Clausnitz...

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    • Offizieller Beitrag

    Klar, niemand kann was für seinen Namen. Aber als ich das las - den Namen des Heimleiters und die Busaufschrift in Kombi mit den anderen Dingen - dachte ich zuerst an eine bitterböse Satire aus dem Postillon.

    Katrin, die Verteidiger von Beate Tschäpe heißen Sturm, Stahl und Heer. Es wäre fast schon lustig, wenn es ein Witz wäre...



    Zum eigentlichen Thema: Ich kann gar nicht so eloquent diskutieren gerade. Ich hänge seit Wochen in einer Schleife aus Fassungslosigkeit. Ich war nämlich wirklich so naiv, ein paar Jahre lang zu glauben, dass Nazis nie wieder eine Stimme haben könnten in Deutschland. Also, keine solche. Keine salonfähige.
    Wenn ich solche Videos wie das hier diskutierte sehe und die Angst dieses Kindes so greifbar ist, könnte ich nur noch heulen.


    Und wenn ich dann die Pressekonferenz sehe, könnte ich kotzen.

  • Katrin, die Verteidiger von Beate Tschäpe heißen Sturm, Stahl und Heer. Es wäre fast schon lustig, wenn es ein Witz wäre...

    ...in dem Fall, hat Beate Tschäpe sich aber selber die Verteidiger so ausgesucht. Die Namen waren für sie Programm - und als bewusste Provokation gedacht (wenn ich ich das richtig mitbekommen habe). Letztlich war sie dann aber wohl doch nicht so glücklich mit ihrer Wahl...

  • Sie mögen Angst haben. Okay. Aber ea gibt intelligente Menschen, die nuten diese Angst bewusst aus um sich eine Machtposition zu schaffen. Darin sehe ich eines der größten Probleme. Es gibt Arschlöcher, die das ausnutzen

    Ja, das stimmt. Das schrieb ich auch, dass diese mitlaufenden Leute jemanden "brauchen", der ihnen sagt, wo's lang geht, was richtig und was falsch ist. Eben die "Arschlöcher", die Du nanntest, Sektenführer, Despoten, Indoktrinierer, Tyrannen, Lobbyisten, etc.


    Wo also ansetzen ?


    Den "Führern" den Mund verbieten ? Ist schwierig in einer Demokratie mit Meinungfreiheit. Die wissen ganz genau, welche Äußerung strafbar ist und welche nicht. Die wissen ganz genau, wie groß die Grauzone ist, in der sie sich bewegen.


    Oder den Mitläufern (also ein nicht unwesentlicher Teil unserer Bevölkerung) die Verantwortung für ihr eigenes Handeln zurück geben ? Aber wie ?
    Und nehmen sie die Verantwortung über zurück, nehmen sie die überhaupt an ? Können sie zu ihren Taten stehen und die Verantwortung dafür übernehmen ?
    Lernt man das nicht bereits als Kind und Jugendlicher ?
    Kann man als Erwachsener diese verpassten Lektionen noch nachholen ? Wenn ja, wie, wenn man kaum Werte vorgelebt bekommen hat ?


    Sehr schweres Thema... ich muss oft an "Arschloch" von den Ärzten denken... das Lied ist brandaktuell und das, obwohl es doch schon recht "alt" ist.


