selbstbestimmt, selbstdenkenden, grenzen wahren - schulpflicht

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  • Ich habe leider auch nicht die Zeit alles zu lesen, gucke aber immer wieder mal interessiert rein, werde nachdenklich und denke seitdem viel über das Thema nach.
    Meine eigene Schulzeit war ab der Pubertät eher bescheiden, ich habe sie auch oft als Zwang erlebt, aber bisher größtenteils auf mich zurückgeführt. Dann habe ich die Schule geschmissen, bin ein paar Umwege gegangen und habe letztlich doch noch das Abi gemacht.
    Jetzt bin ich Lehrerin an einer Förderschule geistige Entwicklung, wo es echt ganz anders zugeht als an den bekannten Regelschulen. Viele meiner Schüler/innen kommen gerne und hassen die Ferien, weil es da langweilig ist und sie wenig bis keine sozialen Kontakte haben. Es gibt weder Hausaufgaben noch Noten noch Sitzenbleiben. Es gibt keine Lernziele für alle, denn jede/r ist anders, das ginge gar nicht. Auch ist der Schulbesuch für diese Schüler im Allgemeinen eine große Errungenschaft in Deutschland, das Bildungsrecht für alle noch sehr jung. (Mir ist klar, dass letzteres nichts mit der Schule an sich zu tun hat).
    Was ich sagen will: eigentlich war die Abschaffung der Schulpflicht außerhalb meines Horizonts, aber wenn ich hier einige der privaten Geschichten so lese, macht mich das sehr sehr nachdenklich.
    Das wollte ich euch allen, die ihr hier so viel schreibt, nur mal da lassen. Danke für eure Erfahrungen.

  • Hallo,

    Zitat

    Nayda
    huhu, leider habe ich erst jetzt den thread entdeckt und es sprengt gerade meine Kapazitäten, alle 39 seiten durchzulesen, daher verzeiht mir, falls das Thema schon behandelt wurde.

    Zitat

    Nayda Was wäre mit diesen Kindern, wenn Schule nur eine "Option" wäre?


    LG
    Nayda

    Ich kann dir darauf keine Antwort geben, die nicht im Thread schon mehrfach gegeben worden wäre. Ich mag aber auch nicht auf Seite 40 noch mal von vorne anfangen, tut mir leid.


    Zitat

    Unser Alltag wäre nicht soo abwechslungsreich, dass ich das meinen Kindern bieten könnte.
    Ich glaube, bei mir wäre die Angst zu groß, dass meine Kinder schlecht auf die reale Welt da draußen vorbereitet sind. Nicht, was das Emotionale betrifft, aber das Intellektuelle.
    Ich glaube, durch fremde (und ganz anders als die Eltern denkende) Menschen bekommen unsere Kinder sehr viel mehr Impulse, sich mit der Welt auseinanderzusetzen. Meine 'Freunde' leben und denken eher wie ich, da ist nicht so viel Abwechslung geboten.



    Meine Erfahrung ist, daß Kinder, zu denen "Schule " als System nicht passt, keinen Gewinn von irgend einer "Abwechslung" diesbezüglich haben. Im besten Falle können sie es nivht aufnehmen, im schlechteren schadet es statt zu nutzen. Gleichzeitig ist aber auch keine Kraft, keine freien Kapazitäten für andere Intessengruppen, Training ... da, die den Horizont weiten könnten.
    Ich finde z.B. abwechslungsreiches essen sehr wichtig - und achte trotzdem gleichzeitig streng darauf, daß bei meinem einen Sohn bestimmte Dinge, die andere für unverzichtbar halten, nicht vorkommen. weil sie ihm schaden und nicht nutzen.



    Ansonsten denke ich, daß junge Menschen ab einem bestimmten Alter durchaus in der Lage sind, zu verstehen, daß man für einen bestimmten Abschluss einen bestimmten Wissenskanon braucht und dann entscheiden können, wo und wie sie den erwerben möchten. Zu Hause allein, mit "Mentoren", oder doch - inzwischen gereift und anders belastbar - per Schule...


