Misogynie und Rassismus vs. Höflichkeit

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  • Liebe Rabinnen und Raben,

    Darf ich Euch erfahrene Eltern um Rat fragen, wie Ihr das gemacht hättet, bzw. wie Ihr es in Eurer Familie handhabt, wenn ein Gast, den Ihr höflich und freundlich behandeln wollt, misogyne oder rassistische Kommentare vor den Kindern abgibt?

    Wir hatten am Wochenende Besuch von einer französischen Verwandten, die immer SEHR gastfreundlich und großzügig war (wir haben schon viele Male kostenlos Urlaub in ihren wunderschönen Ferienhäusern gemacht) und die jetzt zum ersten Mal zu Gast bei uns war. Sie hatte ihren neuen Lebensgefährten dabei, den wir noch nicht kannten. Beide jenseits der 60. Kurz nach der Begrüßung sagte er zu mir, es sei ja toll, dass ich so jung Kinder bekommen hätte (über mein wahres Alter hat er sich wohl getäuscht), und dass er Frauen, die keine Kinder haben, als egoistisch betrachtet. Abgesehen davon, dass ich 10 Jahre unerfüllten Kinderwunsch mit mir rumschleppe und nur durch riesengroßes Glück überhaupt Kinder habe, möchte ich solche Sachen nicht unwidersprochen an meinem Tisch stehenlassen, vor allem, wenn meine beiden Töchter zuhören. Diesmal war das egal, weil sie es eh nicht verstanden haben (Baby versteht nix, die Ältere kann kein Französisch). Aber grundsätzlich möchte ich das nicht. Andererseits wollte ich meine Tante nicht brüskieren, indem ich gleich zu Beginn des Besuchs ihren Lebensgefährten in seine Schranken weise. (Er hat dann immer wieder tendenziell nationalistische Sachen gesagt, war andererseits so schwerhörig, dass Gegenargumente kaum zu ihm durchdringen konnten).

    Wie handhabt man so eine Situation elegant, freundlich, aber auch klar und bestimmt, so dass die Kinder (und idealerweise auch der Gast) lernen, dass solche Sachen bei uns nicht gesagt werden?

    Danke!!!

    Nevermore

  • In dieser Situation wolltest du den Gast nicht brüskieren, weil du damit die Tante brüskiert hättest. Das verstehe ich. Nochmal würde ich die beiden aber nicht einladen. Sollte es dazu kommen, musst du die Problematik wohl mit deiner Tante klären. Sie lebt schließlich mit diesem Drecksack zusammen, also wird sie die augen nicht ganz davor verschließen können und muss sich dazu positionieren. - Die Ferienhausaufenthalte für Lau sind dann jetzt wohl erstmal Geschichte.


    Was ich nicht verstehe ist, wieso die Gegenwart der Kinder daran irgendwas macht? Misogynie und Rassismus werden ihnen immer wieder begegnen. Sie werden sich immer wieder damit auseinandersetzen müssen. Ich wäre froh, wenn ich in der Situation dabei bin, damit sie sehen können, wie ich damit umgehe. Und sei es, hinterher zu klären, warum ich an dieser Stelle nicht angemessen reagieren konnte.

  • Hmm das ist irgendwie auch typsache bzw. hängt von der eigenen Konfliktfähigkeit ab. Ich habe ein eher ausgeprägtes harmoniebedürfnis und vermeide Konflitke deshalb oft. Im nachhinein ärgere ich mich dann, nichts (oder Nichts mit angemeßener Deutlichkeit) gesagt zu haben.

    Ideal wäre in solchen Situationen ja eine freundliche und schlagfertige Antwort. Die fallen mir aber nie ad hoc ein #weissnicht

    Ein mit einem Lächeln begleitetes "das sehe ich nicht so", ist immer ein guter kompromiss. Dann hast du deine eigene Position klargemacht, kannst aber gleichzeitig eine Diskussion vermeiden, falls du keine Lust auf eine hast.

    Wenn der Gast dann weiter faselt, doch etwas deutlicher werden? Hast du denn deine Tante gefragt, wie sie das sieht? Das geht ja auch ganz freundlich ohne gleich eine konfrontative Stimmung aufkommen zu lassen.

  • Ich wäre froh, wenn ich in der Situation dabei bin, damit sie sehen können, wie ich damit umgehe. Und sei es, hinterher zu klären, warum ich an dieser Stelle nicht angemessen reagieren konnte

    Genau Aoide, das möchte ich, wenn es dann mal soweit ist, dass sie solche Kommentare auch verstehen. Natürlich wäre es eigentlich immer wichtig, gegen solche Kommentare einzuschreiten, unabhängig von den Kindern. Aber ich fühl mich doch noch mal viel stärker in der Verantwortung, das gut zu machen, um ihnen Vorbild sein zu können. Aber stimmt natürlich, auch ohne Kinder dabei wäre es ein Problem gewesen.

