Seit Tagen beschäftigt mich dieser politisch motivierte Mord.
Nun kommen immer mehr Ungereimtheiten ans Tageslicht, was die Täterschaft und die Verflechtungen des Täters mit ganzen Netzwerken und Strukturen betrifft, so dass ich Gesprächsbedarf habe. Eigentlich schon sehr lange, aber der Anlass ist jetzt passend.
Der Auslöser meines Austauschbedürfnisses hier konkret im Forum war diese Folge der ZDF-Sendung „Mann Sieber“, die einige Vorkommnisse noch einmal zusammenfasst, die man sonst immer einzeln hört und liest. Und in der Zusammenfassung ist es nur noch schockierend.
https://www.facebook.com/chris…/681244035629886/?__xts__[0]=68.ARA949nFm2kYFbTZAls0CM7CZZtH7LkNGzocvPMkVMYc7DE_HUJlogDxP1Uz3PinFUgVi6ztA3sE6TV2a7HgZrtdKXlJdBqwfe8n5EmbznUkoed5bNc7a-D1pfQgGfRbWvqP_grvD0EAC5lHUazEPtDJTLauOm-GC79mSrJnju2EzLXSwPVGTcNMV7mql71DUdgsJK1Tf95I20lZV_SZb6s7i9gNE1GzxCqvQlqweuUnHMDdPrJCf_7TVoaPeK6zjpU1vyIGwuvmbtU9SRtfV6Tx1cyTMf8fhowoeJgoSB3PEd26E7TmX8m5hqjW5DrGHKOMQ-lwOzCk5Qh6QJu972abigFfMlkKv98&__tn__=-R
Dann las ich heute folgendes bei der „Hessenschau“:
"Hessens Verfassungsschützer ... entfernten die Akte (des mutmaßlichen Täters) aus ihrem Informationsystem. Die Akte selbst sei noch da, aber für die Ermittler gesperrt, heißt es aus der Behörde.
Einen Katalog an Fragen für eine Sondersitzung des Innenausschusses hatte die Linke im Landtag bereits am Dienstag angekündigt. Nun ist eine weitere dazugekommen, deren Beantwortung keinen Aufschub dulde.
Die Fraktion forderte am Mittwoch in Wiesbaden sofortige Aufklärung darüber, ob das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) seine Akte über den mutmaßlichen Mörder von Walter Lübcke, den Rechtsextremen Stephan E., tatsächlich gelöscht hat.
Vom LfV hieß es dazu am Mittwochnachmittag: "Für die nachrichtendienstliche Arbeit sind entsprechende Daten aus dem Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) des Verfassungsschutzes entfernt worden." Ein Sprecher der Behörde legte jedoch Wert auf die Feststellung, dass dies nicht bedeute, diese Informationen seien vernichtet worden.
Die Informationen lägen sehr wohl noch vor, könnten aber aus rechtlichen Gründen nicht verwertet werden. "Einblick kann lediglich die Datenschutzbeauftragte des LfV Hessen nehmen, der die Verwaltung dieser Akten obliegt."
Hintergrund dieses Vorgehens ist nach Darstellung der Behörde ein 2012 auf Bundes- und Landesebene verhängtes Löschverbot für Akten zum Rechtsextremismus aus Anlass der NSU-Verbrechen. Für Hessen hatte das Moratorium der damalige Innenminister Boris Rhein (CDU) verhängt.
Denn normalerweise werden Akten des Verfassungsschutzes aus Datenschutzgründen nach fünf Jahren vernichtet, weil er nicht grundlos Informationen über Bürger sammeln darf. Voraussetzung für eine Löschung ist, dass in diesem Zeitraum keinen neuen Erkenntnisse mehr über die betreffende Person hinzugekommen sind.
Und die Spur des damals schon als gewaltbereiten Neo-Nazi bekannten Tatverdächtigen hatte sich nach Angaben der aktuellen Ermittler schon vor zehn Jahren verloren. Wegen des Löschmoratoriums wurden nach Darstellung des LfV trotzdem seit 2012 keine relevanten Daten vernichtet. Aber den Ermittlern nutzt das nichts, weil in ihrem Info-System nichts mehr zu finden ist.
Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, forderte erneut: Alle Informationen, die Stephan E. betreffen, müssten auf den Tisch. "Sollten hier illegal Akten vernichtet worden sein, wäre das ein Skandal unerträglichen Ausmaßes."
Weil die Informationen aus den Akten nicht vorliegen, sucht nun eine Arbeitsgruppe des Landesamtes für Verfassungschutz in anderen Unterlagen nach Querverweisen auf Stephan E.
Für den Bundesverfassungsschutz hatte dessen Präsident Thomas Haldenwang gerade erst daran erinnert, dass es seit Beginn des ersten NSU-Untersuchungsausschusses 2012 das Löschmoratorium für rechtsextremistische Sachverhalte gebe.
