Verhaltensbeeinflussung ist keine Erziehung

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  • Eigentlich wollte ich hauptsächlich auf diesen Effekt raus, den @Panema beschreibt: Wenn man bei pädagogischen Fragen nicht weiß, was man da überhaupt tut, dann kann man bei manchen Kindern ein Problem kriegen. Solange das Kind, das ich vor mir habe, ungefähr so tickt wie ich selber, habe ich es natürlich einfach. Dann kann ich einfach nur aus dem Bauch raus handeln oder so, wie ich es selber als Kind gut gefunden hätte.


    Aber wenn es nicht so tickt wie ich, sondern vielleicht mehr wie die junge Panema, dann schaut es mich an wie ein Auto, wenn ich etwas anwende, was bei anderen Kindern ein toller pädagogischer Kniff gewesen wäre. Oder es schaut gleich das Auto an, weil es mich zu abgedreht oder schwierig findet.

    Beim Gartenteich sehe ich das ganz anders. Das hat nichts mehr mit Souveränität zu tun. Wenn da ein kleines Kind reinfällt, ist es tot. (Tod durch Ertrinken gehört zu den Hauptrisiken der Kindheit.)

    Das ist ein Punkt, an dem man diese Erziehungsfrage sehr schön diskutieren kann.

    Die meisten Erziehungsverfechter argumentieren ja im Zusammenhang mit dem Gartenteich, dass sie dem Kleinkind die Nähe des Gartenteichs verbieten müssen, damit es nicht hinrennt und reinfällt und ertrinkt.


    Ich bin damit an zwei Punkten uneinig.

    Nein, das Kind ist nicht tot, wenn es in den Gartenteich fällt. Ich weiß nicht genau, wieviel Sekunden man bei einem kleinen Kind Zeit hat, bis man es aus dem Wasser ziehen muss, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass bei weniger als 5 Sekunden unter Wasser gar nichts passiert außer nassen Kleidern und einem Schreck.

    Nein, wenn ich dem Kleinkind in meiner Anwesenheit verbiete, in die Nähe des Gartenteichs zu gehen, wird es dabei nicht lernen, dass es in meiner Abwesenheit auch nicht dahin geht. Es wird eher lernen, dass die Mama ein Angsthase ist und dass man solche Sachen besser alleine erkundet.


    Ich darf also ein Kleinkind einfach nicht am Gartenteich alleine lassen. Das ist keine Frage, die sich mit Erziehung klären liese.

  • Xenia schrieb: Ich darf also ein Kleinkind einfach nicht am Gartenteich alleine lassen. Das ist keine Frage, die sich mit Erziehung klären liese.


    Die Erwachsenen entscheiden und üben ihre Macht aus.

    Ich meine, das sollte man bewusst tun und nicht die Verantwortung ans Kind abschieben „ich hab dir doch gesagt du sollst nicht...“

  • Xenia schrieb: Ich darf also ein Kleinkind einfach nicht am Gartenteich alleine lassen. Das ist keine Frage, die sich mit Erziehung klären liese.


    Die Erwachsenen entscheiden und üben ihre Macht aus.

    Ich meine, das sollte man bewusst tun und nicht die Verantwortung ans Kind abschieben „ich hab dir doch gesagt du sollst nicht...“

    Ich würde es anders formulieren, aber im Grunde das gleiche meinend: Die Erwachsenen geben den Rahmen vor, innerhalb dessen sich das Kind frei bewegen darf. Der Rahmen muss dabei an den Entwicklungsstand und die Eigenschaften des Kindes angepasst sein.

    Rahmen ist hierbei sowohl räumlich als auch im übertragenen Sinne gemeint. Ich gestalte die Umgebung des Kindes möglichst gefahrenfrei, z.B. ohne Gartenteiche oder nehme es an die Hand, Treppenschutzgitter etc., aber den Rahmen bilden auch eigene Grenzen oder die von anderen, der Rahmen ist aber auch der zeitliche Ablauf des Tages u.s.w.

    Je älter ein Kind weiter wird der Rahmen.: Meine zweijährige muss auf den Spielplatz, den ich ausgesucht habe. Meine Vierjährige kann da durchaus ihre Wünsche anmelden und ein zwölfjähriges Kind sagt vielleicht sogar es mag nicht mit es bleibt zu Hause oder besucht einen Freund.

    Aber es ist und bleibt die Entscheidung der Erwachsenen wie der Rahmen aussehen soll.

    Und es bleibt die Kunst den Rahmen wie genug für Entfaltungsmöglichkeiten zu gestalten, aber eng genug um Sicherheit (körperliche, aber auch seelische) zu gewährleisten.


    Das ist aber ja alles noch keine "Erziehung" auf ein Ziel hin.

  • Ich behaupte, es gibt keine Nicht-Erziehung.

    Kinder bewegen sich immer im Radius der Beziehung zu ihren primären Bezugspersonen. Das ist immer zielgerichtet und auf das Fortbestehen dieser Beziehung ausgelegt.

