Rückfälle bei emotionaler Belastung

Liebe interessierte Neu-Rabeneltern,

wenn Ihr Euch für das Forum registrieren möchtet, schickt uns bitte eine Mail an kontakt@rabeneltern.org mit eurem Wunschnickname.
Auch bei Fragen erreicht ihr uns unter der obigen Mail-Adresse.

Herzliche Grüße
das Team von Rabeneltern.org
  • Unser großer Spezialist, 5 Jahre alt, kriegt heute Abend zum ersten mal seit mehr als einem Jahr wieder eine Windel angezogen. Ich finde das nicht optimal und bitte Euch um Ideen, wie wir ihm besser helfen können.


    Zur Vorgeschichte:
    Im Sommer vor zwei Jahren legte er stundenweise die Windel ab, sagte Bescheid und pieselte ins Töpfchen oder ließ sich abhalten. Im Lauf des Herbstes und Winters wurde er ganz sauber und trocken - zuerst daheim tags, dann nachts, zuletzt auch im Kindergarten und auf Reisen.
    Vor anderthalb Jahren begann mein Mann, auswärts zu arbeiten und nur an den Wochenenden daheim zu sein. Der Spezialist brauchte daraufhin wieder Windeln, tags und nachts. Im Kindergarten wickelten sie ihn aus und zogen ihm Unterhosen an, die beim Abholen total vollgesch... waren, bis ich kräftig auf den Putz haute und jede Erzieherin ein mal um Wickelhilfe bat. Danach durfte er seine Windeln tragen. Nach ein paar Monaten wurde er wieder sauber, meist auch trocken und läuft seitdem komplett ohne Windeln.
    Im Frühling dieses Jahres wurde klar, dass wir an den Arbeitsort meines Mannes ziehen. Diese Nachricht führte beim Spezialisten in vielen Bereichen zu einem Entwicklungsrückschritt um anderthalb Jahre: in der Sprache, den Interessen, der Feinmotorik und auch in der Sauberkeitsentwicklung. Ich hatte aber keine Stoffwindeln in seiner Größe, Wegwerfwindeln vertrug er schlecht, also gab es halt mehr Wäsche zu waschen. Die Haufen landeten auch sehr bald wieder in der Toilette, und es blieben drei nasse Hosen täglich, meist ohne große Pfütze. Damit können wir leben. In den meisten Nächten wachte er mit ein paar Tröpfchen in der Unterhose auf, ging zur Toilette, zog sich trockene Sachen an und schlief weiter. Auf Ausflügen und Besuchen ist er fast durchgehend trocken, so dass es keine Hänseleien oder peinliche Fragen gab. In allen Bereichen ausser der Blasenkontrolle ist er inzwischen wieder bei seinem eigentlichen Alter angekommen. Bei den U-Untersuchungen wurden immer auch Urinproben untersucht, die alle völlig OK waren. Außerdem ist der Spezialist ja auf Reisen trocken: organisch sollte alles in Ordnung sein.


    In dieser Woche begann am neuen Wohnort der Kindergarten. Beide Jungs sind in der selben Gruppe, fühlen sich wohl und ich konnte am dritten Tag schon komplett weg bleiben (war ausser Sicht in Hörweite). Es gab keine Träne, sie spielen mit den anderen Kindern, reden auch mit den Erzieherinnen: es ist alles fein. Nur, dass der Große jede Nacht das Bett komplett nass pieselt. Wir haben eine wasserdichte Schicht auf der Matratze und waschbare Bettdecken, aber trotzdem geht es so nicht. Heute früh sagte ich ihm, dass es heute Abend für ihn wieder eine Wegwerfwindel gibt. Er freute sich!
    Ich sagte gleich, dass wir das nur für ein paar Nächte machen und er beim Abendessen so viel trinken soll, dass er abends am Bett kein Trinkwasser mehr braucht - aber erst mal soll er wieder in Ruhe schlafen können, und wenn es dafür jetzt Windeln geben muss, dann ist das halt so.
    Aber wie schaffen wir es, dass er seine Gefühle so zu äußern lernt, dass er auf Belastungen eben nicht pissen muss, und das auch noch nachts?


    Wir pflegen einen liebevollen, klaren und gelassenen Umgang mit einander, haben klare Regeln, Tagesstrukturen und zum Bettgehritual gehört, dass wir noch mal die Ereignisse des Tages erzählen und alle schwierigen Situationen dabei zu einem guten Ende bringen. Es gibt Vorlesebücher zu den wichtigen Themen - aktuell ein Kindergartenbuch und Jim Knopf (weil da ein Kind in liebevoller Begleitung hinaus in die Welt ins Abenteuer zieht). Speziell Jim Knopf wird immer wieder eingefordert. Wir sprechen auch über Gefühle und den richtigen Umgang damit, knuddeln oft mit einander und ich habe Zeit für beide Jungs. Aber es reicht anscheinend nicht!


