Ich will kein Schreiben nach Gehör....Wie mache ich das?

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    • Offizieller Beitrag

    Das schrieb ich ja weiter vorne auch. Mit dem Thema Schreiblernmethode lässt sich jetzt prima Stimmung und Politik machen, aber langfristig strukturelle Probleme anzugehen und zu gucken, warum das Bildungssystem in D so viele Kinder abhängt und keine Chancengleichheit bietet, darüber, warum in den letzten Jahrzehnten so massiv zu wenige Lehrkräfte ausgebildet wurden, warum Schulen nicht vernünftig ausgestattet werden und Eltern Toiletten und Klassenräume putzen müssen, obwohl sie Steuern für sowas zahlen, warum es Sanierungsstaus und zu wenige Schulneubauen gibt, aber in erster Linie, warum die personelle Ausstattung so miserabel ist, das wird jetzt prima überlagert von der Diskussion. Die Probleme liegen auch woanders, und wenn man da mal vernünftig investieren würde, dann könnte sich vielleicht auch so ein reiches Land wie Deutschland eine vernünftige Schulbildung für alle Kinder leisten!

    Ja, da bin ich sehr für - und hier bin ich der festen Überzeugung dass eine Verlagerung der Bildungshoheit auf Bundesebene Wunder wirken kann.

  • Hallo,


    Das schrieb ich ja weiter vorne auch. Mit dem Thema Schreiblernmethode lässt sich jetzt prima Stimmung und Politik machen, aber langfristig strukturelle Probleme anzugehen und zu gucken, warum das Bildungssystem in D so viele Kinder abhängt und keine Chancengleichheit bietet, darüber, warum in den letzten Jahrzehnten so massiv zu wenige Lehrkräfte ausgebildet wurden, warum Schulen nicht vernünftig ausgestattet werden und Eltern Toiletten und Klassenräume putzen müssen, obwohl sie Steuern für sowas zahlen, warum es Sanierungsstaus und zu wenige Schulneubauen gibt, aber in erster Linie, warum die personelle Ausstattung so miserabel ist, das wird jetzt prima überlagert von der Diskussion. Die Probleme liegen auch woanders, und wenn man da mal vernünftig investieren würde, dann könnte sich vielleicht auch so ein reiches Land wie Deutschland eine vernünftige Schulbildung für alle Kinder leisten!


    Jep.

    Wenn die Eltern sich stark machen für die Rückkehr zu einer bestimmten Methode, gewinnt man eine Menge Zeit, in der man nicht wirklich etwas tun muss, die Kräfte der Eltern aber gebunden sind. Entsprechende Argumente gab es hier im Strang ja auch.


    Ich bin überzeugt davon, daß die Rückkehr null Komma gar nichts bringt. Pflaster auf eine schwärende Wunde, die sie eventuell vorübergehend weniger sichtbar macht, aber an der Blutvergiftung nichts ändert.

    Selbst wenn die Rechtschreibung sogar ein paar Pünktchen besser werden sollte, fliegt einem das System in all seinen Anforderungen dafür dann an einem anderen Punkt um die Ohren. Dann wird dort wieder rein hübsches, aber billiges Pflaster aufgeklebt, entweder im traditionellen Design oder einem modernen... dann hat´s wieder ein paar Jahre Zeit, ehe allen auffällt, daß darunter nichts heilt usw.

  • Ein weiteres großes Problem, das ich beobachtet habe, ist, dass sowohl in der Grundschule als auch in der 5./6. Klasse Rechtschreibung gerne in Form von freier Werkstattarbeit geübt wird. Dazu erstmal: Ich bin ein großer Fan von Methodenwechsel und freien Arbeitsformen. Frontal-Phasen haben ihre Berechtigung, aber generell sollte der Fokus natürlich darauf liegen, Kinder zum eigenständigen Lernen zu befähigen. Da sind wir uns vermutlich ja alle einig :)

    Das Problem, das ich aber wahrnehme, ist, dass im Alltag in vielen Schulen freie Arbeitsformen eine echte Überforderung für eine relevante Gruppe von Kindern darstellt. Das heißt wirklich nicht, dass die Antwort "zurück Frontalunterricht und Fibel" sein kann. Aber ich kann als Einzelperson einfach nicht in den maximal drei Stunden, die ich für Rechtschreibung in der Woche habe (und das ist jetzt schon sehr optimistisch geschätzt), allen meinen SchülerInnen gerecht werden. Es. Geht. Nicht.

