Suche dickes Fell oder: Wie lass ich es nicht an mich ran.

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  • Liebe Raben,


    Aus aktuellem Anlass muss ich mal über mich selbst jammern. Seit meiner Schwangerschaft reagiere ich sehr sensibel auf Situationen, in denen Kinder in meinen Augen unfair, von oben herab behandelt oder schlicht ignoriert werden. Heute beim Einkaufen war eine Frau mit Winzbaby im Kinderwagen. Das Baby begann langsam zu weinen (Ich reagiere auch besonders auf Weinen), die Mutter suchte seelenruhig im Regal nach irgendetwas. Okay, sucht sie es eben noch und kümmert sich dann um ihr Kind- nix da. Das Baby wurde immer lauter und in mir zitterte es. Schon vom bloßen Aufschreiben bekomme ich Magengrummeln. Die Frau beachtete ihr kläglich bitterlich weinendes Baby mehrere Minuten nicht, während ich an der Kasse starr vor Unwohlsein wahr, mein Freund fragte mich mehrfach irgendetwas und aus Wut und Hilflosigkeit blaffte ich ihn nur an. Ich hatte nicht die Kraft die Frau zu Fragen, ob alles in Ordnung ist. Die ganze Situation ging sicher über 5 Minuten- für das Baby sicher eine Ewigkeit... Und ich fühle mich so schuldig nicht gehandelt zu haben- aber hätte es etwas geändert? Die Frau wirkte sehr gelassen, fast als wäre sie taub gewesen.
    Ich kann die Ignoranz einfach nicht verstehen, es macht mich einfach fertig. Solche Situationen wie diese lassen mich dann länger nicht mehr los. Ich kann das Geschehene sehr schwer abspalten. Mir tut auch das Kind leid, welches in der Straßenbahn zum Stillsein genötigt wird, sonst gibt es kein Abendbrot, mir tut das Kind leid, welches von seiner Mutter böse abgesehen wird und sich anhören muss :"Orrr, halt endlich deine Klappe.", dabei fragte es nur, wann denn die Haltestelle erreicht sei...
    Ich weiß gar nicht so recht, wie ihr mir helfen könntet, aber gibt es irgendwelche Gedanken, die mir solche unabänderbaren Zustände etwas erträglicher machen können? Danke erstmal fürs Lesen ..

  • Wenn es dich so mitnimmt - doch die Frau ansprechen? Oder das Baby selbst?


    Und möchtest du denn wirklich so ein "dickes Fell"? Dickfelligen Menschen ist ja auch das Geheul ihres eigenen Babys egal ...


    Hagendeel

  • Ich lasse dann immer meinen Senf im Vorbeigehen los!
    "Kann man denn nicht mal ein weinendes Baby trösten".......
    "Wahnsinn wie manche Mütter ihre weinenden Babys ignorieren können"
    "Das Baby kann einem echt leid tun"


    Aber nur wenn es offensichtlich ist, dass die Mutter gemütlich schoppt und der Zwerg eigentlich mama braucht und ignoriert wird.
    Ich kann das nicht!
    Ich würde da am liebsten immer selbst das Baby auf den Arm nehmen.

    Wenn du nach dem Menschen suchst, der dein Leben verändert,
    Dann schaue in den Spiegel.

  • Die Babysitustion wäre eine der wenigen, wo ich hätte handeln können/müssen. Aber der Rest ist schwieriger, da dieses Verhalten für so viele als normal gilt- so erzieht man halt seine Kinder. Umgekehrt würde ich es auch komisch finden, wenn mich jemand auf meine respektvolle Art mit Kindern zu sprechen negativ anspricht.. Ach. Dickeres Fell meint eher: meine Hilflosigkeit nicht in Wut werden zu lassen- oder so. (Das erinnert mich an die ewige Frage: Soll ich jemanden ansprechen, weil er sein Kind im BB trägt? - Nein, denn keine Beratung ohne Auftrag.)


    Edit, weil die Telefontastatur mit meinen Fingern selten kompatibel ist.