    Wäre Homeschooling eine offizielle Option unter Optionen wäre wie weiter vorne schon beschrieben, eine Art Konsultationsmodell möglich, bei dem junge Menschen bewusst und gezielt die Informationen suchen und bekommen können, die sie alktuell brauchen. Es gibt inzwischen ja eine Menge Schulen, die ähnlich arbeiten (nur eben immer noch nicht überall und alle mit dem Faktior anwesenheitspflicht), ich weiß nicht, warum es nicht funktionieren sollte, nur weil der Jugendliche seine Sachen in den Zeiten dazwischen zu Hause, in einer Bücherei, in einem Park.... macht und nicht in einem Gelände daß sich offiziell Schule bzw. Schulgelände nennt,.

  • Es will nicht in meinen Kopf, warum man meint, "die Welt" werde erfahren, wenn man Kinder, junge Menschen dazu zwingt, sich mit 20-30 anderen, Gleichaltrigen, die größtenteils noch aus einem Ort oder einer Region kommen, täglich in einen Raum oder ein Gebäude zu begeben. Das Recht auf Bildung ist etwas Wunderbares und Wichtiges - Schulzwang (und ja, das Wort steht so in jedem Schulgesetz) ist m.E. das Gegenteil davon.
    Und so erlebe ich es auch bei allen Freilernern, die ich kenne.

    Lieben Gruß
    Jerry mit den Maimäusen 2007 und 2010 und Septembermäuschen 2013


    Trageberaterin (ClauWi-Grund- und Aufbaukurs, Zertifikat in Arbeit)

  • Es wäre so leicht. Es müssen nur genug Leute wollen. Vielleicht gar nicht für sich, vielleicht für ihr Kind in 5 Jahren oder für ihren Nachbarn oder ihren ungeborenen Enkel. Einfach Wahlfreiheit.
    Und verstehen, wie Lernen funktioniert.

    Lieben Gruß
    Jerry mit den Maimäusen 2007 und 2010 und Septembermäuschen 2013


    Trageberaterin (ClauWi-Grund- und Aufbaukurs, Zertifikat in Arbeit)

  • Es wäre so leicht. Es müssen nur genug Leute wollen. Vielleicht gar nicht für sich, vielleicht für ihr Kind in 5 Jahren oder für ihren Nachbarn oder ihren ungeborenen Enkel. Einfach Wahlfreiheit.
    Und verstehen, wie Lernen funktioniert.


    Genau, denn dann hätte man auch das Dorf, was es bräuchte , um unschooling zu ermöglichen.

  • Ich finde es auch gut, wenn ein Kind sich selber Dinge 'erarbeitet' und ich denke auch, dass das jeder Mensch freiwillig (und gerne) macht, wenn er diese Fähigkeiten braucht, um weiter zu kommen.


    Ein Kind kann aber unsere komplexe Welt sehr schwer abschätzen bevor es so 11, 12 Jahre alt ist. Manchmal auch erst sehr viel später. Es weiß nicht, was es alles für sein späteres Berufsleben brauchen wird.


    Aber muss es das denn vorher? Ich bin davon überzeugt, dass auch Kinder, die sich bis zum Alter von elf oder zwölf Jahren (oder vereinzelt auch länger) nur mit Dingen beschäftigen, die sie interessieren, sehr viel dabei lernen, das sie in ihrer Entwicklung weiterbringt. Wenn es dann soweit ist, dass es das abschätzen kann, wird immer noch genügend Zeit sein, sich alles Nötige anzueignen (und vor allem noch genügend Motivation, die vielleicht anderenfalls sonst schon flöten gegangen ist).


    Was mich an der ganzen 'selber lernen' Geschichte stört ist, wie das in der Praxis aussehen soll. Wer soll überprüfen, ob und was das Kind gelernt hat? Wer ist Ansprechpartner für das Kind, wenn beide Eltern arbeiten? Kann ich es verantworten vor mir selber, wenn es schief läuft?


    Ich glaube, niemand ist dafür, Kinder einfach ohne Ansprechpartner oder Unterstützung vor dem Fernseher allein zu lassen. Auch will ja niemand die Schulen abschaffen. Es müsste möglichst vielfältige Angebote geben und auch eine Kontrolle, dass kein Kind verwahrlost. Trin z.B. hat dazu doch schon viele gute Vorschläge gemacht.


