Muttersein in Deutschland 2018

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  • das problem stellt sich vor allem dann, janos, wenn ökonomisches handeln als ganzes so strukturiert ist, wie es derzeit in unserer welt der fall ist. innerhalb der bestehenden strukturen lässt sich tatsächlich nicht viel verbessern. aber das wird ja auch nicht behauptet.

  • An dieser Stelle möchte ich einwerfen, dass ich - obwohl ich beinahe alle genannten Privilegien genießen darf - dennoch in meiner Mutterrolle sehr unzufrieden bin und auch der Meinung, dass es für dieses Problem keine zufriedenstellende Lösung geben wird, zumindest nicht von außen.


    Leider bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es die einzig mögliche Lösung ist, an den eigenen Ansprüchen zu arbeiten. Und dabei ist es wenig hilfreich, wenn man von außen permanent gesagt bekommt, was man als gute Mutter für Anforderungen zu erfüllen hat.

    Das meine ich eben.


    Ich weiß aber nicht, ob man da wirklich immer von Außen alles so gesagt bekommt oder ob man sich einfach denkt, dass andere das so denken.

  • Oh doch, das bekommt man in jedem Fall, direkt und indirekt.

    Angefangen bei jedem ach so gut gemeintem "Und, schläft er schon durch?" bzw alternativ eben die rabige Meinung, die auch irgendwie Druck erzeugt, wenn ich zB einfach nur mal eine einzige Nacht ALLEIN durchschlafen will über "Ach Deine Kinder haben keinen Instrumentalunterricht?" mit dem Gegenpol "Ganz schön volles Programm haben die Kinder heutzutage", "Geht Dein Kind wirklich auf die XY-Schule? Also wir haben uns für die Blablasuperschlauschule entschieden, weil...", "Ich finde Du bluffst die Kinder manchmal ganz schön an", "Die Kinder führen sich immer so auf, wenn wir irgendwo sind, das ist richtig peinlich", "Was Du arbeitest nur 15 Stunden? Ist ja toll, dass Du so viel Freizeit hast" "Mit Deiner Arbeitszeit zeigt Du dem höherem Management, dass Du Ihr Lebensmodell nicht gut findest" und der merkwürdige Blick, wenn das Krabbelkind einer Freundin hinterm Bett eine überdimensionale Wollmaus hervorzerrt.


    Ach ich könnte das Ganze unendlich weiterführen. Es ist wirklich so, es gibt zu viele Anforderungen an uns Mütter. Man kann nicht alle erfüllen. Und es ist sehr schwer, bei den ganzen Meinungen, mit denen man ständig überflutet wird, das zu wählen, was man selber will. Vor allem, wenn man wie ich, ungewollt schwanger geworden ist, weil das am wenigsten ins eigene Idealbild des Lebens gepasst hätte.

  • Aber warum zieht man sich das an?

    Ich meine das ehrlich.

    Warum fühlen wir uns dann als "schlechte Mutter"?


    Ja klar kommen so Fragen.

    Ja und?


    Schläft er schon durch?

    Nein!


    Warum arbeitest du nur 15 Stunde?

    Weil ich das gerne so möchte und es für uns optimal ist.


    Deine Kinder bekommen keinen Intrumentalunterricht?

    Nein bekommen sie nicht, interessiert sie nicht.


    usw.

  • Aber warum zieht man sich das an?

    Ich meine das ehrlich.

    Warum fühlen wir uns dann als "schlechte Mutter"?

    Ich kann das nur für mich beantworten. Ich hatte keine Kindheit, die ich so in Replik bei meinen Kindern wiederholen wollen würde. Leider fehlt mir auch möglicherweise ein Instinkt, der mir sagt, was nun richtig oder falsch wäre.

    Deshalb bin ich gezwungen, auf die Erfahrungen anderer - und damit sind nicht nur Bekannte gemeint, sondern auch durchaus Ratgeber oder eben das Rabenforum - zurückzugreifen und mir aus dem, was ich dort vorfinde, meine Form der Erziehung zu basteln.


    Und weil das eben sehr theoretisch ist, tendiere ich dazu, mir überall, nicht nur in der Erziehung, auch in Job, Beziehung, Freundschaften,... das Ideale herauszugreifen. Und dann muss ich feststellen, dass all diese Ideale nicht miteinander kompatibel sind, solange der Tag nur 24 Stunden hat.

  • Ja, das geht mir auch so. Und daher ist ein permanentes Abwägen und das strengt an!


    Meine Tochter hätte z.B sehr gerne ein Instrument gelernt, aber weder finanziell noch organisatorisch wäre mir das möglich gewesen. Es hat zwar nie jemand deswegen was Blödes zu mir gesagt, aber mich hat das immer ein bisschen angepiekt innerlich. Und da gibt es einige Beispiele, wo ich immer wieder abwägen muss, was für mich leistbar ist und was nicht.