    http://www.allthelyrics.com/de…121412.html#ixzz40qKEPSsY


    "Du bist wirklich saudumm,
    Darum geht's dir gut.
    Hass ist deine Attitüde,
    Ständig kocht dein Blut.
    Alles muss man dir erklären,
    Weil du wirklich gar nichts weißt.
    Höchstwahrscheinlich nicht einmal,
    Was Attitüde heißt.
    Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe,
    Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit.
    Du hast nie gelernt dich zu artikulieren
    Und deine Eltern hatten niemals für dich Zeit.
    Ohoho, Arschloch!
    Warum hast du Angst vorm Streicheln?
    Was soll all der Terz?
    Unterm Lorbeerkranz mit Eicheln,
    Weiß ich, schlägt dein Herz.
    Und Romantik ist für dich
    Nicht bloß graue Theorie,
    Zwischen Störkraft und den Onkelz
    Steht ´ne Kuschelrock-LP!
    Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe,
    Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit.
    Du hast nie gelernt dich zu artikulieren
    Und deine Eltern hatten niemals für dich Zeit.
    Ohoho, Arschloch!
    Weil du Probleme hast, die keinen interessieren,
    Weil du Schiss vorm Schmusen hast,
    Bist du ein Faschist.
    Du musst deinen Selbsthass nicht auf andere projizieren,
    Damit keiner merkt, was für ein lieber Kerl du bist!
    Ohoho!
    Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe,
    Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit.
    Du hast nie gelernt dich zu artikulieren
    Und deine Freundin,die hat niemals für dich Zeit.
    Ohoho, Arschloch! Arschloch! Arschloch!"



    LG,
    Anne

    "Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt, der lasse sich begraben" ~ Johann Wolfgang von Goethe

  • wenn ihr so schön zitiert, dürfen kraftklub nicht fehlen (jemand aus der Region, die sich sehr klar positionieren!)



    Und selbst wenn alles scheiße ist, du pleite bist und sonst nichts kannst
    dann sei doch einfach stolz auf dein Land
    Oder gib die Schuld ein paar anderen armen Schweinen
    Hey wie wäre es denn mit den Leuten im Asylbewerberheim

    Wikinger 03/15
    Wochenendbesuchsdame - Rübchen 01/10

  • Angst lässt erstarren, fliehen, kämpfen- aber da war eiskalte Entschlossenheit und einfach nur Ekel und Hass.

    Stimmt.
    Und Angst entspringt zusätzlich aus dem Gefühl von Bedrohung, dem Gefühl, dass da jemand stärker, besser, schneller ist, als man selbst. Also bekämpft man den, so weit man kann, "entmenschlicht" ihn, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass das gegen alles geht, was man so als zivilisierten, demokratischen und sozialen (meinetwegen auch christilichen - darauf beruft sich ja Pegida) Konsens kennt.


    Ich schrieb ja, mit Ratio ist dem nicht beizukommen.
    Das weiß jeder von uns, der extreme Angst vor Spinnen hat oder vor Geistern oder vor irgendwas Profanem. Jeder der Panikattacken hat, weiß, dass die Bedrohung nicht real ist und doch ist das Gefühl so stark, dass es körperliche Symptome hervorbringt und Menschen in ihrer Lebensqualität extrem hemmen kann.


    Und genau deswegen, Dreamnight, wird das auch nie klappen (krieg das Zitieren gerade nicht hin):
    "Ich habe nämlich noch nie erlebt, dass ich mit Argumenten, die ja auch Angst entkräften könnten, auch nur einen Millimeter weit gekommen wäre."
    Das ist genau meine Aussage. Das wird nicht klappen, weil es gar nicht klappen KANN. Der Ansgt ist mir Ratio nicht beizukommen.
    Das geht nur über das Gefühl. das Gefühl, dass man sich eben nicht mehr bedroht zu fühlen braucht, dass man sicher ist und dass es einem gut geht und auch weiterhin eghen wird. Und eben dieses Gefühl haben diejenigen nicht.
    Warum nicht ???


    LG,
    Anne

    "Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt, der lasse sich begraben" ~ Johann Wolfgang von Goethe

    2 Mal editiert, zuletzt von Annie ()

  • Das hier wurde in meiner Facebook-Timeline geteilt, ich zitiere es mal "fyi", wie man bei uns auf der Arbeit schreiben würde:



  • Zitat von sandra

    Ich war nämlich wirklich so naiv, ein paar Jahre lang zu glauben, dass Nazis nie wieder eine Stimme haben könnten in Deutschland. Also, keine solche. Keine salonfähige.