    Nicht, wenn mindestens drei Kinder in der Klasse eigentlich eine 1:1-Betreuung bräuchten, zwei weitere aus Angst vor einem Fehler bei der ersten Schwierigkeit aufgeben und heimlich was anderes machen, die vier Überflieger der Klasse individuelle Herausforderungen fordern und der Rest eben so vor sich hinrödelt.


    Deshalb bin ich auch so dringend für eine schnellstmögliche Umstellung der LehrerInnen-Ausbildung. Vor zehn Jahren waren LehrerInnen vielleicht noch die klassischen Einzelkämpfer, die beim Schulratsbesuch Schweißperlen auf der Stirn hatten, weil eine Beobachtung ihres Unterrichts eine unbeliebte Seltenheit war. Natürlich gibt es solche Exemplare auch weiterhin - und Schulratsbesuche sind vielleicht ein schlechtes Beispiel ;) - aber ich habe mittlerweile in meinen Praktika erlebt, dass die LehrerInnen tatsächlich dankbar für jede Unterstützung sind, weil sie direkt besseren Unterricht möglich macht.

    (Vielleicht waren meine befreundeten KommilitonInnen und ich aber natürlich auch einfach nur so spitzenmäßige Praktis ;) )

    In Klassen, wie man sie mittlerweile speziell in den großen Städten an Grund- und Stadtteilschulen (=Haupt-, Real- und Gesamtschulen in anderen Bundesländern) hat, braucht man einfach mehr Personal, um modernen und guten Unterricht zu machen. Es fehlen Sozial- und SonderpädagogInnen, ErzieherInnen, FachlehrerInnen - you name it.


    Es geht überhaupt nicht um ein "Früher war alles besser", aber die Gesellschaft und die Bedingungen von Schule haben sich verändert und darauf müsste die Bildungspolitik dringend mal reagieren. Nicht mit Schnellschüssen und Pflastern, sondern mit GELD. Gute Bildung kostet. Den Preis zahlen gerade die Kinder, Eltern und LehrerInnen. Letztlich aber wir alle.

    • Offizieller Beitrag

    Es geht überhaupt nicht um ein "Früher war alles besser", aber die Gesellschaft und die Bedingungen von Schule haben sich verändert und darauf müsste die Bildungspolitik dringend mal reagieren. Nicht mit Schnellschüssen und Pflastern, sondern mit GELD. Gute Bildung kostet. Den Preis zahlen gerade die Kinder, Eltern und LehrerInnen. Letztlich aber wir alle.

    Genau. Die Frage ist halt, wie schnell das geht mit dem Geld und ob es nicht absolut sinnvoll ist, zumindest für Kinder, die potenziell abgehängt werden, konkret JETZT etwas zu tun. (Mit "etwas" meine ich nicht zwangsläufig die Fibelmethode - es geht mir hier einzig um die Chancengleichheit). Bis Gelder wirken dauert das nochmal 4 Jahre (jedefalls ist das die Zahl, die ich im Kopf hatte).

  • Wer oder wessen Kinder haben den jetzt eigentlich wirklich mit Lesen durch Schreiben in der Reinform gelernt?


    Bei dem, was hier einige beschreiben würde ich sagen, das hat doch nur noch Elemente von Lesen durch Schreiben. Klar kann das klappen, aber das ist doch dann trotzdem nicht mehr die Methode, über die die Studie geht, oder? Und damit halt nur schwer vergleichbar.