    Was soll man tun, damit sich das System ändert, besser wird? Ich wär dabei #super


    Es wäre so leicht. Es müssen nur genug Leute wollen. Vielleicht gar nicht für sich, vielleicht für ihr Kind in 5 Jahren oder für ihren Nachbarn oder ihren ungeborenen Enkel. Einfach Wahlfreiheit.
    Und verstehen, wie Lernen funktioniert.


    Für leicht halte ich das nicht. Viel zu wenigen Menschen ist die Notwendigkeit für Änderungen bewusst - wir sind doch nahezu alle durch das System gegangen, dessen Teil es war zu vermitteln, dass es nur so und nicht anders ginge.


    Aber genau das, was wir hier tun, kann etwas ändern: Darüber reden, anregen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, Filme oder Literaturtipps verbreiten, das Problem ins Bewusstsein holen. Außerdem: In den Schulen nachfragen und nicht als unabänderlich hinnehmen, was nicht sinnvoll erscheint. Sich für alternative Schulkonzepte interessieren und sie unterstützen.

  • Anfang Feb. steht ein Gespräch an mit Lucas Lehrerin und Schulleitung. Da werde ich das Thema homeschooling ansprechen. Bin gespannt, was die dazu sagen.



    @Banane,


    mag sein, dass sich Kinder/Menschen für den Beruf Dinge erarbeiten können in recht kurzer Zeit, wenn sie das brauchen. Ich denke sogar, dass es so ist. Trotzdem hätte ich immer Sorge, den 'Überlick' zu verlieren, was mein Kind schon kann und wo es evtl. noch Unterstützung bräuchte. Ich glaube, ich könnte da ohne festen Lehrplan ganz schlecht loslassen. Davor hätte ich zu große Angst. Also, dass mein Kind hinterher nicht gebildet genug ist für die Welt da draußen. Dafür könnte ich persönlich nicht die Verantwortung tragen.

  • Ich vermute mal, dass Schulleitung und Lehrerin eher kritisch eingestellt sein werden, quasi von Berufs wegen. Ich würde es aber trotzdem ansprechen, s.o.


    Das mit dem Loslassen, dem Vertrauen und der Verantwortung kann ich sehr gut verstehen. Es ist doch immer so, wenn man eine Entscheidungen für sein Kind trifft, dass man diese enorme Verantwortung trägt. Und vor allem, wenn man etwas anders (und vielleicht sogar grundlegend anders) macht, als es gesellschaftlich allgemein üblich und anerkannt ist, stellt man sich natürlich die Frage, ob das alles gut und richtig ist. Wenn sich hinterher herausstellt, dass das, was üblich und anerkannt war, falsch war, war man damit wenigstens nicht allein und hat nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Wenn das, was man anders gemacht hat, falsch war, steht man ziemlich dumm da. Deswegen ist es ja so schwer, etwas zu verändern. Wenn nur niemand jemals damit anfängt, bleibt es eben auch bei den üblichen und anerkannten Fehlern...

  • Was wäre mit diesen Kindern, wenn Schule nur eine "Option" wäre?


    ich vermute mal, dass ise weiterhin in die schule gehen würden, allerdings ohne durchschlagenden erfolg, wenn das schulsystem so bleibt....

  • In der Geo 12/14 ist laut meinem Mann einiges interessante was in diese Richtung geht. Unter anderem ein Artikel über eine Schule in Holland, die keine Ferien mehr hat, die Unterrichtsstoff in Workshops vermittelt, wo Eltern und Schüler ihre Lernstunden selber "buchen"... ich habe auf die schnelle nur dies gefunden:
    http://www.geo.de/GEO/heftreih…l-macht-schlau-79266.html den Rest muss man wohl kaufen (is ja auch nicht so lange her). Aber schon dieser Artikel ist sicher für einige ganz interessant. :)

  • Danke für den Artikel #top

    Scheint die Sonne auch für Nazis? Wenn's nach mir geht tut sie es nicht!!! ( DBBDW)


    Es gruesst die Sunny mit der Hummel an der Hand, dem Möpsken im Arm und dem Sternchen im Herzen! #love


  • ich vermute mal, dass ise weiterhin in die schule gehen würden, allerdings ohne durchschlagenden erfolg, wenn das schulsystem so bleibt....


