ADS-Kind - wie geht es nach der Diagnose weiter???

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  • 3 Tage vor den Sommerferien letztes Jahr haben wir für meinen Sohn (Bobbes, 11 Jahre) die Diagnose ADS bekommen. Für seine Grundschullehrerin und mich war es eigentlich nur eine Bestätigung dessen, was wir schon vermutet hatten. Aber das volle Ausmaß dahiner, das war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht klar. Jetzt ist er seit September in der 5. Klasse einer Gesamtschule und nichts funktioniert.
    Über die Anfangsschwierigkeiten haben wir alle noch hinweggesehen. Es war einfach eine riesige Umstellung für ihn. Er kam aus einer kleinen, übersichtlichen Grundschule, wo er alle Lehrer kannte. Er war in einer Integrativen Klasse mit nur 15 Kindern und einer Integrationshilfe für eine der Mitschülerinnen. Jetzt ist er an einer großen Schule mit 7 Klassen im Jahrgang und ca. 25 Kindern in jeder Klasse.
    Er gibt sich Mühe, das weiß ich. Aber es funktioniert einfach nicht. Er kommt im Unterricht nicht mit, er kann das Tempo einfach nicht halten. Er ist ein ganz typisches ADS-Kind (habe mittlerweile etliches drüber gelesen), also total verpeilt und verbummelt. Er schafft es teilweise nicht, im Keller Getränke zu holen. Bis er die 2 Stockwerke runter gelaufen ist, hat er vergessen, was er holen soll. Bei den Hausaufgaben braucht er ständige Kontrolle und seine Noten sind unter aller . . . Am schlimmsten fand ich auf seinem Zeugnis (abgesehen von der 5 in Sozialverhalten) die 4 in Sport. Er hatte noch nie schlechter als 2 und ist eigentlich fit wie ein Turnschuh. Er ist allerdings teilweise sehr unkoordiniert und hat eine ganz, ganz schlechte Feinmotorik.
    Die 5 in Sozialverhalten kommt daher, dass er in der Schule extrem aggressiv wird, andere Mitschüler beschimpft und konstant ärgert und sich auch in so ziemlich jeder Pause prügelt. Zum Ende des Halbjahres gab es nun eine Klassenkonferenz wegen des schlechten Benehmens. Das Ergebis: Er darf an keiner Klassenveranstaltung mehr teilnehmen. Er wird von jeder Fahrt, jedem Ausflug, allem, was die Klasse von der Schule aus unternimmt ausgeschlossen. In zwei Wochen ist eine Anhörung in der Schule, da werde ich auch hingehen. Bis dahin muss ich hier alles auf die Reihe bringen um dann zu versuchen, das ganze wieder rückgängig zu machen, bzw. das Strafmaß zu mindern. Mit Ausschluss ist ihm ja auch nicht geholfen.
    So aggresiv kenne ich meinen Sohn auch nicht. Und jeder, der ihn kennt, und dem ich das erzähle ist total vor den Kopf gestoßen. Er ist ein ruhiges, stilles Kind, kann sich gut mit sich alleine beschäftigen, ist höflich und hilfsbereit und kann (besonders für einen Jungen) ganz toll mit kleinen Kindern umgehen.
    Ich bin alleinerziehend und mein Ex-Mann wohnt im Ausland und hat wenig Kontakt zu seinen Kindern. Das heißt, es hängt alles an mir. Ich habe Glück, dass meine Eltern noch fit genug sind, um mir zu helfen. Wenn ich arbeite, geht er nach der Schule zu meinen Eltern und meine Mutter beaufsichtigt seine Hausaufgaben.
    Er bekommt seit ein paar Monaten Ergo-Therapie und geht auch gerne dort hin. Aber das alleine hilft nicht. Ich will heute noch zu unserer Kinderärztin und mit ihr darüber reden, ihn auf Medikamente zu setzen. Meine Mutter ist der Meinung, es würde helfen, wenn er die Schule wechselt und auf eine reine Hauptschule geht. Aber das macht seine Verpeiltheit und Vergesslichkeit auch nicht besser . . . Ich finde Medikamente auch nicht prickelnd, aber ich bin der Meinung, dass es die richtige Lösung ist.


    Als wir die Diagnose bekommen haben und ich das meinen Eltern und Geschwistern gesagt habe, war es, als hätte ich etwas unanständiges gesagt. Wie konnte ich mich wagen, zu sagen, dass mein Sohn ADS hat. Das bilde ich mir alles nur ein. Was weiß die Ärztin denn schon. Und wag dich und stopf den Jungen mit Tabletten voll! Also haben wir es mit viel Geduld und Ergo-Therapie versucht. Aber das alleine hilft nichts. Jetzt habe ich doch tatsächlich das Wort Medikamente in den Mund genommen. Aber ich weiß einfach nicht mehr, wie es weitergehen soll. Ich bin fertig mit den Nerven und meine Sohn erst recht. Der ist so voller Frust . . . Und ich weiß ganz genau, wenn ich ihn auf Tabletten setzen lasse ist bei uns in der Familie Polen offen. Ich muss mich dann nämlich rechtfertigen, weil ich eigentlich nur das Beste für meinen Sohn will. Und der Meinung bin, dass er auf der Hauptschule auch nicht besser aufgehoben ist. Er ist nicht doof sondern er kriegt es einfach nicht auf die Reihe.


    Ich suche andere Eltern, mit den gleichen Problemen. Was habt ihr nach der Diagnose gemacht? Wie ist es euch ergangen? Was sind eure Erfahrungen mit Ergo-Therapie, Medikamenten, anderen Therapien? Was sind die Möglichkeiten? Wie hat eure Familie auf die Diagnose reagiert?
    VIELEN DANK für euer Feedback!

  • Ich weiß nicht ob ich dir wirklich helfen kann. Meine Tochter ist noch nicht so alt, wenn auch auf jeden Fall betroffen. Aber ich bin auch betroffen (und meine Eltern und und und, aber ich bin die erste mit Diagnose). Erstens: Tu auf gar keinen Fall deinen Sohn auf die Hauptschule, wenn er von der geistigen Fähigkeit aufs Gymnasium gehört! Ich hatte Gott sei Dank nie wirklcih Probleme mit Noten, aber es ist total frustrierend, wenn man einfach merkt, dass man von der Intelligenz das alles locker schaffen könnte, es aber einfach nicht schafft! Und da hilft ganz sicher nicht, auf eine andere Schule zu wechseln.


    Nach meiner Erfahrung: Ergo, Verhaltenstherapie oder ähnliches ist hilfreich. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass jemand mit ADHS bzw ADS auf Dauer sein Potential nur ausschöpfen kann, wenn man Medikamente nimmt. Ich habe eine Menge guter Kompensationsstrategien und bla bla bla, aber wirklich zufrieden bin ich mit mir und meinen Leistungen nur, wenn ich Medikamente dazu nehme. Ansonsten komme ich immer wieder an den Punkt, wo ich mir selber im Weg stehe, wo ich Dinge, die ich eigentlich will, nicht auf die Reihe kriege, wo mich Kleinigkeiten in die Verzweiflung treiben.


    In sofern würde ich dich dazu ermutigen, Medikamente auszuprobieren.


    Ach ja, meinen Eltern habe ich übrigens bis heute nichts von meiner Diagnose erzählt. Sie würden mir wer weiß was erzählen. Keine Ahnung, wie ich das mal hädel, wenn meine Maus Medis braucht. Die Brücke überquere ich, wenn ich davor stehe.

    Immer auf Fettnäpfchensuche...


    Chaosqueen mit Chaosprinzessin ( #female 3/13)