Verhaltensbeeinflussung ist keine Erziehung

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  • Mit Konditionierung kann ich was anfangen. Und ja, Erziehung und Konditionierung weisen durchaus Parallelen auf. Aber insgesamt geht es mir ziemlich wie kaonashi - ich komme mir hingehalten vor (Begriffe, die man nicht kennt, Ideen, die die meisten sich nicht machen) und versteh nicht richtig, worauf du hinauswillst.

    Natürlich beeinflusse ich mein Kind gemäß meiner Wünsche. Macht mein Kind übrigens auch. Und ich finde nicht, dass alle Erziehungsratgeber per se die Wünsche der Eltern als gesetzt annehmen - ich erinnere mich eher an viele, die zum Austausch mit den Kindern raten, um gemeinsam Lösungen zu finden.

    Mein Eindruck war bislang, dass der Rat zum Austausch mit Kindern sehr verbreitet ist, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, wie die Kinder dorthin kommen können, von den Eltern erwünschtes Verhalten zu zeigen.


    Hier beeinflussen sich auch alle gegenseitig gemäß ihrer Wünsche, aber nicht systematisch und planvoll. Allerdings käme mir nicht in den Sinn zu erwarten, dass andere meine Wünsche erfüllen. Ich hoffe das zwar und freue mich, wenn es geschieht, aber mit einer Erwartungshaltung würde ich mich überheblich fühlen. Anders sieht es aus mit Vorgaben, um Schäden an Menschen und fremdem Eigentum abzuwenden, da habe ich durchaus Erwartungen, und selten verhalte ich mich auch gezielt manipulativ, um etwas durchzusetzen. Da mir das aber überhaupt nicht liegt und ich mich damit unwohl fühle, ist sowas sehr wenigen Situationen vorbehalten, z. B. um Mitwirkungsbereitschaft zu wichtiger medizinischer Diagnostik zu erreichen.

    • Offizieller Beitrag

    So habe ich das gemeinsame Lösungen suchen nie verstanden und meine auch nicht, dass es das ist, wovon andere schreiben #confused sondern schon um einen ehrlichen Austausch der unterschiedlichen Interessen und Wünsche und dem Versuch, für alle lesbare Kompromisse zu finden.

    Was es hier durchaus gibt: Das wir Eltern etwas ablehnen, was wir für falsch halten. Das begründen wir dann vor den Kindern.

    Den Abschnitt mit den Wünschen verstehe ich nicht? Das hier: ". Allerdings käme mir nicht in den Sinn zu erwarten, dass andere meine Wünsche erfüllen."

  • Das Schokomilch-Beispiel ist für mich keine Erziehung (die ich im Prinzip ablehne) sondern eine hier notwendige Verhaltensbeeinflussung. Es hatte jemand nach einem Beispiel für eine solche Verhaltensbeeinflussung gefragt.

    So, dann löse ich jetzt mal den einen Triggerbegriff auf.:D

    Das Beispiel ist "Therapie" nach Applied Behavior Analysis, kurz ABA.

    Und das was mich da triggert, ist die Annahme, dass sich das Kind da freut. Und die, wahrscheinlich für die meisten Fälle, sehr verkürzte Darstellung.

    "Am Ende dieses Tages" heißt nämlich, dass der 4 jährige tatsächlich 6-10 Stunden überwiegend damit verbracht hat, sich zu überlegen, einen Schluck Wasser gegen 30 Sekunden Spielzeug zu tauschen und daran gehindert wurde, den Raum zu verlassen.

    Und wieso solltes das Kind stolz darauf sein? Weil es sich überwunden hat?

    Und was daran ist hier für wen und warum notwendig?

    Das Kind stirbt nicht und wird auch nicht zwangsläufig davon krank, nur Schokomilch zu trinken.

    Wo ist da eigentlich die Analyse? Warum hat das Kind vorher nur noch Schokomilch getrunken? Und bei Autisten ist die simple Antwort "weil es süß ist" viel zu kurz gegriffen.


    Im Übrigen entwickeln sich auch Autisten durchaus aus eigenem Antrieb weiter. Genau so wie andere Kinder auch. Nur hat diese Entwicklung oft gar nichts mit der "normalen" zu tun, weder vom Zeitablauf noch von den Entwicklungszielen.


    Du, Xenia, würdest also allen ernstes dein Kind so behandeln, wenn es, sagen wir mal, kein Gemüse essen will über einen längeren Zeitraum?

    Würdest du das auch tun, wenn dein Kind mit 4/5 Jahren noch nicht spricht?