    So gesehen hatte ich nämlich auch schon Mitte der 70 er Elemente davon in der Schule. Unbekannte Wörter durften wir schreiben wie wir wollen und sie wurden nicht als Fehler gewertet.

    Mein kleiner Sohn an einer privaten Schule. Er hat inzwischen eine sehr starke LRS, die sich jetzt nach 6 Jahren Fibelmethode und Methodenunterricht langsam bessert.

    Ich selbst bin ein rein visueller Typ. Für mich wäre das auch sehr schlecht gewesen, denn wenn ich etwas zum ersten Mal sehe, prägt es sich ein. Und ein einmal falsch gelesenes/geschriebenes hätte mich auch viel Kraft gekostet das richtig zu lernen.


    Mein großer Sohn hat nach reiner Fibelmethode gelernt und hat nach anfänglichen Schwierigkeiten bis zur 5. Klasse fast fehlerfrei schreiben gelernt. Dafür hat er eine ausgeprägte Leseschwäche. Ich denke ohne Fibelmethode wäre es auch sein Untergang gewesen.

  • Kalliope Da bin ich ganz bei dir! Also wirklich. Ich hab nur keine Ahnung, was das sein soll.


    Um mal eine wagemutige Metapher zu bemühen: Wenn ich ganz furchtbar blute und dringend einen Arzt brauche, ist es völlig egal, ob mir jemand ein Pflaster oder homöopathische Kügelchen anbietet. Da ist es dann gleichgültig, welche Methode ich bei einem kleinen Kratzer bevorzugen würde - jetzt gerade bringt beides leider gar nichts.


    Und um mein Bild wieder auf die Schulen zu beziehen: Ich denke persönlich, dass die miesen Ergebnisse eben nicht das Resultat einer Methode sind (auch wenn eine schlechte Umsetzung im Zweifelsfall bestimmt nicht geholfen hat), sondern die Ursache schon in den veränderten Bedingungen an den Schulen liegt. Und deshalb bringt auch ein weiterer Methodenwechsel aus meiner Sicht nichts oder zumindest nicht viel. Also vielleicht lernen ein paar Kinder dann tatsächlich besser, aber für andere Kinder wird es gleichzeitig größeren Frust bedeuten, weil unter den aktuellen Bedingungen keine Methode gut umgesetzt werden kann.


    Ich will dir damit also gar nicht widersprechen - ich bin im Gegenteil völlig ratlos und wirklich besorgt.

    • Offizieller Beitrag

    Wer behauptet denn das? Ich lese das hier immer wieder.

    War hier auch schon mal verlinkt.


    Das macht es halt schwierig zu diskutieren, wenn jeder von was anderem ausgeht.


    Wie es ursprünglich von Herrn Reichen gemeint war ist das eine, wie es umgesetzt wird ist das andere. Ein Blick auf das Erstklassheft meiner Tochter, das ich leider inzwischen entsorgt habe und man sieht das Problem. Das war einfach lautgetreuer Buchstabensalat. Und das sollte so in den ersten paar Wochen so sein, um laut Lehererin den Kindern nicht den Spaß am freien Schreiben zu nehmen.


    Und nun ist es halt so, dass sie entweder frei schreiben kann oder (leidlich) rechtschreiben. Beides zusammen geht auch in der 7.ten Klasse noch nicht. Und da ist sie in ihrer Klasse in guter Gesellschaft und die Studie weist ja nun auch darauf hin, dass es da ein Problem gibt.


    Und wie erklären sich die Befürworter diesen eklatanten Unterschied? Ich meine die Lesen durch Schreiben Kinder machen auch nach Jahren noch mehr als doppelt so viel Fehler und haben obendrein noch ein schlechteres Leseverständnis. Ich verstehe echt nicht, wie das noch verteidigen kann. Es will doch niemand freies Schreiben gänzlich verbieten, aber irgendwie muss man das doch anders angehen bei derartigen Problemen.

  • Allerdings war es uns auch wichtig, dass die Eltern nicht korrigierten´, sondern wir.

