Geschichte: Logistik der D-Mark-Einführung in der DDR

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    • Offizieller Beitrag

    abo #schäm

    Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht!


    Aber es hilft ungemein, wenn man ihm im Rahmen seiner Möglichkeiten Wasser gibt, ab und an etwas Dünger und gute Erde zur Verfügung stellt und ihm Schatten spendet wo die Sonne zu stark scheint

  • Ich weiß dazu, dass die LPGs umgewandelt werden konnten, erst nur in Genossenschaften nach westdeutschem Recht, später dann auch in andere westdeutsche Gesellschaftsformen. Dabei gab es ziemlich viel Schmuh, gierige West- und Ostdeutsche und schlechte Rechtsberatung.

    Das wäre eigentlich noch mal ein eigenes Thema.

  • Danke. Das ist sehr lehrreich. Es ist wirkliche eine Sauerei, was da für Schindluder getrieben worden ist. Und wie wenig ich darüber weiß, obwohl es doch auch meine Geschichte ist.

  • So ging uns das auch. Ich hab meine Kontoauszüge aus dieser Zeit ebenfalls noch aufgehoben.

    Es tat schon weh zu sehen, wie der hart erarbeitete und ebenso hart ersparte Geldbetrag auf einen Schlag halbiert worden war.

    ... "halbiert" ? Der Zahl nach ja, aber doch nicht dem Wert nach. #confused

    Wenn du vor dem 1.7.1990 in - sagen wir mal - West-Berlin einkaufen wolltest, musstest du deine Ostmark zum Kurs von 3:1 oder 4:1 gegen DM umtauschen. Mehr hast du dafür nicht bekommen, das war der Kurs.

    Bei der Währungsumstellung wurden - wie du weiter oben schreibst - pro Person zwischen 2.000 und 6.000 Ostmark zum Kurs von 1:1 und der Rest zum Kurs von 2:1 in DM umgestauscht. Das war deutlich mehr als das Ostmark-Vermögen auf dem Markt wert gewesen wäre. Wer für die oben auf dem Kontoauszug zitierten 60.000 Ostmark durch die Umstellung 30.000 DM bekam, dem (oder der) hat der westdeutsche Staat immerhin 10.000 bis 15.000 DM geschenkt.

  • Anne diese Argumentation finde ich unpassend. Denn niemand in meinem Umfeld kaufte im Westen ein, die hatten gar nicht den Zugang nach Westberlin. Man kaufte also oft Ostmark im Osten ein und hatte geplant, mit den Ersparnissen im Osten einzukaufen. Leider war der Osten dann auf einmal weg und das Geld nur noch die Hälfte. Ob der Wert dessen dann real mehr oder weniger war, hängt wohl davon ab, was man kaufen wollte. Wenn es um die Frage geht, wie lange man in der DDR 1989 von 1000M leben konnte und wie lange man mit 1000DM zur selben Zeit in der BRD auskam, dann ist die Antwort eine ganz andere, als wenn es darum geht, von dem Geld ein Auto zu kaufen.


    Der Staat hatte also so pauschal gesehen erstmal gar nichts geschenkt.

  • Mit einer 1:4 Umstellung hätte das auch nicht funktioniert.

    Mag schon sein.

    Aber offenbar war sich der west- und der ostdeutsche Wirtschaftssachverstand einig, dass mit der Währungsunion gravierende Probleme auf die DDR-Wirtschaft zukommen würden.

    Aus dem Link von weiter oben oben Deutschlandradio:


    Zitat

    für den Vize-Chef der Staatsbank der DDR, Edgar Most, der später in
    die Deutsche Bank wechselte, glich der Umtauschkurs von 1 : 1
    ökonomischem Selbstmord. [...] Obwohl die Staatsbank der DDR sehr eigene
    Vorstellungen hatte, wann die

    Währungsunion Wirklichkeit werden sollte – sehr viel später nämlich, und

    mit abfedernden Übergangsregelungen -, hatten die Banker Most zufolge

    keinen Einfluss mehr.



    Und im Westen wurde das von den Sachverständigen genauso gesehen:

    Zum Tauschkurs:


    Zu den Folgen:

    Zitat

    Konfrontiert mit einer realen Aufwertung von 300 bis 400 Prozent, gingen die Ostbetriebe unter. Sie waren weniger produktiv als ihre West-Konkurrenz, ihre Produkte waren oftmals teurer, von schlechterer Qualität, ihr Image lausig. Ihre Absatzmärkte in Osteuropa brachen weg. Dazu kam: Mit der Währungsumstellung verwandelten sich die Schulden der Betriebe von einfachen Rechnungseinheiten in echte marktwirtschaftliche D-Mark-Kredite, die zu marktüblichen Konditionen verzinst und bedient werden mussten. Und schließlich stiegen die Löhne in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung stark an. Denn die Politik zielte auf rasche Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West. Die Gewerkschaften wiederum wollten das Entstehen einer Niedriglohnzone im eigenen Land verhindern.