  • Oh jee..das kann ich verstehen. Ich bin auch oft hormonell besonders empfindlich.
    Allerdings wünsche ich mir oft auch das die Leute einzelne szenen aus unserer Familie einfach mal nicht deuten. :)

  • Hm, ich finde so etwas immer ein bisschen schwierig. Denn die Haltung, die hinter dem "das arme Kind-Gefühl" steckt, ist ja die, dass man die Handlungen der anderen Eltern mit dem eigenen Wertesystem abgleicht und dann als falsch bewertet. Dazu interpretiert man in eine Situation (Kind wird scheinbar unbeachtet schreien gelassen) eine Wertung (Mutter ignoriert das arme Kind absichtlich, die Gefühle des Kindes sind ihr egal), die zwar stimmen kann, aber nicht muss. Denn man kennt ja nie den gesamten Kontext sondern sieht nur einen kleinen Ausschnitt. Im beschriebenen Beispiel könnte es ja auch sein, dass die Mutter das Baby einfach nicht beachten kann, weil sie sich dringend selbst abgrenzen muss in dem Moment, warum auch immer.


    Deshalb finde ich auch ansprechen schwierig und Kommentare im Vorbeigehen sogar ziemlich fies (die sorgen ja nur dafür, dass man sich selbst etwas besser, weil nicht ganz hilflos, fühlen kann. Die Mutter, die ggf. gerade in einer echt schwierigen Situation ist, wird dadurch vielleicht noch zusätzlich getroffen). Wenn ansprechen, dann nur mit einem echten Hilfsangebot und ohne (unausgesprochene, aber spürbare) Vorwürfe. Man könnte ja z.B. fragen, ob man bei der Produktsuche helfen kann, damit die Mutter sich um das Baby kümmern kann. Oder man kann einfach abwarten, bis das eigene Kind größer wird. Meiner fragt jetzt immer, wenn er ein Kind weinen hört, warum es denn weint, ob es getröstet wird etc.. Und zwar so laut, dass die Eltern es zumeist hören - und sich dann tatsächlich dem Kind zuwenden und trösten, das ist also sehr effektiv;-).


    Tja, das schreibt sich so leicht - natürlich geht es mir auch oft so, dass ich andere Eltern sehe und denke, dass der Umgang mit dem Kind unschön, respektlos, ja, falsch ist. Aber, wie geschrieben, ich versuche dann mir klar zu machen, dass 1. ich nicht das Recht habe, andere zu bewerten (denn meine Überzeugungen sind ja nicht das Maß der Dinge für andere) und ich 2. ja nur einen ganz kleinen Ausschnitt sehe. Und, naja, nach einem langen Tag mit einem quirligen zweieinhalbjährigen kann es auch mir passieren, dass ich mal nicht ganz so geduldig und verständnisvoll reagiere - deshalb gelingt es mir immer öfter, mit etwas Verständnis auf Eltern zu blicken, die sich gerade nicht "rabenkonform" verhalten. Natürlich nur, so lange es sich in dem von Dir beschriebenen "so erzieht man hier eben Kinder-Rahmen" bewegt, bei offensichtlicher (psychischer oder physischer) Gewalt sähe das anders aus...


    Noch zu der ewigen BB-Frage: noch vor einem Jahr hätte ich auch gerne jeden angesprochen, der sein Kind in so einem Teil - am besten noch faceout - trägt. Inzwischen freue ich mich sogar fast, denn hey, das Kind wird immerhin getragen! Und so lange, dass es ernsthaft orthopädischen Schaden nehmen könnte, hält wohl fast kein Tragender das wohl eher unbequeme Ding aus;-).

