Das Böse lauert überall - Artikel zur Überbehütung

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  • kinder die sich ausprobieren können und die eltern nicht immer anweisen und sie beschützen wollen sind viel sportlicher wie solche die von allem abgehaltne werden und somit auch gesünder und fitter fürs erwachsenenleben.

    Hier widerspreche ich aus persönlicher Erfahrung.


    Ich habe meine halbe Kindheit im Wald verbracht, bin auf Bäume geklettert, bergauf und bergab gelaufen und war trotzdem schon zu Schulzeiten eine unsportliche Niete, die niemand je in der Mannschaft haben wollte. "Gut" war ich nur im Ausdauerlauf.



    Und on topic: Der Wald, in dem wir damals herumgestromert sind, exisitiert noch. Ab und an stolpert man über die Hinterlassenschaften kleiner Camps von illegalen Grenzübertritten. Ich würde meine Kinder hier nicht mehr allein spielen lassen und ich bin sicher, dass meine Eltern das auch nicht zugelassen hätten, wenn das damals schon so gewesen wäre.



    Außerdem: vieles war (auch für Eltern) viel umständlicher/zeitraubender als heute. Einen Staubsauger bekamen wir z.B. erst, als ich bereits im Kindergarten war (ein denkwürdiger Tag) - vorher wurde gefegt und gewischt (und das zumindest in der Küche/Wohnbereich jeden Tag). Wir hatten keinen Waschvollautomaten, die Wäsche musste extra geschleudert werden. Zum Einkaufen ging meine Mutter nicht in den Supermarkt, sondern in x verschiedene Geschäfte (Gemüseladen, Bäcker, Molkerei, Fleischer etc.) Und sie ging mit Handwagen, nicht mit dem Auto... usw.

  • Trin, ja. Und hier hast Du sehr gut erklärt, warum die Gesellschaft es heutzutage so mit Kinder handhabt, wie wir es in diesem Strang besprechen. Nicht etwa, um Kindern Böses anzutun, sondern um sie von eben diesem Risikopromille zu beschützen.


    Aber wenn es das eigene trifft, sind es 100%. Dann sagst du dir nicht, hier liegen (fiktive Zahl) 2% "beim stürzen von der Rutsche schwer verletzes Kind" vor mir.


    Wie gesagt, ich habe meine Kinder ganz sicher nicht in Watte gepackt, sie waren die, die für ihr Alter am höchsten kraxelten, haben voltigiert, wir gehen klettern, sie durften sich Blessuren holen, der Herr Wichtel trainiert Skateboard und klettern, sie haben kleinerweise jeden Baum erklommen, haben in eiskalten Bächen gebadet ...


    Was ich nur nicht nachvollziehen kann ist eben dieses "ach früher waren wir doch sooo viel freier und selbständiger als die Kinder heute, das war sooo toll".


    Das sehe ich eben differenzierter. Die Kinder waren nicht wirklich "freier" (im Gegenteil, wenn man sich Erziehungsziele und -methoden anschaut) , sie waren eben nur unbeaufsichtigter.
    Ist es wirklich "Freiheit"und "Selbständigkeit" mit 3 allein mit dem Bus quer durch die Stadt zu fahren? Oder mit 5 unter der Brücke in Lebensgefahr zu geraten? Oder als Grundschulkind allein beim Zahnart zu sitzen?


    Und ich finde, daß man auch die Andersartigkeit andere Familien zu respektieren hat. Das ist nicht immer einfach, das geht mir genau so. Nur ein Beispiel: Ich lese aus den Postings mancher manchmal heraus, dass in der Familie ein andrer Umgang miteinander herrscht, als bei uns ist, einer, den ich teilweise als harsch und hart empfinde. Da könnte ich auch urteilen oder mich besser fühlen - aber ich versuche zumindest, mir vor Augen zu halten, daß es für diesen Umgang vermutlich einen Grund gibt (ADHS des Kindes o.ä.).


    Manche Gefühle kann man vielleicht wirklich erst verstehen, wenn das eigene Kind betroffen war... allerdings wünsche ich keinem, daß er diese Erfahrung machen muss und lebe dann lieber mit dem Unverständnis der Leute für meine Gefühle.


