankenerguss" ...)