'Indio' Tücher

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  • Achja, das Orient. Als ich von der Problematik vor ein paar Tagen zum ersten Mal las, war ich etwas traurig und dachte, hmm, nehm ich wohl doch das Orient statt eines Indios (auf das ich mich schon etwas eingekuckt hatte)? Bis mir dann meine eigene Dusseligkeit aufging. #hammer Muss dann wohl doch ein Girasol werden.

    Ich habe gerade mal das "Orient-Tuch" gegoogelt und sehe das Problem nicht. Ich kenne mich im Orient deutlich besser aus als in Südamerika. Und da gibt es alle möglichen Dinge, die dort anders gesehen werden und Fettnäpfe, in die man unwissentlich treten kann. Und es gibt auch durchaus Muster, deren Bedeutung man sich bewusst sein sollte, wenn man sie in der Kleidung trägt. Aber echt, das Tragetuch jetzt zu problematisieren geht völlig am Kern vorbei! Die Probleme liegen ganz woanders.


    Mein Problem mit dem Thread ist, dass wir Gefahr laufen, die wirklich echten, gravierenden und existentiellen Probleme völlig zu übersehen. Wir diskutieren hier um ein paar hübsche Muster auf einem Tragetuch, das ein paar deutsche Mamis in ihren Dörfern spazieren tragen.


    (Ob ich das Orienttragetuch im Dorf spazieren trage oder lieber im Schrank lasse, ist den Müttern im Orient, die mit deutschen Waffen ausgebomt werden, sowas von herzlich egal!)

  • @licht ich hatte den Vergleich gebracht, dass es eben auch hier, ganz ohne Unterdrückung und Co Leute zumindest irritiert, wenn sie das Gefühl haben, ihre Kultur wird nicht richtig verstanden oder sich sogar lustig machen.
    Das sollte eigentlich eher Verständnis wecken, weil es mir hier zt so vorkam als würde es lächerlich gemacht ...

    so hatte ich das auch verstanden und gemeint.


    den unmut in der (us-)mexikanischen community kann ich sehr wohl nachvollziehen, finde ihn richtig und wichtig und es ist imho weitestgehend deren sache, welchen weg sie wählt, um sich gehör zu verschaffen.


    aber ich finde, es darf auch gesagt werden, dass die frauen, die sich da stark machen, nicht mexikanische weberinnen sind, sondern in den usa leben und diese tatsache natürlich ihre sichtweise beeinflusst und vielleicht auch die gewählte strategie. das meine ich ganz neutral. ich finde die kulturellen verflechtungen in diesem fall tatsächlich kompliziert und nicht unerheblich. weil sie sehr sehr viel raum für missverständnisse eröffnen. und für das (unbeabsichtigte, vielleicht sogar wohlmeinende) überstülpen von absichten, meinungen, haltungen.


    jedenfalls finde ich lohnenswert, darüber nachzudenken und zu diskutieren. und die erfahrungen von @Pfirsich, @Yolotzin und anderen zu lesen.

    ko_nijntje mit muck (2004), mogli (2006), miep (2007) und mimir (2011)

  • Ich finde die Diskussion um den Namen (und dessen Änderung) richtig und wichtig.
    Aber bei einem Muster zu sagen "das gehört Volksgruppe X und alle anderen sollten es nicht benutzen" finde ich erschreckend.
    Denn von da bis "das ist unseres, ihr dürft das nicht benutzen" und "wir können Y, haben Z, sprechen V und das macht uns besser als euch" ist es nicht weit.*


    Das Muster ist keine Kopie von irgendetwas, kein Plagiat. Es wird doch niemandem etwas weggenommen. Genau so wenig wie Sprache ärmer wird wenn viele sie sprechen oder Musik leiser wenn viele sie spielen.


    *damit will ich NICHT sagen das ich Angst vor einem exclusiven Regime einer mexikanischen POC Gruppierung habe sondern das mich der Gedanke von immateriellem Kulturbesitz wie Musik, Tanz, Sprache, Formsprache... erschreckt.