    Es gibt Dinge, die finde ich auch beängstigend. ich habe mal ein Video darüber gesehen, daß in Amerika (sicher nicht nur da) viele Kindergärten dauerhaft Videoüberwacht sind und sich die Eltern jederzeit zuschalten können, um zu sehen, was das eigene Kind - und die Erzieherin macht. DAS finde ich gruselig, obwohl ich sicher bin, daß ich bei meiner Arbeit nichts zu verbergen habe.
    Aber Eltern, die auf dem Spielplatz gerne Zeit mit dem Kind verbringen oder/und andere Sicherheitsempfinden haben als ich, nun mal nicht.

  • @Trin, du schreibst: "
    Manche Gefühle kann man vielleicht wirklich erst verstehen, wenn das eigene Kind betroffen war... allerdings wünsche ich keinem, daß er diese Erfahrung machen muss und lebe dann lieber mit dem Unverständnis der Leute für meine Gefühle."


    Damit hat du so recht! In diesem Thread hast du viel dir und deiner Familie geschrieben, was mir so nicht klar war. In diesem Licht wirkt einiges, was du in anderen Threads schreibst, was manchmal auf den ersten Blick vielleicht etwas überbehütend wirkt, ganz anders.


    Und dir @Sonja wünsche ich wirklich nicht, dass du irgendwann mal vor deinem nach einem Sturz bewusstlosen und leicht bläulich verfärbten Kind stehst und nicht weisst, ob und in welchem Zustand es wieder aufwacht.


    Ich würde mir nur von dir wünschen, dass du anderen Eltern, die diese Erfahrung machen mussten (oder noch viel schlimmere...) zugestehst, dass sie ein anderes gefahrenbewusstsein haben. Und dich nicht darüber lustig machst, dass sie so sind, wie sie sind.

  • Ich möchte mich da @fischlein anschließen.
    Das Leben hat seine Risiken und jeder Mensch hat aus eigenen Erfahrungen und Außeneinflüssen unterschiedliche Risikoeinschätzungen.


    In vielen Bereichen ist es ein großer Fortschritt, dass wir uns mehr Gedanken um die Sicherheit machen, siehe Fahrradhelm, Autokindersitze, 30er-Zonen, Fallschutz auf Spielplätzen, bessere Kommunikationsmöglichkeiten etc. Ich denke auch, es ist für Kinder eher sicherer geworden und der Aktionsradius hat sich sogar erweitert.


    In bestimmten Bereichen klemmt es aber auch noch gewaltig. So können ca. 50% der Grundschulabgänger nicht sicher schwimmen. Es werden immer mehr Schwimmhallen geschlossen, Schwimmunterricht kann nicht mehr gegeben werden. Das wäre z.B. für mich auch eine öffentliche Aufgabe für die Sicherheit der Kinder zu sorgen, gut investiertes Geld.


    Aber egal was wir tun, wir werden Unfälle nie ganz verhindern können. Die meisten Unfälle passieren immer noch im Haushalt. Und selbst wenn man immer danebensteht, ist das Kind nicht unbedingt sicher. Wir hatten ja wie gesagt auch den schlimmsten Unfall (Schienbeinbruch) im Beisein von Erwachsenen bei ganz simplen Rollerfahren auf gerader Strecke. Insofern ist Sicherheit auch irgendwie eine Illusion. Es ist schon ziemlich schwierig die Risiken und Chancen für die Kinder gegeneinander abzuwägen.


    Es ist wahnsinnig tragisch, wenn einem Kind ein schlimmer Unfall passiert und ich glaube ich würde mir auch mein Leben lang Vorwürfe machen, wenn einem meiner Kinder irgendetwas Schlimmes passiert. Aber auch wenn ich nicht an Gott glaube, so doch an Schicksal. Ich weiß, dass ich meine Kinder nur begleiten, aber nicht umfassend beschützen kann. Und so schwer es fällt, versuche ich immer nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln, wie sicher die allerallermeisten Eltern.


