Verhaltensbeeinflussung ist keine Erziehung

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    • Offizieller Beitrag

    Ich finde es reichlich kryptisch, was du mit gezielter Verhaltensbeeinflussung meinst. Und um welche Begriffe du rumschreibst. Meinst du Dressur?


    Und dann finde ich es noch recht wichtig, nach Inhalten zu unterscheiden - es gibt Dinge, bei denen finde ich Erziehung/Dressur nicht schlimm: Zum Beispiel auch Tischmanieren. Klar lebe ich da vor, aber es ist mir so wichtig (vor allem wenn ich direkt gegenüber von dem Kind sitze :D), dass ich da auch durchaus Druck ausübet (nein, nichts Fieses - ich erwähne zum Beispiel, dass ich es viel besser verstehe, wenn der Mund nicht voll ist und es echt eklig finde, da gesamte Brot im Mund zu sehen). Da denke ich mir: Steter Tropfen höhlt den Stein, irgendwann funktioniert es.


    Andere Sachen (Integrität, Mitgefühl) sind mir viel wichtiger - da erkläre ich und hoffe, dass ich es vorlebe. Und es die Kinder von sich aus aneignen. Aus Überzeugung.

    • Offizieller Beitrag

    Ein Versuch ins Blaue:

    Wenn ich Kindern im Herbst kein Eis erlaube, weil ich der Meinung bin ab November die Zeit für Eis vorbei ist, obwohl Kinder es anders sehen, ist es Erziehung?


    Mit dieser Erziehung beeinflusse ich doch auch ihr Verhalten...


    Sogar langfristig...


    Die übernehmen es so u essen vielleicht ohne mich auch Kein Eis ab Herbst. Oder tun es, sobald sie es können, doch.


    Geben dieses Verhalten auch an ihre Kinder weiter (ab Herbst kein Eis/ jederzeit Eis egal welche Jahreszeit )


    Und nu?

  • Im allgemeinen Sprachgebrauch ist "Erziehung" gut.

    Bei "alternativen" Leuten ist "Erziehung" böse und "Verhaltensbeeinflussung" ganz böse.

    Letztendlich tun wir es aber doch alle. Unter verschiedenen Namen.

    Und vor allem mit einem unterschiedlichen Bewusstsein dahinter.

    "Erziehung" zerrt am Kind, da ist die Aufmerksamkeit vor allem aufs Kind gerichtet.

    Ich glaube Xenia will vor allem verdeutlichen, dass wir Erwachsenen uns bewusst sein müssen, dass wir aktiv unsere Kinder beeinflussen. Durch Beziehung (klar) aber auch in dieser eindeutig eine Machtstellung haben. Hermine hatte das ganz gut geschildert.

    In diesem Sinne darf, kann und muss man bewusst seine Macht einsetzen, um das Verhalten der Kinder zu beeinflussen.

    Verhaltensbeeinflussung durch Macht.

    Und eben nicht sich verstecken hinter "wenn das Kind nicht..., dann muss ich die Konsequenzen folgen lassen..."

  • Hm, ich nehme mal ein Beispiel, dass vielleicht jetzt Vorurteils behaftet ruber kommt, aber es ist das deutlichste Beispiel, dass ich für das kenne, was ich unter dieser ominösen Verhaltens Beeinflussung verstehe:

    Bekannte sind recht streng gläubige Muslime. Die Tochter hat brav am siebten Geburtstag, der nicht gefeiert wurde aber benannt, ein Hinab angelegt. Die Eltern haben laut eigener Aussage nie gesagt, dass sie das wollen, das Kind machte das ganz freiwillig. Aber klar hätten sie eine Haltung und die auch nicht hinter dem Berg gehalten, nämlich dass es sich für eine gute Frau so gehört.

    Das finde ich eigentlich noch nieder als Erziehung, denn es suggeriert, dass das Kind freiwillig etwas tut, es hat die Verantwortung, die die Eltern nicht bereit sind zu über nehmen.

    Das ist die Kehrseite der Verhaltenssteuerung, sie kann gnadenlos ausgenutzt werden.