  • Hier eine Stellungnahme meiner lokalen Babywearer-Gruppe, in der die Thematik noch mal bisschen erläutert wird. Sie sind mit Didymos' Antwort nicht so zufrieden.


    @Seerose, und andere, zum 'Orient'. Nein, ich glaube nicht, dass zB eine Perserin die mich hier mit dem Tuch sieht, selbst wenn ich den Namen dazu sage, sich direkt rassistisch verletzt fühlt. Aber: 'orient' ist (siehe Said) ein Europäisches Konstrukt. Es wirft alle dort lebenden Kulturen in einen Topf aus 1001 Nacht, fliegendem Teppich, Harem, Magie und was weiß ich. Und diese 'Orientalen' sind dann so furchtbar exotisch und faszinierend unterhaltsam...das ist so bisschen wie 'Zigeunerromantik'. Hat mit Sinti und Roma wenig zu tun, ist oberflächlich 'nett gemeint' aber eine Ebene drunter wird der tatsächlich existierende Angehörige einer solchen Kultur in eine Stereotypenschublade gesteckt, aus die er/sie nur schwer rauskommt. Das vor dem Hintergrund des europäischen/weißen Imperialismus und immer und ausschließlich der unterhaltung des Europäers dienend. Mir ist dabei einfach unwohl und ich möchte es nicht unterstützen. Wenn andere das anders empfinden, meinetwegen. Ich bin ja nun nicht persönlich betroffen, da weder aus dem nahen Osten noch aus Mexiko stammend. #weissnicht

  • Ich verstehe es nicht. Sollen wir nur noch Sachen benutzen die typischbdeutsch sind?


    Welch umgekehrter Rassismus.


    Ich will das nicht. Ich finde es durchaus bereichernd, Dinge aus anderen Lebenswelten zu benutzen. Ich sehe da keine Probleme (zumal meine Chilenischen Freunde damit Geld machen) Ich verstehe es nicht. Das ist abstrus und hat nix mehr mit dem ursprünglichen Gefanken zu tun - ausnutzung von Minderheiten

  • ich kam erstmal nur bis Ende seite 4,
    folgende Frage geistert in mir rum:


    wäre es denn wirklich korrekter gewesen, wenn die gute Frau damals das tuch völlig anders gestaltet hätte?
    so wiederum hat sie doch durch Muster und Namen auf die Herkunft aufmerksam gemacht und
    das als eine art wertschätzung.


    sonst wäre es ja wirklich übel, eine idee klauen und als komplett eigene ausgeben.


    warum die tücher in D produziert werden empfinde ich wiederum als sehr stimmig.


    natürlich ist der begriff/name (ich kannte den nicht mal wirklich, habe ihn noch nie verwendet gehört -daher war ich da kein bisschen sensibilisiert)
    des tuches heute zu ändern. wenn er eben wie huete genutzt und verstanden werden kann -rassistisch.




    und nu lese ich mal noch die restlichen 2 seiten

  • schade, hätte ich mal weiter gelesen.
    belleamie hat es ja auf sete 5 gut ausgedrückt.
    und dem stimme ich zu.


    für damals war es ok.
    aber heute muss man den umgang ändern.
    die idee mit den spenden hatte ich auch.



    ----------------------------------------------------



    ich kam erstmal nur bis Ende seite 4,
    folgende Frage geistert in mir rum:


    wäre es denn wirklich korrekter gewesen, wenn die gute Frau damals das tuch völlig anders gestaltet hätte?
    so wiederum hat sie doch durch Muster und Namen auf die Herkunft aufmerksam gemacht und
    das als eine art wertschätzung.


    sonst wäre es ja wirklich übel, eine idee klauen und als komplett eigene ausgeben.


    warum die tücher in D produziert werden empfinde ich wiederum als sehr stimmig.


    natürlich ist der begriff/name (ich kannte den nicht mal wirklich, habe ihn noch nie verwendet gehört -daher war ich da kein bisschen sensibilisiert)
    des tuches heute zu ändern. wenn er eben wie huete genutzt und verstanden werden kann -rassistisch.




