Warum sind Berufe privat so ein Tabuthema?

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  • Frage steht ja oben :) . Vielleicht könnt ihr mir weiter helfen. Ich erlebe es fast in allen privaten Kontexten so, dass über den eigenen Beruf nicht gesprochen wird. Das finde ich irgendwie schräg und seltsam, denn ein Beruf ist doch so ein wichtiger Teil der Persönlichkeit (nicht bei allen, aber doch bei vielen), man verbringt damit sehr viel Lebenszeit, steckt viel Begeisterung und Arbeit rein und nur weil man gerade als Privatperson unterwegs ist, gibt man diesen Teil der Persönlichkeit doch nicht an der Garderobe ab? ?

  • Ich erlebe das eigentlich nicht so.


    Andererseits muss ich zugeben, dass ich von mir aus selten anfange zu erzählen, was ich beruflich mache. Ehrlich gesagt hab ich keinen Bock, ständig kostenlose Beratung zu machen in meiner Freizeit. Ich würde mich lieber über was anderes unterhalten.

  • Lustig, Safira, darüber haben mein Mann und ich auch schon gesprochen.
    Ihm fällt auf, dass der Beruf hier anders als in seiner Heimatstadt keine Rolle spielt.
    Dort definiert man sich darüber also über den Status. Hat was Elitäres.
    Hier dagegen spielt es keine Rolle, ob der Herr Ingenieur und die Frau Doktor vor dir stehen, oder der Automechaniker und die Krankenschwester. Es zählt, ob du ein netter Mensch bist.
    Finden wir sehr angenehm.

  • Ich sehe das genauso. Vor allem mit dem kein bock haben. In meiner freizeit versuche ich mein breites spektrum an wissen und können unterzubringen. Da so ein job meist ziemlich einseitig ist.

  • Lustig, Safira, darüber haben mein Mann und ich auch schon gesprochen.
    Ihm fällt auf, dass der Beruf hier anders als in seiner Heimatstadt keine Rolle spielt.
    Dort definiert man sich darüber, also über den Status. Hat was Elitäres.
    Hier dagegen spielt es keine Rolle, ob der Herr Ingenieur und die Frau Doktor vor dir stehen, oder der Automechaniker und die Krankenschwester. Es zählt, ob du ein netter Mensch bist.
    Finden wir sehr angenehm.

  • Interessante Frage. Ich erlebe es eigentlich umgekehrt. Eine der ersten Fragen, wenn man neue Leute kennen lernt, ist oft: Was machst du?
    Seit der Geburt meines Tochter hat sich das ein bisschen geändert. In den klassischen "Mutti-Kreisen", waren die Fragen eher andere... 8)


    Mit meinen Freunden rede ich häufig über den Beruf, eigentlich genauso viel wie über andere Sachen....
    Ich habe einen Beruf, den die meisten irgendwie ganz toll und spannend finden. Und bei dem man nicht so richtig weiß, was ich da eigentlich mache, so dass es (vor allem bei neuen Kontakten) immer viele Fragen gibt....Das finde ich manchmal ok und manchmal nervt mich das und ich würde dann gerne einen Beruf haben, der sich selbst erklärt :D

    "Finish each day and be done with it. You have done what you could. Learn from it; tomorrow is a new day."
    Ralph Waldo Emerson


  • Hm, ich erlebe das auch nicht so, hier ist das eigentlich fast immer ein ergiebiges Smalltalk-Thema.


    Mit Smalltalk generell habe ich es nicht so, aber die Frage nach dem Job kam mir bis jetzt als eine der "sichersten" vor - perfekt um oberflächlich ein gemeinsames Thema zu finden, dass man dann veretiefen kann (oder auch nicht)


    - die Chefs
    - die Wirtschaftslage
    - Gehalt
    - Weg zur Arbeit (ja, da kann man lange Gespräche drüber entspinnen: wie, wann, mit welchen Mitteln, beste Strecke, ...)
    - Arbeitszeiten
    - ideale Arbeitszeiten und Wunschbedingungen
    - ...


    Wenn ich nicht zuerst frage, werde ich ebenso oft nach meinem Beruf gefragt.
    Finde ich persönlich auch viel angenehmer, als Fragen über meine Kinder oder gleich Erziehungsfragen zu erörtern.


    edit: liegts vielleicht am Umfeld? Hier Großstadt und Menschen zwischen 25 und 45.

    • Offizieller Beitrag

    Ich erlebe das auch anders - und habe mir schon ab und an überlegt, mir einen langweiligen Beruf als "small-talk-Identität" zuzulegen.


    Mit Status abklopfen hat das selten zu tun, so meine Empfindung, sondern eher mit der Suche nach einem unverfänglichen Thema...