    Es ist irrelevant ob die Bezugspersonen antiautoritär, autoritär, bedürfnisorientiert oder sonstwie begleiten. Kinder entwickeln sich dann stimmig und für sich gut, wenn diese Beziehungsarbeit für sie befriedigend verläuft.


    Werfe ich hier mal ein.

    Weiß aber nach wie vor nicht so recht worum es hier gehen soll.

  • Ich behaupte, es gibt keine Nicht-Erziehung.

    Kinder bewegen sich immer im Radius der Beziehung zu ihren primären Bezugspersonen. Das ist immer zielgerichtet und auf das Fortbestehen dieser Beziehung ausgelegt.

    Wenn du behauptest, es gebe keine Nicht-Erziehung, dann hast du nicht die gleiche Definition von Erziehung, wie ich sie verwende. Meine Definiton von Erziehung enthält, dass man es bleiben lassen kann. Erziehung ist was anderes als in-Beziehung-mit-dem-Kind-treten.


    Du hast nach den Triggerbegriffen gefragt. Ich umschreibe sie mal. :D


    Der eine wäre eine Gruppenbeschreibung für Menschen, die sich unter anderem dadurch auszeichnen, dass sie mit dem, was heute so als Erziehung praktiziert wird, nicht gut zurecht kommen, weil sie es unsinnig und jeder logischen Konsequenz entbehrend finden.


    Der andere wäre eine Bezeichnung für eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Analyse und der Steuerung von Verhalten beschäftigt und die in Deutschland schwer umstritten ist.


    Außerdem wollte ich noch anmerken, dass ich bisher quasi jedes Wort von Eiche hier im Thread unterschreiben könnte.

  • Ich behaupte, es gibt keine Nicht-Erziehung.

    Kinder bewegen sich immer im Radius der Beziehung zu ihren primären Bezugspersonen. Das ist immer zielgerichtet und auf das Fortbestehen dieser Beziehung ausgelegt.

    Wenn du behauptest, es gebe keine Nicht-Erziehung, dann hast du nicht die gleiche Definition von Erziehung, wie ich sie verwende. Meine Definiton von Erziehung enthält, dass man es bleiben lassen kann. Erziehung ist was anderes als in-Beziehung-mit-dem-Kind-treten.

    Und genau dem widerspreche ich. Erziehung ist nichts anderes als mit dem Kind in Beziehung treten. Quasi eine Möglichkeit, das in Beziehung zu treten sichtbar zu machen.


    Nicht erziehen hieße eine Beziehung verneinen. Da das Kind abhängig ist, ist das nicht möglich. Es erzieht sich immer an dir. Selbst und ständig und ohne dass du dem entfliehen könntest.


    Aber wenn es hier nur um deine Definition von Erziehung geht, dann können wir das natürlich auch lassen mit der Diskussion :P

  • Also ich „erziehe“ zum Beispiel am liebsten durch positives Vorbild, das halte ich auch für nicht abstellbar.

    Einmal editiert, zuletzt von Panema ()

  • Aber wenn es hier nur um deine Definition von Erziehung geht, dann können wir das natürlich auch lassen mit der Diskussion

    Ich schließe Dich mir an - ich glaube auch nicht, dass es ohne Erziehung geht. Nur die Erziehungsstile sind unterschiedlich.

  • Ich verstehe es nicht...Ist es denn relevant ob ich das was ich tue Erziehung, Beeinflussung oder Beziehung nenne?


    Klar beeinflusse ich meine Kinder, allein dadurch dass ich so bin wie ich bin...


    NEEE ICH verstehe nicht, was du sagen willst

    Grüße von Claraluna


    Shoot for the moon. Even if you miss you will land among the stars.

  • Aber wenn es hier nur um deine Definition von Erziehung geht, dann können wir das natürlich auch lassen mit der Diskussion

    Ich schließe Dich mir an - ich glaube auch nicht, dass es ohne Erziehung geht. Nur die Erziehungsstile sind unterschiedlich.

    Und soll ich dich jetzt auch noch mir anschließen?

    Oder wollen wir uns beide jemand anderem anschließen? :)

  • Ist es denn relevant ob ich das was ich tue Erziehung, Beeinflussung oder Beziehung nenne?

    Nein, für dich selber, und für das was du machst, ist es natürlich irrelevant.

    Aber wenn es hier nur um deine Definition von Erziehung geht, dann können wir das natürlich auch lassen mit der Diskussion

    ... ich glaube auch nicht, dass es ohne Erziehung geht. Nur die Erziehungsstile sind unterschiedlich.

    Ich möchte eigentlich nicht wirklich über die Definition diskutieren. Aber das nützliche an "meiner" Definition ist eben, dass man damit den Teil der Interaktion mit dem Kind erfasst, den man weglassen sollte.


    Ich kopier mal noch eine andere kurze Definition von Erziehung

    Wir müssten nicht über das Thema diskutieren, wenn es Konsens wäre, dass so verstandene Erziehung schlecht ist. Aber es gibt eben auch bei der Verwendung dieser Definition zahlreiche Menschen, die Erziehung notwendig und gut finden.