    Wenn ich so an meine Kindheit denke, haben meine Eltern das übrigens nicht groß anders gehandhabt, als ich heute. Ich bin nie alleine in den Kindergarten gegangen. Es war eher noch strenger, vielleicht weil ich mitten in der Stadt an einer Hauptverkehrsstraße gewohnt habe?!
    Ich durfte auch im Grundschulalter noch nicht allein in den nahegelegenen Park aus Angst meiner Eltern vor bösen Männern.
    Ich weiß noch, wie ich mit 12 zu spät vom Training nach Hause kam, weil ich eine Straßenbahn verpasst hatte und die nächste zu spät kam. Da haben sie sich sehr große Sorgen gemacht. Heute wäre das ziemlich unproblematisch, weil Kinder in dem Alter ein Handy dabei haben.


    Also ich kann mich auch einem "früher war alles besser" in der Hinsicht überhaupt nicht anschließen. Ganz im Gegenteil.

  • @Trin, vielen dank, das sehe ich auch so.



    und insbesondere mit dem "konflikte austragen" - sorry, früher galt da survival of the crappiest. ich (jg. 74 und als kind sehr gehbehindert) bin SO dermaßen fertiggemacht worden. verprügelt, verhöhnt, meine sachen wurden zerstört inklusive meinem teuren e-rollstuhl... und wenn ich um hilfe gefleht habe, wurde ich von den erwachsenen "petze" genannt, und die arsch-mobber-täterblagen wurden noch als helden gefeiert! klar bin ich da auch rausgekommen irgendwann. und ich konnte mich in der tat sogar zur königin der beliebtheit auf dem gymnasium mausern. aber zu welchen kosten! ich hege immer noch tief sitzende verachtung für sehr viele menschen und habe gleichzeitig panische angst davor, den beliebtheitsstatus bei irgendwem wieder zu verlieren. sowas ist nicht gesund, sowas ist einfach nur scheiße. und selbst wenn ich mit 12 schon auto fahren konnte, hat es SEINEN GRUND, dass ich damals KEINEN führerschein machen durfte. vielleicht können irgendwelche kinder und jugendliche konflikte unbegleitet austragen, aber das heißt noch lange nicht, dass das viele betrifft und dass sie das auch müssen sollten.




    lg patrick

  • ich finde es ist ein grosser unterschied, in kinderkonflikten irgendwann einzugreifen und ihnen tools zur lösung an die hand zu geben oder ihre probleme von anfang an und für sie zu lösen.
    zweiteres gibt - sehe ich an meinem mann - unselbstständige und konfliktunfähige erwachsene. seine mutter hat immer all seine probleme gelöst, und er erwartet bis heute, dass das jemand für ihn tut und er selbst nix machen muss.

    mit elfchen 04/09 und minielfchen 03/12


    quand ta thèse te pousse à bout et que tu veux tout arrêter kannste vergessen.


    #rose 49,7

  • Ich denke da fehlt oftmals nur die gesunde Mischung. Ich finde es schon wünschenswert meinen Kindern gute Konfliktlösungsstrategien mitzugeben , ich habe mich im alter meiner Tochter gar zu oft schlicht geprügelt, das wurde der Konflikt schlicht und einfach zugunsten des Stärkeren gelösr...das war sicher nicht immer schön. Mit Mischung meine ich dass wir es den Kindern ermöglichen sollten die erlernten strategien eben auch anzuwendenund da wird mir persönlich im Bereich der Spielplätze (die ich im übriegen meide wie der teuffel das Weihwasser) viel zu viel eingegegriffen und nicht selten der Konflikt auf die anwesenden Mütter ausgeweitet...mitunter erschreckend.