    Du kannst Eltern nicht verbieten zu korrigieren. Und ab dem 2. Kind machen das viele Eltern auch nicht mehr mit. Denn letztlich fällt es immer auf die Eltern zurück, wenn irgendwas in der Schule nicht klappt - egal, was es ist.


    Klar, auch ich habe über manchen Schreibfehler am Anfang hinweggesehen, wenn das Kind stolz die ersten Sätze geschrieben hat. Aber mir ist das auch wichtig, dass mein Kind richtig schreiben lernt. Alles sollen Eltern zu Hause mit den Kindern üben: lesen, Rechnen usw. - nur bitte bloß keine Rechschreibung!

    Bei der Methode fällt vor allem auf, dass die Unterschiede bei den Rechtschreibeleistungen sehr vom Elternhaus abhängig sind. Und ich frage mich, wieviel da die - verbotene - Elternnachhilfe eine Rolle spielt.

  • Ich glaube übrigens auch, dass es sich zusätzlich negativ auswirkt, dass die Kinder jetzt in Druckbuchstaben schreiben lernen, während wir früher erst mal nur in verbundener Schreibschrift geschrieben haben. Dann kommt man gar nicht auf solche Ideen wie Großbuchstaben mitten im Wort zu schreiben, weil das gar nicht geht. Man nimmt das Wort von Anfang an mehr als Gesamtheit wahr und nicht als Aneinanderreihung von Buchstaben nach irgendwelchen Regeln. Ich selber mache übrigens auch mehr Fehler, wenn ich in Druckbuchstaben schreibe als in Schreibschrift.

    Wenn ich mir früher unsicher war, wie man ein Wort richtig schreibt, habe ich mir beide Versionen hingeschrieben und dann sofort gesehen/gefühlt, welche Version richtig ist.


    Und ja: ich sehe auch die Vorteile beim Vorziehen der Druckbuchstaben. Früher gab es für die Leseanfänger sogar extra gedruckte Bücher in Schreibschrift, das ist heute nicht mehr nötig.

    Und ich weiß, dass es Kinder gibt, die große Schwierigkeiten damit haben, eine Schreibschrift zu lernen. Aber das dürfte doch letztlich eine Minderheit sein, für die man dann Ausnahmen machen kann. Aber im Grundsatz halte ich flüssiges Schreiben mit der Hand für eine wichtige Kulturtechnik, die ich möglichst vielen Kindern nahebringen wollen würde. Und ich finde, sie hilft auch bei der korrekten Rechtschreibung.

  • Hallo,


    Und ja: ich sehe auch die Vorteile beim Vorziehen der Druckbuchstaben. Früher gab es für die Leseanfänger sogar extra gedruckte Bücher in Schreibschrift, das ist heute nicht mehr nötig.


    Die fand ich als Kind ganz furchtbar und so anstrengend zu lesen, daß ich sie schnell beiseite gelegt habe,. obwohl ich eine Leseratte war, die Bücher normalerweise regelrecht verschlungen hat. (Wir hatten von Tag 1 an Schreibschrift, diese Bücher waren dazu da, das Lesen der Schreibschrift zu trainieren). Dabei habe ich witzigerweise die ganz alte Druckschrift in Büchern aus der Kindheit meiner Oma schon in Klasse 1 flüssig gelesen, fast genau so schnell wie die in der Schule gelernte Druckschrift. Ich weiß bis heute nicht, wo da der Unterschied besteht.


    Zum schreiben lernen - auch da bin ich überzeugt davon, daß die meisten Kinder von einem individuellen Ansatz profitieren könnten. Wie gesagt, eine eine Tochter hat vom ersten Schultag angefangen, Schreibschrift zu schreiben, einer meiner Söhne in Klasse 3, die anderen dazwischen.