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • ich erlebe das auch eher andersrum.
    es ist meist eine der ersten Fragen, wenn man jemand neues kennenlernt. Ok, ich habe auch kein Kleinkind mehr auf dem Arm, wenn ich in sozialne Kontexten auftauche, vielleicht käme die Frage nicht, wenn ein Kind an mir kleben würde.


    Manchmal finde ich es aber auch nervig und ein bisschen "Alpha-Männchen" Gehabe, wenn sich jemand quasi gleich mit seinem Beruf vorstellt.


    Ich tausche mich gern mit anderen über Berufe bzw. Berufsalltag aus, aber wenn gleich mit "ich bin schon seit 10 Jahren Abteilungsleiter in der IT-Branche" angepoltert kommt, ist meine Lust etwas gebremst.

    "A complex system that works is invariably found to have evolved from a simple system that works. The inverse proposition also appears to be true: A complex system designed from scratch never works and cannot be made to work. You have to start over with a working simple system. "

    John Gall, The Systems Bible

  • Hm, dass man am Anfang einer Bekanntschaft nach dem Beruf fragt, bzw. Nach der Tätigkeit, finde ich normal. Das machen eigentlich alle. Hilft dabei, Leute in seine persönlichen Schubladen einzusortieren.ob nun bewusst oder nicht. ;) Abi/kein Abi, studiert/nicht studiert, sozial, kreativ, reich, idealistisch, versnobt...


    Aber über den Inhalt der Arbeit höre ich selten Leute sprechen. Eingentlich nur meinen Mann und ab und zu gute Freunde.
    Und dann gibt es manchmal so bekannte, die mich über ihre tollen Jobs vollschwallern. So dass ich denke, vielleicht ist der Job in Wirklichkeit doch gar nicht so toll. Oder der Schwanz ist zu klein. Oder irgendwie sowas. Ist mir letztens erst passiert, ich hatte gar nicht danach gefragt und interessiert hat es mich auch nicht.

  • Naja, was heißt "privat" - meine Freunde wissen alle, was ich machen, und meistens wälzen wir gemeinsam
    Frust und Probleme in unseren Jobs, wenn wir nicht gerade spannendere Themen haben ;).


    Bei oberflächlichen Bekanntschaften ist es oft eher so, dass ich sie zuerst beruflich sehe und ihnen dann "privat" wieder begegne, da erübrigt sich meistens die Frage nach dem Job, weil sie meinen zwangsläufig kennen und ich ihren auch.


    Ich kenne auch eigentlich keine Mutter in meinem Umfeld, die wirklich nur zuhause ist. Ich habe z.B. unglaublich viele
    Krankenschwestern im Freundeskreis - über grassierende Krankheiten, Infektionen und Peniskorrekturen bin ich dadurch immer
    besser im Bilde, als mir lieb ist ;).

  • Peggy, genau wegen der Schubladen finde ich es ja so unangenehm.
    Scheint was Regionales zu sein, denn ich erlebe es wie Safira.

  • Ich erlebe die Frage nach der Tätigkeit eigentlich auch alls klassisches Smalltalk-Thema. #weissnicht
    Nicht so sehr vielleicht in Mütterkreisen (also so Mütter-mit-Kleinkindergruppen), da stehen dann eher andere Themen im Vordergrund und der Beruf rückt bei vielen dann doch im ersten Elternjahr ein bisschen in den Hintergrund. Aber bei anderen Erwachsenentreffen fällt schon immer die Frage: "Und was machst Du so?"
    Im Freundes- und Bekanntenkreis hängt es ganz davon ab, bei Bekannten, mit denen mich irgendein ganz anderes gemeinsames Interessengebiet verbindet, spielen Gespräche über den Beruf nicht so eine große Rolle.

    Liebe Grüße von Kris (1974) mit großem Sohn (1/2002) und kleinem Sohn (5/2007)

  • Zitat

    Peggy, genau wegen der Schubladen finde ich es ja so unangenehm.
    Scheint was Regionales zu sein, denn ich erlebe es wie Safira.


    Ja, ich finde das auch immer nicht so angenehm, wenn das Thema zum ersten mal zur Sprache kommt und man es beim anderen quasi rattern hört. Und bei sich halt irgendwie auch, wenn mir einer erzählt er ist plastischer Chirurg, dann entsteht halt ein anderes Bild als wenn er sagt er ist zweiradmechaniker oder Steuerberater.


    Andererseits wäre es auch seltsam, das Thema immer zu umschiffen. Es ist auch immerhin weniger heikel als manch andere Frage. Nach dem Alter oder der sexuellen Orientierung oder die Familienplanung oder was weiß ich. Über irgendwas muss man sich ja erstmal unterhalten, um zu schauen, ob man einen Draht zueinander findet.

