Hallo,
Da es ja immer wieder Thema ist, habe ich mal versucht, meine Gedanken zum Thema Eingewöhnung zusammenzufassen. Mal wieder zu lang, daher in 2 Teilen...
Darin finden sich meine Ausarbeitungen für eine Facharbeit bzw. einen Prüfungsvortrag und meine eigenen Erfahrungen als Erzieherin im Kindergarten- und Krippenbereich wieder. Da ich nicht mehr weiß, welche Gedankenanregung ich wo gelesen oder gehört habe, sind Literaturangaben kaum/nicht möglich. aber es ist ja auch keine Doktorarbeit ;o)
Natürlich ist so etwas immer sehr individuell, das ist nur MEINE Meinung, andere sind vermutlich an einigen oder vielen Punkten anderer Ansicht.
Individuelle Eingewöhnung heißt AUCH, dass es völlig anders ablaufen kann als ich hier schreibe - weil das Kind eben etwas ganz anderes braucht.
Wichtig finde ich immer, dass a) die Eltern als Fachleute für ihr Kind angesehen werden und b) sich Gestaltung und Tempo immer am konkreten Kind und der aktuellen Situation orientiert und keine schematischen Abläufe durchgezogen werden.
Vorgedanken:
Eltern, Kind, aber auch Erzieher bewegen beim Start in eine außerfamiliäre Betreuung innerlich viele, meist eher unbewusste und nicht ausformulierte Gedanken, Fragen und auch Sorgen. Das könnten unter anderem ähnliche - oder auch völlig andere - sein:
Mutter / Vater an die Erzieherin:
Wird sie mein Kind mögen und verstehen?
Kann ich von meinen Ängsten sprechen, meinen Zweifeln,vielleicht auch von meinem Misstrauen?
Wird sie mein Kind an sich reißen, weil sie denkt, sie wäre "pädagogisch besser"?
Wird sie in Konkurrenz zu mir treten?
Erzieherin an Mutter /Vater:
Werden sie sie mich als Erzieherin ihres Kindes auch innerlich akzeptieren?
Werden sie offen oder verschlossen sein für Gespräche mit mir?
Empfindet sie mich als Konkurrentin oder als Partnerin?
Wie bewertet sie meine Ausstrahlung, meinen Umgang mit dem Kind, bin ich ihnen sympathisch?
Trauen sie mir zu, gut für ihr Kind zu sorgen?
Mutter / Vater ans Kind:
Wirst du ohne mich/uns zurecht kommen?
Wirst du mich/uns vermissen?
Wirst du die Erzieherin irgendwann vielleicht lieber mögen als uns?
Wird es dir hier auch wirklich gut gehen?
Kind am Mutter / Vater:
Wirst du mich in dieser Fremde alleine lassen?
Wirst du meine Angst verstehen, weil alles für mich fremd ist?
Wirst du so lange bleiben, bis ich hier vertraut bin?
Wirst du auch meine Neugier verstehen und mich ausprobieren lassen?
Bist du damit einverstanden, dass ich gerne hier bin, wenn ich mich nicht mehr so fremd fühle?
Magst du meine Erzieherin, vertraust du ihr?
(Nach "Eingewöhnung Kita" - Uni Bielefeld)
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Meine Gedanken zu einer „familienorientierten“ Eingewöhnung
Für wen?
- für alle Familien, deren Kinder neu in eine Betreuungsform kommen – wenn möglich in angemessener Weise auch dann, wenn die Betreuungsform gewechselt wird (Tagesmutter zu Krippe. Krippe zu Kindergarten, Alter Kindergarten zu neuem Kindergarten... )
- auch Kindergartenkinder brauchen in der Regel eine Eingewöhnung! Je besser ein Kind eingewöhnt ist, desto besser wird es sich im weiteren Verlauf entwickeln (weniger krank sein, mehr lernen, seelisch stabiler sein...)
- können die Eltern aus irgend einem Grund die Eingewöhnung nicht durchführen (Plötzlicher Ausbildungsbeginn, Erkrankung...) sollte trotzdem unbedingt versucht werden, dem Kind eine Eingewöhnungszeit zu ermöglichen. Diese können dann auch andere vertraute Personen (Oma,Opa, Paten...) übernehmen.