    und nu lese ich mal noch die restlichen 2 seiten

  • Ich finde die Diskussion um den Namen (und dessen Änderung) richtig und wichtig.
    Aber bei einem Muster zu sagen "das gehört Volksgruppe X und alle anderen sollten es nicht benutzen" finde ich erschreckend.
    Denn von da bis "das ist unseres, ihr dürft das nicht benutzen" und "wir können Y, haben Z, sprechen V und das macht uns besser als euch" ist es nicht weit.*


    Das Muster ist keine Kopie von irgendetwas, kein Plagiat. Es wird doch niemandem etwas weggenommen. Genau so wenig wie Sprache ärmer wird wenn viele sie sprechen oder Musik leiser wenn viele sie spielen.


    *damit will ich NICHT sagen das ich Angst vor einem exclusiven Regime einer mexikanischen POC Gruppierung habe sondern das mich der Gedanke von immateriellem Kulturbesitz wie Musik, Tanz, Sprache, Formsprache... erschreckt.

    Ich glaube, es geht in erster Linie um die Bezeichnung "Indio". Das ist ähnlich abwertend wie "Neger", auch wenn das hier anscheinend noch nicht ganz durchgedrungen ist. Das als Etikett auf einem europäischen Produkt, mit einem traditionellen Muster, nachdem die indigene Bevölkerung Lateinamerikas von Europäern nahezu ausgerottet wurde, ist schon so was wie ein Schlag ins Gesicht.

  • Ich verstehe es nicht. Sollen wir nur noch Sachen benutzen die typischbdeutsch sind?


    Welch umgekehrter Rassismus.


    Wie kommst du darauf?


    @Pfirsich hat es doch wunderbar erklärt (und das tut sie schon seit der ersten Seite #super ).
    Es geht darum, dass sie - in diesem konkreten Fall - kein Tragetuch benutzen möchte, das mit europäisch konstruierten Assoziationen auf eine andere Kultur oder ein Kollektiv aufgeladen ist, eine Kultur oder ein Kollektiv, die im Zuge von Kolonialisierung systematisch ausgebeutet oder unterdrückt wurden und deren Traditionen (als oft das Einzige, was blieb) sich jetzt im Nachhinein angeeignet und kommerzialisiert werden, und zwar von jenen "Weißen", die die indigene Bevölkerung schon Jahrhunderte lang unterdrückt haben, quasi als Fortführung der Kolonialisierung.


    Was ist daran umgekehrter Rassismus? Pfirsich nimmt Rücksicht auf die Menschen, ihre Gefühle und die jahrhundertelange Unterdrückung.


    Und sowieso bleibt es doch dir selbst überlassen, was für eine Konsequenz du aus den Informationen ziehst. Ich finde es aber wichtig, dafür offen und sensibel zu sein.


    Der Blick auf den "Orient", so wie es auch die von Pfirsich zitierte Produktbeschreibung zeigt, ist ein eurozentristischer "weißer" Blick auf den nahen Osten, der erstmal gar nicht rassistisch klingt, sonder eher romantisch/exotisch, aber mit einer Reihe von Stereotypen aufwartet, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Vor allem aber ist es ein Blick von außen.
    Der Rassismus ist hier nicht direkt offensichtlich, aber in dem Konstrukt von Orient immanent, weil dieses Konstrukt das Konstrukt einer "weißen" und damit unsichtbaren Norm ist.

    Leia mit Sohn (08/04) und Tochter (02/07)

  • Wow wenn da schon jahrelang mit didymos gesprochen wurde, nehme ich alles zurück was ich gesagt habe.


    Dann ist auch das Statement ein Schlag ins Gesicht. Absolut.


    Und ich verstehe noch besser, was du mit zuhören meinst Pfirsich.


    Ziemlich geschockt und nachdenklich.....

    Grüße von Claraluna


    Shoot for the moon. Even if you miss you will land among the stars.