  • Ich kenne das hier auch so, dass das Fragen nach dem Beruf zum Smalltalk gehört und neben dem Wetter gern und oft gemacht wird.
    Im Freundeskreis sowieso, weil da jeder ungeniert jammern darf. Und auf Parties, Empfängen und sonstigem ist das immer ein dankbares Thema für alle, die sich noch nicht gut kennen. Ich muss bei der Frage immer etwas in mich hineingrinsen, weil mein Job sehr stark polarisiert und meistens daraufhin gleich heftige Diskussionen folgen. Bei der Wahl zum Elternbeirat hat mich die Nennung des Jobs (neben Namen und welches Kind auf diese Schule geht) auch einiges an Stimmen gekostet (wurde mir zugetragen).
    Aber ich kann gut damit leben.

  • Ich kenne das hier auch so, dass das Fragen nach dem Beruf zum Smalltalk gehört und neben dem Wetter gern und oft gemacht wird.
    Im Freundeskreis sowieso, weil da jeder ungeniert jammern darf. Und auf Parties, Empfängen und sonstigem ist das immer ein dankbares Thema für alle, die sich noch nicht gut kennen. Ich muss bei der Frage immer etwas in mich hineingrinsen, weil mein Job sehr stark polarisiert und meistens daraufhin gleich heftige Diskussionen folgen. Bei der Wahl zum Elternbeirat hat mich die Nennung des Jobs (neben Namen und welches Kind auf diese Schule geht) auch einiges an Stimmen gekostet (wurde mir zugetragen).
    Aber ich kann gut damit leben.


    Was machst du denn beruflich? Maklerin? Militär? #freu


    Ich kenne es auch nicht, dass der Beruf ausgeklammert oder gar gemieden würde. Spätestens wenn man über seine Interessen spricht, kommt doch der Beruf bei der Frage zur Sprache, wieviel Zeit man für die Interessen überhaupt erübrigen kann.

    Ich hänge mich erst auf, wenn alle Stricke reißen!

  • Zitat

    Peggy, genau wegen der Schubladen finde ich es ja so unangenehm.
    Scheint was Regionales zu sein, denn ich erlebe es wie Safira.


    Ja dann scheint das echt nur hier so zu sein :)


    Ich finde das schon total spannend, womit mein Gegenüber 8 Stunden seines Tages verbringt. Andererseits ist es vielleicht echt so, dass viele es als Status-Gerangel oder so wahrnehmen. Das ist dann natürlich blöd. Aber ich erlebe es hier total oft, dass sich in Mütterkreisen (Spielgruppe, Pekip, Schwangerschaftsvorbereitung und die daraus entstehenden Folgetreffen) über alles mögliche sehr intime unterhalten wird, nicht aber über den Beruf.
    Ich persönlich empfinde Berufe gar nicht als Status-Symbol, sondern als persönliche Leidenschaft oder Begeisterung und finde es dann schade, wenn ich das Gegenüber aus Höflichkeit nicht danach fragen kann. Es geht nur nicht darum, über mich zu sprechen. Ich habe einfach Interesse an meinem Gegenüber und an dem, was sein Leben bestimmt. Aber hier ist das echt total unüblich, darüber zu sprechen. Komisch, dass das regional so verschieden ist.
    So ich schick jetzt so chaotisch ab, Kind ruft

  • Aber ich erlebe es hier total oft, dass sich in Mütterkreisen (Spielgruppe, Pekip, Schwangerschaftsvorbereitung und die daraus entstehenden Folgetreffen) über alles mögliche sehr intime unterhalten wird, nicht aber über den Beruf.


    Das ist der Punkt: in Mütterkreisen ist der Beruf ein persönlich sehr fernes Thema. Im KiGa unterhalte ich mich auch seltenst über Berufe. Außerhalb des Dunstkreises meiner Kinder sieht das wieder ganz anders aus.

    Ich hänge mich erst auf, wenn alle Stricke reißen!

    Einmal editiert, zuletzt von Njnia ()

  • Tatsächlich ein interessantes Thema. Früher war das eine oft gestellte Frage: und, was machst Du so? Ich habe sie oft selbst gestellt oder gestellt bekommen.


    Dann irgendwann war mir persönlich mein eigener Beruf nicht mehr so wichtig. Ich hab mein Privatleben mehr ausgebaut und genossen. Andere Seiten in mir und anderen gesehen und für genauso wichtig bzw. spannend befunden.


    Seitdem ist die was-machst-Du-so-Frage nicht mehr meine erste Smalltalk-Wahl. Und das nicht nur in Mütter-Kreisen. Von einigen Müttern, denen ich öfter mal begegne, weiß ich gar nicht, was sie beruflich machen. Aber ich weiß, dass sie reiten, den Tod ihres Hundes betrauern, sich mit Homöopathie auskennen oder gut und gerne backen usw. Tabu ist der Beruf als Thema aber nicht.