Hallo,
Soweit ich mich erinnere, gab es damals auch schon in Sekundarstufe 1 Nachmittagsunterricht und dann noch Unterricht am Samstag - beides gilt für viele Eltern heute als "no go".
Dafür hatten wir 8 Wochen Sommerferien, 2 Wochen Herbstferien und 3 Wochen Winterferien...
Wenn ich meiner Mutter glauben darf, hat sich der gesamte Stundenumfang nicht wirklich geändert.
Nachmittagsunterricht hatten wir ab Klasse 7, weil da erst das Schulfernsehen für englisch lief. Dafür hatten wir vorher 2 Stunden frei. Stundenplantechnisch finde ich das nicht sonderlich erstrebenswert, aber überarbeitet haben wir unss nicht.
Klar haben sich Inhalte verschoben, ich denke, technisches Zeichnen gehört heute nicht mehr zum Grundkanon, dafür ist mehr Medienkompetenz gefragt. Aber in Mathe z.B. sind die Anforderungen wohl sogar gesunken.
Ich habe nicht das Gefühl, dass ein dreigeteiltes System da viel geändert hat.
Man muss sich nur hier im Forum umschauen, auch da gibt es ausreichend Stränge über über- aber auch unterforderte Kinder. Oder Kinder, die einfach seelisch mit den Anforderungen nicht klar kommen. Auch an Gymnasien.
Und gerade bei hochbegabten Kindern ist es ja nicht so, daß sie einfach nur schneller oder mehr lernen, die Auswirkungen sind ja doch sehr individuell - und eine Schule, die z.B. mit ständigem hinterfragen oder mit "Schulstoff ist langweilig, XY ist viel spannender!"nicht klar kommt, wird dem Kind nicht gerecht werden , auch dann nicht, wenn vorne Gymnasium draufsteht.
Hast du wirklich das Gefühl, daß die frühe Trennung in komplett verschiedene Schulformen der einzige Weg ist, um Kinder individuell zu fördern? Ich habe das Gefühl, daß an sehr vielen Schulen genau das NICHT passiert. Mathe schwach, aber künstlerisch und sprachlich gut? Pech, wenn du auf dem höheren Niveau landest und keine Zeit dafür hast, weil du permanent in Mathe nachhängst und da schuften musst. Aber auch Pech, wenn du im niedrigerem Niveau bist, denn in den meisten fällen interessieren da deine Begabungen nicht besonders, für dein Interesse an Literatur oder dein Instrumentalspiel auf sehr hohem Niveau wirst du vielleicht noch schräg angeguckt, also Hauptsache, du bist unauffällig.
Klar gibt es auch andere Beispiele, Lehrer, die Talente erkennen und fördern oder dem Schüler helfen, den eigenen Blick auf das zu lenken, was man gut kann - aber die sind leider immer noch viel zu selten und genau das könnte auch beim gemeinsamen lernen passieren.
Wenn es danach geht, müsste man schon in der Grundschule trennen, denn für viele Kinder fängt der Leidesweg ja da schon an, man muss nur in die Stränge hineinlesen (und ich erlebe gerade täglich, was ein selektierendes System mit Kindern macht.... ;( ).
Warum dann nicht gleich im Kindergarten trennen? Oder mit ein paar Tests kann man sicher auch bei Einjährigen schon herausbekommen, wer flotter lernt und wer langsamer und auch da schon in verschiedene Gruppen stecken, damit sich keiner langweilen muss...
Die letzten beiden Beispiele findet sicher jeder Quatsch - aber warum kommt es eigentlich bei kleinen Kindern viel seltener dazu, dass sie sich dauerhaft gelangweilt oder massiv überfordert fühlen? Ich denke, weil das der Blick aufs Lernen insgesamt noch ein ganz anderer ist, sehr viel individueller, sowohl was das Tempo als auch was die Lernwege angeht. Die Kinder können im eigenen Tempo lernen, bekommen im Idealfall Unterstützung dabei, ihre Interessen auszuleben und wer länger braucht, DARF länger brauchen ohne zu befürchten, abgehängt zu werden. Und im Rollenspiel oder in der Bauecke ist es dann recht schnurz, ob A schon Schleifen kann oder B schon liest oder C noch nicht mal Kopffüßler kann.
Ich denke, wenn wir DIESEN Blick aufs kindliche Lernen erhalten und in die Schule mitnehmen könnten, dann wäre eine Trennung völlig unnötig und trotzdem würden sich weniger Kinder über- oder unterfordert fühlen.
Daß es geht, beweisen Schulen, die es ja schon gibt. An der Schule meiner Kinder lernen Lernförderkinder und Kinder die trotz Mittelschulanmeldung auf Gymnasialniveau lernen gemeinsam. Und es geht. Töchterchen arbeitet in einigen Fächern schon deutlich über das Niveau ihrer Klasse hinaus. In einigen auch nicht, weil es sie nicht so interessiert, aber auch das finde ich völlig OK. Man muss nicht alles ausschöpfen, dann ist man irgendwann leer.
Nur die, die sich auch offiziell für den Gymnasialen Weg entschieden haben, dürfen aber nicht mehr dabei sein und stecken nun die meiste Zeit in einer eigenen Klasse. Und verpassen damit ganz viel vom "drumrum".
Weil da die Bildungsagentur Sachen fordert, die im gemeinsamen Lernen nicht umzusetzen sind. Interessanterweise geht es hier aber NUR um rein organisatorische Dinge, daß das WISSEN überhaupt kein Problem wäre, hat die Schule bestätigt bekommen.
Gymnasialkinder dürfen z.B. kaum Freiarbeit haben, weil sie eine Stundentafel nachweisen müssen und solche Sachen - und das obwohl der Wissenstand auch beim gemeinsamen Lernen gegeben war - es ging NUR um vorgeschriebene Organiationsformen, die nachzuweisen sind.
Ach ja und letztens las ich einen Bericht über eine tolle moderne, stark geförderte Modellschule. Das Besondere? Alle Kinder lernen gemeinsam. Ganz was modernes, die Vorteile wurden ausgiebigst beschrieben, Eltern, Kinder, Lehrer und Ämter waren von den Erfolgen begeistert.
Als Modellschule darf man das... sonst nicht. Wenn es nicht so ärgerlich wäre, wäre es fast witzig.
Es geht nämlich. Man muss nur wollen, finde ich. Und dürfen.