    Oder aber, ich habe dich jetzt gnadenlos falsch verstanden, Xenia

    Liebe Grüße,


    Ich, mit Tochter (2/06) und tochter (12/07).

  • kaonashi , ich weiß das selber nicht so genau, was ich mit diesem Thread eigentlich will. :D


    Ich glaube, hauptsächlich würde ich gerne verstehen, wieso viele Leute ganz normale Erziehung (wie in der Definition und in meinen Beispielen) unbedenklich oder sogar notwendig finden, es aber bedenklich finden, wenn man sich über gezielte Verhaltensbeeinflussung systematisch Gedanken macht.

    Achso #idee1:D


    Und was genau ist gezielte Verhaltensbeeinflussung?


    Bzw ist das nicht das, was Glitzer*13*50 auch gefragt hat? #gruebel

    • Offizieller Beitrag

    Manipulation. - das ist das böse Wort, oder?

    Aber - um bei deinem Beispiel zu bleiben CaRoSo - sind sich die Eltern dessen bewusst? Denn das ist doch eine wichtige Voraussetzung für Manipulation.


    Und unbewusste Manipulation kann ich doch gar nicht verhindern.

    • Offizieller Beitrag

    Nein, aber das war ja auch (so hab ich es zumindest verstanden) ein Beispiel für "klassische" Erziehung (O-Ton Xenia: "

    Ich verstehe unter Erziehung hier das Verfolgen von Erziehungszielen, die über "das Kind soll gesund und glücklich sein" hinausgehen.

    Es ist ziemlich allgemein anerkannt, dass sowas völlig in Ordnung geht und sogar die Pflicht von Eltern wäre, solange es nur "gewaltfrei" passiert. Ich behaupte aber mit Ekkehard von Braunmühl https://www.tologo.de/zeit-fuer-kinder/ dass gewaltfreie Erziehung ein Widerspruch in sich ist. Sobald man ein Erziehungsziel verfolgt, das nicht ein eigenes Entwicklungsziel des Kindes ist, geht das nicht ohne Anwendung von Gewalt in irgendeiner Form.")

    • Offizieller Beitrag

    Manipulation scheint bei ihr ins Spiel zu kommen, wenn ihr Kind sich in einen "Sackgasse" manövriert.


    Dann ist die Frage, was diese "Sackgasse" ist, aus dem es hinausgeführt werden soll - sei es durch Erziehung, sei es durch "gezielte Verhaltensbeeinflussung")? Das ist mir noch zu wenig greifbar.


    Edit: Und so richtig sehe ich da auch nicht, warum es so schwer sein soll, darüber zu diskutieren? Dem Grundsatz "Choose your battles" zu folgen und davon auszugehen, dass mein Kind per se "richtig" ist, finde ich sehr ... pragmatisch und auch richtig. Ich schließe mich kaonashi an, so ganz schnall ich noch nicht worauf du hinauswillst, Xenia :D

  • Hermine, zumindest der Mutter ist das sehr klar.

    Unbewisste Manipulation lässt sich nicht ganz vermeiden, das denke ich auch.

    Wäre aber nicht in der Kategorie systematische Beeinflussung.

    Liebe Grüße,


    Ich, mit Tochter (2/06) und tochter (12/07).

  • Ich habe sie mal konkret darauf angesprochen, dass ich das für Augenwischerei halte. Sie konnte meine Bedenken da durchaus nachvollziehen, sagen wir mal so. Meinte aber, es sei besser, als wenn sie das Kind zwingen würden.

    Liebe Grüße,


    Ich, mit Tochter (2/06) und tochter (12/07).

  • Diese These begegnet mir häufig, und sie ist für mich nicht nachvollziehbar, da auch das Agieren in anderen Arten von Beziehungen als der Eltern-Kind-Beziehung, beispielsweise in einer Ehe, auf das Fortbestehen der Beziehung ausgerichtet ist. Dennoch würde der Umgang von Eheleuten miteinander nicht als Erziehung benannt werden.


    kaonashi , ich weiß das selber nicht so genau, was ich mit diesem Thread eigentlich will. :D


    Ich glaube, hauptsächlich würde ich gerne verstehen, wieso viele Leute ganz normale Erziehung (wie in der Definition und in meinen Beispielen) unbedenklich oder sogar notwendig finden, es aber bedenklich finden, wenn man sich über gezielte Verhaltensbeeinflussung systematisch Gedanken macht.