    Da bist du nicht die einzige. Mir war klar dass dieses Gendankengut unter der Oberfläche brodelt aber ich war der Ansicht dass es nie wieder salonfähig sein wird derart seine Beishemmungen abzulegen und dammbruchartig Praolen zu schwadronieren die eine solche Flut an Hass und Abartigkeit nach sich ziehen. Ich habe gedacht dass die "intelligenten" Einheizer nicht in der Lage sein werden den Mob zu mobilisieren, weil sie von Beginn an Gegenwind bekommen werden und weil unsere Polizei da radikal einschreiten wird...aber welch erschreckende Signalwirkung die Geschehnisse in der letzten Zeit hatten schockiert und empört mich zutiefst.


    Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt ein derart viehisches Verhalten und die Peinlichkeit mit der in Pressekonferenzen "Gründe" dafür gesucht werden, dass die Polizei sich hier an die Opfer und nicht an die Täter hält und ein Minister De Maiziere dieses Verhalten auch noch verteidigt, erfüllt mich mit so großem Schrecken und so großer Empörung, dass ich auf die Nachrichten heute morgen ernsthaft mit Schnappatmung und erst mal Hinsetzen reagieren musste...Wie kann das in einem so großartigen Land wie Deutschland nur passieren????????? Schon wieder???

    Einmal editiert, zuletzt von Kiwi ()

  • Die Leute, die das tun, haben größtenteils ANGST.
    Angst vor den Fremden, Angst, dass die Flüchtlinge unser Land so viel Geld kosten (was ihnen dann nicht mehr zur Verfügung steht), Angst, dass die Flüchtlinge nicht arbeiten und gleichzeitig Angst, dass die Flüchtlinge ihnen die Jobs wegnehmen.
    Diese Ängste entbehren sicherlich größtenteils ihrer grundlage, aber sie sind nunmal da.


    Angst ist ein sehr mächtiges Gefühl, das sich von Ratio nicht beeinflussen lässt.
    Und wenn diese Ängstlichen ein paar abgefeimte "Führer" treffen, die ihnen sagen wo's langzugehen hat, was die einfachen Lösungen auf komplexe Probleme sind, die Sicherheit und Souveränität ausstrahlen, dann folgen sie, gleich welchem Scheiß sie ausgesetzt werden. Sie plappern das nach.

    leider tun medien und etablierte parteien auch nicht gerade viel, um diese angst zu mildern. im gegenteil.
    und ja, ich gehe davon aus, dass das das programm ist.


    ...in dem Fall, hat Beate Tschäpe sich aber selber die Verteidiger so ausgesucht. Die Namen waren für sie Programm - und als bewusste Provokation gedacht (wenn ich ich das richtig mitbekommen habe). Letztlich war sie dann aber wohl doch nicht so glücklich mit ihrer Wahl...

    interessant, das wusste ich nicht.


    susan: ich habe das gestern auch gelesen und fand es eine der wenigen brauchbaren analysen im mainstream-spektrum, die ich in letzter zeit gesehen habe.

  • Nur kurz: fehlende Kirche in dem Sinne, als dass es keinerlei angebote gibt. Der Alltag war durch die DDR durchstrukturiert, die Kindheit auch. Dann ging die DDR, Arbeit damit auch und es blieb eine große Leere. Vorallem für Kinder und Jugend. Die einzigen, die sich oftmals organisierten, waren die NPD. Und da hätte man sehr gut eingreifen können. Und klar - an der Stelle hätte natürlich auch mehr kirchliche Präsenz entgegenwirken können. (unabhängig vom religiösen Aspekt)
    Dass hier (ich kann für den Ergebirgskreis sprechen) Kirchgänger hauptsächlich das typische AFD-Publikum sind, kann ich nicht bestätigen. Sachsen ist die atheistischste Region der Welt. Und meine Erfahrung in den Gemeinden hier, ist, dass die Christen hier, das nicht nur (wie ja oft im Westen zB) aus Tradition in die Kirche gehen, sondern wirklich überzeugt sind und sehr nächstenliebend agieren. Die Gemeinden hier sind auch sehr aktiv in der Willkommenskultur und es wird auch genau das gepredigt am Sonntag.


