Hallo Zusammen,
ich besuche gerade einen Kurs zur beruflichen (Neu-)Orientierung. In diesem Kurs sind nur Frauen, die nach langjähriger Familienzeit wieder erwerbstätig sein möchten und mir ist was aufgefallen.
Bei der Vorstellungsrunde sollten wir unseren gewünschten Arbeitsumfang nennen. Ich sagte ca 35 Stunden/ Woche. Daraufhin bekam ich Bewunderung, dass (nicht wörtlich) mein Mann mir erlaubt, so lange von zu Hause weg zu bleiben. Die anderen Frauen wollen alle ca 20 Stunden/ Woche arbeiten.
Inzwischen haben sie herausgefunden, dass ich keinen Partner habe. Jetzt bekomme ich Mitleid, dass ich arme Frau keinen reichen Mann habe und selbst arbeiten muss.
Mich irritiert es total, dass mein Selbstbild so überhaupt nicht mit der Fremdwahrnehmung überein stimmt. Ich habe mich noch nie als Teil eines Ehepaares gesehen und erst recht nicht, als der nicht-berufstätige Teil. Ich dachte, es wäre ganz normal, als erwachsener Mensch berufstätig zu sein. Anscheinend habe ich in den letzten Jahren in einer Blase gelebt.
Egal, wie ich zu erklären versuche, dass ich in einer intakten Familie lebe, niemand glaubt mir. Wenn mein (aktuell nicht vorhandener) Sexualpartner nicht zu meiner Wirtschaftsgemeinschaft gehört, MUSS ich unglücklich sein. Ich weiß gar nicht, wie ich damit umgehen soll, dass ich das Gefühl habe, dass mir alle ein Problem einreden wollen, das ich nicht habe.
Ich lese zur Zeit einen Roman, der vor ungefähr 100 Jahren geschrieben wurde und in dem "Frauenberufstätigkeit" als eine Art Freizeitbeschäftigung für Höhere Töchter zwischen Schulabschluss und Verlobung angesehen wird. Ich fühle mich in diese Zeit zurück versetzt.