Ich Frage mich immer, was von einer unabhängigen impfempfehlung erwartet wird - aktuelle Kenntnisse von jetzt, weil möglichst aktuell? Von vor einem Jahr, weil da schon ein bisschen mehr Empirie drin ist? Von vor 5 oder 10 Jahren, weil man über den längeren Zeitraum natürlich mehr Erfahrungen sammelt?
Muss man die entsprechenden Publikationen dazu kennen? Soll man lieber seine eigenen Erfahrungen einspielen lassen? Oder offiziellen stellen vertrauen, weil man natürlich mir seiner privaten Statistik nicht so weit kommt?
Mir wäre es lieb, wenn ein Arzt mir seine Empfehlung sagt und sagt, worauf sie basiert. Dann kann ich mir ein eigenes Bild machen, ob das für mich vertrauenerweckend ist oder nicht.
Bei unserem KiA war letzteres der Fall. Obwohl er sich immer mittwochs nachmittags Termine für eine etwa 3/4-stündige Impfberatung freihält, das also wirklich häufig und ausführlich macht, und tatsächlich auch öfters Studien zu lesen scheint, kam von ihm zum einen die Aussage, dass er Impfungen generell ja für sehr verträglich hält, denn in seiner Praxis wären ihm erst zweimal heftige Nebenwirkungen untergekommen, die dank seiner guten Behandlung wieder vollständig ausgeheilt seien. Ich habe dann mal überschlagsmäßig gerechnet, wie viele Impfungen er wohl schon etwa verabreicht hat und kam auf etwa 15000. Ähm - zwei heftige, klar als solche zugeordnete Nebenwirkungen, bei denen er davon ausgeht, dass sie bei schlechterer Behandlung zu dauerhaften Beeinträchtigungen hätten führen können, bei 15Tsd Impfungen? Das fand ich ganz schön heftig, und was ich fast noch schlimmer fand: Dass er nicht verstanden hat, dass das eher abschreckend ist. Meiner Erfahrung nach fehlt das Gefühl für große Zahlen einigen Ärzten.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du Ärztin? Ich finde es dann sehr vertrauenerweckend, wenn jemand, wie du es andeutest, sagt: Meine eigene Erfahrung ist keine gute Basis für eine Entscheidung, für die Nebenwirkungswahrscheinlichkeiten (sowohl der Krankheit als auch der Impfung) sind die Zahlen einfach zu klein.
Dann hat er sich noch einen Klopper geleistet, als er mir den Sinn der Tetanus-Simultanimpfung erläutern sollte (wieso es nicht kontraproduktiv ist, das Toxoid gleichzeitig mit Impf-Antikörpern zu spritzen). Er meinte, das Toxoid simuliere den Giftstoff, die Antikörper würden sich gegen das Bakterium richten (oder andersrum). Klang für mich erstmal logisch, war aber natürlich totaler Humbug.
Alles in allem war er für mich nicht vertrauenerweckend, und das, obwohl er bestimmt viel mehr Zeit in das Thema investiert als viele andere Ärzte (und vielleicht auch mehr als viele andere Kinderärzte).
Was mich dabei gestört hat ist, dass er den Anschein erweckte (vermutlich, weil er das selber denkt), dass er voll den Durchblick habe. Mir ist dann ein Arzt, der sagt, dass er zu diesem und jenem Thema nicht so genau Bescheid weiß, oder dass sein Wissen noch aus dem Jahr XY stammt, wesentlich lieber.