    Ein mit einem Lächeln begleitetes "das sehe ich nicht so", ist immer ein guter kompromiss.

    Ja, das stimmt! Danke! Da würde ich mich tatsächlich jetzt besser fühlen, wenn ich das gemacht hätte. Ich war so baff und habe eine Weile lang wahrscheinlich wie ein Schaf geguckt...

    Hast du denn deine Tante gefragt, wie sie das sieht? Das geht ja auch ganz freundlich ohne gleich eine konfrontative Stimmung aufkommen zu lassen.

    Meine Tante, das hatte ich vergessen zu erwähnen, hat verlegen gelacht und Ah, Nein! gerufen, so im Sinn von, was redest Du da für einen Unsinn. Das hat es für mich besser gemacht.

  • Wenn "das sehe ich nicht so" nicht reicht, würde ich auch deutlicher werden können- sogar eher als ohne Anwesenheit der Kinder. " in unserem Haus dulden wir keinen Rassismus/rassistische Äußerungen" da platzt mir sonst der Kragen, sowas kann ich nicht stehen lassen.

  • Ach du liebe Güte. Das muss man erst mal hinbekommen, schon bei der Begrüßung die Gastgeberin so richtig trampeltiermäßig an einem ihrem wunden Punkte zu treffen. Und dann von einem Fettnäpfchen ins andere zu tappen und offenbar vor lauter Schwerhörigkeit gar nicht zu merken, welchen verheerenden Eindruck man hinterlässt ...


    Mir ist Gastfreundschaft heilig.

    Und in dieser Konstellation:

    die immer SEHR gastfreundlich und großzügig war (wir haben schon viele Male kostenlos Urlaub in ihren wunderschönen Ferienhäusern gemacht) und die jetzt zum ersten Mal zu Gast bei uns war. Sie hatte ihren neuen Lebensgefährten dabei,

    würde ich keinesfalls unhöflich werden wollen. Das wäre mir wirklich wichtig und ich finde, dass deine Verwandte das nicht verdient hat.

    Natürlich sage ich was, wenn ich anderer Meinung bin und gebe Contra. Wenn das Gegenüber schwerhörig ist und nichts versteht, nun ja, dann macht man das für sich selbst oder die anderen Ohren, die zuhören.

    Ich finde es aber auch nicht schlimm, wenn man zu überrumpelt ist und erst mal gar nicht recht weiß, wie reagieren.


    Zum Thema "vor den Kindern": was sollte den schlimmstenfalls passieren, wenn deine Kinder rassistische oder frauenfeindliche Sprüche hören?

    Dass sie wissen, dass es da gibt?

  • Ich finde die Sache mit den Kindern schwierig.

    Letztlich ist es eine Meinung, über die man unterschiedlich denken kann.

    Da würde ich meine Meinung zu sagen, die evtl. anders ist.

    Ehrlich gesagt finde ich das eher eine spannende Diskussion.



    Rechte Sprüche oder ähnliches möchte ich in meinem Haus nicht hören.

    Das sage ich auch so.

    Ich bitte darum dies zu unterlassen.

    Und stelle klar, was ich davon halte.

  • In solchen Konstellationen versuche ich oft so halb zu widersprechen. Also, ich sag dann sowas, wie "Hmm, ja, kommt aber schon auch auf die individuelle Situation an. Ich habe z.B. eine Freundin, da wollte ihr Partner keine Kinder und nach der Trennung mit dem nächsten Partner hat es nicht geklappt." (Oder sonst irgendeine individualisierte Begründung halt.


    Dann hat man nicht direkt gesagt, dass der andere Stuss redet aber doch vermittelt, dass man da noch eine andere Seite sieht.

  • ich steh glaub ich auf dem Schlauch...

    was ist da dran denn jetzt rassistisch wenn jemand sagt, Frauen sind egoistisch wenn sie keine Kinder haben?

    Und was findest du an der Bemerkung denn sooooo daneben?


    Warum ihn nicht anlächeln und sagen, ich hab so lange versucht Kinder zu kriegen, und ich kenne so viele Paare denen das nicht gelingt.... insofern wie meinst Du das denn?

    Sind Männer dann auch egoistisch, wenn sie keine Kinder haben? Und dann kann man ja noch einne spannenden Exkurs über die Welbevölkerung machen....