  • Ich finde, in diesem Artikel (allerdings nur auf Englisch) wird nochmal ganz gut deutlich, worum es bei der kulturellen Aneignung geht und auch, dass es eben nicht darum geht, nie wieder ein Tragetuch zu benutzen oder nur noch in lokaler Tracht herumzulaufen: klick

    Leia mit Sohn (08/04) und Tochter (02/07)

    Einmal editiert, zuletzt von Leia ()

    • Offizieller Beitrag

    Bei recherche habe ich jetzt diesen Link gefunden:


    http://manicpixiedreammama.com…e-cultural-appropriation/


    Da kann ich das Problem schon eher nachvollziehen: Das Modell trägt Haarband, Federohrringe, auf dem Tuch ist ein Indianerhäuptling zu sehen. Das Tuch heißt El Paso.


    Da scheint der Protest ja auch schon letztes Jahr gewesen zu sein.


    Aber ehrlich gesagt, kann ich es nicht nachvollziehen, wenn hier allen europäischen Firmen böser Kapitalismus und Kolonialismus vorgeworfen wird. Hätte Frau Hoffmann das Design nicht Indio genannt sondern z.B. Muster Nr. 1, dann hätte man ja auch sagen können: "Sie verweist nicht mal auf die Wurzeln."


    Was man aber auch sagen muss: In den USA ist da ja mittlerweile eine ganz andere Kultur im Umgang damit entstanden. Hier hätte ich nichts dagegen, wenn meine Tochter sagt: "Ich will zu Karneval als Pocahontas gehen.", aber in den USA wäre das wohl eine sehr schlechte Idee.


    Ich empfinde das Ganze als Sturm im Wasserglas. Die Äußerung, dass alle Weißen gar nicht anders als Rassisten sein können (unabhängig vomn Verhalten, das habe ich hier gelesen: http://decolonizingbabywearing.tumblr.com/) gießt nur Öl ins Feuer.


    Zu Stereotypen: Ohne Stereotype geht es nicht, jede Person, alles genau zu kennen, alles zu erforschen: Das geht nicht. Unwillkürlich packt man Leute in Gruppen. Oft passt es, oft auch nicht. Das geht einem ja auch schon innerhalb von D so ("Berliner sind schnoddrig und unfreundlich.", "Bayern trinken viel Bier."). NAtürlich viel stärker gegenüber Gruppen, die sich stärker von der eigenen unterscheiden. Gut, wenn man drauf aufmerksam gemacht wird. Und hoffentlich lernt.



    Wenn ich als irgendwie Kreative in einem anderen Land bin oder auch nur einen Bildband sehe, mich da inspiriert fühle, dann darf ich das also nicht mehr Inspiration nennen, sondern es ist automatisch cultural appropriation? Bzw. nur, wenn ich weiß bin, aber nicht wenn ich indischen, libanesischen, mexikanischen, afro-amerikanischen Hintergrund habe? Das führt eindeutig zu weit.


    Ohne kulturellen Austausch geht es einfach nicht. Die ganze Menschheitsgeschichte ist voll davon. Wo zieht man die Grenze? Genau, ich darf keine Kartoffeln mehr essen, nichts aus Baumwolle tragen, keinen Alpaka-Pulli. Mozarts Oper Entführung aus dem Serail ist auch nicht möglich, Kaffee auch ganz böse. Tee, lieber nicht. Basilkum im Topf: Wie fast alle Gewürze nicht europäisch (oder wenigstens nicht nordeuropäisch).


