Hallo,
Könnte es denn sein, dass man als Elternteil schon bei der Einschulung sein Unbehagen unbewusst auf das Kind überträgt, wenn man so eine Einstellung hat?
Das könnte eine Rolle spielen, ja.
Nur woher kommt so eine Einstellung? Ist sie tatsächlich aus dem nichts heraus entstanden oder beruht sie auf Erfahrungen? (eigenen oder der anderer)
Bei uns kann ich das allerdings mMn ausschließen, ich war (und bin) vom Konzept unserer schule überzeugt und dachte tatsächlich, daß die Kombination kluges Kind +gute Schule eigentlich nur gut gehen kann.
Aber erstens machte sich mein Kind seine ganz eigenen Gedanken (siehe oben) und zweitens ist nun mal jeder Mensch ein Individuum und nicht alles passt zu jedem (so wie auch nicht jeder im Großraumbüro oder in einer Rettungsleitstelle arbeiten kann).
Meine Makroökonomie-Professorin sagte immer, die Mentalität des deutschen Volkes verhindert (schnelle) Änderungen. So lange ein Zustand halbwegs erträglich ist, werden x Gründe vorgebracht, warum man diesen nicht ändern sollte oder angeblich nicht kann. Dem stimme ich zu, habe aber leider selbst auch ein gewisses Verhinderungspotenzial. Ich bin ein sehr vorsichtiger Mensch und das lässt mich manchmal zögern, etwas umzusetzen, von dem ich "eigentlich" überzeugt bin.
Das habe ich am eigenen Leib erfahren. Ich habe in einer Mobbingsituation so lange ausgeharrt, bis es mir körperlich (seelisch sowieso, das merke ich heute noch in bestimmten beruflichen, aber auch privaten Situationen)) geschadet hat. X Gründe, warum es "doch nicht so schlimm ist", warum es "bestimmt an mir liegt", sicher "besser wird, wenn ich mich nur NOCH mehr anstrenge, NOCH mehr ducke..."
Man arbeitet eben da, wo man hingesteckt wird und hat ausreichend Pflichtgefühl erlernt, da täglich pünktlich zu erscheinen, auch wenn man innerlich heult, sich da auch nie krank schreiben zu lassen (auch dann nicht, wenn man wirklich krank ist) usw. "Es ist eben so und nicht anders", von klein auf.
Auch bei meinem Kind habe ich in vielen Situationen viel zu lange gewartet, weil dieses elende "So ist es eben, was soll man machen, wir werden es schon irgendwie aushalten" zu stark war, gemischt mit dem Gefühl, "selber schuld" zu sein. (Weil ich ihn nicht schultauglich machen konnte, weil ich - irgendwann - tatsächlich der Meinung war, dass für DIESES Kind "Schule" nicht der richtige Lern- und Entwicklungsweg ist... )
Ich werde nie wissen, ob ich in der Lage gewesen wäre, da besser auf mich bzw. mein Kind zu achten, wenn ich eben nicht nur gelernt hätte, daß man bestimmte Situationen (schulisch und später eben beruflich) aushalten muss, "weil es nun mal so ist", sondern auch gelernt hätte, daß es immer andere Optionen gibt, auf die man ein Recht hat.
Aber die Möglichkeit des Homeshooling - das könnte auch dazu führen das Schulen sagen: wenn es Ihnen nicht passt, dann unterrichten Sie doch Ihr Kind selber!
Wenn die Eltern das möchten und es dem Kind gut damit geht, wäre es tatsächlich eine Möglichkeit.
Ansonsten könnte man neben der Bildungspflicht auch einen Schulplatz-Anspruch verankern. Den gibt es ja indirekt jetzt auch schon.
Nur eben nicht "Anspruch=Pflicht" und auch nicht DIESEN Platz in der Grundschule X und keinen anderen (oder nur mit großem Aufwand) - sondern einen Anspruch auf einen Platz (ähnlich wie den Anspruch auf einen Krippen- oder Kindergartenplatz) für die die ihn brauchen oder möchten und mit Auswahlmöglichkeit (natürlich begrenzt durch die Platzzahlen) - aber eben keine daraus entspringende keine gesetzlich durchsetzbare Verpflichtung, zwingend auch einen zu nehmen.
Dann müsste die Schule, wenn sie das Kind nicht mehr unterrichten kann, gemeinsam mit den Eltern eine andere Schule suchen.