    Das Ergebnis: Die Wirtschaftsleistung der DDR brach in wenigen
    Monaten um ein Drittel ein, die Industrieproduktion halbierte sich
    binnen weniger Wochen, „ein historisch wohl einmaliger Vorgang“, so
    Brenke. Die Arbeitslosigkeit im Osten schoss in die Höhe – bis Ende 1990
    verlor fast ein Drittel aller Erwerbstätigen seinen Job.

    Aus der Frankfurter Rundschau:

    http://www.fr.de/wirtschaft/wa…ie-vor-25-jahren-a-464741

    LG
    AnneL

    Einmal editiert, zuletzt von AnneL ()

  • Merin, ich weiß nicht genau, was ich darauf antworten soll. Deine Argumentation ist grundvernünftig.

    Aber: Wenn eine Mehrheit der DDR-Bürger, die DDR und ihre Wirtschaft hätte behalten wollen, dann wäre es weder zur Währungsunion noch zur Wiedervereinigung gekommen. Doch so war es nun mal nicht.

  • Man kaufte also oft Ostmark im Osten ein und hatte geplant, mit den Ersparnissen im Osten einzukaufen. Leider war der Osten dann auf einmal weg und das Geld nur noch die Hälfte.

    Einige haben das wohl durchaus durchgerechnet.

    Aus einem Spiegel-Artikel von April 1990:

  • Der zweite scheint auch spannend, allerdings habe ich nicht genug Ahnung von VWL um ihn wirklich zu verstehen. Vielleicht kann jemand das übersetzen?

    Oh, genau meine Gedanken. Ich fand den Text anstrengend. #angst

    Das unterstütze ich auch. Viva, magst du "übersetzen", was in dem Text steht.

  • Ich finde, Anne, da mischen sich verschiedene Themen und Fragen. Ich bin keine Volkswirtschaftlerin und schaue erstmal eher auf die einzelnen Menschen, denen nichts geschenkt wurde (mein Umfeld war nicht wohlhabend). Volkswirtschaftlich stellen sich ganz andere Fragen, die ich nicht annäherungsweise überblicke. Für mich als Laie sieht es so aus, als sei die DDR wie ein Gewächshaus gewesen, dem man plötzlich Dach und Wände wegnahm. Nun gab es reichlich frische Luft und Freiraum, aber eben auch viel unvorhersehbareres Wetter. Von meinem heutigen und damaligen Laienverstand hätte ich mir eine dritte Lösung gewünscht, eine allmähliche Annäherung. Aber das haben die Leute eben nicht gewählt und es kam anders. Der folgende Zusammenbruch war, so scheint es mir, aber auch von vielen Mächtigen nicht unerwünscht. Es erschloss sich ein grandioser neuer Markt. So saubere Luft wie damals gab es vorher nicht - und das nicht nur rund um Bitterfeld. Ich würd halt gern mehr verstehen als diese etwas zugespitzten Schlagworte, die ich hier um mich werfen kann.

  • So ging uns das auch. Ich hab meine Kontoauszüge aus dieser Zeit ebenfalls noch aufgehoben.

    Es tat schon weh zu sehen, wie der hart erarbeitete und ebenso hart ersparte Geldbetrag auf einen Schlag halbiert worden war.

    ... "halbiert" ? Der Zahl nach ja, aber doch nicht dem Wert nach. #confused

    Wenn du vor dem 1.7.1990 in - sagen wir mal - West-Berlin einkaufen wolltest, musstest du deine Ostmark zum Kurs von 3:1 oder 4:1 gegen DM umtauschen. Mehr hast du dafür nicht bekommen, das war der Kurs.

    Bei der Währungsumstellung wurden - wie du weiter oben schreibst - pro Person zwischen 2.000 und 6.000 Ostmark zum Kurs von 1:1 und der Rest zum Kurs von 2:1 in DM umgestauscht. Das war deutlich mehr als das Ostmark-Vermögen auf dem Markt wert gewesen wäre. Wer für die oben auf dem Kontoauszug zitierten 60.000 Ostmark durch die Umstellung 30.000 DM bekam, dem (oder der) hat der westdeutsche Staat immerhin 10.000 bis 15.000 DM geschenkt.

    dafür konnte ich von dem "ostgeld" aber für 60 mark pro monat in einer 3-4-zimmer-wohnung leben. und ein brötchen kostete 5 pfennige. warum sollen denn die preise für westprodukte (die du ja ansetzt, wenn du den schwarzmarkt-umrechnungskurs verwendest) hier relevant sein. es geht losgelöst doch in diesem strang um die ddr-ökonomie, oder nicht?


    das sind doch blödsinnige (sorry) rechnungen, die sich wieder einmal nur am westlichen wirtschaftsmodell orientieren.