    Ich meine, wenn dir der Mann jetzt extrem unsympathisch war, dann würde ich ihn nicht mehr einladen und dann da halt auch nicht mehr Urlaub machen .....


    aber neee ich versteh Deine Welle da jetzt nicht


    Und ja... wenn man sich gegen Kinder entscheidet... natürlich ist da eine Portion Egoismus dabei... das sehe ich auch so... im Sinne ... ich verwirkliche jetzt zuerst meine Wünsche und Ziele.. .und so what. Ist ja auch legitim...


    Sprich von weiter Ferne kann den Typen niemand beurteilen


    Mit meinen Kindern spreche ich im Zweifel im nachhinein... und erkläre meinen Standpunkt.

    Deinen Kindern werden in ihrem Leben noch so viele blöde Meinungen und Menschen begegenen....

    Grüße von Claraluna


    Shoot for the moon. Even if you miss you will land among the stars.

  • ich weiß nu nicht, wie unfreundlich das klang, was der Mann gesagt hat. Ich wäre anhand dieses kurzen Zitats nicht verärgert gewesen. Klar, kinderlose Frauen als egoistisch zu bezeichnen ist nicht nett, aber passt doch zu der eher akzeptierten Einstellung, die auch viele Frauen zeigen, dass man nur Mutter sein darf, wenn man sein sonstiges leben aufgibt.


    Dass manche Leute nicht auf dem Schirm haben, dass es vielleicht gar nicht gewollt ist, keine Kinder zu haben finde ich verzeihlich. Muss man sowas wissen?


    In meinen Augen spricht da schon ein erzkonservativer Mensch, dem in einigen Ansichten widersprochen werden sollte. Aber als frauenverachtend kann ich das jetzt nicht wahrnehmen.


    Ich würde bei so einer Bemerkung eher eine interessante Diskussion erwarten und erwähnen, dass es noch andere Lebensmodelle gibt als das, das er als Standard sieht. Mit den Kindern sehr ich da so gar kein Problem


    Edit: so wie claraluna

  • Zum Thema "vor den Kindern": was sollte den schlimmstenfalls passieren, wenn deine Kinder rassistische oder frauenfeindliche Sprüche hören?


    Dass sie wissen, dass es da gibt?

    Ich hätte Angst, dass sie lernen, dass es in Ordnung ist, so was zu sagen. Also dass ein alter Mann so über Frauen sprechen darf, so über Frauen urteilen darf (Denn natürlich war keine Rede von Männern ohne Kindern, dies ist der misogyne Aspekt daran, claraluna und janos). Dass meine Kinder lernen, dass Frauen qua Geschlecht sich solche Urteile über für sie mögliche Lebensmodelle anzuhören haben.

  • na, das mit den Männern ohne Kinder hätte ich ihn auch zuerst gefragt....


    Ich finde, man kann jemandem aus der Generation "älter" erstmal zugestehen, dass er/sie in dieser konservativen Welt stehen geblieben ist, ohne diesem Menschen gleich schlechtes zu unterstellen. Wäre er Soziologie-dozent wäre das was anderes, aber so kann ich mir gut vorstellen, dass ihm völlig fremd ist, wie "man" so lebt mittlerweile

  • Sind deine Kinder noch nie mit der Einstellung konfrontiert worden, dass es besser ist, wenn das Kind "die ersten Jahre bei der Mutter verbringt". Oder dass u3-betreuung ein Problem für die Kinderseele bringt?

    • Offizieller Beitrag

    mein standardspruch zu solchen "frauen sollen kinder kriegen"-geblubber ist, "dann soll die gesellschaft auch darauf achten, dass frauen, die kinder haben, genügend hilfe haben, genügend geld, später mal die pension dementsprechend erhöht, genügend gute kinderbetreuungsplätze, nicht armutsgefährdet sind, bei trennung abgesichert sind, you name it." und dann ist entweder ruhe oder man hat eine diskussion.


    wobei in frankreich die frauen recht schnell wieder im job sind und die kinder sehr früh ausserhäusig betreut werden. da stellt sich die situation nochmal ganz anders dar als in deutschland oder österreich.


    nachtrag: ich sag auch oft, dass ich jeden verstehe, der sich das nicht antun will, weil du einfach der letzte a... bist mit kindern, was job, geld, hilfe, verständnis udn entgegenkommen betrifft. und dann führe ich aus, was ich und andere schon alles erlebt haben. meist ergibt sich dann keine diskussion.

    #rose

    Zwischen Lachen und Spielen werden die Seelen gesund.