    Deine Frage habe ich mir auch schon oft gestellt, eine Antwort habe ich leider nicht. Mein Eindruck ist, dass die Mehrheit der Eltern in meinem Umfeld Erziehung gemäß der von Dir angeführten Definition praktiziert und dies auch von anderen Eltern erwartet, ohne sich tiefer mit gezielter Verhaltensbeeinflussung befasst zu haben. Überspitzt formuliert: Es wird etwas in eine Blackbox gestopft und gehofft bzw. erwartet, dass das gewünschte Ergebnis herauskommt. Die Möglichkeit des Auftretens unerwünschter (Neben-) Wirkungen wird dabei häufig außeracht gelassen. Wirkt die Methode nicht, wird das Kind als defizitär betrachtet, nicht die Methode der Eltern.

  • CaRoSo

    Ich kenne ähnliche Beispiele aus vielen Familien und halte das für normal und auch ok. Kinder kooperieren wie wir ja alle schön gelernt haben ;) und Eltern sind auch nur Menschen. Und viele Menschen haben gar nicht die Kapazitäten, sich immer offen zu allem zu positionieren oder Meinungen zu vertreten oder all ihre verinnerlichten Ziele ihren Kindern gegenüber offen zu legen.

    Viele denken wirklich, ihre Kinder machen so einiges aus freien Stücken und es ist erst in der Vogelperspektive zB in langwierigen Therapieprozessen für sie sichtbar, dass ihre Kinder da 1a ihre Erwartungen erfüllen. Und in meiner Weise - man höre und staune - wie aus dem nichts ein Kopftuch tragen, einen Ergoback oder kein eigenes Bett mehr haben wollen :D


    Dieses von dir zitierte Mädel bleibt absolut bindungskonfirm und das ist auch richtig und gesund, denn das garantiert ihr Beziehung.

    Ebenso bleibt die Mutter bindungskonfirm. Sonst kämen die Signale nicht so eindeutig beim Kind an. Auch das ist gut und auch legitim.


    Allerdings weiß ich jetzt gar nicht so recht ob es dir darum geht, weil mich dieser kryptische Thread hier ganz wuschig macht :D

    • Offizieller Beitrag

    Ich überleg gerade, ob ich (bewusst) meine Kinder nicht auch so manipuliere. Dass irgendwie klar ist, dass ein bestimmtes Verhalten erwünscht ist und sie dann kooperieren.

    Spontan aus dem Bauch: Das sind dann Dinge, die mir total wichtig sind. Wo ich gar nicht erst zulassen möchte, dass sie sich anders entscheiden - aber doch, hab ich auch schon gemacht.

  • Das Forbestehen einer Ehe ist nicht lebensnotwendig für die Ehepartner.

    Da sehe ich einen Unterschied.


    Generell denke ich aber, dass auch die Beziehung in einer Ehe erzieht.

  • kaonashi, dass das ein Verhalten ist, was wir alle irgendwie anwenden, mehr oder weniger bewusst, ist mir deutlich. Für mich ist die bewusste Anwendung,eine geplante, systematische Verhaltensbeeinflussung aber nicht besser als Erziehung, ohne dass ich sie damit verteufelt will. Fände dann eine bewusste Erziehung halt genauso fair oder unfair oder sogar etwas fairer. Denn ich nutze bei der Verhaltensbeeinflussung ja auch eine Überlegenheit aus.

    Liebe Grüße,


    Ich, mit Tochter (2/06) und tochter (12/07).

  • Ich hoffe mal, dass ich heute irgendwann noch ein bisschen mehr Zeit finde, die aufgeworfenen Fragen zu beantworten, aber erst mal nur kurz.


    Das Kopftuchbeispiel finde ich so in der Entfernung ein wenig unklar. Es ist ganz sicher nicht das, was ich unter gezielter Verhaltenssteuerung verstehen würde. Das ist eher so am anderen Ende.


