Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod .... Und er Dativ tötet auch dem Akkusativ?

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  • Shevek sorry, ich meine norddeutschen regionalen Standard ;)

    Das, was du als Norddeutsch empfindest, ist niederdeutsch. Deswegen ja verwirrende begrifflichkeiten... ich sage auch Süddeutsch und meine damit den regionalen standard dort unten, nicht die zahlreichen Dialekte

    Meinst du das regional eingefärbte Hochdeutsch?


    WIe würdest du denn das bezeichnen, was wir hier schreiben?

    It all started with the big BANG!


    (Big Bang Theory)

  • Shevek das, was wir hier schreiben, ist schriftlicher standard, mehr oder weniger regional gefärbt.

    Das ist das, was ich versucht habe, zu erklären. ich verwende Begriffe wie Hochdeutsch, Norddeutsch oder Süddeutsch (und meiner Erfahrung nach die meisten Menschen, mit denen ich mich darüber bisher unterhalten habe) umgangssprachlich für (regionalen) Standard. sprachwissenschaftlich gibt's die Begriffe Norddeutsch und Süddeutsch nicht, Hochdeutsch beschreibt dort den Sprachraum südlich der Benrather Linie, ist also eine geographische Bezeichnung, unterteilt sich dort nochmal in Mittel- und Oberdeutsch. Nördlich davon ist Niederdeutsch.

    Die vereinheitlichte Sprache für den gesamten deutschen Sprachraum, die umgangssprachlich unter Hochdeutsch läuft, heißt Standard, die regionalen Abweichungen, aber eben nicht die Dialekte (wobei der Übergang mehr oder weniger fließend ist), regionaler Standard

    Ist jetzt klarer geworden, was ich meinte?

    jascha das einzige Beispiel, das mir jetzt auf die schnelle einfällt, ist die konsequente Verschiebung von |k| zu |ch| im Alemannischen und Schweizerdeutschen, da heißt es Chind, statt Kind

    Einmal editiert, zuletzt von Ida ()

  • Ah da ist ja endlich eine Germanistin #blume


    Sind nicht 'ik' => 'ich', 'dat'=> 'das', 'appel' => ' apfel' usw usf in der gleichen Lautverschiebung entstanden? Das würde dann eben auch bedeuten dass im Norden eben kaum Niederdeutsch gesprochen wird, sondern Hochdeutsch?

  • Ida: Dann ist das, was du Norddeutsch und Süddeutsch nennst, doch dadurch entstanden, dass in verschiedenen Regionen Standartdeutsch gesprochen wird und sich regional einfärbt.


    Das Norddeutsche ist damit jünger als das Standdartdeutsche, ebenso wie das Süddeutsche, und wenn das Norddeutsche dem Standartdeutschen mehr ähnelt, als das Süddeutsche, liegt es wohl eher daran, dass es sich stärker angepasst hat.


    Wobei ich in meiner Zeit in Stuttgart nicht den Eindruck hatte, dass die Menschen da ein so völllig anderes Standartdeutsch sprechen, als hier im Norden.

    Das war dann das Schwäbeln, das immer wieder durchkam.

    Aber wenn hier einer mit Platt ankommt, bin ich auch verloren.

    Das würde dann eben auch bedeuten dass im Norden eben kaum Niederdeutsch gesprochen wird, sondern Hochdeutsch?

    So ist es. (Bzw, sie sprechen Standartdeutsch, wie Ida ausgeführt hat.)

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    Einmal editiert, zuletzt von Shevek ()

  • Shevek, das hatte ich umgekehrt verstanden. Nicht ein einziges Standarddeutsch, dass sich regional anpasst, sondern gleichberechtigte Varietäten von Standarddeutsch, die sich regional entwickelt haben / entwickeln.


    Ida #bitte vor!

  • hmm, also, ich habe jetzt nochmal ein bisschen nachgelesen. Das Standarddeutsch beruht auf dem Hochdeutschen bzw. genau genommen auf dem Mitteldeutschen, das im Vergleich zum Oberdeutschen die 2. Lautverschiebung nur teilweise vollzogen hat. warum das so ist, weiß ich nicht. dem voraus ging ein Bestreben, einen möglichst für alle verständlichen Kompromiss zu finden, das fing tatsächlich mit dem Buchdruck und Luthers Bibelübersetzung an und kam größtenteils aus dem nordostdeutschen Raum. das wiederum führte zu vielen Überschneidungen zwischen der Standardsprache und niederdeutschen Begriffen, weil auch Wörter ohne Lautverschiebung in den Standard übernommen wurden und sich so überregional durchsetzten, gleichzeitig "reines" Niederdeutsch aber aus der Schriftsprache verdrängten.