    Machtverhältnisse sind weder geschichtslos noch geschlechtsneutral. Johanna Dohnal

    Einmal editiert, zuletzt von licht ()

  • Ich hätte Angst, dass sie lernen, dass es in Ordnung ist, so was zu sagen. Also dass ein alter Mann so über Frauen sprechen darf, so über Frauen urteilen darf [...]. Dass meine Kinder lernen, dass Frauen qua Geschlecht sich solche Urteile über für sie mögliche Lebensmodelle anzuhören haben.

    Er darf das aber nun mal. Da kann man ihn eigentlich nicht daran hindern. Und seine Lebensgefährtin darf "Ah, non!" dazu sagen. Und du darfst sagen, dass Männer doch auch so schrecklich egoistisch sind, n'est-ce pas, kein Wunder, dass manche Frauen mit diesen Männern keine Kinder haben wollen. Oder auch nur "Na ja, das kann man jetzt auch anders sehen". Oder ein schlichter skeptischer Blick, denn wer erwartet bei der Begrüßung gleich sowas und hat eine Antwort bereit, die diplomatisch und schlagfertig zu gleich ist.


    Ich finde, "nicht in Ordnung sein etwas zu sagen" erfährt man dadurch, dass man Widerspruch erntet, nicht dadurch, dass einem der Mund verboten wird.


    Ich glaube, dass Kinder mehr davon profitieren, wenn sie frauenfeindliche Sprüche und Widerspruch dagegen hören, als wenn sie in einer Blase aufwachsen, wo solche pfui-Sachen nie vor ihre Ohren kommen.

    nachtrag: ich sag auch oft, dass ich jeden verstehe, der sich das nicht antun will, weil du einfach der letzte a... bist mit kindern, was job, geld, hilfe, verständnis udn entgegenkommen betrifft. und dann führe ich aus, was ich und andere schon alles erlebt haben.

    Irgendwie fände ich das jetzt für Kinderohren viel schlimmer als der Altherren-Spruch von weiter oben.

  • Mal davon abgesehen, dass ja nun die Entscheidung, BEWUSST keine Kinder zu bekommen, wirklich eine Entscheidung ist, die mit einer ordentlichen Portion Egoismus getroffen wird.

    Ich würde das wohl eher als Gesprächsaufhänger benutzen und mir erklären lassen, was mein Gegenüber genau damit meint.

  • Ich glaube, dass Kinder mehr davon profitieren, wenn sie frauenfeindliche Sprüche und Widerspruch dagegen hören, als wenn sie in einer Blase aufwachsen, wo solche pfui-Sachen nie vor ihre Ohren kommen.

    Ja, AnneL, da hast Du allerdings recht! Das stimmt. Aber wenn die Mama wie ein Schaf guckt und danach unzufrieden ist, davon profitieren sie wahrscheinlich nicht...


    Sind deine Kinder noch nie mit der Einstellung konfrontiert worden, dass es besser ist, wenn das Kind "die ersten Jahre bei der Mutter verbringt". Oder dass u3-betreuung ein Problem für die Kinderseele bringt?

    Oh doch... Aber das waren immer Situationen, in denen es nicht meine Gäste waren, die das gesagt haben. Da konnte ich klar widersprechen.

    nachtrag: ich sag auch oft, dass ich jeden verstehe, der sich das nicht antun will, weil du einfach der letzte a... bist mit kindern, was job, geld, hilfe, verständnis udn entgegenkommen betrifft. und dann führe ich aus, was ich und andere schon alles erlebt haben. meist ergibt sich dann keine diskussion.

    Stimmt, das wäre eine gute Möglichkeit gewesen! Danke!

  • Ich würde das wohl eher als Gesprächsaufhänger benutzen und mir erklären lassen, was mein Gegenüber genau damit meint.

    Das ist auch eine gute Idee! Meistens verheddern sich Leute, die in irgendeiner Weise andere diskriminieren, dann ja bei der Begründung ziemlich doll.

    • Offizieller Beitrag

    Was ich nicht verstehe ist, wieso die Gegenwart der Kinder daran irgendwas macht? Misogynie und Rassismus werden ihnen immer wieder begegnen. Sie werden sich immer wieder damit auseinandersetzen müssen. Ich wäre froh, wenn ich in der Situation dabei bin, damit sie sehen können, wie ich damit umgehe. Und sei es, hinterher zu klären, warum ich an dieser Stelle nicht angemessen reagieren konnte.

    unterschreib.


    mit nachbohren hab ich auch gute erfahrungen gemacht.