    Was ich aber sagen kann, ist dass die typischen Pegidisten (die sich ja jetzt plötzlich auf christliche Werte berufen), vorher eben jene Christen beschimpft haben. Ihr ahnt nicht, wie oft ich mich verteidigen musste, bzw. mir anhören musste, dass sie keinen Fuß in eine Kirche setzen würden, weil das ja alles Verbrecher sind und ,,Pack''.
    Jetzt sind die Christen einfach nur ne Stufe aufgestiegen, ähnlich wie die Obdachlosen und Alg2-Empfänger. Die sind jetzt alle nen Stück erträglicher geworden in Sachsen, da ja jetzt die richtigen Feinde gekommen sind.


    Aber Sachsen ist natürlich auch nicht überall gleich. kann also sein, dass es woanders tatsächlich auch anders aussieht.

    #post - #post - 3 - 4 - #post - #post - 7 - #post - 9 - #post- 11 - 12 - #post - #post - 15 - 16 - 17 - #post- #post - 20 - 21 - 22 - 23 - 24

    Bonus #post

  • @Susan, Danke für den post! Gut, dass es Menschen gibt, die sich so engagieren, dafür bin ich sehr dankbar.
    Zur Angst: Dafür habe ich vollstes Verständnis und glaube auch, dass der ungebremste Siegeszug des neoliberalen Kapitalismus dabei ist, Europa in ein neues Unheil zu stürzen, wenn wir nicht Widerstand leisten. Aber die Konsequenzen aus der Angst, die zunehmend mehr Menschen ziehen, nämlich dieser extreme Hass auf Fremde, sind nicht zwingend, und ich habe dafür kein Verständnis. Ebensowenig, wie ich Verständnis für die vielen, vielen Deutschen habe, die aus noch viel größerer Armut, Verzweiflung, Hunger und Not heraus in den 1930ern die Nazis unterstützt haben.
    Was wir mindestens machen können, trotz unserer Mehrfachbelastung als Eltern und Berufstätige, ist, dafür zu sorgen, dass rechsextreme Positionen eben nicht salonfähig werden. Indem wir solche Bemerkungen nicht unwidersprochen passieren lassen, sondern argumentieren, konfrontieren, die DInge beim Namen nennen. In England ist die Not der wenig bemittelten Bevölkerung viel größer, dort hat der Neoliberalismus schon vieles geschafft, was hier noch undenkbar ist. Trotzdem ist die gesellschaftliche Akzeptanz für Rassismus und Hass viel geringer, das ist wirklich viel, viel stärker tabuisiert. In Österreich dagegen, wo es den meisten Menschen gut geht, ist es total üblich, rassistisches Zeug zu sagen, auch unter Gebildeten und Gutsituierten.

  • Der Alltag war durch die DDR durchstrukturiert, die Kindheit auch. Dann ging die DDR, Arbeit damit auch und es blieb eine große Leere. Vorallem für Kinder und Jugend. Die einzigen, die sich oftmals organisierten, waren die NPD. Und da hätte man sehr gut eingreifen können. Und klar - an der Stelle hätte natürlich auch mehr kirchliche Präsenz entgegenwirken können.

    meiner meinung nach wäre das vor allem aufgabe des staates, der bundesländer und der gemeinden gewesen. also der politik.


    kirchliches engagement kann in einem säkularisierten staat nur ein zusatzangebot sein, der kern ist von dem zu leisten, der die steuergelder einsammelt und verwaltet.


    und das ist nicht in dem maße geschehen, wie es notwendig wäre.
    warum das so ist, darüber lassen sich interessante spekulationen anstellen.



    Zitat von Brotsuppe

    Sachsen ist die atheistischste Region der Welt.


    was besonders spannend ist, wenn man sich ansieht, welche partei seit jahrzehnten regierungspartei in sachsen ist. die mit dem C im namen.


    das sagt m.e. mehr über diese partei als über das wahlvolk aus.

