Liebe Rabeneltern,
hier schreibe ich als Mutter über die Erfahrungen in einer Krippe, die meine Tochter (18 Monate) und ich dort über einen Zeitraum von 3 Wochen gesammelt haben. Ich möchte mit unserer Geschichte dazu beitragen, dass sich andere Eltern in dem Gedanken stärken lassen andere Wege der Betreuung zu suchen, falls sie mit ihrem Kind zusammen in solch einer Situation leiden.
Anfang September. Ich entschloss mich relativ spontan für einen „Krippenversuch“ mit meiner Tochter (18 Monate), um wieder ins Berufsleben einzusteigen. Die Elternzeit lief noch für die nächsten 8 Monate - eine Verlängerung der Elternzeit kein Problem. Wir waren schon in vielen Spielkreisen und Müttertreffen, „Kinder“-Kursen und Musikgarten-Treffen unterwegs. Meine Tochter war eigentlich immer mit Begeisterung dabei. Und sie LIEBT es mit anderen Kindern zu spielen. Darin sah ich alle Anzeichen, die für einen Versuch zur Fremdbetreuung sprachen. Die Krippe war im Nachbarort – der Begriff „Berliner Modell“ war dort bekannt -ich hatte mich etwas schlau gemacht, was das bedeutet. Auf LOS ging’s LOS.
Erste Woche: Mitte September starteten wir halbtags und nachmittags. Wir kamen entspannt nach dem Mittagsschlaf in der Krippe an und meine Tochter gewöhnte sich Tag für Tag immer mehr an die Situation. Für sie waren so viele Kinder und der Geräuschpegel ziemlich neu. Da ausnahmslos gutes Wetter herrschte, waren wir immer draußen auf dem Außengelände. Dort waren alle Erzieherinnen (4 bis 5) und die Kinder aus allen Gruppen (ca. 25 Kinder), die im Laufe des Nachmittags nach und nach abgeholt wurden. Ich war immer dabei.
Dann die erste Trennung. Nach der regelmäßigen Snackpause ging meine Tochter von sich aus mit einer der Erzieherinnen in das Krippengebäude hinein. Ich freute mich über diesen Schritt und vertraute darauf, dass die Erzieherin schon gesondert auf meine Tochter achten würde. „Falls was ist, sagen wir sofort Bescheid.“ Ich zwang mich NICHT hinterherzulaufen und wartete draußen. Die Zeit verging. Und dann packte mich doch die Neugier, also ging ich hinein. In einiger Entfernung hörte ich meine Tochter schon verzweifelt weinen. Für mein Mutterohr klang es ein wenig panisch. Als ich an Ort und Stelle ankam, stand die Erzieherin neben meiner hilfesuchenden Tochter und redete auf sie ein, dass sie nicht durch diese Tür gehen darf. Es war wohl so, dass meine Tochter einem anderen Mädchen hinterherlaufen wollte, das gerade abgeholt wurde. Aber an dieser Tür ging es für meine Tochter eben nicht weiter. Meine Tochter wirkte auf mich total orientierungslos – konnte in dem Moment mit dem Ort und mit der Erzieherin nichts anfangen. Die Herzen von meiner Tochter und mir klopften wild in unserer Brust. Für uns ein richtiger Schock.
Zweite Woche: Ich suchte das Gespräch mit der Krippen-Leitung. Ob es vielleicht doch besser wäre halbtags in eine Vormittagsgruppe zu wechseln, sodass meine Tochter die Chance bekommt überhaupt eine Beziehung zu ihrer Erzieherin aufzubauen. Das ist in der ersten Woche (rückblickend) nicht passiert. Mitte der zweiten Woche fuhr ich dann also morgens mit meiner Tochter in die Krippe. Die neue Gruppe bestand aus etwa 6 kleinen Kindern (9 bis 20 Monate) und zwei Erzieherinnen. Dort, so dachte ich, hat meine Tochter bestimmt bessere Chance anzukommen. Wir verbrachten die letzten drei Tage der zweiten Krippenwoche also gemeinsam dort und gewöhnten uns an die Abläufe in der Gruppe.