  • Merin, ich weiß nicht genau, was ich darauf antworten soll. Deine Argumentation ist grundvernünftig.

    Aber: Wenn eine Mehrheit der DDR-Bürger, die DDR und ihre Wirtschaft hätte behalten wollen, dann wäre es weder zur Währungsunion noch zur Wiedervereinigung gekommen. Doch so war es nun mal nicht.

    für wie gut wirtschaftlich/politisch/demokratietheoretisch informiert hältst du die ddr-bürger des sommers 1990, um eine solch weitreichende entscheidung zu fällen und sich gegen die übermacht der damals im westen regierenden CDU/FDP zu positionieren? dass die skeptiker der schnellen vereinigung recht hatten, bezweifeln heute eigentlich nur noch wenige. und die ddr-leute, die ich kenne, sind inzwischen fast alle der meinung, dass man damals diesen weg nicht hätte wählen sollen.


    der treuhandfilm, den ich NOCHMALS jedem ans herz legen möchte, zeigt ziemlich deutlich, dass die meisten keine ahnung hatten, was sie da beschließen.

  • welchen "dritten weg" der langsamen Annäherung hätte es denn gegeben? Hätte es bei dem Sturm auf die Westprodukte, der damals zu beobachten war denn real die Möglichkeit gegeben, die DDR weiter als Volkswirtschaft existieren zu lassen? Mit der bestehenden Restriktion des Konsums, der Reisen?

  • also ich kann auch dazu nur nochmal den kinofilm empfehlen, den ich verlinkt habe.


    es hätten viele verbrechen, die sich nach der wende bezüglich des ausverkaufs der ddr ereigneten, verhindert werden können. und zwar durch politischen willen. sogar ohne die "einheit" zu gefährden. das wird deutlich, wenn man ihn sich in ruhe anschaut.


    und zum wirklichen dritten weg hier etwas:


    http://www.bpb.de/apuz/32883/der-vergessene-dritte-weg?p=all



    im übrigen musste das ende des sozialismus ja auch für andere länder des ostblocks ohne die schnelle D-Mark funktionieren. viele staaten wurden sogar im interesse des westens zerschlagen statt wiedervereint.

  • welchen "dritten weg" der langsamen Annäherung hätte es denn gegeben? Hätte es bei dem Sturm auf die Westprodukte, der damals zu beobachten war denn real die Möglichkeit gegeben, die DDR weiter als Volkswirtschaft existieren zu lassen? Mit der bestehenden Restriktion des Konsums, der Reisen?

    Realistischerweise keinen, denke ich. Die DDR-Bürger wollten West-Produkte kaufen und sie sind zu 100.000en in den Westen übergesiedelt. Binnen weniger Monate. Der eigentlich Grund für die Währungsunion aus westlicher Sicht war es, den ungebremmsten Zuzug der Menschen aus der DDR zu stoppen.

    Wenn man die DDR hätte erhalten wollen, hätte man die Mauer wieder zu machen müssen. Und das war politisch undenkbar.

    Bei der freien Volkskammerwahl im März 1990 stimmten gerade mal 16% für die PDS, die dafür eintrat "die gesellschaftliche Werte und Leistungen der DDR zu erhalten ". Und 40% für die CDU, die für die schnelle Einheit stand, die sofortige Einführung der D-Mark, für Privateigentum und uneingeschränkte Gewerbefreiheit, etx. Jetzt kann man natürlich sagen, die wussten alle nicht, was sie taten und waren manipuliert.

    Aber ich glaube das nicht. Es gab eine große Angst, den richtigen Zeitpunkt zu verpassen. Dass man jetzt schnell reagieren müsse, weil so eine Gelegenheit vielleicht nicht wiederkommt.


  • Viva, bevor ich jetzt 1,5 Stunden in den Treuhand-Film investiere, den ich nicht kenne, magst du sagen, wieso er für die Währungsunion relevant ist? Die Treuhandanstalt nahm doch ihre Arbeit erst nach der Währungsreform auf, oder?

  • warum sollen denn die preise für westprodukte (die du ja ansetzt, wenn du den schwarzmarkt-umrechnungskurs verwendest) hier relevant sein. es geht losgelöst doch in diesem strang um die ddr-ökonomie, oder nicht?

    Wenn es nur um die DDR-interne Ökonomie gehen würde, wäre der Umtauschkurs bei der Währungsumstellung doch völlig irrelevant gewesen. Dann hätte er auch 1:5 sein können. Er wurde - populistischerweise - auf 1:1 gesetzt (Details zum Umrechnungskurs haben wir weiter oben geklärt), damit die DDR-Bürger möglichst viele West-Produkte kaufen konnten. Und zwar weil die Mehrheit der DDR-Bürger das wollte, nicht weil die Wirtschaftssachverständigen oder auch die Politiker das für eine gute Idee hielten.