  • @Susan, Danke für den post! Gut, dass es Menschen gibt, die sich so engagieren, dafür bin ich sehr dankbar.
    Zur Angst: Dafür habe ich vollstes Verständnis und glaube auch, dass der ungebremste Siegeszug des neoliberalen Kapitalismus dabei ist, Europa in ein neues Unheil zu stürzen, wenn wir nicht Widerstand leisten. Aber die Konsequenzen aus der Angst, die zunehmend mehr Menschen ziehen, nämlich dieser extreme Hass auf Fremde, sind nicht zwingend, und ich habe dafür kein Verständnis. Ebensowenig, wie ich Verständnis für die vielen, vielen Deutschen habe, die aus noch viel größerer Armut, Verzweiflung, Hunger und Not heraus in den 1930ern die Nazis unterstützt haben.
    Was wir mindestens machen können, trotz unserer Mehrfachbelastung als Eltern und Berufstätige, ist, dafür zu sorgen, dass rechsextreme Positionen eben nicht salonfähig werden. Indem wir solche Bemerkungen nicht unwidersprochen passieren lassen, sondern argumentieren, konfrontieren, die DInge beim Namen nennen. In England ist die Not der wenig bemittelten Bevölkerung viel größer, dort hat der Neoliberalismus schon vieles geschafft, was hier noch undenkbar ist. Trotzdem ist die gesellschaftliche Akzeptanz für Rassismus und Hass viel geringer, das ist wirklich viel, viel stärker tabuisiert. In Österreich dagegen, wo es den meisten Menschen gut geht, ist es total üblich, rassistisches Zeug zu sagen, auch unter Gebildeten und Gutsituierten.


    Ja, die Angst...ich muss gestehen dass ich für die menschen in den 30 gern fast noch mehr verständniss aufbringe, zumindest in den Anfängen...fehlte ihnen doch das historisch schlechte beispiel und die große Möglichkeit an Information die wir heute haben...neine die neurechten dieser Coleur, die Ewig-gestrigen, die Neonazis...die verstehe ich noch viel weniger.


    Und du hast recht, nevermore, wir dürfen soetwas nicht unwiedersprochen lassen und wir müssen das Kind beim Namen nennen...auch ohne da ständig korrigiert zu werden...wer sich wie ein Arschloch verhält ist ein Arschloch und wer sich wie pöbelndes Nazipack verhält der ist auch pöbelndes Nazipack.


    Angst hin, Angst her...welche Konsequenzen ein jeder aus seiner persönlichen Angst zieht unterliegt allein seiner persönlichen Verantwortung und wer aus Angst zum Nazi wird heutzutage, der bekommt ganz sicher nicht einen Funken Verständniss von mir, im Gegenteil.


    Kiwi

  • Susan, danke für das Einstellen des Facebookpostings. Er beschreibt die Situation dort in der Region (die seit Jahrzehnten schon so ist...) sehr genau.

    Findest Du? Solche Orte gibt es in der niedersächsischen Provinz garantiert auch. Es gibt jede Menge öde Landstriche im Osten UND im Westen.


    Ich finde, der Beitrag des Würzburger Linken hat schon ein Geschmäckle. Prima, dass es den guten Onkel aus dem Westen gibt, der Schokolade verschenkt. Da kann man sich schon mal richtig klasse fühlen. Und jetzt wird er als Held gefeiert. Naja...


    Ich habe keine Idee, wie man die aufgeheizte Stimmung auf allen Seiten noch beruhigen kann. Die wenigsten Menschen sind sachlichen Argumenten noch zugänglich. Hier und anderswo, das ist im Grunde egal.
    Im Grunde ist das alles sinnlos, deshalb schweigen so viele Menschen auch. Im Westen mehr als im Osten. Ich vermute, diese Krakeeler in Clausnitz oder anderswo verwechseln die Situation mit der friedlichen Revolution 1989. Was mich besonders aufbringt, denn ich war damals dabei.