    Für mich war es sehr hilfreich, diese Unterscheidung im Kopf klar zu kriegen. Ich hatte sehr oft Anforderungen von der Außernwelt an mich, die in diesen Bereich fallen. Das was wir für normal halten oder was irgendwelche Experten uns raten, sollen wir bei den Kindern durchsetzen. Beispiele wären zum Beispiel Bildschirmzeit oder Ordnung im Kinderzimmer oder vorzeitiges Abstillen oder Abschnullern.


    Ohnezahn hat schon oft von solchen Konflikten berichtet, wo irgendwer Anforderungen an sie gestellt hat, die nur mit Erziehung nach obiger Definition zu machen gewesen wären.

  • Dh du willst jetzt darüber diskutieren wie du mit solchen Anforderungen umgehst?

    Nein, darüber will ich nicht diskutieren. Solche Anforderungen erkenne ich einfach als nicht umsetzbar und nehme sie zur Kenntnis.


    Ich dachte eigentlich nicht, dass "unerzogen" hier Thema ist, weil ich dachte, da haben wir im wesentlichen einen Konsens bei den Raben. Ich dachte, als ich den Thread gestartet habe, dass die systematisch angegangene Verhaltensbeeinflussung der Punkt ist, über den es einen Dissenz geben wird.


    Aber es haben ja auch noch nicht alle was geschrieben. ;)

  • Xenia

    Mir ist das irgendwie zu kryptisch.


    Also das jeder jeden durch Verhalten beeinflusst, ist glaube ich, klar. Frei nach "Man kann nicht nicht kommunizieren".

    Das man häufig versucht heraus zu finden, warum sich das Gegenüber so oder so verhält, ist auch kein Geheimnis. Das ist biologisch bzw neurophysiologisch so vorgesehen. Ansonsten wäre das Zusammenleben mit so vielen Individuen auch kaum möglich.

    Das man selber in der Regel mit seinem Verhalten ein bestimmtes Ziel verfolgt, ist wohl auch klar.


    Und irgendwo dazwischen habe ich jetzt eine mögliche Diskussionsgrundlage verpasst. Wobei mir schon nicht klar ist, wie die beiden Grundpositionen aussehen könnten.

    Bitte klär mich auf. :D



  • Ich dachte eigentlich nicht, dass "unerzogen" hier Thema ist, weil ich dachte, da haben wir im wesentlichen einen Konsens bei den Raben. Ich dachte, als ich den Thread gestartet habe, dass die systematisch angegangene Verhaltensbeeinflussung der Punkt ist, über den es einen Dissenz geben wird.


    Aber es haben ja auch noch nicht alle was geschrieben. ;)

    Hm, also ehrlich gesagt bin ich nach langer Pause wieder gekommen in der Hoffnung über Austausch genau über diesen "Konsens". Und stelle fest, dass viele das für ältere Kinder irgendwie nicht mehr so sehen, da gibt es keinen Konsens, sondern es sind einzelne. Etliche gehen dann zum Alternativen Mainstream über, also Macht und Verbote und Reglementieren, aber immer mit der Einfärbung, dass es bio und wenig Medien und konsumkritisch ist.


    Verhaltensbeeinflussung halte ich für einen Überlebensinstinkt bei mir. Und ja, dem verleihe ich manchmal auch erzieherisch Ausdruck. Leider ist dieser Rahmen ( frau sitzt mit 50 Stunden Arbeit, wenig Geld, zwei Kindern, die ewig viel Zeit alleine verbringen und einem großen Ruhebedürfnis in einer 70 qm Wohnung) nicht geeignet, dauerhaft jedem wirklich seinen Entwicklungsraum zu geben. Da scheitere ich.

    Liebe Grüße,


    Ich, mit Tochter (2/06) und tochter (12/07).

  • "Erziehung findet nicht "ganz natürlich" bei jeder Kommunikation, bei jeder Beeinflussung, statt, sondern nur, wenn sich einer über den anderen erhebt und meint, ihn zu einem Ziel (hiner)ziehen zu dürfen oder zu müssen."


    Was ist denn "über den anderen erheben"? Und um welche Ziele geht es da?


    Fällt unter "Erheben" schon, dass ich meinen Wissensvorsprung und größeren Erfahrungshorizont zur Anwendung bringe? Ich verstehe das nicht so, dass ich mich damit zwangsläufig über meine Kinder erhebe. Es gibt aber sicher Situationen, in denen sie das so erleben (z.B. wenn die 16jährige mich blöd findet, weil ich den zeitlichen Rahmen bestimme, in dem sie nachts unterwegs sein darf). Oder geht´s um was ganz anderes? Sowas wie VErhindern, dass der Junge mit Prinzessinnenkleid zum Fasching geht, um zu verhindern, dass er ausgelacht wird?


    Ist "keine 5 in Mathe im Zeugnis" ein Ziel? Oder "sich an familiären / Haushaltsaufgaben regelmäßig beteiligen"? Da habe ich diese Woche mehrfach Erziehung im Sinne dieser Definition angewendet. Oder geht es um andere Ziele? Welche? Gibt es gute Ziele, die im Sinne dieser Definition gar nicht gemeint sind oder um alle Ziele?