    Sohn 1 (Linkshänder mit graphomotorischen Problemen) konnte überhaupt erst schreiben lernen, als ihm statt der sonst üblicher Schulausgangsschrift die vereinfachte Ausgangsschrift angeboten wurde. Und ich bin überzeugt davon, daß die positiven Rückmelungen zum i n h a l t frei geschriebener Texte unabhängig vom Rechtschreibung und Schrift auf jeden Fall dazu beigetragen hat, die Motivation zum schreiben lernen zu erhalten bzw. wieder herzustellen und so dazu geführt hat, daß das Kind weiter auch freiwillig schrieb und so seine Hand trainierte.


    Aber auch da sind die Erfahrungen vermutlich unterschiedlich, daß "alle im gleichen Tempo das gleiche" dienlich ist, bezweifle ich auch hier und erlebe ja, wie viel die Eltern dann teilweise durch üben zu Hause ausgleichen müssen, damit das Kind Schritt halten kann.


    Was ich tatsächlich schwierig finde, ist Druckbuchstaben einzuführen um dann nach wenigen Wochen auf Schreibschrift zu wechseln. Da denke ich tatsächlich: Entweder gleich Schreibschrift einführen oder erst den gesamten Druckbuchstaben-Lehrgang durchnehmen und wenn sich die Schrift gefestigt hat, sinnvolle Verbindungen anbieten.


    Was mich stört ist ein Wettbewerb, den ich erlebe, leider meist von Eltern ausgelöst. Also das Kind der Nachbarin ist schon beim F, das haben wir noch lange nicht. Also die Tochter meines Kollegen schreibt schon Schreibschrift, das fangen wir mal zu Hause an, wer weiß, wann das bei meinem Kind dran kommt. Die Klasse 2 c hat schon XY dran, icht noch nciht... (vielleicht hat die Lehrkraft ja einen Grund für den Thementausch). Und so weiter. Erweiterbar auf Mathe (Rechenoperationen, Multiplikation...) , stattfindendes Englisch oder nicht usw.


    Natürlich sollten Eltern nachfragen, wenn ihnen etwas komisch vorkommt. Wenn viel Unterricht ausfällt, wenn durch Klassenkonstellationen/-größen das Unterrichten schwer ist.... Und im Idealfall mit den Lehrern gemeinsam überlegen, was man tun kann (sich für Vertretungskräfte einsetzen, oft wirkt es mehr, wenn diese Forderung von Eltern kommt) ...


    Aber dieses ständige Vergleichen und "Die anderen sind alle weiter (Sind sie das?) , bestimmt hat´s mein Kind auf dem Gymnasium/Im Studium ganz schwer, wenn es ... (3 Wochen später Li na ist am O fen liest/ die 3er Reihe kann, erst ab Klasse 3 Englisch hat....) ", das mit zumindest im hiesigen Umfeld gar nicht so selten begegnet, kann ich persönlich nur schwer nachvoillziehen.

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  • Es gibt da etwas, das mich in diesen Diskussionen total umtreibt, aber irgendwie ist es auch ein bisschen OT.


    Darf ich trotzdem mal erzählen?

    Meine Kinder sind ohne Frage sehr sprachbegabt und können sicher nicht als allgemeingültige Beispiele herhalten. Das mal vorweg. Aber mein Sohn hat sich zuerst das Lesen und dann das Schreiben vor der Schule selbst beigebracht, meine Tochter schreibt schon ganz viel, liest aber noch nicht. Beide haben (bzw. tun es gerade) dabei ohne Anleitung von irgendwo angefangen, die Laute zu hören und danach zu schreiben, also genau das, was nach meinem Verständnis mit der Anlauttablle geübt wird.

    Wenn meine Tochter etwas nicht selber hören kann, fragt sie nach - sie spürt also auch, wo sie Hilfe braucht.


    Da wir sie nicht unterrichten und ich bei beiden Kindern das gleiche Vorgehen beobachten kann, gehe ich jetzt erstmal davon aus, dass das die Art ist, wie Kinder sich Schreiben aneignen, wenn das Lernfenster aufgeht und man sie machen lässt.