Dritte Woche: Die Erzieherin schlug mir gleich beim Ankommen am Montag vor es mit einer ersten Trennung zu versuchen. Ich hatte ein wenig Vertrauen aufgebaut und verabschiedete mich von meiner Tochter. Es war irgendwie grotesk: In den Augen meiner Tochter war große Irritation und leichtes Entsetzen zu sehen. Mein Herz sagte mir: „Geh nicht! Das geht nicht gut.“ Ich tat es trotzdem. Dann die Worte der Erzieherin: „Tränen beim Abschied sind normal. Die Kinder kommen schon damit klar. Das dauert meist nur einige Minuten an, dann spielen die Kinder in der Gruppe fröhlich mit.“ So ähnlich hab ich es noch im Ohr.
Es folgten vier Tage lang Trennungsversuche. Ich sollte als Mutter nun nicht mehr im Gruppenraum anwesend sein. Zuerst 30 Minuten, zuletzt 75 Minuten. Jedes Mal waren meine Tochter und ich fertig mit der Welt. Meine Tochter weinte fast durchgehend während der Trennphasen und keine der beiden Erzieherinnen holte mich zurück in den Gruppenraum. Und auch ich war regelmäßig den Tränen nahe. Ob es den anderen Kindern und Müttern auch so schlecht ging? Ich fragte mich durch meinen (kleinen) Bekanntenkreis und hörte nirgendwo, dass es einer Mutter oder dem Kind so schlecht ging, dass die Fremdbetreuung in der Krippe abgebrochen wurde. Parallel ging meine Suche im Internet los. Hier im Forum der Rabeneltern las ich dann doch von einigen Müttern, denen es ähnlich schlecht wie mir ging. Und als Rat-Suchende bekamen diese Mütter sehr unterschiedliche Meinungen zu hören. Bei mir sträubten sich die Nackenhaare bei Antworten wie „In den Krippen kann es den Kindern ja gar nicht so schlecht gehen, sonst würde es ja die Krippen gar nicht geben“ und „Lass doch endlich mal dein Kind los und stell dich nicht so an“. Meinten diese Mütter das wirklich ernst?
Das Wochenende nach der dritten Woche: Die täglichen Trennungen hinterließen ihre Spuren. Meine Tochter suchte ständig meine Nähe und ließ mich nicht aus den Augen. Während sie vorher problemlos mit Papa, Oma oder Opa alleine war, ging nun nichts mehr ohne Mama. Die Zweifel an einer Fortsetzung der Eingewöhnung in der Krippe wurden größer – und schließlich traf ich nach zwei durchwachten Nächten mit quälenden Erinnerungen an die vergangene Woche meine Entscheidung: Mein Kind geht nicht mehr in die Krippe!
Gleich am Montag rief ich in der Krippe an und teilte meine Entscheidung mit. Die Leiterin ließ durchblicken, dass sie meine Entscheidung richtig gut fand. „Zuhause sind die Kinder sowieso besser aufgehoben“. Rückblickend erinnerte ich mich an weitere solcher Aussagen von Erzieherinnen, die bereits Mütter waren und in Krippen arbeiteten. Keine der vier Frauen hatte ihr eigenes Kind jemals in einer Krippe gegeben. Das gab mir zu Denken.
Meine Tochter hatte sich nach ca. 3 Wochen intensiver Mama-Zeit (ohne jegliche Trennung) wieder erholt und wird nun einige Tage in der Woche von Oma und Opa betreut. Und Mama geht arbeiten. Ich weiß, dass wir in einer privilegierten Situation sind.
Mit meinem Erfahrungsbericht möchte ich niemanden kränken, beleidigen oder vorverurteilen, weil er sein Kind in die Krippe gibt. Krippen sind sicherlich nicht per se schlecht, aber ganz sicher auch nicht für jede Familie der richtige Weg zum Glücklich sein. Eines möchte ich mit meiner Geschichte aber doch erreichen:
Liebe Eltern, achtet bitte gut auf eure Kinder und hört auf euer Herz!
Kein anderer Mensch, sei er oder sie auch noch so gut ausgebildet und reich an Erfahrung, weiß besser als ihr, was gut für euer Kind und euch als Familie ist. Lotet eure Möglichkeiten aus und schränkt euch notfalls an anderer Stelle (Finanzen, Arbeitszeiten) ein. Ich denke, dass man das für die wenigen ersten Jahre eines Kindes jedenfalls in Erwägung ziehen sollte. Diese Zeit ist schneller vorbei als man erwartet und die Zeit des Berufslebens von Mama und Papa in Relation dazu dann doch mitunter seeehr lang.