    Und, um das noch mal ganz klar zu stellen, wir reden hier von mehreren Wochen bis Monaten mit täglich mehreren Stunden "Therapie", in der Regel an einem Tisch.

    Dazu werden in der Regel die "Verstärker", wie Süßigkeiten, Lieblingsspielzeug oder Lieblingsaktivitäten, die das Kind zur Selbstregulation braucht, in der restlichen Zeit nicht angeboten.

    Außerdem wird das Kind mit seinen Äußerungen ignoriert, wenn es damit nicht auf die Aufforderung des Therapeuten reagiert.

    Wo kann denn an irgendeiner Stelle von Vertrauen die Rede sein? Abhängigkeit und Ohnmacht dürften es wohl ehr treffen.


    In anderen Kontexten wird das Vernachlässigung, Misshandlung oder Freiheitsentzug genannt.


    So, das war jetzt wohl genug Senf.

    Brina

  • Brina, nein, davon reden wir nicht.


    Ich habe ABA im RL beobachten dürfen, nicht nur mit einem Therapeuten und auch nicht nur an einem Wochenende. Das, was du jetzt als "das ist ABA" darstellst, ist die verkürzte Hetze, die man darüber im deutschen Internet halt so findet.


    Ich habe absichtlich diesen Begriff weggelassen, weil sobald jemand googelt wird er auf solchen Quatsch stoßen, wie du ihn jetzt auch aufführst.

  • Xenia, die Beschreibungen von Brina sind aber so auch auf den Homepages der verschiedenen ABA Anbieter und den dort verlinkten Videos zu finden. Ich hatte da nie den Eindruck, dass es um individuelle Lösungen für die Kinder geht, sondern viel mehr um Machtdemonstration der Erwachsenen und um Anpassung an die nichtautistische Umwelt.

    Auch das Zusammenleben mit Kindern mit Autismus wird über die Beziehung bzw. Bindung beeinflusst. Es ist nur sehr viel schwieriger sich als Nichtautist in diese hinein zu versetzen, da die Wahrnehmung so anders ist.

  • also konditioniert man andere essgewohnheiten? warum?

    machst du das mit deinen töchtern? regelmäßig?

    gibt es bei euch denn trotzdem auch schokomlich? wäre ja schade, wenn nicht, denn ich finde die total lecker und meine kinder auch.

    ****Glitzer mit der schnecke (05/06), dem bär (11/08 ), dem hulk (06/13) und findus (04/17) #love ****

  • Aber man kann sich das Thema nicht weglassen, das man diskutieren möchte #gruebel

    Ich weiß nicht, über was du diskutieren willst, aber ich will ganz sicher nicht über ABA diskutieren.

    Aber worüber denn? Um Himmels willen. Ich verstehe es wirklich einfach nicht. Trotz deiner PN und dem Thread hier. #haare

    Und ich würde aber doch so gerne #heul

  • Xenia, die Beschreibungen von Brina sind aber so auch auf den Homepages der verschiedenen ABA Anbieter und den dort verlinkten Videos zu finden.

    Das liegt daran, dass es als normal gilt, Kinder zu erziehen, und dass die Kundschaft von ABA Anbietern in Deutschland hauptsächlich aus Leuten besteht, die mit der Erziehung ihrer autistischen Kinder Probleme haben und diese lösen wollen.


    ABA kann man natürlich auch im Rahmen von Erziehung einsetzen.


    Allerdings weiß ich von dem ABA Anbieter, von dem das Schokomilch-Video stammt, definitiv, dass die Beschreibungen von Brina auf ihn nicht zutreffen.

  • Aber man kann sich das Thema nicht weglassen, das man diskutieren möchte #gruebel

    Ich weiß nicht, über was du diskutieren willst, aber ich will ganz sicher nicht über ABA diskutieren.

    Aber worüber denn? Um Himmels willen. Ich verstehe es wirklich einfach nicht. Trotz deiner PN und dem Thread hier. #haare

    Und ich würde aber doch so gerne #heul

    Ich antworte da jetzt mal drauf. Das dauert aber ein paar Minuten.

  • Die Frage, die mich beschäftigt, hat was mit moralischer Bewertung von Werkzeugen zu tun.


    Ich gehe davon aus, dass Erziehung unnötig ist und sinnlos. Man kann sich zwar überlegen, wie man ein Kind gerne hätte, aber das Kind wird sich nur dann in diese Richtung entwickeln, wenn es das selbst zumindest nicht falsch findet. Kinder sind keine unbeschriebenen Blätter, die darauf warten, dass man sie mit Input füllt. Kinder bringen ihre eigenen Werte mit, und die sind im wesentlichen durchaus konstistent und tragfähig.