    Meine Überlegung dazu ist: Wenn das wirklich die Art ist, wie Kinder schreiben lernen - und dass sie etwas in Schrift kodieren, das andere Menschen dann entziffern können, ist ganz klar eine hohe Motivation dabei, jedenfalls für meine Kinder -, wieso sollte man nicht dieser Leitlinie folgen?


    Gruß,

    F

    Mal geht es dir schlecht. Dann geht's dir wieder gut. Ich jedenfalls trag jetzt immer einen Hut.

  • Frisch woher weiß denn deine Tochter welcher Buchstabe zum jeweiligen Laut gehört, wenn sie nicht lesen kann und auch keine Anlauttabelle hat?

    Tja, das ist so eins dieser Rätsel ... Sie hat natürlich sehr oft einfach gefragt. Ihren Namen haben wir ihr beigebracht, dann ging es irgendwann los - wie übrigens bei ganz vielen Kindern, die ich kenne, das hat nichts mit Begabung zu tun -, dass sie wissen wollte, wie dieser oder jener Buchstabe heißt. Wir haben (und das war vermutlich der "Trick") nie die Namen der Buchstaben, sondern immer den Laut gesagt.

    Manchmal hat sie auch Wörter erkannt, die immer wieder irgendwo in Großbuchstaben standen, z.B. den kurzen (!) Namen ihres Bruders, und dann ging das z.T. wie beim Knobeln. Suche das bekannte Symbol, sozusagen.


    Lustig ist, dass sie tatsächlich recht ambitioniert und unerschrocken schreibt (Merjonkfrao), aber nicht lesen mag.

    Mein Sohn hat zuerst lesen gelernt und ca. ein Vierteljahr später die ersten Schreibversuche gemacht. Bei ihm war es eindeutig ein Knobeln wie bei diesen Rätseln, bei denen man Symbole hat, die für jeweils einen Buchstaben stehen (kennst Du die?). Wenn man ein Ausgangswort hat, kann man sich nach und nach alle anderen erschließen.

    Er hat sich das Lesen mit Asterix-Heften beigebracht. Zuerst hat er die Wörter in Großbuchstaben gelesen (UFF, PENG, BUMM), und nach und nach hat er sich von da aus die kleinen Buchstaben erarbeitet (er wusste z.B., dass da "Ave" steht, kannte das große A, hat also schnell geschlussfolgert, dass das kleine Runde am Ende ein E sein muss).


    Also ja, natürlich helfen wir auf Nachfrage und malen die Buchstaben auch mal vor. Oder meine Tochter ruft aus ihrem Zimmer: Wie sieht nochmal ein H aus? Und ich rufe zurück: Wie eine Turnstange. Aber wenn meine Tochter mich bittet, auf ihr Bild "FÜR OMA" zu schreiben, dann reicht das auch schon. Sie selber schreibt dann allerdings meistens FÖR OMA. Ich korrigiere nichts. Ganz selten allerdings spreche ich ihr ein Wort noch einmal genau vor, weil ich zwar ihre Wörter meistens erraten/lesen kann, aber es für die Oma eben manchmal noch genauer sein muss.


    Es ist sehr faszinierend, dabei zuzusehen.


    Gruß,

    F

    Mal geht es dir schlecht. Dann geht's dir wieder gut. Ich jedenfalls trag jetzt immer einen Hut.

  • Frisch Ich habe selbst genau wie deine Kinder Lesen und die ersten Schreibanfänge gelernt und finde das auch einen tollen Weg.

    Aber an der Regelschule lässt sich das nicht für alle Kinder organisieren- wie soll das aussehen?


    Vielleicht verstehe ich deine Frage auch irgendwie falsch? Unterricht sollte sich natürlich am Entwicklungsstand und den aktuellen Interessen der Kinder orientieren. Aber mit 25 bis 30 Kindern und einem bis maximal zwei Erwachsenen geht das einfach nicht so wie zuhause.

  • Frisch Ich habe selbst genau wie deine Kinder Lesen und die ersten Schreibanfänge gelernt und finde das auch einen tollen Weg.

    Aber an der Regelschule lässt sich das nicht für alle Kinder organisieren- wie soll das aussehen?