    Kinder erfordern ein dickes Fell - aber ein ganz weiches

  • Das muss noch hinterher, denn irgendwie liest sich mein Post so unfreundlich: mir ist total klar, dass das alles unbewusst abläuft und man in der Situation quasi instinktiv "angepiekst" wird. Babyweinen ist ja quasi ein Trigger und hat auch mir manch Milcheinschuss beschert;-). Aber sich dann eben klar zu machen, dass man die Situation und vor allem das dahinter stehende Eltern-Kind-Verhältnis rational / objektiv eben nicht so klar bewerten kann, hilft zumindest mir aus dieser schlechtes-Gefühl-Spirale ganz gut raus.

    Kinder erfordern ein dickes Fell - aber ein ganz weiches

  • Mir ist es einmal in ähnlicher situation passiert, dass ich von gutmeinenden passanten darauf angesprochen wurde, dass baby eeint, ob sie helfen könnten. Ich hatte due nacht nicht geschlafen, war geduldsmässig am ende und fand mich selber fies dabei, baby heulen zu lassen. Und der kommentar, ob hilfe notug sei, hat mich dann vollends zum dekompensieren gebracht. Ich hab mich jetzt richtig mies gefühlt. Futmenschen waren das letzte was ich da brauchen konnte

  • Mir geht's grad ähnlich. Ich bin schwanger und jedes weinende baby oder Kind etc ist für Mich ganz schwer zu ertragen. Ich glaube aber wirklich das man sich abgrenzen muss. Selbstschutz ist wichtig und mitzuleiden hilft nicht wirklich. Zumindest so massiv wie du es beschreibst. Allerdings ist die Schwangerschaft ja schon ein Ausnahmezustand und Hormonbedingt vielleicht nicht so zu vergleichen mit Situationen in denen man nicht schwanger ist. Abgrenzen heißt für mich auch nicht gefühlskalt zu sein/zu werden. sondern schlicht sich selber schützen zu können.


    Meine große hat auch manchmal im tragetuch geweint und mich haben immer alle angeglotzt. das war echt schrecklich. Ich habe mich Eh schon grauenhaft gefühlt. Mein einziger Trost war, dass ich sie nah bei mir hatte. Es hat etwas gedauert bis ich raus fand das sie einfach mit Mama im Bett kuscheln wollte und nicht im tragetuch rumgetragen wie mir die hebamme riet.


  • Die Äußerungen finde ich ganz schön übergriffig! Und null hilfreich!


    Das Einzige, wo ich persönlich unfreundlich werde, ist, wenn jemand sein Kind schlägt. Bei einem weinenden Baby gibt es ja wirklich tausend Möglichkeiten , wie die Situation zustande kommen kann- auch wenn es für dich eindeutig aussieht!


    Was hab ich bei meinem Schreibaby damals die (sicher gutgemeinte) Frage gehasst: "was hat sie denn?" Da hätte ich am liebsten rausgebrüllt: "Ich weiß es nicht!!!!"
    Und Kommentare wie "das arme Kind!" Haben dazu geführt, dass ich gar nicht mehr rauswollte...


    Was in so einer Situation hilft, ist individuell. Für dich erstmal als Akutmaßnahme: die Situation verlassen, wenn es geht!


    Der Mutter gegenüber würde ich höchstens irgendwas nettes sagen. So dass sie - wenn sie wirklich vor lauter Kauflust ihr Baby ignoriert- wieder daran erinnert wird; aber falls es eben nicht so ist: dass sie merkt, dass auch andere wissen, dass es nicht immer leicht ist mit Winzling.


    Mir hat mal ein älterer unbekannter Mann gesagt: "so war meine erste Tochter auch! Keine Angst, es wird leichter!" Das war nur so im Vorbeigehen, aber das kam so ehrlich, dass ich fast losgeheult hätte :)

  • Denn man kennt ja nie den gesamten Kontext sondern sieht nur einen kleinen Ausschnitt. Im beschriebenen Beispiel könnte es ja auch sein, dass die Mutter das Baby einfach nicht beachten kann, weil sie sich dringend selbst abgrenzen muss in dem Moment, warum auch immer.