Mit dem Mordfall wollte sich der Landtag am Mittwochnachmittag befassen. Es lag ein Dringlichkeitsantrag der Fraktion CDU, Grüne, SPD und FDP vor.
Im gemeinsamen Entwurf wird die Trauer um den ermordeten Regierungspräsidenten von Kassel bekundet, der zehn Jahre lang Landtagsabgeordneter war. Unter anderem werden die Sicherheitsbehörden aufgefordert, den "feigen Mord" konsequent aufzuklären und auch "in Richtung rechtsextremer oder rechtsterroristischer Strukturen zu ermitteln“.“
Und bei T-online folgendes:
"Es geht um merkwürdige DNA-Funde, wenig plausible Zeugenaussagen und nicht verfolgte Spuren: Clemens Binninger hat als Bundestagsabgeordneter der CDU jahrelang die Verbrechen des sogenannten "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) aufgearbeitet. Zunächst im ersten Untersuchungsausschuss des Bundestags, dann als Vorsitzender in einem weiteren.
Zur Aufklärung hat er beitragen können, doch es bleiben viele offene Fragen, die auch das Verfahren gegen Beate Zschäpe und die Unterstützer des NSU nicht geklärt hat. Vor dem am Mittwochmorgen erwarteten Urteil im NSU-Prozess erklärt Binninger im Interview mit t-online.de, warum er Zweifel hat, dass der NSU nur aus drei Personen bestand – und warum er es für möglich hält, dass weitere Täter noch auf freiem Fuß sind.
Herr Binninger, fünf Jahre lang hat das Gericht im NSU-Prozess verhandelt. Wurden aus Ihrer Sicht alle offenen Fragen zum NSU geklärt?
Clemens Binninger: Klare Antwort: Nein. Das war aber auch nicht zu erwarten. Der Prozess sollte nur klären, ob die vorgelegten Beweise ausreichen, um die fünf Angeklagten zu verurteilen.
Bundeskanzlerin Merkel hat im Jahr 2012 versprochen: "Wir tun alles, um die Morde aufzuklären und alle Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen." Wurde ihr Versprechen gebrochen?
Nein. Man kann nicht garantieren, dass alle Straftäter ermittelt werden. Ich war 23 Jahre lang Polizist und weiß daher: Es gibt in einem Rechtsstaat leider immer wieder Fälle, in denen die Ermittler nicht weiterkommen.
Das klingt ein bisschen resigniert.
Entscheidend ist: Die Ermittlungsbehörden und zwölf NSU-Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in mehreren Landtagen haben alles getan, um die Taten aufzuklären.
Wirklich alles? Es gibt Zweifel an der These der Generalbundesanwaltschaft, dass nur Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe zum unmittelbaren Täterkreis des NSU zählten.
Ja, auch im Untersuchungsausschuss des Bundestages haben wir uns diese Frage gestellt. Ich habe große Zweifel, dass der NSU nur aus drei Personen bestand.
Was stützt Ihre Zweifel?
Die Ermittler und der Generalbundesanwalt haben sich sehr früh auf eine Tathypothese festgelegt und sich dann nicht mehr davon abbringen lassen. Für Zweifel blieb da kein Platz. Dabei gibt es Hinweise und Indizien auf weitere Tatbeteiligte.
Von wie vielen Tätern gehen Sie denn aus?
Es gibt keine Gewissheiten. Vielleicht ist die Version der Ermittler die richtige. Im Fall des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn gibt es aber plausible und übereinstimmende Zeugenaussagen, die darauf schließen lassen, dass an der Tat mindestens sechs Personen beteiligt waren. Nachdem der NSU aufflog, wurde diese Hypothese verworfen. Böhnhardt und Mundlos sollen es allein gewesen sein. Dass sie Täter waren, steht für mich außer Frage – aber sie haben nicht unbedingt allein gehandelt. Der Polizistenmord in Heilbronn ist aus meiner Sicht von einer Aufklärung weit entfernt.
Kollegen der Polizistin Kiesewetter waren Mitglieder im Ku-Klux-Klan. V-Leute des Verfassungsschutzes innerhalb dieser rechtsextremen Organisation hatten mutmaßlich Kontakt zum NSU.
Ja, es gibt viele Auffälligkeiten, Merkwürdigkeiten und personelle Überschneidungen. Im Fall Heilbronn ist das exemplarisch. Der ehemalige KKK-Mann war Kiesewetters direkter Vorgesetzter am Tattag und hielt sich zum Tatzeitpunkt selbst in direkter Tatortnähe auf. Das war aber offenbar Zufall.
Kann es so einen Zufall wirklich geben?
Zumindest ist etwas anderes nicht belegbar. Seine KKK-Zeit, schlimm genug, lag da im Übrigen bereits fünf oder sechs Jahre zurück.
Wir haben den Eindruck: Neben den unbeantworteten Fragen zu den Tätern in den Mordfällen wurde auch das Unterstützer-Netzwerk des NSU noch nicht restlos aufgeklärt, auch im Münchner Prozess nicht. Stimmen Sie zu?