    Wie können wir dem Spezialisten helfen?


    Lieben Gruß - Silbermöwe

    2 Mal editiert, zuletzt von Silbermöwe () aus folgendem Grund: Tippfehler

    • Offizieller Beitrag

    Ich würde ganz ehrlich nicht mal unbedingt "emotionale Belastung" im negativem Sinn hinter so einem Rückfall vermuten - sondern halte das für recht normal in dem Alter und bei spannenden Tagen. Mein Sohn schlief nach Schul/Kindergartentagen auch tiefer, aber ebenso auch nach tollen Ferientagen, an denen viel los war. Und dann reichte es nicht mehr, um rechtzeitig aufzuwachen.



    Unser Kinderarzt war da zum Glück extrem entspannt und meinte, dass es völlig normal ist in diesem Alter, sogar noch deutlich länger, übrigens und es absolut keinen Grund gäbe, das Kind zu plagen, wenn es mit Wegwerfwindeln auch zufrieden sei. Seine Einstellung ist also ganz klar, dass nächtliches Einnässen bis ins Schulalter NICHT pathologisch ist und auch nicht so behandelt we


    Ich persönlich bin da der Meinung, dass Ihr Eurem Kind schon alleine dadurch "helft", dass Ihr kein Drama draus macht und weiterhin Eure entspannte, liebevolle Atmosphäre pflegt. Euer Abendritual klingt sehr stimmig und gemütlich.


    Praktisch hat bei uns (ein klitzekleines bisschen) geholfen, dass wir ihn vor dem Abendritual auf die Toilette geschickt haben und danach noch einmal. Mehr haben wir nicht getan.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Ich finde es klingt sehr passend, wie ihr es gelöst habt. Ich denke, dass Kinder aufgrund ihrer Entwicklung stärker körperlich auf Veränderungen reagieren. Und auch als Erwachsene bin ich beim Start in eine neue Arbeitsstelle körperlich richtig erschöpft. Nach deinen Beschreibungen hat das Trockenwerden nach einer Übergangszeit ja dann wieder gut geklappt. Sodass ich mir vorstellen kann, dass es auch diesmal so läuft. Manche Kinder reagieren ganz gut darauf, wenn man so allgemeine Sachen sagt, wie, das ist aber viel neues gerade, also ohne eine weitere Erwartung zu formulieren, dass es für das Kind viele Veränderungen gibt oder zu das thematisieren, was du denkst, was am schwierigsten ist. Und dann würde ich versuchen, das Einnässen nicht als Mangel zu sehen, sondern als eine Form der Auseinandersetzung.
    Ein gutes Einleben dort.

  • Oh, ich kenne das ein bisschen... gleiches Alter, Problem hauptsächlich nachts. Nach dem Umzug habe ich ganz selbstverständlich eine Großpackung Windeln für mein Sohn gekauft. Die erste Nacht blieb die Windel trocken, auch die zweite Nacht... am dritten Abend sagte mein Sohn er sei schon groß und er braucht die nicht! Was soll ich sagen, KEINEN Unfall mehr! Jetzt geistert so eine volle Windelpackung bei uns rum... wenn Mama und Papa nicht mehr daran denken, dass es sich ändern könnte, dann überraschen einen die Kinder.
    Ich will damit sagen, wenn du dich erstmal damit abgefunden hast und der Druck weg ist kommen die Dinge von ganz allein. Es ist nur mega schwer zu glauben! #knuddel

    ~*~ Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem. ~*~


    MH5Yp2.png M8CJp2.png

  • Ihr Lieben, danke für den Trost und die Zuversicht!


    Talpa, bei und nach positiven, einfach nur interessanten Anstrengungen hat der Spezialist keine nassen Hosen und normale Nächte. Das ist es nicht. Rückfälle beim Trocken werden hatte er immer, wenn aussergewöhnliche Belastungen und große Unsicherheit auf ihn zu kamen - das schlägt ja auch manchen Erwachsenen auf die Blase.
    Er hat generell sehr spät angefangen, Gefühle in Worte zu fassen. Dass er sich ärgert, merkte ich lange daran, dass er seinem Bruder oder mir mit unbewegtem Gesicht weh tat. Inzwischen zeigt er auf mich und ruft "PENG!", kann schimpfen, weinen und enttäuscht sein: er ist dem Autismusverdacht entwachsen. Trotzdem kehrt er viele Emotionen nach innen, und dann läuft bei großen Belastungen eben die Blase über... Das ist auf die Dauer nicht gesund.