    Ich finde im übrigen die Strategie der Polizei (Bus unsicheres Terrain/Haus sicheres Terrain/Verhinderung von Aufschaukelung der Situation) durchaus nachvollziehbar. Die Frage ist am Ende: Wer darf was?
    Ich darf "Ich bin das Volk" rufen, schätze ich mal. Ich darf nicht "Gelumpe" oder "Pack" rufen. Würde ich jedenfalls denken. Ich darf anderen Menschen (egal welcher Nationalität ich bin) keinen Stinkefinger zeigen. Das weiß ich genau, denn ich bin deswegen mal angezeigt worden (Straßenverkehr). Man darf nicht in Richtung anderer Menschen spucken, vermute ich. Die Polizei sollte da keine Ausnahmen machen, oder?
    Anwendung einfacher Körpergewalt ist in diesem Fall tatsächlich zur Abwendung einer eintretenden Gefahrensituation (Angriff des Busses) statthaft gewesen. Sagt die Polizei und sagen auch Polizisten, die die Szene gesehen haben. Die übrigens einen kleinen Ausschnitt ausmacht.


    Also, wie geht das denn jetzt weiter? So lange auf die Fresse hauen, bis die Nazis oder die, die Ihr als solche bezeichnet, die selbige halten? Das wäre dann der Anfang eines Bürgerkrieges. Und wenn das so weitergeht, haben wir den. Ich lese seit Tagen ganz ganz üble Kommentare gegen alle Sachsen, alle Ostdeutschen. Die Mauer soll wieder hoch, wir werden als Schmarotzer bezeichnet, als faschistisches Pack, Milliarden haben sie in unsere scheiß Ex-DDR gesteckt und so weiter. Das macht mir auch Angst.

  • leider tun medien und etablierte parteien auch nicht gerade viel, um diese angst zu mildern. im gegenteil.
    und ja, ich gehe davon aus, dass das das programm ist.

    Da bin ich ganz bei Dir, weswegen ich ja auch den Artikel von Sascha Lobo verlinkte, der ja gut aufdeckt, wie mit Sprache die Angst geschürt wird... "Flüchtlingswellen", "Flüchtlingskrise", "Untergang des Abendlandes" (als würden 80% unserer Bevölkerung Islamisten sein), "Lügenpresse",. "Freital wehrt sich".
    Alles suggeriert die Bedrohung durch andere, die Bedrohung unseres Lebens, unseres Landes, unserer Werte. Wir sind die Opfer und müssen und gegen diese Bedrohung wehren.
    Bullshit.


    Und leider muss ich Dir völlig zustimmen, dass die Medien und auch die Hauptakteure der Politik eben auch mit ihren Formulierungen dazu beitragen, die Stimmung eher anzuheizen, anstatt zu deeeskalieren und zu beruhigen.
    Ruhige, vermittelnde, inkludierende Nachrichten sind nicht hip, solche Politikerstimmen werden nicht gehört. Sie sind leider nicht reißerisch genug.


    LG,
    Anne

    "Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt, der lasse sich begraben" ~ Johann Wolfgang von Goethe

  • @Irene: Ich finde es darf nicht sein, dass geduldet wird, dass eine Masse Menschen wenige Schwächere beschimpft, bedroht, blockiert und abwertet. Das ist das, was die außerhalb des Busses getan haben. Statt die Flüchtlinge aus dem Bus zu zerren, hätte die Masse vor dem Bus zurückgedrängt werden müssen, damit die Menschen im Bus menschenwürdig zu ihrer Unterkunft gelangen können. Aber dazu fehlte wohl das Personal. Das ist einfach verkehrte Welt. Deswegen finde ich die Rechtfertigungsversuche von Polizei und Innenministern unsäglich. Man kann nicht einfach die Realtität verdrehen. 100 "starke" Einheimische gegen 13 verängstigte Fremde und die wenigen Schwachen werden mit körperlicher Gewalt "errettet". Was für ein Zeichen von Hilflosigkeit. Wie kann man das rechtfertigen?