    Ansonsten tue ich mich sehr schwer mit der "früher war alles besser Attitüde", ich habe als Kind auch Dinge gemacht von denen ich schlicht nicht will dass meine Kinder das tun...wir sind auf den Bahnschienen balanciert...war damals eine Art Mutprobe...das hätte ganz übel ins Auge gehen können...einer hat es zu Hause verraten, Alle bekamen Ärger und der der es verraten hatte wurde schlicht verkloppt und ausgedozt für eine Weile...das war ganz sicher nicht schön und auch nicht das was ich mir für meine Kinder wünsche würde...auch wenn ich es ihnen von Herzen gönne mal unbeaufsichtigt bolzen und spielen zu können (allerdings will ich im Minimum wisse WO sie bolzen und spielen)...zumindest die Große, die Kleine ist noch nicht so weit.

  • ich finde es ist ein grosser unterschied, in kinderkonflikten irgendwann einzugreifen und ihnen tools zur lösung an die hand zu geben oder ihre probleme von anfang an und für sie zu lösen.
    zweiteres gibt - sehe ich an meinem mann - unselbstständige und konfliktunfähige erwachsene. seine mutter hat immer all seine probleme gelöst, und er erwartet bis heute, dass das jemand für ihn tut und er selbst nix machen muss.

    Ist das jetzt wissenschaftlich? Mein Mann wurde so, weil seine Mutter (...) - also werden alle Erwachsenen so (unabhängig von Geschlecht, Lebensumstände, Genetik, Bildung etc. pp.) so, wenn deren Mütter das so machen wie bei meinem Mann?

  • Ist das jetzt wissenschaftlich? Mein Mann wurde so, weil seine Mutter (...) - also werden alle Erwachsenen so (unabhängig von Geschlecht, Lebensumstände, Genetik, Bildung etc. pp.) so, wenn deren Mütter das so machen wie bei meinem Mann?


    weiss ich nicht, ob das wissenschaftlich untermauert werden könnte, ich hab keine entsprechenden studien gesucht. bei meinem mann ist es so. sie hat immer all seine probleme gelöst, oder es versucht, wenn sie von ihnen erfuhr, sie versucht es noch heute. ihm fällt es sehr schwer, lösungsortiert probleme anzugehen. auch bei konflikten zwischen unseren kindern. er schreitet massivst ein und beendet den konflikt, die kinder lernen aber nichts daraus, ausser dass nach einer weile papa einschreitet und löst. und die lösung sieht dann so aus, dass er sie anschreit (meist die grosse mehr als die kleine) und meint sie sollen lieb miteinander sein, nicht streiten und nicht laut sein. punkt. eingegangen wird auf die kinder nicht. und sie lernen auch nicht, aufeinander einzugehen, wenn sie solche "konfliktlösungsstrategien" von ihrem vater mitbekommen.

    mit elfchen 04/09 und minielfchen 03/12


    quand ta thèse te pousse à bout et que tu veux tout arrêter kannste vergessen.


    #rose 49,7

    Einmal editiert, zuletzt von ainu ()

    • Offizieller Beitrag
    Zitat von ainu

    zweiteres gibt - sehe ich an meinem mann - unselbstständige und konfliktunfähige erwachsene.

    Kann sein, muss nicht...wenn es so einfach wäre mit dieser Erziehung. Eltern machen A, deshalb kommt Kind nach Schema B heraus. Funktioniert nicht wirklich.


    Weil jeder Mensche auch eine Persönlichkeit hat und die auch wieder auf die Eltern einwirkt und weil manche Menschen einfach sind wie sie sind. Manche Menschen sind konfliktscheu, harmoniebedürftig, weil es ihrer Persönlichkeit entspricht. Genauso wie manche Kinder sehr vorsichtig sind und anderen sehr impulsiv. Es ist eher fatal, dass man jede Nuance einer Persönlichkeit, jede Begabung, jedes Missverhalten gleich auf die elterliche Erziehung zurückführen will. Das funktioniert nicht wirklich.