    Zum Namen Indio: Auch wenn ich es begrüße, dass Didymos den Namen ändert, kann ich die Aufrewgung nicht nachvollziehen, denn das alles gibt es in Mexiko:
    (Logo einer Biermarke)


    Logo eines Fußballvereins

  • Ich finde, in diesem Artikel (allerdings nur auf Englisch) wird nochmal ganz gut deutlich, worum es bei der kulturellen Aneignung geht und auch, dass es eben nicht darum geht, nie wieder ein Tragetuch zu benutzen oder nur noch in lokaler Tracht herumzulaufen: klick

    Tut mir leid, ich kann das nicht nachvollziehen. Vielleicht ist das eher ein US-Problem?
    Auf deutschen bzw. deutschsprachigen Webseiten wird doch sehr wohl häufig Bezug genommen auf die kulturelle Herkunft verschiedener Trageweisen. Es behauptet doch hier niemand, dass weiße Europäerinnen das Babytragen erfunden haben. #weissnicht
    Davon abgesehen, finde ich es ein bisschen anmaßend, zu verlangen, dass frau sich mit dem kulturellen Hintergrund einer Technik auseinandersetzen muss, bevor sie sie anwenden darf.
    Dass POC in vielen Settings Probleme haben, Zugang zu traditionellem Wissen zu erhalten, steht doch auf einem ganz anderen Blatt hat doch nichts damit zu tun, dass dieses Wissen auch von Weißen genutzt wird.
    Ehrlich, ich möchte niemanden marginalisieren, aber ich verstehe den Artikel nicht.


    Edit: Ich verstehe das Problem bei der kulturellen Aneignung nicht so richtig. Ist das kein normaler Vorgang? Machen das echt nur böse imperialistische Kulturen?

  • Meine zwei Vorschreiberinnen haben meine Gedanken beschrieben. Ich sehe es auch so.


    Ich verstehe persönliche Befindlichkeiten schon, und verstehe Pfirsichs entscheidung - ja. Aber trotzdem sehe ich in dem Artikel viele Probleme. Bspw. war tragen hier im Mittelalter durchaus üblich.


    Also da sind auch inhaltliche Fehler. Desweiteren ist die Autorin ja so nett, uns weißen Frauen das tragen zu erlauben, weil es so nett und toll ist. Wäre es eigt. kacke fürs Baby, dann aber wäre es nicht erlaubt? Ne da gehe ich nicht konform...

  • @Seerose, und andere, zum 'Orient'.

    Du verrennst Dich da gerade total.
    Leider bist Du auf meine Frage, die ernst gemeint war, gar nicht eingegangen.


    Würdest Du auch den Namen "Süden" für ein Tuch verbieten lassen?


    Der Name des Studienfachs ist auch wegen Saids nicht geändert worden, obwohl er Stoff im 1. Semester ist. Auch die DOG hat sich nicht umbenannt und dieser ist Said wohlbekannt.


    Übrigens unterliegt der Begriff ständiger Veränderung bzgl. des Bezugs und umfasst zudem gegenwärtig auch noch unterschiedliche Regionen, je nachdem wer draufguckt.


    Zur Vollständigkeit:
    Mit Didymos hab ich nichts am Hut, die sind mir Wurscht.


    Und was die erste Diskussion hier betrifft:
    Deren Stellungnahme zum Indiotuch find ich nach wie vor befremdlich.

  • Also ich habe den Artikel jetzt gelesen. Ich verstehe den Ärger wenn jemand, der nicht aus der Kultur kommt Menschenplötzlich von oben herab erzählt wie ihre Kultur "eigentlich" funktioniert. Das finde ich auch total daneben.


    Andererseits finde ich aber auch, dass sie zu viel Unterschiede kreiert wo keine sind.


    Z.B. Hier:

    Zitat

    Unfortunately, most information and marketing is geared towards middle class white women, often with selling points about this great “new” phenomenon and requiring expensive contraptions, while disregarding the communities of color in which babywearing has been the norm since the beginning of time.


    Ich meine, die Idee ein Baby zu tragen und wenn man gerne mal eine Hand frei hätte, irgendeine Form von Tuch oder anderer Konstruktion zu nutzen ist doch so offensichtlich, dass man nun wirklich nicht behaupten kann, dass das nur in communities of color der Fall gewesen wäre. Das gab es schon auch in Europa.


