Neandertaler und die Rollenverteilung

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  • Hallo zusammen,


    mein Sohn übt sich in Deutsch am Texteverstehen und heute ging es um Neandertaler.

    Gibt es Quellen, die klar nachweisen das Frauen und Mädchen Beeren sammelten und Männer und Jungen Jagen gingen? So steht es in seinem Text und ich habe im Kopf, dass das mindestens so nicht bewiesen ist. Im Netz habe ich leider nicht viel gefunden und hoffe nun auf euer Rabenwissen.


    Viele Grüße

    Sooma

  • Talpa weiss das besser, aber soweit mir bekannt, gibt es keine stichhaltigen Beweise.

    mit elfchen 04/09 und minielfchen 03/12


    quand ta thèse te pousse à bout et que tu veux tout arrêter kannste vergessen.


    #rose 49,7

    • Offizieller Beitrag

    :D

    Ich wurde gerufen?


    Ja, das ist tatsächlich eines meiner Themen - und zufälligerweise habe ich mich in letzter Zeit wieder etwas intensiver damit beschäftigen dürfen und bin deshalb gerade eine wandelnde Bibliographie bei urgeschichtlicher Rollenverteilung:


    HIER zum Lesen und Reinhören. Wenn Ihr nach Brigitte Röder sucht, findet Ihr eine Menge deutschsprachiger Ergebnisse, sie ist im Moment die führende deutschsprachige Forscherin auf dem Gebiet.


    HIER noch Neandertalerspezifisch:
    Die Neandertaler, die zu den Jägern und Sammlern zählten und vor rund 35.000 Jahren ausstarben, gingen zwar gemeinsam auf Großwildjagd, teilten sich danach aber offenbar mehrere Aufgaben des täglichen Lebens nach Geschlechtern auf. Die spanische Studie liefert mit dieser Beobachtung weitere Hinweise für die begründete Vermutung, dass die Neandertaler weiter entwickelt waren, als die Wissenschaftler lange Zeit angenommen hatten. So war in den vergangenen Jahren bekanntgeworden, dass sie Schmuck benutzt und Zeichnungen angefertigt haben. (Quelle: faz.net)


    Arbeitsteilung lässt sich wohl tatsächlich an bestimmten Skelettmerkmalen festmachen, aber gerade im Bereich Nahrungsbeschaffung ist es noch in keiner Weise bewiesen - auf beide Seiten, übrigens. Neandertalerfrauen waren praktisch gleich stark wie ihre Männer, Verletzungsmuster in der ganzen Altsteinzeit (also auch moderne Menschen) zeigen klar, dass das Leben für beide Geschlechter gleich "gefährlich" war.

    Dazu kommt, dass Grosswildjagd nicht mal annähernd eine so wichtige Rolle spielte, wie frau den Eindruck gewinnen könnte, wenn sie populäre Texte und Bilder zum Thema liest/sieht.


    Wenn er noch Fragen hat: immer her damit!


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Wurde nicht auch das Skelett einer schwer verletzten Neandertalerin gefunden die offenbar über eine längere Zeit hinweg gepflegt worden war? Ich geh mal suchen.

  • Abo.....



    Und wo kommT die Mär her, dass in der fVor- und Frühgeschichte die Arbeit nach Geschlechtern aufgeteilt wurden?

    "Wenn Dein Leben schwerer geworden ist, bist Du vielleicht ein Level aufgestiegen?!"

  • im Zweifelsfall von irgendwelchen Kerlen die es sich auf ihrem "das war schon immer so-Thron" bequem machen wollten.


    Die ersten (publizierenden und veröffentlichten) Archäologen und Heimatforscher waren Männer. Und zu der Zeit hat es nicht sein dürfen das Frauen, schockschwere Not, starke Jägerinnen und Familienernährerinnen waren. Unsere Urahninnen. Wo soll das denn hin führen. Am Ende wollen die dann auch die Familie ernähren. Oder wählen und Politik machen. Muahaha.

  • Vermutlich wie so vieles:

    Manifestierte Gerüchte.



    Ich weiß nicht mehr wo ich das gelesen habe, aber offensichtlich glaubte man auch lange, Frauen hätten weniger Zähne.

    Bis Mal jemand sich die Mühe machte und nachzählte

    "A complex system that works is invariably found to have evolved from a simple system that works. The inverse proposition also appears to be true: A complex system designed from scratch never works and cannot be made to work. You have to start over with a working simple system. "

    John Gall, The Systems Bible

  • Ich bin da ganz gei Talpa .


    Den ganzen Kleinkram wie Fallen für Kaninchen stellen/leeren oder Steinschleudern bedienen, konnten sehr wahrscheinlich auch Frauen und Teenager. Nahrungsbeschaffung war ein hartes Brot, da konnte man nicht auf fitte Clansmitglieder verzichten. Genauso bei der seltenen (weil gefährlichen) Großwildjagd, da blieben anscheinend nur die Gebrechlichen daheim. Jede Hand wurde gebraucht.

    Das Wissen von heute ist der Irrtum von morgen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin da ganz gei Talpa .


    Den ganzen Kleinkram wie Fallen für Kaninchen stellen/leeren oder Steinschleudern bedienen, konnten sehr wahrscheinlich auch Frauen und Teenager. Nahrungsbeschaffung war ein hartes Brot, da konnte man nicht auf fitte Clansmitglieder verzichten. Genauso bei der seltenen (weil gefährlichen) Großwildjagd, da blieben anscheinend nur die Gebrechlichen daheim. Jede Hand wurde gebraucht.

    Genau!


    Wie es zu diesen Bildern kommt? Weil wir (und unsere VorgängerInnen in der Forschung) unsere Brillen aufhaben - und wenn frau dann nicht extrem vorsichtig und wachsam ist, stülpt sie automatisch ihr Familien/Geschlechterbild einer Zeit über, die vielleicht komplett anders war...

    Denn, um ganz ehrlich zu sein: wir wissen es in den allermeisten Fällen überhaupt nicht und selbst wenn wir mal was wirklich nachweisen können (zum Beispiel unterschiedliche Abnutzungserscheinungen an den Knochen), heisst auch das noch lange nicht, dass unterschiedliche Aufgaben auch unterschiedliche Hierarchiestufen in der Gesellschaft bedeuten...

    Der Möglichkeiten sind vieler - wenn wir ethnographische Quellen betrachten, ist fast alles möglich: von extrem strenger Geschlechtertrennung bis zu Gender-Flexibilität in einem Mass, das sogar für uns heute beeindruckend ist.


    Je besser die Grabungs/Untersuchungsmethoden sind, desto kleinteiliger und pflanzenlastiger wird die Ernährung, die wir vermuten können - vor 100 Jahren haben die Forscher schlicht nur die grossen Knochen aufbewahrt und geglaubt, es gab ausschliesslich Mammut und Rentier auf dem Grill. Heute wissen wir, das war wahrscheinlich die Ausnahme: der Fisch, die Schnecken, der Schneehase und Moose, Beeren etc waren die Nahrungsgrundlage.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Was ich ja auch total spannend fand waren Forschungen dazu, dass Neandertaler scheinbar eine hohe Stimme hatten. Und in der Populärliteratur aber immer mit dunkler Stimme beschrieben wurden, weil es zum Bild passte.

    Lg

    Annanita


    *wartet schon aufs Adventskalenderwichteln* #nägel