    Wobei ich eine enorme Steigerung sehe in unserer Familie, meine Mutter hat das mit uns Kindern schon sehr viel besser und kindgerechter, menschenfreundlicher gemacht als ihre Mutter damals. Und ich mache es besser als meine Mutter damals. Sicher nicht perfekt, aber meine Kinder wachsen angstfrei auf. Das ist schon eine ganze Menge!

  • Mondschein Weil einer Familie ein Einkommen reichte. Dazu war die durchschnittliche Wochenarbeitszeit pro Familie geringer. Aus meiner Kindheit kenne ich das so, daß verheiratete Frauen meist halbtags arbeiteten und als Mütter entweder gar nicht mehr bzw. nur in Ausnahmefällen. Das Einkommen des Mannes hat das möglich gemacht.

    Julia und Tochter (11/04), Tochter (04/08), Sohn (06/17) und Tochter (12/20)

    Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.


  • Mondschein Weil einer Familie ein Einkommen reichte. Dazu war die durchschnittliche Wochenarbeitszeit pro Familie geringer. Aus meiner Kindheit kenne ich das so, daß verheiratete Frauen meist halbtags arbeiteten und als Mütter entweder gar nicht mehr bzw. nur in Ausnahmefällen. Das Einkommen des Mannes hat das möglich gemacht.

    für ganz viele Familien war das nicht so. Und geht man weiter zurück, also so richtig weit:100 Jahre, 200 Jahre, 300 Jahre - dann kannst Du auch das mit der Arbeitszeit sowas von knicken. Es gibt einen Grund, dass es Gewerkschaften, Arbeitnehmerschutz und Verbot von Kinderarbeit gibt.

    mit elfchen 04/09 und minielfchen 03/12


    quand ta thèse te pousse à bout et que tu veux tout arrêter kannste vergessen.


    #rose 49,7

  • Ein anderer Punkt ist, dass wir - auch als Gesellschaft - glauben, man/frau müsse nur alles richtig machen, um glücklich zu sein. Überhaupt - der Anspruch auf dauerhaftes familiäres Glück, der nur unglücklich machen kann. Die "Psychologie", der wir die Deutungshoheit über unsere Gefühle und unser Leben eingeräumt haben. Ich staune beim Lesen hier im Forum oft, wie schnell und bei welchen Anlässen sofort zur therapeutischen Hilfe oder sonstigen "professionellen" Hilfe geraten wird. Damit einhergehend beobachte ich bei unserer Generation, wie schwer es fällt, Kompromisse zu machen oder Ambivalenzen auszuhalten. Das konnten unsere Eltern besser. (Mit allen Nachteilen, die ich durchaus sehe).


    Wir lagen auf der Wiese und baumelten mit der Seele.


    Kurt Tucholsky (Schloß Gripsholm)

  • Mondschein Weil einer Familie ein Einkommen reichte. Dazu war die durchschnittliche Wochenarbeitszeit pro Familie geringer. Aus meiner Kindheit kenne ich das so, daß verheiratete Frauen meist halbtags arbeiteten und als Mütter entweder gar nicht mehr bzw. nur in Ausnahmefällen. Das Einkommen des Mannes hat das möglich gemacht.

    es war aber schon mal einfacher als heute. das ist doch der punkt.

    Ihr beide seid glaube ich in einer ganz andere Welt groß geworden als ich.


    In meiner Kindheit haben beide Eltern Vollzeit gearbeitet und zwar nicht nur bei mir (und ja ich rechne jetzt den damals noch sehr viel anstrengenderen Haushalt auch als Job, den hat bytheway bei uns die Oma zu großen Teilen übernehmen müssen).


    Das war alles damals deswegen kein Problem, weil Kinder überhaupt keinen hohen Stellenwert hatten. Wir waren Menschen zweiter Klasse und es hatte keiner Interesse daran, was wir so sagen, wie wir erzogen werden oder ob man uns für unsere Hobbys irgendwo hinfahren muss. Die waren mit Ihrer Arbeit ausgelastet, da war keine Kapazität mehr für etwas anderes.

  • Auch die Männer leben diese Zwiespätligkeit: sie sind stolz, wenn die Frau noch einen "Arbeitstitel" hat, sie finden es gut, wenn noch mehr Geld reinkommt ins Familienbudget. Aber auch sie haben oft noch die Vorstellung im Kopf von der Frau, die das Heim gemütlich macht. Die sich um den KLeinkram des Alltages kümmert, die mit einem Lächeln, schnell noch die Küche aufräumt, bevor sie ins Bett geht.


    UNd das Schlimme ist, das das oft sehr unbewusste Vorstellungen sind.

    lach Daroan: du bringst es mit deinem post mal wieder auf den punkt. hier im bünzli-dorf ist es auch genaus so.