    Oder hier:


    Zitat

    Much like many other “natural parenting” methods that have become popular again in white cultures, there is little introspection of how colonization has tried desperately to break families of color from breastfeeding, babywearing, and other traditional healing methods. Midwives and doulas have become associated with a degree of privilege, often completely inaccessible to the most marginalized communities who would actually benefit the most from such access. Home birth is taken for granted as something that a white family can choose, but families of color for whom it was a family norm in the past are now forced to accept invasive medical procedures under threat of having their children removed from the home with charges of medical neglect.


    Hausgeburten, Stillen etc. waren doch einfach lange die Norm bei Menschen. Das Argument, dass Weiße traditionelle Methoden übernehmen und sich dann als Experten ausgeben und dabei communities of colour übergehen, stimmt doch nur wenn die traditionellen Methoden tatsächlich ursprünglich nur in diesen communities verbreitet waren. Aber bei sowas wie Stillen, Hausgeburten, Tragen und auch Bauchbinden ist das meines Wissens nach nicht so, das gab es alles auch schon in Europa. (Und auch die Erfahrung, dass das Wissen von Hebammen und Doulas marginalisiert wurde ist keine Erfahrung, die man nur im Rahmen der Kolonialisierung machen konnte.)


    Das Problem ist mMn wirklich eher darin, dass die Unterschiede im Vermögen und Bildung so gigantisch sind und durch die Kommerzialisierung dieser Methoden viele Menschen gerade aus communities of colour weniger Zugang dazu haben. Das finde ich den Skandal und dem wird auch wirklich nicht geholfen durch die Babywearing community, die irgendwo suggeriert, dass man mindestens vier Tragetücher und drei verschiedene Carrier braucht, um das Kind sicher und gesund zu bewegen. Da fände ich manchmal auch etwas Selbstreflektion (was ist wirklich nötig, was wäre der Idealfall und was ist einfach eine Ausübung meines Hobbys) angebracht. Nur das darüber hinausgehende, erst eine Technik für die "communities of colour" zu reklamieren um sich dann daran zu stören, dass Weiße sie übernommen haben, finde ich etwas seltsam.


    Mal abgesehen davon finde ich den "communities of colour" Begriff auch nicht immer hilfreich. Ich sehe sofort, dass in einer weißen Mehrheitsgesellschaft pocs oft einer ähnlichen Diskriminierung ausgesetzt sind und es hilfreich ist Worte dafür zu finden. Aber in diesem Artikel bezieht sie sich oft auch auf Kulturen außerhalb der USA, die dann doch wieder sehr unterschiedlich sind. Ich finde da diesen Sammelbegriff (als wäre da Nepal quasi das gleiche wie Mexiko) irgendwie recht verstörend und für eine ernsthafte Debatte von kolonialen Einflüssen und den entstehenden Problemen nicht hilfreich. So universal ist die US-amerikanische Erfahrung und Geschichte dann auch wieder nicht. Im amerikanisch-afrikanischen Verhältnis z.B. gibt es da eine Menge fragwürdige Punkte. Angefangen bei der Rolle von amerikanischen Konzernen wie Monsanto über die amerikanische Politik, keine Entwicklungshilfe an Organisationen zu zahlen, die auch Abtreibungen anbieten, bis zu der Frage ob Kwanzaa dann auch cultural appropriation ist. (Ein erfundenes Fest, angelehnt an traditionelle Feste, ausgeführt in einer wirtschaflich stärkeren, (neo-)kolonialen Gesellschaft...)

  • Tut mir leid, ich kann das nicht nachvollziehen. Vielleicht ist das eher ein US-Problem?

    Dieser Diskurs wird in den USA jedenfalls schon viel länger geführt.


    Ich kann z.B., und das ist jetzt überhaupt nicht überheblich gemeint, gar nicht nachvollziehen, dass so viele hier das Problem gar nicht verstehen. Für mich ist das so offensichtlich und es gab ja auch schon viele gute Erklärungen hier #confused . Das lässt mich allerdings eher an mir zweifeln ;) .