  • Aber egal was wir tun, wir werden Unfälle nie ganz verhindern können. Die meisten Unfälle passieren immer noch im Haushalt. Und selbst wenn man immer danebensteht, ist das Kind nicht unbedingt sicher. Wir hatten ja wie gesagt auch den schlimmsten Unfall (Schienbeinbruch) im Beisein von Erwachsenen bei ganz simplen Rollerfahren auf gerader Strecke. Insofern ist Sicherheit auch irgendwie eine Illusion. Es ist schon ziemlich schwierig die Risiken und Chancen für die Kinder gegeneinander abzuwägen.

    die schlimmsten unfälle bei unseren kindern sind immer im direkten beisein von uns eltern passiert. wir standen jeweils genau daneben.


    und mein krassester skiunfall in knapp 30 jahren (mit dem stock das kinn durchstoßen und zähne, mundinnenraum massiv lediert) passierte mir beim anstehen am lift.



    Ist das jetzt wissenschaftlich? Mein Mann wurde so, weil seine Mutter (...) - also werden alle Erwachsenen so (unabhängig von Geschlecht, Lebensumstände, Genetik, Bildung etc. pp.) so, wenn deren Mütter das so machen wie bei meinem Mann?

    bei solchen annahmen wird mein mann recht unleidlich. ich unterlass das inzwischen. ;) sind aber andere themen.

  • Um jetzt meine bisher deutlich vermisste Meinung auch noch kund zu tun... auch ich bin ein Kind der 70er und bin ziemlich früh relativ unbeaufsichtigt durch die Gegend gestromert (allerdings auch mit 4 fast ertrunken). Dass meine Eltern (und die der anderen Kinder im Dorf) das für vertretbar hielten, lag vermutlich auch daran, dass sie selber auf Trümmern gespielt haben. Da kam ihnen unsere Kindheit wohl im Vergleich unglaublich kuschelig und behütet vor.

  • Also ich kann mich auch einem "früher war alles besser" in der Hinsicht überhaupt nicht anschließen. Ganz im Gegenteil.


    Aber wer schreibt das denn eigentlich hier?


    Bis jetzt hab ich es noch nirgends gelesen.


    Aber immer wird sich drauf bezogen.



    Es ist m. E. tatsächlich so wie Trin schreibt: wir waren nicht freier (ich persönlich "genoss" die Freiheit der antiautoritären Erziehung, was mir auch wiederum mehr geschadet als genutzt hat) sondern unbeaufsichtigter.


    Das Argument welches hier genannt wurde, kann ich nur teilweise unterschreiben. Also die Wohnsituation war anders und die Leute kannten sich besser. Dort wo ich wohnte (4stöckige Mietshäuser mitten in der Großstadt) kannten sich genau so viele Leute wie heute. Man kannte sich weil die Kinder in ähnlichem Alter waren oder man kannte die Rentner welche sich ständig über spielende Kinder beschwerten.


    Was aber m. E. stimmte, ist daß sich wesentlich mehr Erwachsene als heute um fremde Kinder kümmerten. So sehr die Kinder auch ihre angebliche Freiheit nutzten, man bekam immer Hilfe von fremden Erwachsenen, wenn die vermuteten daß irgendwas nicht in Ordnung ist.
    Das ist MEIN Eindruck. Bestimmt gibt es vollkommen andere Eindrücke.


    Heute bin ich oft entsetzt über diese Scheiß-egal-Haltung vieler Menschen. Ich sehe das immer wieder im Zug, z. B. Und kann es einfach nicht verstehen.


    Mutter fährt Zug mit kleinem (bereits laufendem) Kind. Muß plötzlich dringend auf's Klo. Mir völlig schleierhaft warum sie nicht eine andere Mutter mit Kind(ern) kurz um Beaufsichtigung bittet. Mutter rast auf's Klo, nicht ohne das Kind lautstark zu instruieren was es tun soll (sitzenbleiben) und was nicht (letzteres pädagogisch unklug, nun gut). Der halbe Zug hatte zugehört.


    Mutter geht also auf's Klo und Kind packt sich ein paar persönliche Gegenstände und marschiert los. Ich blieb sitzen - immer Kind im Auge - und beobachtete mal wieder die Leute. Alle schauten seelenruhig zu daß das Kind abhaute. Eine Frau machte dem Kind noch die Schuhe zu, damit es besser abhauen konnte.