    Vielleicht verstehe ich deine Frage auch irgendwie falsch? Unterricht sollte sich natürlich am Entwicklungsstand und den aktuellen Interessen der Kinder orientieren. Aber mit 25 bis 30 Kindern und einem bis maximal zwei Erwachsenen geht das einfach nicht so wie zuhause.

    Deshalb sage ich ja, es ist eigentlich OT ... Natürlich geht das nicht genauso.


    Meine Frage - wenn es denn überhaupt eine ist - ist eher: Ist das der "übliche" Weg für Kinder, die man quasi in Ruhe lässt? Wenn ja, dann entspricht es nämlich recht genau der Lesen-durch-Schreiben-Methode. Und wäre das nicht auch ein Argument FÜR diese Art des Lernens (und Lehrens), wenn es sozusagen dem natürlichen Lernweg entspricht. Oder gibt es nie einen natürlichen Lernweg, und nur ein gewisser Prozentsatz von Kindern lernt von selbst auf diese Art?


    Ich frage das, weil so viele Art der frühkindlichen Entwicklungsförderung m.E. nach heutzutage eher ein Anstupsen des natürlichen Entwicklungsprozesses ist (Logopädie, Ergo, aber auch Trockenwerden u.ä.). Man orientiert sich an den üblichen Entwicklungsmustern und begleitet sie unterstützend.

    Sollte das dann nicht auch für diese Art des Lernens gelten? Oder ist das im Endeffekt völlig egal, weil ein offenes Lernfenster jede Art von Lehre dankbar hineinlässt?


    Wie gesagt - führt vermutlich weit weg von der eigentlichen Diskussion, aber es treibt mich schon so lange um, seit ich erst den Spracherwerb und später dann eben das Lesen- bzw. Schreibenlernen meiner Kinder beobachten durfte.


    Kennst Du Dich da ein bisschen aus, Katielee?


    Gruß,

    F

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  • ich bezweifle ja , dass alle Kinder lesen und schreiben können wollen...


    Ich weiß, viele Schulen mit alternativem Unterrichtskonzept beten das mantraartig runter - alle Kinder haben eine intrinsische Motivation, das zu lernen, was in der Schule ohnehin gelehrt wird. Man müsse sie nur machen lassen und die berühmten Fenster abpassen.


    Ich bin überzeugt, dass es eine Reihe von Kindern gibt, die keine intrinsische Motivation haben, rechnen oder lesen und schreiben zu lernen. Und wenn es einem so ziemlich egal ist, wie man was schreibt, kommt man mit dem beschriebenen Schreiblernkonzept nicht klar.

  • Ich verstehe Deine Überlegung, Frisch. Bei meinen Kindern war das auch bei allen so, dass sie sich die Buchstaben nach und nach von selbst erschlossen haben. In unterschiedlicher Reihenfolge, v.a. durch die Beobachtung der Buchstaben in ihrem Umfeld.

    Mein Großer hatte "Die Alphas" zum 5. Geburtstag geschenkt bekommen, die ja auch den Anlautgedanken aufgreifen - jeder Buchstabe ist durch eine Sache/ein Tier mit dem Anfangsbuchstaben dargestellt. Meine Mittlere war damals ungefähr 2 1/2 und hat total gerne damit gespielt. Irgendwann rief sie mal auf der Straße ganz laut: "Mama, da ist ein Papagei!". Ich habe mich umgeschaut und gewundert, bis mir klar wurde, dass sie das Parkplatzschild gemeint hat. Sie hat in dem Alter schon von der Figur auf den Buchstaben gefolgert.


    Die Fibelmethode setzt ja darauf systematisch für alle gleich die Buchstaben einzuführen, völlig unabhängig davon, was die Kinder darüber schon wissen. Dabei haben sie natürlich nicht den gleichen Entdeckergeist.