    meinem Verständnis nach ist es so, dass regionale Gepflogenheiten nach und nach Einfluss auf das Standarddeutsch nahmen und sich so immer mehr regionale Standardvariationen und Regiolekte neben den Dialekten entwickelten.

    ich finde es sehr interessant, dass sich im süddeutschen Raum immer noch viel stärker sehr viele verschiedene Dialekte neben dem (regionalen) Standard halten im Vergleich zum Norden. warum das so ist, weiß ich aber nicht. vielleicht recherchiere ich mal, wenn ich zu viel Zeit habe ;)

    "reinen" Standard spricht und schreibt eigentlich niemand, das ist ein theoretisches Konstrukt, was ja auch der Duden widerspiegelt, indem er die unterschiedlichen Variationen abbildet, und auch die Unterschiede zwischen deutschem, schweizer und österreichischem Standard zeigen

    nicht zu vergessen, dass das alles Prozesse sind, die sich über Jahrhunderte vollzogen haben. das ist das Spannende an Sprache, sie ist so lebendig und verändert sich immer

    • Offizieller Beitrag

    Gründe, warum sich Dialekte länger gehalten haben könnten sein:

    - klare Unterscheidung zur Standardsprache (als Höchstallemanisch-Sprecherin fällt mir der Unterschied natürlich viel stärker auf als jemandem, der einen mitteldeutschen Dialekt spricht.

    - kulturelle Unterschiede: im städtisch-grossbürgerlichen Niveau, in Regionen mit viel Arbeitsmigration (Industrialisierung) wird Sprache viel stärker beeinflusst als im hinterletzten Bergtal mit rein kleinbäuerlicher Gesellschaftsstruktur


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • "reinen" Standard spricht und schreibt eigentlich niemand, das ist ein theoretisches Konstrukt, was ja auch der Duden widerspiegelt, indem er die unterschiedlichen Variationen abbildet, und auch die Unterschiede zwischen deutschem, schweizer und österreichischem Standard zeigen

    Was wäre denn "reiner" Standart?
    Wie würde z.B. meine Frage in "reinem" Standart lauten?

    Ich habe ja ein paar Jahre in Süddeutschland gelebt, und kam da mit meinem Standartdeutsch recht gut zurecht. Das waren ein paar Wörter, die dort anders waren, mehr nicht.



    Was das warum angeht: Plattdeutsch wird einfach kaum noch gesprochen. Die Menschen hier legen wohl weniger Wert drauf, eine eigene Sprache zu sprechen, wenn es doch Standartdeutsch auch tut.

    Das scheint mir im Süden anders gesehen zu werden.


    Und Luther war nun nicht so Norddeutsch, der stammt aus Eisleben, das ist im Süden von Sachsen Anhalt, das ist sehr mittig in Deutschland.

    Gutenberg (Buchdruck) stammt aus Mainz, das ist auch nicht gerade Norddeutsch.

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    • Offizieller Beitrag

    Die Frage funktioniert auch umgekehrt: wozu sollte ich Standardsprache sprechen, wenn es mein Dialekt auch tut?

    Ich glaube, das war eher das Gefühl der Menschen in stärker dialektal geprägten Regionen: wenn ich keinen persönlichen Vorteil darin sehe, mit meiner Familie eine "Fremdsprache" zu sprechen, warum sollte ich das denn tun?


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Weil du dich dann noch in deiner Sprache mit den Menschen in der nächsten Stadt unterhalten kannst.


    Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg Vorpommern, Hamburg, Bremen - alles kein Ding, wir können ohne uns irgendwie umzuorientieren mit einander reden.

    Das geht sogar mit Menschen aus Bayern und Baden Württemberg und bis nach Österreich und in die Schweiz.

    Dieses ganze Forum funktioniert über Standart Deutsch


    Ich finde das sehr praktisch.

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    • Offizieller Beitrag

    Die Tatsache, dass ich mich mit Dir unterhalten kann, hindert mich aber nicht daran, mich auch mit meinen Nachbarn zu unterhalten, halt in unserer Sprache. #weissnicht


    Wahrscheinlich muss frau mit dem Dialektkonzept aufgewachsen sein, um das völlig unkompliziert zu finden.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Es ist unkompliziert für die Leute, die beide Sprachen sprechen, Talpa .

    Nur, von wie weit entfernt kann deine Nachbarin kommen, damit das mit ihr geht?


    Ich bin ja z.B. nicht in Hamburg sondern in Niedersachsen aufgewachsen.

    Trotzdem habe ich hier in Hamburg keine Probleme die Nachbarn zu verstehen.


    Wie macht ihr das denn, wenn ihr ins Nachbarbundesland wechselt?