  • Irene, na klar... genau in dieser Situation musste man dann die Flüchtlinge irgendwie reinbringen.
    die Frage ist, ob nen stattlicher Polizist nen 15-Jährigen Bubi nicht auch einfach aufn Arm hätte nehmen können. (bzw. halt so, dass er ihm nicht wehtut)


    Im Straßenverkehr zeige ich auch öfter mal den Stinkefinger. Und zwar genau dann, wenn jemand mein Leben gefährdet. Das passiert leider recht häufig und diese A-Löcher interessiert tatsächlich auch wenig, ob ich nun offensichtlich Kinder habe oder diese gar noch transportiere. So grundsätzlich finde ich allerdings tatsächlich generell, dass nen Stinkefinger erlaubt sein sollte ohne ne Anzeige. Ja... sowas finde ich übertrieben. Dadurch wird niemand verletzt.
    Dass die Frau gespuckt hat, finde ich auch absolut widerlich und klar, war das nicht gerade sehr gut durchdacht. Aber die Leute im Bus hatten Todesangst! die Menge vorm Bus NICHT. Daher sehe ich die Leute im Bus als den in die Ecke getriebenen Hund, der sich hilflos fühlt und wehrt.


    aber das alles setzt ja schon vorraus, dass nix gegen die Menge vorher hätte passieren können. Die haben den Bus dort einfach reinfahren lassen, obwohl sie der Masse nicht herr geworden sind. Dann hätten mehr Polizisten kommen müssen! Dann wäre eben der Bus erstmal noch ne runde gefahren. Notfalls zurück nach Chemnitz. Und die Lage hätte man erst klären können.


    Den unmittelbaren Zang hätte man auch gegen die Demonstranten vorm Bus anwenden können, als die nur gelacht haben. Oder etwa nicht?


    Davon ab, halte ich tatsächlich nicht viel davon, auf Teufel komm raus, in diese Ortschaften Flüchtlinge zu bringen. Ich weiß ich weiß. Unpopuläre Meinung. Jeder soll mit arbeiten. Wenn es aber nun mal nur Nährboden für Hass gibt, wirst du nicht durch die Unterbringung der Flüchtlinge plötzlich Liebe sähen. Mal davon ab, dass die Flüchtlinge dann irgendwo im nirgendwo sitzen und auch nicht wissen, was sie da nun sollen.
    Wenn also ganze Ortschaften gegen eine Unterbringung ist, könnte man aus taktischen Gründen vielleicht tatsächlich davon absehen, die Flüchtlinge ins Wespennest zu setzen...


    Mal davon ab, dass ich ja eh der Meinung bin, dass sehr unkluge Entscheidungen getroffen werden, die ganz andere Ziele verfolgen längerfristig gesehen und oft nur noch Öl ins Feuer gießen. (Zwangsenteignungen, Landschaftsschutzgebiete als Bauland, Aufkauf von Hotels mit Entlassung der ganzen Belegschaft, riesige Massenunterkünfte etc) Da spielen wirtschaftliche Interessen die Hauptrolle und die Ängste der Bevölkerung werden tatsächlich wahr.
    Nur leider lassen sie das dann an den Flüchtlingen aus. die ja dafür auch nix können. An die Verantwortlichen kommt man allerdings nicht ran. Da wären dann vielleicht doch Volksentscheide sinnvoll. Oder zumindest ehrliche Menschen an den relevanten Stellen. (aber die sucht man da sicher vergeblich)

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    Bonus #post

  • sonst bin ich bei diesem thema meist nicht deiner meinung, irene, aber hier gebe ich dir recht:


    Ich vermute, diese Krakeeler in Clausnitz oder anderswo verwechseln die Situation mit der friedlichen Revolution 1989. Was mich besonders aufbringt, denn ich war damals dabei.

    das vermute ich auch schon seit längerem. und sie haben die erfahrung gemacht (zumindet sieht so die offizielle geschichtsschreibung aus), dass dieser protest irgendwann zum erfolg führt, wenn man nur hartnäckig genug ist.


    diese erfahrung haben die bürger im westen deutschlands übrigens nie machen dürfen. dort wurde nie ein ganzes polit- und wirtschaftssystem aufgrund von protesten eines bruchteils der bevölkerung in die tonne gekippt.