  • Das war alles damals deswegen kein Problem, weil Kinder überhaupt keinen hohen Stellenwert hatten. Wir waren Menschen zweiter Klasse und es hatte keiner Interesse daran, was wir so sagen, wie wir erzogen werden oder ob man uns für unsere Hobbys irgendwo hinfahren muss.

    Ohne jetzt einen Titel auf die Miss Winterhoff 2018 zu erheben: Ein Mittelding wäre ganz gut. Die geballte Focusierung auf die Kinder tut ihnen auch nicht gut, kann sie krank machen. Kinder werden pathologisiert, müssen in eine sonderbares ideales Raster passen. Das haben wir beispielsweise in einer freien Schule erlebt. Und es steckt natürlich in uns allen - fängt mit der Schwangerschaft als Hochrisikosituation an, geht über die U-Hefte und Einschätzung und Bewertung von sozialen Fähigkeiten, die Kinder zum Teil noch gar nicht haben können. Wir Eltern sind sozusagen in ständiger Alarmbereitschaft.


    Ich bedaure es sehr, wie wenig ich mein Kind (als Einzelkind und in der Stadt) einfach mitlaufen lassen kann. Heute bin ich zwar traurig, dass ich so gar nicht gefördert (oder besser: gefordert) worden bin, habe aber die Kindheit als Phase ganz großer Freiheiten und lebendiger Phantasie als Basis für heute.


    Da manche im Thread hier ja doch auch Privates schreiben: Soll ich bitten, ihn zu verschieben?


    Wir lagen auf der Wiese und baumelten mit der Seele.


    Kurt Tucholsky (Schloß Gripsholm)

  • a, gruselig. ich werde damit nie zurechtkommen.

    das ist halt das was alle machen und von der gesellschaft gewürdigt wird. und vom mann auch.

    wenn du gar nicht ausser haus arbeitest bist du eine riesen ausnahme. wenn du 100% arbeitest auch. (noch weniger akzeptiert). oder sie arbeitet 100% und er gar nicht. (das ist der plan meines sohnes. ;-).

    die meisten mütter arbeiten teilzeit. dazu gibts auch untersuchungen. dann ist die welt in ordnung.

    care arbeit ist auch kein job. (also so ist es in den köpfen drin). kein wunder machen die frauen so 2. und sind ausgebrannt und gestresst. sie wollen es halt allen recht machen. männer nicht.

    #wisch

    • Offizieller Beitrag

    das ist halt das was alle machen und von der gesellschaft gewürdigt wird. und vom mann auch

    Ich glaube, dass es einfach ein Zwischenschritt ist. Wir stecken in einem Wandel und dieses "weder Fisch noch Vogel" ist schwer aushaltbar.

    Vor 20 Jahren wurde ich Mutter. Ich habe die Einführung des Mutterschaftsurlaubes erlebt, den Krippenausbau, die Einführung von Blockzeiten in den Schulen, usw. Als ich mein erstes Kind bekommen habe, gab es das alles nicht.


    Aber die Strukturen sind immer noch nicht fertig umgewandelt, wir werden den Ausbau von Tagesschule noch erleben, die Integration von Therapie/ Hobbys in den Schulalltag, usw. Denn mit diesen Strukturen sind wir immer noch da, das ein Elternteil zu Hause bleiben sollte.


    Aber mit den Strukturen ist es ja nicht getan, es muss auch in den Köpfen wandeln und das ist, so denke ich viel zäher.

    Dieses "gute Mutter"-Bild, das steckt bei uns Durchschnittsbünzli-Deutschschweizer tief in den Knochen.


    Was bei uns auch ist, so mein Eindruck, ist das durch den gesellschaftlichen Wandel, auch die Familien sich wandeln. In den Haushalten meiner Grosseltern wohnte immer auch noch die Elterngeneration, also meine Urgrosseltern. Nur schon weil es keine, nur eine sehr kleine Rente gab. Aber durch das hatte man ja immer jemanden da für die Kinder.

    Meine Eltern waren eigentlich die ersten, die nicht mehr im Generationenverbund lebten.


    Ich erlebe schon viele jünge Mütter heutzutage als relativ einsam. Weil sie oft ihre Kinder bekommen, ohne Familie in der Nähe, Geschwister, die Erfahrungen und Babykleider teilen, teilweise ohne Freunde, die auch schon an der Familienplanung sind.

  • Ich denke einen großen Schritt nach vorne würde es schon geben wenn wir Frauen uns nicht gegenseitig immer (negativ) bewerten würden und dafür mehr zusammenstehen würden.

    Wenn ich negative Urteile über mein Muttersein bekommen habe dann überwiegend von Frauen.

    Grüße Jufena


    Alles Große und Edle ist einfacher Art
    (Gottfried Keller)