    Das stimmt natürlich- deshalb bin ich wohl auch nicht hingegangen. Wenn ich es doch getan hätte, dann auch sicher niemals vorwurfsvoll oder besserwisserisch. Ich hätte sie wahrscheinlich gefragt, ob alles in Ordnung ist oder man behilflich sein kann.


    dass 1. ich nicht das Recht habe, andere zu bewerten (denn meine Überzeugungen sind ja nicht das Maß der Dinge für andere) und ich 2. ja nur einen ganz kleinen Ausschnitt sehe.


    *unterschreib* - wenn die ersten Emotionsflut vorüber ist (heute...), kommen auch diese Gedanken an mich heran. Mein Kind hat eine Zeit lang im TT auch immer geweint, bevor es einschlief. Grad in der Straßenbahn hat mich mal eine ältere Dama mehr oder minder angesprochen und meinte :" Das arme Kind bekommt ja keine Luft... viel zu eng da..." - danach hab ich mich auch schlecht gefühlt und auch so, als müsse ich mich jetzt für mein weinendes Kind rechtfertigen bzw. dafür, dass ich das Kind in dieses "schreckliche Ding" gepackt habe und somit für das Weinen selbst verantwortlich sei...


    denn irgendwie liest sich mein Post so unfreundlich


    Empfand ich so gar nicht- fande den Text hilfreich, gerade den letzten Satz!

    Für dich erstmal als Akutmaßnahme: die Situation verlassen, wenn es geht!


    Das mach ich in den Fällen, wo es geht.

    Abgrenzen heißt für mich auch nicht gefühlskalt zu sein/zu werden. sondern schlicht sich selber schützen zu können.


    Gut definiert- diese Fähigkeit wird wahrlich durch den Hormonhaushalt eingeschränkt-


    ich danke euch für eure Gedanken, das hilft #ja

  • Ich finde den letzten post sehr hilfreich. Denn ja, man sieht wirklich nur einen Teil.
    Was mir aber helfen würde, und generell gut für alle ist:
    Wenn dein mann dabei ist, rede doch mal kurz mit ihm. Zumindest hinterher, damit dir nahestehende personen das wissen. Dann kann man kurz sagen: oh, das weinen kann kann ich nicht gut hören - oder wie auch immer. Denn man neigt sonst dazu nicht nur sich selbst, sondern auch der umwelt nochts gutes zu tun. Überspitzt dargestellt: du bekommst schlechte Laune, weil jemand anderes seine Kinder blöd behandelt, und bist deshalb in dem Moment deinem mann gegenüber schroff.
    Man macht also indirekt ein wenig das, was man selbst nicht gut findet: man ist ungerecht zu seiner umwelt.
    Verbünde dich lieber mit den menschen um dich herum. Mit deinem Mann - später vielleicht sogar mit deinem kind (das geht auch ohne gegen andere zu *hetzen*, ich botschaften und dergleichen erleichtern das). Dann geht es einem zumindest partiell besser und man bleibt nicht in seinen eigenen hormonen *gefangen*.

    Nichts ist so gewöhnlich, wie der wunsch außergewöhnlich zu sein (Shakespeare)

  • Zitat

    Das muss noch hinterher, denn irgendwie liest sich mein Post so unfreundlich: mir ist total klar, dass das alles unbewusst abläuft und man in der Situation quasi instinktiv "angepiekst" wird. Babyweinen ist ja quasi ein Trigger und hat auch mir manch Milcheinschuss beschert;-). Aber sich dann eben klar zu machen, dass man die Situation und vor allem das dahinter stehende Eltern-Kind-Verhältnis rational / objektiv eben nicht so klar bewerten kann, hilft zumindest mir aus dieser schlechtes-Gefühl-Spirale ganz gut raus.



    Also bei mir ist es als Schwangere derzeit tatsächlich so das es egal ist warum das Baby weint. Auch wenn ich sehe das die Eltern sich aktiv darum bemühen das weinende Baby zu beruhigen kann ich das Grad einfach nicht ertragen. Sind eindeutig die Hormone. Wenn ich kann verlasse ich sofort den Ort. Geht leider nicht immer.