    So etwas beobachte ich ständig. Wie so oft raste ich letztendlich hinter dem Kind her (normalerweise handle ich sofort, wollte aber die Reaktion der Menschen beobachten) und schnappte es mir. Die Mutter fiel mir fast um den Hals vor Dankbarkeit - ich fand ihr Verhalten schlichtweg merkwürdig. Der halbe Zug war voll Familien, die man hätte bitten können.
    Aber interessanter Weise guckte von denen niemand auf ein Kind das stiften ging.




    Tapatalk

  • Ich habe ein Beispiel:


    Im Zug saß mit uns eine Mutter mit ihrer ca. 15jährigen Tochter. Die war dabei sich zu orientieren, was sie nach der Schule machen möchte und fragte mich, was ich für einen Beruf habe, und fragte sich, ob Zugbegleiterin wohl ein schwerer Job sei usw. Die meisten Berufe, die wir so im Gespräch nannten, wurden von der Mutter als "zu gefährlich" kommentiert, z.B. Flugbegleiterin, aber auch Arbeit im Service auf Kreuzfahrtschiffen. Das Mädchen fragte mich auch, ob Köln so gefährlich sei, wie Hannover. Und die Mutter meinte, alle großen Städte seien sehr gefährlich.
    Das Mädchen hatte Angst, sich am Zielbahnhof allein was bei MacDonalds zu holen, weil "da die Jungen sind".


    Ich denke, es geht darum, die eigenen Ängste als Eltern zu betrachten, zu hinterfragen und einen Realitätscheck zu machen. Und eigene Ängste bei sich selbst zu lassen und ggfs. aushalten zu lernen, dass Kinder auch mal was machen, was uns Angst macht, eben weil sie unsere Kinder sind und wir wollen, dass ihnen nichts passiert. Und diese Ängste nicht auf die Kinder zu übertragen.

    Das ist ein sehr wichtiger Punkt, finde ich: Die Herausforderung, sich immer wieder bewusst zu machen, dass auch eine Risikovermeidung Nebenwirkungen hat und Risiken mit sich bringen kann, z. B. dass Kinder ihre Umgebung als sehr bedrohlich und voller Gefahren erleben und selbst eher als "Opfer" denn als aktiv Gestaltende. Von meinen Ängsten werde ich mich nicht frei machen können, ich kann nur versuchen, sie zu reflektieren und ein Stück weit zu bändigen, da ich davon ausgehe, dass mein Kind sich wenig selbst vertrauen wird, wenn ich kein Vertrauen habe.


    Dieser Abwägungsprozess verläuft einerseits individuell, und andererseits entwickeln sich auch gesellschaftliche Normen bzw. ein Mainstream. Insofern finde ich es wichtig, danach zu fragen, welche Nebenwirkungen und andere Risiken der aktuelle Risikovermeidungs-Mainstream mit sich bringen könnte. Was brauchen Kinder denn wirklich, um die Chance zu haben, sich zu sozialen, geistig und motorisch fitten Menschen mit Selbstwertfeühl zu entwickeln? Früher war sicher nicht alles besser, aber es könnte doch nicht schaden zu schauen, was gut und fortführungswürdig wäre.


    Das Beispiel der Rutsch-Situation auf dem Spielplatz finde ich sehr interessant und auch geeignet. Hier lassen sich sehr unterschiedliche Ergebnisse elterlicher Reflexion beobachten, und Spielplätze sind Räume, wo diese Unterschiede aufeinander treffen. Eigentlich könnten die unterschiedlichen elterlichen Einstellungen dort nebeneinander gelebt werden, und doch entstehen oft Konflikte. Manche Mutter möchte eben nicht nur ihr eigenes Kind beim Rutschen begleiten, um Verletzungsrisiken zu vermeiden, sondern sie regelt auch das Rutschen anderer, weil zu lernen sei, dass die Rutsche nur aus einer Richtung betreten werde, eine Reihenfolge einzuhalten sei, nur vorwärts gerutscht werde etc. Funktioniert das nicht wie erwünscht, wird der Versuch unternommen, die nicht intervenierenden Mütter verbal oder mit mißbilligenden Blicken ebenfalls zur Intervention aufzufordern. Hier würde ich mir oft wünschen, dass Eltern mehr bei sich und ihrem Kind bleiben: "Ich möchte das so, damit Du Dir nicht weh tust. Andere machen das anders als wir."