    Zum Unterschied zwischen Erziehung und Verhaltensbeeinflussung.

    CaRoSo hat die Begriffe hier Verhaltensbeeinflussung ist keine Erziehung so verwendet wie ich sie auch verstehe.


    Verhaltensbeeinflussung ist auch nicht gut, sondern halt manchmal einfach unverzichtbar. Im Gegensatz zu Erziehung.


    Zu den Triggerbegriffen: Ich nehme mal an, dass ihr zumindest den zweiten nicht wirklich in eurem aktiven Wortschatz habt.


    Ich mach' jetzt aber mal noch ein Beispiel, wo diese Verhaltensbeeinflussung (in ihrer Triggerbegriff-Variante) verwendet wird.

    Es sitzt ein 4 jähriges Kind vor dir, das seit 2 Jahren keine andere Flüssigkeit als Schokomilch zu sich genommen hat. Du bist die Therapeutin, die von den Eltern um Hilfe gebeten wurde. Du hast einen Koffer voll mit tollen Spielsachen dabei und hast am Vortag schon ziemlich gut mit dem Kind Kontakt aufgenommen und Vertrauen aufgebaut. Jetzt stellst du dem Kind ein Glas Wasser vor die Nase und ein superspannendes Spiel stellst du vor deine Nase, so dass das Kind es sieht. Du lässt das Kind das Spiel kurz anfassen, ziehst es dann weg und sagst ihm, wenn es einen Schluck Wasser trinkt, darf es damit spielen.

    Es kämpft und tobt ein wenig, du bleibst ruhig, wiederholst dein Angebot, bleibst bei den Bedinungen hart.

    Nach dem ersten Schluck freust du dich mit dem Kind und es kriegt das Spiel für eine halbe Minute. Dann ziehst du es es wieder weg mit der Aufforderung, noch einen Schuluck zu trinken.

    Das wiederholst du ein paar Mal.


    Am Ende dieses Tages trinkt das Kind ganz normal Wasser und total stolz darauf.

  • Ich verstehe unter Erziehung hier das Verfolgen von Erziehungszielen, die über "das Kind soll gesund und glücklich sein" hinausgehen.


    [...]


    Aber trotzdem muss ich natürlich beobachten, wie sich mein Kind entwickelt. Und wenn ich feststelle, dass es in eine Sackgasse läuft, dann muss ich mir überlegen, wie ich es da wieder raushole. Oder wenn ich sehe, dass es Sachen nicht von alleine lernt, ohne die es aber weniger Freude oder keinen Erfolg im Leben haben wird.


    Das würde ich dann Bildung nennen. Oder manchmal auch einfach Verhaltensbeeinflussung.

    Was wäre denn ein Beispiel für ein Ziel der Eltern, bei dem es nicht darum geht, dass das Kind ein gesunder und glücklicher Erwachsener wird? Bildung gehört ja bei deiner Definition anscheinend auch nicht zur Erziehung, so dass Bildungsziele schon mal wegfallen.

    Sobald man ein Erziehungsziel verfolgt, das nicht ein eigenes Entwicklungsziel des Kindes ist, geht das nicht ohne Anwendung von Gewalt in irgendeiner Form.

    Was sind denn die Entwicklungsziele des Kindes? Und woran erkenne ich die in der Praxis?


    Und wenn ich zum Beispiel mein Kind christlich erziehen will und es deswegen in einen christlichen Kindergarten stecke oder ihm die Bibel vorlese, das ist dann Gewalt? Und wenn ich es nur mache, weil der Kindergarten näher ist oder weil in der Bibel so schöne Geschichten sind, dann ist es keine?

    Das Kopftuchbeispiel finde ich so in der Entfernung ein wenig unklar. Es ist ganz sicher nicht das, was ich unter gezielter Verhaltenssteuerung verstehen würde. Das ist eher so am anderen Ende.

    Heißt das, dass du den Wunsch der Eltern, dass das Kind ein Kopftuch aufsetzt, als ein Beispiel für ein Erziehungsziel siehst?