- kann in ganz seltenen Fällen keine oder nur eine kurze Eingewöhnung gemacht werden, ist es Aufgabe der Betreuungspersonen, es dem Kind so leicht wie möglich zu machen, in dem sie ihm so viel Vertrautes wie möglich
bieten, sich Anfangs an seinem ganz individuellen Tageslauf orientieren und sich besonders darum bemühen, seinen Bedüfrnissen nachzukommen.
Ziel der Eingewöhnungszeit:
- Aufbau einer guten Beziehung zu Kind und Eltern
- Die Eltern lernen die Tagesabläufe kennen und können sich davon überzeugen, daß ihr Kind hier liebevoll und bedürfnisorientiert betreut wird
- Schaffung einer Vertrauensbasis, die es den Eltern ermöglicht, ihr Kind mit gutem Gefühl in der Betreuung zu lassen
- Kontakte zu weiteren Betreuerinnen und zu den anderen Kindern herstellen, gegenseitiges Kennenlernen
- dem Kind ein schrittweises Einleben in die Abläufe in der Betreuung ermöglichen
- eine Erzieherin wird zur Bezugsperson, die die gesamte Eingewöhnungszeit und darüber hinaus in der Betreuung der „sichere Hafen“ für das Kind sein wird, von dem aus ein in SEINEM Tempo die neue Umgebung erkundet.
Für mich wichtige Punkte:
- es sollte IMMER eine konkrete Bezugserzieherin geben, die sich anfangs in den ersten (kurzen) Schnuppertagen sehr viel und teilweise auch ausschließlich dem Kind widmen kann und auch später als Bezugsperson, Ansprechpartnerin der Eltern zur Verfügung steht
- Kontakte zu andren Erzieherinnen sind natürlich in Ordnung und sollten im Laufe der späteren Eingewöhnungsphasen auch gezielt gesucht werden, da das Kind auch später von anderen Personen betreut werden wird, die Bezugserzieherin sollte dabei aber als „sicherer Hafen“ anwesend sein. Anfangs ist aber darauf zu achten, dass da Kind nicht durch zu viele fremde Personen verwirrt und verunsichert wird.
- sollte das Kind zeigen, daß es sich zu einer anderen Betreuerin mehr hingezogen fühlt, wird das akzeptiert und Kollegen und Eltern besprechen den weiteren Verlauf (Bezugserzieherin belassen, aber viele Kontakte zur anderen ermöglichen oder ggf. sogar ein Wechsel). Und zwar OHNE sich persönlich angegriffen oder abgelehnt zu fühlen.
Vor der eigentlichen Eingewöhnung:
- Vor dem eigentlichen Start der Eingewöhnung gibt es ein Treffen mit den Eltern und eventuell dem Kind. Dabei können erste Kontakte hergestellt werden.
- die Eltern bekommen, wenn noch nicht geschehen, eine schriftliche Konzeption und die Hausordnung (und ggf. andere wichtige Informationen) des Kindergartens, damit sie sich zu hause in Ruhe damit beschäftigen können.
- Außerdem ist bei diesem Treffen ausreichend Zeit für ein Gespräch über die Vorstellungen, Erwartungen, aber auch
Sorgen der Eltern (siehe oben), eventuelle Besonderheiten des Kindes bzw. der Familie, Wissenswertes, daß dem Kind das Einleben leichter machen kann.
- Dabei sind nur Dinge zu erfragen, die für die Betreuung relevant sind. Stilldauer oder Schlafplatz oder ähnliche sehr persönliche "Familienarrangements" z.B. sind das in den meisten Fällen NICHT.
- Der Ratschlag, das Kind abzustillen oder nicht mehr in den Schlaf zu stillen, ist unangebracht.
Einschlafstillen ist KEIN Hinderungsgrund für ein gelungenes Schlafritual in der Kinderkrippe oder bei der
Tagesmutter, da für viele Kinder die Trennung „Andere Person – anderes Schlafritual“ einfacher nachzuvollziehen ist als eine Verunsicherung durch das plötzliche Verweigerung des gewohnten (und grade bei Veränderungen als Sicherheit gebrauchten) Einschlafstillens zu Hause.