  • Was aber m. E. stimmte, ist daß sich wesentlich mehr Erwachsene als heute um fremde Kinder kümmerten. So sehr die Kinder auch ihre angebliche Freiheit nutzten, man bekam immer Hilfe von fremden Erwachsenen, wenn die vermuteten daß irgendwas nicht in Ordnung ist.

    in westdeutschland in vielen gegenden sicher.


    mein mann erzählt ähnliche geschichten aus seiner kindheit. da waren praktisch überall mütter zu hause tagsüber und die kinder kamen um 12 von der schule. man war den ganzen tag draußen, ging in den nachbarhäusern ein und aus und wurde dort verpflegt und bepflastert, wenn notwendig.


    ich selbst kenne das so nicht. bei uns arbeiteten auch alle mütter vollzeit und man war bis zur mittelstufe ganztags im hort. die wohnungen standen tagsüber leer.


    edit: disclaimer: das ist keine wertung. ich fand meine kindheit trotzdem schön. ^^


  • nicht überall waren die mütter zuhause, und da ging man dann hin ;) weil die kinder (grundschulkinder, so 8/9) waren alleine bis die mütter von der arbeit kamen. ich denke das hat man heute kaum noch, die meisten kinder, deren mütter arbeiten, werden betreut, sie haben nicht einfach einen schlüssel und müssen gucken wo sie bleiben udn ihr essen selbst machen. (eine freundin von mir musste im grundschulalter jeden tag ihr mittagessen selbst kochen und alleine essen - ihre mutter hat nicht gearbeitet, sondern war mit freundinnen unterwegs zum shoppen und ging ihren hobbies nach, denn ein 8 oder 9jähriges kind kommt prima selbst zurecht)


    ich hab auch nirgendwo gelesen, dass irgendjemand schrieb, dass früher alles besser war... wo steht das?

    mit elfchen 04/09 und minielfchen 03/12


    quand ta thèse te pousse à bout et que tu veux tout arrêter kannste vergessen.


    #rose 49,7

  • niemand. ich bin den thread nochmal durchgegangen.
    auch wenn einige leute das hier seltsamerweise suggerieren wollten.

    Schon, die Beiträge auf Seite 6 bis zu meinem Posting waren da sehr eindeutig.


    @ainu,


    weiss ich nicht, ob das wissenschaftlich untermauert werden könnte, ich hab keine entsprechenden studien gesucht. bei meinem mann ist es so. sie hat immer all seine probleme gelöst, oder es versucht, wenn sie von ihnen erfuhr, sie versucht es noch heute. ihm fällt es sehr schwer, lösungsortiert probleme anzugehen. auch bei konflikten zwischen unseren kindern. er schreitet massivst ein und beendet den konflikt, die kinder lernen aber nichts daraus, ausser dass nach einer weile papa einschreitet und löst. und die lösung sieht dann so aus, dass er sie anschreit (meist die grosse mehr als die kleine) und meint sie sollen lieb miteinander sein, nicht streiten und nicht laut sein. punkt. eingegangen wird auf die kinder nicht. und sie lernen auch nicht, aufeinander einzugehen, wenn sie solche "konfliktlösungsstrategien" von ihrem vater mitbekommen.

    Daraus allerdings hast du direkt geschlossen, dass das Eine das Andere bedingt, s. Dein Posting oben.


    Mal abgesehen, dass Deine persönlichen Erlebnisse für sich gesehen stehen sollten und verständlicherweise Deine eigene Handhabe maßgeblich beeinflussen, ich bin sehr sicher, niemand hier im Thread befürwortet die von Dir geschilderten Methoden, es wurde mehr als einmal auf den "schmalen Grat" hingewiesen, den wir alle versuchen zu wandeln.



    Disclaimer, der morgendliche Verkehrskrieg vor den Schulen ist wie ich finde ein Thema, das hier meiner Meinung nach den Rahmen sprengt.