    Davon abgesehen, finde ich es ein bisschen anmaßend, zu verlangen, dass frau sich mit dem kulturellen Hintergrund einer Technik auseinandersetzen muss, bevor sie sie anwenden darf.

    Und das finde ich überhaupt nicht. Man fragt sich doch auch, wo sein Essen herkommt oder wie die Kleidung produziert wurde.



    @elly: Das ist doch aber ein mexikanischer Fussballclub, der sich so nennt, und kein deutscher, z.B.. Da liegt doch schon mal ein entscheidender Unterschied.





    @Iverna: Nur weil im Mittelalter getragen wurde, ist es doch aber keine Tradition hier in Deutschland. In den letzten hundert Jahren wurden doch Kinderwagen etabliert und galten als Fortschritt schlechthin. In meiner Kindheit, obwohl 80er, kannte ich niemanden, der seine Kinder trägt, und in dem Viertel, in dem ich früher, als meine Kinder klein waren, gewohnt habe, hat außer mir NIEMAND getragen.
    Lange Zeit galt es, außer bei einigen Hippies :D , als rückschrittlich und war mit irgendwelchen "Naturvölkern" verknüpft.


    Ich finde einige Punkte in dem Artikel auch schwierig oder schwerer nachvollziehbar, finde aber weiterhin, dass die Problematik deutlich wird.






    Du verrennst Dich da gerade total.

    Ich weiß, das ging an Pfirsich, aber kannst du das genauer erläutern? Ich kenne Said auch so, wie sie es beschreibt (war Teil meines Studiums).


    Hausgeburten, Stillen etc. waren doch einfach lange die Norm bei Menschen. Das Argument, dass Weiße traditionelle Methoden übernehmen und sich dann als Experten ausgeben und dabei communities of colour übergehen, stimmt doch nur wenn die traditionellen Methoden tatsächlich ursprünglich nur in diesen communities verbreitet waren. Aber bei sowas wie Stillen, Hausgeburten, Tragen und auch Bauchbinden ist das meines Wissens nach nicht so, das gab es alles auch schon in Europa. (Und auch die Erfahrung, dass das Wissen von Hebammen und Doulas marginalisiert wurde ist keine Erfahrung, die man nur im Rahmen der Kolonialisierung machen konnte.)


    Nochmal hierzu: Stillen, Hausgeburten und Tragen wurde aber eine Zeit lang in Deutschland als seeeehr rückschrittlich angesehen oder auch als Praktiken "unzivilisierter" Völker. Inzwischen ist es ja zum Glück anders, aber ich kenne einige Leute, auch in Deutschland, die damit eine gewisse Naturvölkerromantik verbinden.


    Und ganz ehrlich: Mit diesem "natürlichen Geburten -Dings" wird hier einfach eine Menge Kohle gemacht (ich meine jetzt natürlich nicht die Hebammen :( ), aber inzwischen gibt es eine gut funktionierende Industrie dazu.

    Leia mit Sohn (08/04) und Tochter (02/07)

    • Offizieller Beitrag

    Leia, es kam aber ja gerade als Kritik, dass das Wort in Mexiko beleidigend ist. Warum gibt es dann in Indio-Bier und einen Indio-Fußballverein? In den USA gibt es sicher kein Bier, dass das N-Wort benutzt oder eine Baseball- oder Football-Club, der sich so benennt.
    Von daher hinkt ja schon der Vergleich. Zum E-Wort (wenn damit das für die inidigenen Völker des Polargebiets gemeint ist(), dann gibt es auch Gruppen, die sich nicht Inuit nennen, sondern Eskimo.


    Und ehrlich: Soll sich eine Mutter, die gerade ein dauerschreiendes Baby hat und froh ist, dass es sich mit dem Tragetuch beruhigen lässt, eine kulturanthropologische Seminararbeit machen? Ich war damals heilfroh, diese Technik zu lernen (und dass nicht alle Kulturen den westlichen Kinderwagenweg gegangen sind).


    Das Thema internationales Babytragen finde ich sehr interessant, habe auch einen wunderschönen Bildband dazu.