    Lina, es einfach so weiter laufen zu lassen fällt mir schwer, weil er seit einem halben Jahr zuhause täglich und allnächtlich nasse Hosen hat. Es wurde dieses mal eben nicht von allein wieder gut.


    Mama Miezemau, ich glaubte es bislang, aber es klappte nicht wie gedacht: Geduld, Liebe und Regelmäßigkeit waren dieses mal nicht genug. Bei Sommerwetter nackt im Garten zu spielen brachte das Bauchbewusstsein auch nicht zurück.


    Ich weiss einfach nicht, was unserem Kind sonst noch fehlt: körperlich kann er das längst. Die üblichen Vorschläge greifen nicht. Was können wir ihm noch gutes tun?

  • Dann hatte ich das falsch verstanden, aber du schriebst ja schon, dass er bei allen anderen Entwicklungsbereichen wieder altersgemäß entwickelt wäre.
    Hm, dann fällt mir nur ein, Zeit verstreichen zu lassen.

  • Inzwischen hat er uns die Antwort selbst gegeben. Eigentlich ist es ganz logisch. Ich lasse sie hier für andere, die das gleiche Problem haben:
    er möchte gerade gerne wieder klein sein.
    Dafür können wir ihm Gelegenheiten geben, das kriegen wir hin.


    Liebe Grüße - Silbermöwe

  • Inzwischen ist unser kleiner Spezialist wieder ein großer Fünfjähriger.
    Wir hatten ihm zusätzlich zur Nachtwindel noch ein Symbol für das Kleinsein gegeben: ein Lätzchen zum Essen. Außerdem nutzte ich Zappelchens Mittagsschlaf für die intensive Bemutterung des Spezialisten - kuscheliges Vorlesen, gemeinsame Gartenarbeit, wir haben ein Futterhäuschen aufgehängt und die Vögel beobachtet, solche Sachen eben.


    Und dann habe ich eine Sternchenkarte gemacht, als gerade ganz viel Action geplant war, so dass wir drei Tage lang auf Achse waren. Wie meist an solchen Tagen blieb er trocken und hatte drei Sternchen als Beweis, dass er eben doch Blasenkontrolle hat, wenn er will. Er biss an und begann, Sternchen zu sammeln. Es gab nicht täglich eines, aber meistens schon.
    Nach 2/3 der Sternchen, anlässlich einer nassen Hose, habe ich ihn mir lachend vorgeknöpft: "Du veräppelst mich! Kann es echt sein, dass du nur dann in die Hosen pieselst, wenn du Wechselwäsche greifbar hast!?" Er nickte lachend. Seither ist ganz viel Stress aus dem Thema raus und sein Wäscheverbrauch noch mal gesunken.
    Jetzt fehlen nur noch zwei Sternchen, dann bekommt er das Puzzle, welches seit Beginn dieses Punktesammelns auf dem Schrank steht. Ich bin gespannt, ob er anschließend wieder mehr Hosen nass macht oder sich an die Toilettengänge gewöhnt hat.


    Nachts braucht er noch Hilfe, er geht noch nicht wieder selbst auf die Toilette wenn er nachts muss. Trinkt er aber nach dem Abendessen nichts mehr, dann reicht es, ihn zurm Klo zu tragen, wenn ich ins Bett gehe. Dann ist er trocken bis zum Morgen. Die letzten Windeln liegen außer Sichtweite. Ich hoffe, sie nicht zu brauchen.


    Lieben Gruß - Silbermöwe

  • Leider muss ich diesen Strang wieder hoch holen.


    Im Lauf des Herbstes gab es gelegentlich mal eine nasse Hose. Über den Winter wurden es mehr, bis wir wieder bei drei Hosen täglich waren: wenn der Spezialist beschäftigt ist, mag er nicht zur Toilette gehen. Schickt man ihn, weil er schon mit verknoteten Beinen hüpft, dann trotzt er und geht erst recht nicht.


    Seit gut zwei Wochen ist erst gelegentlich, dann immer öfter auch Kacke in der Unterhose. Erst war es nur ein feuchter Pups, dann mehr... jetzt ist er bei 5 vollgeschissenen Hosen täglich. Er sagt, er merke nicht, wann er müsse. Seit einer Woche, nachdem er sagte, dass die Toilettengänge seine Verantwortung seien, schicken wir ihn nicht mehr und helfen ihm nur, wenn er uns ruft. Das führt aber nur dazu, dass er öfter hört, er müsse sich jetzt umziehen, weil die Hose nass sei und rieche.


    Es gibt keine neue psychische Belastung. Körperlich wirkt er fit, hat einen gesegneten Appetit. Seelisch ist er lebhaft, neugierig, ausgeglichen und geht gern in den Kindergarten, zum Sport, auf den Spielplatz und wieder heim.