    Freda mit dem Jan-Feb-Mär-Trio (01/05 + 02/08 + 03/12) #love


    Ich kaufe und verkaufe im Rabenflohmarkt

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  • Ich bin überzeugt, dass es eine Reihe von Kindern gibt, die keine intrinsische Motivation haben, rechnen oder lesen und schreiben zu lernen.

    Ah, genau das interessiert mich. Ich beobachte bei meinen Kindern ja gerade das Gegenteil. Aber ich kann mir eben auch vorstellen, dass das nicht für alle gilt.

    Voraussetzung ist ja auch zunächst, dass es eine Umgebung gibt, die einem suggeriert, dass Lesen und Schreiben erstrebenswerte Fähigkeiten sind. Sonst hätten Kinder schon immer gelesen, in allen Gesellschaften und Schichten und zu allen Zeiten.


    Das nämlich gilt für unsere Familie in besonderem Maße, weil hier bei Eltern mit diesen Fähigkeiten ihren Unterhalt verdienen.


    Für mich steht dagegen dann wieder, dass der Gewinn für Kinder, auf diese Art kommunizieren zu können, ja enorm hoch ist. Meine Mutter, die Grundschullehrerin war, berichtete, dass zur Zeit des Harry-Potter-Hypes die Kinder viel schneller lesen lernten, weil viele Eltern nach dem ersten Band nicht mehr vorlesen mochten. Ich kann mir immer nur schwer vorstellen, dass Kinder nicht unglaublich leicht zu motivieren wären, wenn man ihnen klarmachen könnte, was das für eine irre Sache ist, schreiben zu können.

    Und wie man das mit "Fu ruft Uta" schaffen soll, erschließt sich mir nicht. Denn das schreiben zu können, ist ja nun nicht besonders irre. Da lernt man eben für das Sternchen unter den Hausaufgaben. Aber einen Brief zu schreiben, ein eigenes Buch, eine Geschichte, eine Nachricht neben dem Telefon - das ist doch erstrebenswert. Oder bin ich ganz auf dem falschen Dampfer?


    Gruß,

    F

    Mal geht es dir schlecht. Dann geht's dir wieder gut. Ich jedenfalls trag jetzt immer einen Hut.

  • Frisch Aaah, jetzt hab ich verstanden wie es gemeint ist. Und ja, sehr sehr spannendes Thema!

    Ich würde gerade auch super gerne drei Seiten dazu schreiben, aber das wird heute nichts mehr, daher erstmal nur so viel: Du hast absolut recht, dass relevante Schreibanlässe und die Motivation des Kindes (die durch diese Anlässe natürlich auch beeinflusst werden kann) eine ganz entscheidende Rolle spielen.

    Ein ganz ganz großes Problem in diesem Zusammenhang ist der Bedeutungsverlust, den das handschriftliche Schreiben gerade erfährt. (Und es ist nachgewiesen, dass es leider nicht egal ist, ob man das Schreiben mit der Hand oder am Computer lernt.) Und ein zweites Problem ist, dass leider die Durchschnittsklasse nicht nur aus motivierten Rabenkindern besteht ;) Und über die Schwierigkeit mit der Heterogenität der Kids angemessen umzugehen, hab ich ja schon ein Klagelied verfasst... (Mein Blick ist aber natürlich auch sehr durch die Umstände hier in der zweitgrößten Stadt Deutschlands geprägt. Ganz so weit ist die soziale Schere hoffentlich noch nicht flächendeckend geöffnet...)

  • Frisch, ich kenne jetzt nur meine eigenen Kinder. Eins würde wahrscheinlich heute noch nicht lesen können, wenn man es nicht da zu genötigt hätte. Ein anderes konnte schon sehr früh lesen, ohne dass es jemand gezeigt hätte, weit vor der Einschulung.


    Alle haben dasselbe leseaffine Umfeld gehabt. Da steckt man einfach nicht drin.


    Und ich kann nicht verstehen, warum immer behauptet wird, dass alle Kinder intrinsisch motiviert seien, lesen zu lernen. Ich halte das für genauso interessengeleitet wie, lego zu bauen und Bilder zu malen