    Kinder brauchen wie Erwachsene auch sowas wie eine staatliche Ordnung. Raub und Prügel müssen auch im Kinderzimmer verboten sein, aber das ist keine Frage von Erziehung, denn eine staatliche Ordnung ist ein Leben lang nötig, wenn man zivilisiert leben will.


    Auch wenn ich nicht vorhabe, mein Kind zu erziehen, wird es trotzdem Punkte geben, wo ich will, dass es sich anders verhält als es das tut. Weil ich mir sicher bin, dass es ungesund ist, oder weil es mir direkt schadet, oder weil es jemand anderen massiv stört. (Aufzählung ohne Anspruch auf Vollständigkeit.)


    Und dann ist die Frage, welches Werkzeug man dafür nimmt.


    Man wird natürlich, solange das funktioniert, einfach bitten oder auffordern und darauf hoffen, dass die Beziehung und der Wunsch zu gefallen genug Motivation gibt.


    Aber wenn es nicht so einfach ist, und es sich wirklich um ein wichtiges Thema handelt, dann braucht man unter Umständen stärkere Werkzeuge, und muss sich eben eine Strategie überlegen. Finde ich.


    Es gibt Eltern, die in solchen Situationen, also wenn das einfache Bitten oder Auffordern nicht reicht, entweder hilflos und sauer werden oder sich rächen oder gewalttätig werden oder emotional erpressen oder einfach sagen "ok, dann halt nicht. Dein Leben.".


    Aber wenn man an dem Punkt steht, dass man nicht auf die Beziehung bauen kann und nicht mit dem vorhandenen intelektuellen Potential des Kindes arbeiten kann (weil es nicht so funktioniert wie man sich das vorstellt), dann muss man sich eben Wege überlegen, wie man ohne diese intelektuelle Mitarbeit des Kindes auskommt.


    Dass man dann bei Techniken landet, die so ähnlich auch mit Hunden oder Pferden praktiziert werden, finde ich jetzt nicht weiter überraschend.


    Aber das stößt auf wirklich riesige Ablehnung und Leute regen sich tierisch drüber auf. Auch Leute, die selber kein Problem mit versteckter emotionaler Erpressung haben, finden es ganz schlimm, wenn jemand mit offenen Karten ein Angebot in der Art: "du trinkst Wasser, ich geb dir das Spielzeug" macht.


    Und das verstehe ich nicht.


    Mir kommt das so vor, als würde hier das scharfe Messer abgelehnt, weil man damit jemand umbringen kann. Man kann aber Leute genauso gut auch stumpfen Gegenständen erschlagen.


    Das scharfe Messer wäre hier die gezielt eingesetzte Konditionierung/Verstärkung/Ausnutzung von vorhandenen Interessen.

    Der stumpfe Gegenstand wäre die Erziehung aus dem Bauch heraus mit den ganzen netten manipulativen Techniken.

  • Xenia

    Wenn es nicht so ist, wie ich beschrieben habe, wie ist es dann?

    Wie läuft dann das Wasser–Beispiel ab?

    Warum bleibt das Kind am Tisch, im Raum?

    Was passiert, wenn es, sagen wir nach 1 Stunde, nicht auf die Aufforderung reagiert?


    Wie funktioniert die Methode denn bei Aggression?


    Und dann hätte ich gerne noch ein Beispiel von einem normal entwickelten 10jährigen Kind.



    Zitat

    Aber wenn man an dem Punkt steht, dass man nicht auf die Beziehung bauen kann und nicht mit dem vorhandenen intelektuellen Potential des Kindes arbeiten kann (weil es nicht so funktioniert wie man sich das vorstellt), dann muss man sich eben Wege überlegen, wie man ohne diese intelektuelle Mitarbeit des Kindes auskommt.

    Und genau das halte ich für eine völlig falsche Grundannahme.

    Entweder das Kind kann nicht, aus welchen Gründen auch immer, unseren Wünschen entsprechen. Dann muss man sich überlegen, mit welchen Hilfen es die Situation vielleicht bewältigen kann, oder ob es entwicklungstechnisch noch nicht so weit ist.

    Bei „es ist noch nicht so weit“ kann man dann warten oder entsprechend Vorläuferfähigkeiten anbahnen.