    Ich fand das in Stuttgart oft schwierig.

    Also ein Teil sprach einfach Hochdeutsch, das waren dann auch Leute die mehr Kontakt hatten zu Zugereisten, wie uns.

    Aber ich habe auch immer mal wieder das Problem gehabt, dass ich von dem was mein Gegenüber sagt, kein Wort verstanden habe. Das ging soweit, dass ich mit einem Finanzbeamten telefoniert habe, und ihn nicht verstanden habe, weil der Schwäbisch gesprochen hat. Irgendwann meinte er "Kann se kein Deutsch". Ich bin mir allerdings sehr sicher, dass ich Deutsch gesprochen habe.


    In Hamburg habe ich dieses Problem einfach nicht. Ich habe hier Nachbarinnen, die kommen von hier, die sind hier aufgewachsen und ihre Großeltern haben schon hier gelebt.

    Wenn die miteinander sprechen verstehe ich jedes Wort und wenn ich dann dazu komme, wird einfach so weiter gesprochen.

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    Einmal editiert, zuletzt von Shevek ()

    • Offizieller Beitrag

    Wie macht ihr das denn, wenn ihr ins Nachbarbundesland wechselt?

    Bei uns ist es halt so, dass grundsätzlich alle Deutschschweizer Schweizerdeutsch sprechen und sich das dann halt nochmals in Dialekte aufteilt. Aber dazu kommt, dass wir ja sowieso ein mehrsprachiges Land sind.


    Als ich in diesen Wohnkanton gezogen bin, sagten die Nachbarn, dass ich wenigstens nicht so hässlich zürchere (ich habe von meinen Eltern eine Schaffhauser Dialekt übernommen) aber mittlerweile hört man den Thurgau recht gut raus.

    Am Telefon spreche ich mit Kunden halt Schweizerdeutsch. Manchmal wenn ich einen Walliser oder Berne am Telefon habe, dann muss ich schon gut hinhören oder nachfragen, damit ich alles verstehe. Aber eindeutig anspruchsvoller ist, wenn jemand anruft der französisch spricht oder italienisch.

    Aber grundsätzlich funktioniert es immer irgendwie.


    Italienisch kann ich kaum. Da habe ich dann immer den Googleübersetzer offen, bzw. hoffe, dass wir auf Englisch oder Französisch ausweichen können.

  • Es ist übrigens auch ein bißchen typisch Bergregion, da halten sich Dialekte idR etwas besser als auf dem flachen Land. Einfach weil die Dörfer lange isolierter waren. In Norwegen ähnlich (wobei es da wieder eine ganz eigene Geschichte gibt mit dem Kolonialismus des Dänischen und der retrospektiv künstlich erschaffenen zweiten Schriftsprache und so).

    • Offizieller Beitrag

    Das ist recht einfach: ich kann eigentlich problemlos sämtliche Dialekte vom Burgenland bis zur Bieler Seenlandschaft verstehen und im Norden auch die allermeisten. Platt und Kölsch sind etwas Knacknüsse, aber sonst braucht es halt etwas Konzentration, aber geht schon.


    Meine Nachbarin links kommt aus der Neuenburger Gegend, die andere ist Zugerin - die verstehen mich, die ich nochmal aus einer anderen Richtung komme prächtig. Die andere Nachbarin ist so nett und spricht mit uns Graubündner Dialekt, ihre Zweitsprache, weil unser aller Rätoromanisch sich auf "Viva" beschränkt. Mit einer anderen poliere ich gerne mein Italienisch auf.


    Der Vorteil des Aufwachsens mit Dialekt und Schriftsprache ist eine (zumindest passive) Quasizweisprachlichkeit. Wir sind es gewohnt, "umzuhören".


    Passive Kentnisse der Umgebumgssprache (aka Dialekt) sind hier Voraussetzung für Vieles: Job aber auch Einbürgerung. Spätestens die zweite Generation spricht eh astreines "Züritütsch".


    Wichtige Informationen wie Nachrichten, Verkehrsdienst, amtliche Mitteilungen sind für gewöhnlich Hochdeutsch (schweizerische Variante): nicht, weil die Dialektsprecher sich nicht verstehen, sondern weil dieses Land vier Sprachregionen hat. Ein Genfer spricht mit mir "Hochfranzösisch", weil ich Patois schlicht nie gelernt habe... und ich spreche mit der Kollegin in Bellinzona am Telefon dasselbe Hochdeutsch, wie ich es mit Dir sprechen würde. Aus Hölflichkeit.

    Mit meinem Prof aus Ostwestfalen, der schon Jahrzehnte hier wohnt hingegen Dialekt.


    Liebe Grüsse


    Talpa