    Ich lese seit Tagen ganz ganz üble Kommentare gegen alle Sachsen, alle Ostdeutschen. Die Mauer soll wieder hoch, wir werden als Schmarotzer bezeichnet, als faschistisches Pack, Milliarden haben sie in unsere scheiß Ex-DDR gesteckt und so weiter. Das macht mir auch Angst.

    ja, so etwas ist mir inzwischen auch begegnet. nichtmal unser berliner kulturstaatssekretär tim renner war sich heute auf fb zu fein. und den schätze ich eigentlich sehr.

  • Davon ab, halte ich tatsächlich nicht viel davon, auf Teufel komm raus, in diese Ortschaften Flüchtlinge zu bringen... Wenn es aber nun mal nur Nährboden für Hass gibt, wirst du nicht durch die Unterbringung der Flüchtlinge plötzlich Liebe sähen. Mal davon ab, dass die Flüchtlinge dann irgendwo im nirgendwo sitzen und auch nicht wissen, was sie da nun sollen.
    Wenn also ganze Ortschaften gegen eine Unterbringung ist, könnte man aus taktischen Gründen vielleicht tatsächlich davon absehen, die Flüchtlinge ins Wespennest zu setzen...

    das sehe ich leider auch so.


    hier wird sogar das wohlergehen der flüchtlinge einem theoretischem konstrukt, einem prinzip geopfert.


    das halte ich aus realpolitischer sicht für falsch.

  • Es wurde ja erklärt, dass niemand wissen konnte, wie die Lage vor Ort sein wird. Die Polizei sieht sich vor einer Aufgabe, die keiner vorhergesehen hat oder vorhersehen wollte. Gerade die Bundespolizei wurde in den Jahrzehnten nach dem Mauerfall stark dezimiert, die hoheitlichen Aufgaben sind jetzt andere. Schutz von Flughäfen und Bahnhöfen und Regierungsgebäuden. Noch ein paar Hanseln GSG 9 und das wars. Das heißt, das ist jetzt alles zusätzlich. Und zwar für Landespolizei und Bundespolizei. Es ist nicht möglich, mit jedem Bus in diesem Land eine Hundertschaft mitzuschicken. Ich finde die Anzahl der Polizisten in diesem Fall schon ungewöhnlich hoch.


    Wir können aus der kurzen Videosequenz nicht beurteilen, wie gefährlich die Lage wirklich war. Und ich glaube den Polizisten, wenn sie sagen, dass sie sich angesichts der Lage dafür entschieden haben, erst den Bus zu räumen. Es gab Widerstand gegen das Verlassen des Busses, und der Junge, der dann aus dem Bus gezerrt wurde, hat sowohl den Stinkefinger als auch das Hals-ab-Zeichen gemacht. Auch wenn ich das persönlichv erstehen kann, hat er der aufgeheizten Situation einen Bärendienst erwiesen. Er saß ganz vorn für alle sichtbar und wollte über längere Zeit den Bus nicht verlassen. Der Dolmetscher (der ältere Mann mit dem Mantel und den dunklen Haaren) bemühte sich vergeblich, ihn bzw. die Menschen zum Verlassen des Busses zu bewegen.


    Brotsuppe, wo sollen die Flüchtlinge denn hingebracht werden? In die Großstädte? Hier in Berlin entsteht eine Massenunterkunft für 7500 Menschen. Das sind Lager, keine menschenwürdigen Behausungen. Ein Pulverfass. Ist mir klar, dass die Menschen nicht in den Käffern bleiben wollen. Aber alle können nun mal nicht nach Berlin. Ich weiß, was das immer für ein Theater gibt, wir haben in unseren Gruppen täglich Bitten von Flüchtlingen bzw. deren Helfenden, doch mitzuhelfen, dass die Menschen in Berlin bleiben können.