    Ich finde keinen Grund oder Anlass für diesen Rückschritt und habe für morgen Vormittag einen Arzttermin ausgemacht. Habt Ihr Ideen, was ich den Arzt fragen könnte, damit der nach allen wahrscheinlichen Ursachen schaut?

  • Das klingt nach Verstopfung mit "Überlaufen". Evtl. Ist das auch der Grund, dass er die Blasenfüllung nicht richtig einschätzt.
    Was hat denn der Arzt gesagt? Per Ultraschall kann er ja leicht nach einer Verstopfung schauen.

    LG
    blue


    "Manche Menschen haben einen Gesichtskreis vom Radius Null und nennen ihn ihren Standpunkt." (David Hilbert)

  • Der Arzt fragte nach dem Problem, dem Gesamtbefinden und der Vorgeschichte, tastete den Bauch ab und schaute, ob der Schließmuskel tut, was er soll. Das Kind ist normalschlank, sein Bauch ist weich, eine Verstopfung müsste man tasten können. Da ist aber nichts: er befand den Spezialisten für körperlich komplett gesund und bot uns eine Überweisung zum Kinderpsychologen an.


    In diesem Gespräch stellte sich heraus, dass es mein Kind überhaupt nicht stört, mit nasser Hose und Kacke am Po herum zu laufen. Die Toilettengänge empfindet er als lästige Pflicht, vor welcher er sich gern drücken würde. Was tut man mit einem Fünfeinhalbjährigen, der kein Interesse daran hat, sauber und trocken zu werden?


    Ich fragte ihn, ob wir mit diesem Problem, wie vom Arzt vorgeschlagen, zum Seelendoktor gehen sollten. Er schüttelte energisch den Kopf. Jetzt haben wir eine neue Sternchenkarte gemacht und ein Puzzle gekauft, welches er sich sehr wünscht. Wir haben vier Wochen Zeit bis zur U-Untersuchung von Zappelchen und dem gleichzeitigen Impftermin für beide Kinder: entweder es ist bis da hin deutlich besser, oder ich mache doch den Psychologentermin.


    Heute Vormittag im Kindergarten blieb er sauber und trocken. Nachmittags versuchte er energisch, weder in die Hosen zu machen noch auf die Toilette zu gehen. Das klappte natürlich nicht - aber heute erwischte es nur einen Satz Hosen, nicht fünf wie in den letzten Tagen. Wir besprachen das kurz beim Ins-Bett-bringen. Der Spezialist sagte selbst, dass er morgen aufs Klo gehen müsse, wenn seine Blase voll sei oder es ihn drücke.


    Mal sehen, wie das weiter geht.


    Liebe Grüße - Silbermöwe

  • Er hat drei Tage lang die Verantwortung an mich delegiert: ich sollte sagen, wann er aufs Klo gehen soll. Er ging dann auch tatsächlich ohne großen Aufstand und hat prompt wieder normalen Stuhlgang. Wir besprechen jeden Abend, wie es ihm mit den Toilettengängen und der Sauberkeit erging und wie er es am nächsten Tag halten will - gestern sagte er, ich solle ihn heute nur fragen, ob er müsse, er wolle das selbst entscheiden. Im Großen und Ganzen lief das gut, nur zwei mal klappte es nicht, eines davon war beim Kinderturnen (ohne Eltern). Leider spart der Spezialist am Trinken, um seltener aufs Klo zu müssen.
    Morgen will er weder geschickt noch gefragt werden. Ich darf den Küchenwecker in regelmäßigen Abständen klingeln lassen, das ist alles. Es ist noch ein weiter Weg...

  • Hallo Silbermöwe,
    Hast du es schon mal unterstützend mit Bachblüten probiert? Man darf zwar damit auch keine Wunder erwarten, aber sie können ihm dabei helfen.

  • Bachblüten haben wir noch nicht versucht, wir Eltern sind davon auch nicht sonderlich überzeugt.


    Langsam wird es besser, an den meisten Tagen bekommt er zwei von drei möglichen Sternchen. Es stellt sich aber auch heraus, dass es dem kleinen Spezialisten schwer fällt, sich selbst zu spüren. Wenn er sich darauf konzentriert, dann merkt er seinen inneren Füllstand, aber am Tag vor Ausbruch einer Infektion geht alles in die Hosen. Das war bei ihm schon immer so, auch in den vergangenen "Trockenzeiten".
    Die Feinmotorik und Auge-Hand-Koordination sind für ihn auch sehr schwierig. Wir werden bei dem Arzttermin um ein Ergotherapierezept bitten, um ihm bei der Selbstwahrnehmung zu helfen.