    Oder sie gehen halt nicht zur Schule, auch ohne durchschlagenden Erfolg.

  • nein, denn sie hätten ja niemanden zuhause, der sie begleitet, das wäre doch rel. schnell feststellbar?! #gruebel insofern wären jährliche lernstandsanzeigen schon wichtig.

  • Es gibt doch auch ziemlich viele Zwischenwege, homeschooling ist doch nicht die einzige Lösung des Problems? Wieso wird sich da so festgefahren. Die Frage ging doch zum "selbstbestimmt" und wie andere Bsp. es zeigen, gibts auch andere Wege um Selbstbestimmt zu lernen.

  • nein, denn sie hätten ja niemanden zuhause, der sie begleitet, das wäre doch rel. schnell feststellbar?! #gruebel insofern wären jährliche lernstandsanzeigen schon wichtig.


    Wie soll das denn kontrolliert werden? Und wenn dann in einer jährlichen Anzeige festgestellt wird, dass das Kind nichts gelernt hat, wie soll das dann aufgefangen werden. Die Kinder müssen ja nicht in der Schule erscheinen.

  • warum wird eigentlich immer so getan, als würden alle kinder in der schule voll viel lernen. was ist denn mit den schulkindern, bei denen *irgendwann* (denn sie erscheinen ja in der schule) festgestellt wird, dass sie nichts gelernt haben? wie wird das denn aufgefangen?


    im übrigen ist es in frankreich und auch in öterreich so, dass ein kind, das in einer schule angemeldet ist, auch dort erscheinen muss und es konsequenzen gibt, wenn es das nicht tun.
    man muss sein kind schon aktiv zum homeschooling anmelden und aus der schule abmelden, wenn man davon gebrauch machen will.


    es ist also nicht so, dass eine abschaffung der schulanwesenheitspflicht bedeuten würde, dass schule täglich aufs neue optional wäre.


    und wie schopn mehrmals betont: diesen aufwand tun sich nur leute an, die einen grund haben. nicht solche, die sich um ihre kinder nicht kümmern.

    the nature of this flower is to bloom

    (alice walker)

    Einmal editiert, zuletzt von Madrone ()

  • Wie sagte der Psychologieprofessor Alan Thomas in "Being and Becoming" so schön: "Die Behörden tun sich schwer mit informellem Lernen. Sie wollen alles messen. Informelles Lernen kann man nicht messen, bevor es vorbei ist."


    Und ja eben, Madrone. Aber diese Vorurteile sind munter da.

    Lieben Gruß
    Jerry mit den Maimäusen 2007 und 2010 und Septembermäuschen 2013


    Trageberaterin (ClauWi-Grund- und Aufbaukurs, Zertifikat in Arbeit)

    • Offizieller Beitrag

    Die "Hürde" finde ich nicht schlecht - grundsätzlich dürfte es für meinen Geschmack noch durchlässiger, flexibler sein. So wie Trin ja auch vorschlug, finde ich es gut: warum nicht einzelne Kurse in der Schule besuchen - und umgekehrt: vielleicht kann das eine oder andere Elternteil was anbieten...


    Ich möchte auch noch eine Lanze für "die Behörde" brechen. Sie hat ja auch eine Verantwortung und vor allem eine Rechtfertigungspflicht. Und da ist es natürlich einfacher zu sagen: "Lieschen hat die Jahrgangsprüfung blendend bestanden" als "ich habe es im Gefühl, dass Fritzchen seinen Weg schon machen wird".


    Die Schulen und Ämter, die ich kenne, treiben einen ziemlichen Aufwand, um die Kinder, die nicht "genügend" gelernt haben, aufzufangen. Aber ich denke, dass dieser Aufwand relativ wenig mit Schulpflicht/Homeschooling/Bildungspflicht zu tun - sondern ist eine Frage, wieviel die Gesellschaft in ihre Kinder investieren will. Ich finde, es kann fast nie genug sein.


    Liebe Grüsse


    Talpa