    Oder die Beziehung ist einfach nicht stabil genug. Dann muss man was an der Beziehung tun, in dem der überlegene Erwachsene in die Welt des Kindes eintaucht.

    (Das ginge dann tatsächlich mal in Richtung Analyse.)

    Wie auch sonst soll das Kind irgendwann in der Lage sein, Situationen selbstständig zu bewerten und die passende Handlungsoption auszuwählen?


    Und das ist der eigentliche Trigger für mich

    „(weil es nicht so funktioniert wie man sich das vorstellt)“

    Das gibt mir doch überhaupt kein Recht, mich dermaßen über Bedürfnisse, Gefühle, Wahrnehmung und Selbstbestimmung meines Kindes zu erheben.


    Wenn du seit 2 Jahren nur Schokomilch trinken kannst, weil alles andere Übelkeit verursacht, sich im Mund komisch anfühlt, die falsche Farbe hat, nach Chlor riecht oder was auch immer, was müsste passieren, dass du Wasser trinkst?


    Edit: Hier gibt es ganz klar „Du trinkst Wasser, du bekommst xy“. Damit habe ich überhaupt kein Problem.

    Nutzt mir aber gar nichts, wenn das Kind sagt „mach ich nicht“ oder „ich trinke Wasser, dann will ich aber nicht xy sondern Abz“

  • Also mir klingt es, als fändest du zwar "Erziehung" aus Überzeugung doof, würdest aber trotzdem gerne die Methoden, die du "Erziehung" zuordnest (Knditionierung, Belohungssysteme, etc.) anwenden und versuchst jetzt diesen Widerspruch zu lösen, indem du das irgendwie umdefinierst.


    Und natürlich, die meisten Eltern sehen sich ungern in der Rolle des manipulativen Konditionierers selbst wenn sie das sind, so wie die wenigsten Menschen sich als BEteiligte an der Umweltzerstörung oder verantwortlich für das Schicksal von Näherinnen in Bangladesch sehen wollen, selbst wenn sie es sind. Die meisten Menschen wären gerne gut und wenn sie dann damit konfrontiert sind, dass sie es nicht immer sind, nehmen sie einiges auf sich um diese Dissonanz auszuhalten oder auszublenden. Z.B. auch dass sie offensichtliche Konditionierung anders benennen.

  • Nein, Peppersweet , ich sehe wirklich einen Unterschied zwischen Werkzeug und Lebensstil.


    Erziehung ist für mich ein Lebensstil, den ich ablehne.


    Verhaltensbeeinflussung kann man mit verschiedenen Werkzeugen machen und ist manchmal eine Notwendigkeit.


    Edit: Erziehung bedient sich natürlich auch verschiedener Werkzeuge zur Verhaltensbeeinflussung.

  • Ja. Ich kann das so unterschreiben, was du beschreibst Xenia

    Mehr möchte ich dazu öffentlich nicht schreiben. Und auch nicht ob ich das gut oder schlecht finde. Aber dass es manchmal so funktionieren kann und vielleicht auch nur so, das unterschreibe ich.

    Und so verstehe ich besser was du meinst.


    Was mir noch fehlt ist dein Bezug.

    Du hast also ein Kind mit Autismus und gehst so vor?

    Du liest dich zutiefst verletzt, weil andere dich dafür verurteilen.


    Ich würde da gerne mehr zu schreiben, Aber nicht hier im öffentliche Bereich und auch nicht ohne einen persönlichen Bezug von dir. So ist mir das alles zu theoretisch.

  • Ich finde Erziehung fairer. Wenn sie echt und authentisch ist und ich sage: Das gibt es jetzt nicht, weil ich das nicht richtig finde.

    Das Kind kann doch im Beispiel im Zweifel gar nicht anders, als Wasser trinken, der Druck ist hoch. Keine Ahnung, es klingt mir so, als würde im Anschluss auch gut ein "du hast es dopch selbst so gewählt, du wolltest das Spielzeug und hast dich für das Wasser entschieden" kommen.


    Halt im Übrigen alle therapeutischen Ansätze für hilfreich in einem Rahmen, der Therapie erforderlich macht aber nicht in einem unaufgeregten Alltag.

    Vielleicht wäre mal gewaltfreie Kommunikation eine Alternative? Wenn man so seinem Kind von Anfang an Wertschätzung vermittelt und es ernst nimmt, könnte es sein, dass vei vielen manche Dinge gar nicht erst aufkommen.

    Liebe Grüße,


    Ich, mit Tochter (2/06) und tochter (12/07).