nochmal dazu, warum hochdeutsch und norddeutsch sich so ähnlich sind (von den niederdeutschen Dialekten mal abgesehen), ich habe das damals in der Germanistikeinführung so erklärt bekommen, dass, als im 18. (Oder 19. Jahrhundert?) zum ersten Mal Sprachwissenschaftler zusammentrafen, um ein einheitlicheres standarddeutsch zu vereinbaren, die Mehrheit aus dem norddeutschen Raum kam und deswegen den standard sehr norddeutsch geprägt hat.
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Es gibt dann zusätzlich auch noch häufig Verwechslungen wegen der Begrifflichkeiten, weil genaugenommen "hochdeutsch" die Region, in der das gesprochen wird, beschreibt, umgangssprachlich es aber für "standarddeutsch" verwendet wird
Shevek sorry, ich meine norddeutschen regionalen Standard
Das, was du als Norddeutsch empfindest, ist Niederdeutsch. Deswegen ja verwirrende begrifflichkeiten... ich sage auch Süddeutsch und meine damit den regionalen standard dort unten, nicht die zahlreichen Dialekte
hmm, also, ich habe jetzt nochmal ein bisschen nachgelesen. Das Standarddeutsch beruht auf dem Hochdeutschen bzw. genau genommen auf dem Mitteldeutschen, das im Vergleich zum Oberdeutschen die 2. Lautverschiebung nur teilweise vollzogen hat. warum das so ist, weiß ich nicht. dem voraus ging ein Bestreben, einen möglichst für alle verständlichen Kompromiss zu finden, das fing tatsächlich mit dem Buchdruck und Luthers Bibelübersetzung an und kam größtenteils aus dem nordostdeutschen Raum. das wiederum führte zu vielen Überschneidungen zwischen der Standardsprache und niederdeutschen Begriffen, weil auch Wörter ohne Lautverschiebung in den Standard übernommen wurden und sich so überregional durchsetzten, gleichzeitig "reines" Niederdeutsch aber aus der Schriftsprache verdrängten.
meinem Verständnis nach ist es so, dass regionale Gepflogenheiten nach und nach Einfluss auf das Standarddeutsch nahmen und sich so immer mehr regionale Standardvariationen und Regiolekte neben den Dialekten entwickelten.
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"reinen" Standard spricht und schreibt eigentlich niemand, das ist ein theoretisches Konstrukt, was ja auch der Duden widerspiegelt, indem er die unterschiedlichen Variationen abbildet, und auch die Unterschiede zwischen deutschem, schweizer und österreichischem Standard zeigen
nicht zu vergessen, dass das alles Prozesse sind, die sich über Jahrhunderte vollzogen haben. das ist das Spannende an Sprache, sie ist so lebendig und verändert sich immer
ich habe mich der Einfachheit halber mal selbst zitiert.
natürlich gibt es wenig Übereinstimmung zwischen Standarddeutsch und Platt, denn Platt ist Niederdeutsch und hat die 2. Lautverschiebung nicht mitgemacht. Standarddeutsch beruht auf Hochdeutsch. und wenn man den Hochdeutschen Sprachraum betrachtet, sind Luther und Gutenberg eher im Norden (des hochdeutschen Raums) anzusiedeln - in Abgrenzung zum Niederdeutschen UND zum Friesischen. denn zu der Zeit, von der wir hier reden, waren Teile des heutigen Norddeutschlands dänisch und südlich davon wurde hauptsächlich Friesisch gesprochen, was kein niederdeutscher Dialekt ist, sondern eine eigene Sprache, die sich mit der ersten Lautverschiebung abgespalten hatte. damit rutscht der Norden deutlich weiter südlich.
in dem einen Link von Indian Summer , glaube ich, wurde es auch nochmal ganz gut erklärt - mit dem Bedeutungsverlust der Hanse (heutzutage eher Mitte bis unterer Norden, damals nördlicher Bereich des Niederdeutschen) wurde Niederdeutsch erst als Schriftsprache, später auch immer mehr als Umgangssprache verdrängt, hat die Standardsprache aber anscheinend stärker beeinflusst als südlichere Dialekte (meine Theorie, da im Süden die Dialekte die gesprochene Sprache dominierten, blieb der Standard dort mehr auf der schriftlichen Ebene, im Gegensatz zum Norden; gesprochene Sprache verändert sich schneller als geschriebene. keine Ahnung, ob da was dran ist, klingt für mich aber logisch ). vermutlich haben sich die Menschen im hochdeutschen Raum (also südlich der Benrather Linie mit mehr oder weniger vollzogener zweiter Lautverschiebung) ohnehin schon etwas leichter untereinander verstanden, trotz verschiedener Dialekte, und die Niederdeutschen waren "außen vor".
die Idee für Standarddeutsch war, dass es eben genau wegen der vielen Dialekte eine Version geben sollte, die möglichst überall zu verstehen ist. wenn du sehen willst, wie das aussah, würde ich mir frühneuhochdeutsche Dokumente mal ansehen. es gibt bestimmt auch welche, die im jeweiligen Dialekt der entsprechenden Region verfasst wurden. es scheint zumindest überregional Anklang gefunden zu haben, die (Schrift-)Sprache zu vereinheitlichen, denn es hat sich ja durchgesetzt, wie wir sehen.
ich hatte ganz zu Anfang geschrieben, dass Standard für Norddeutsche relativ leicht und nah an ihrer Alltagssprache. ist, weil die Sprachwissenschaftler, die sich das zur Vereinheitlichung mehr oder weniger ausgedacht haben,
Die Namen, die dann genannt wurden, waren Luther und Gutenberg (bzw, Buchdruck). Keiner von denen war Norddeutscher.
Es stimmt auch einfach nicht, dass Standarddeutsch sonderlich nahe am Plattdeutschen ist. Das sind zwei komplett unterschiedliche Sprachen.
Da gehts auch nicht um Lautverschiebungen, oder wie bekommst du per Lautverschiebung aus "lütt" "klein" und aus "snacken" "reden"?
das habe ich auch nie gesagt, es geht darum, dass heutiges Norddeutsch (also regionaler Standard) nah am "ideellen" Standard ist, weil dieser eben von überwiegend norddeutschen regionalen Standardsprechern festgelegt wurde (siehe mein erstes Zitat oben). du hast da meinen Gebrauch von Norddeutsch (regionaler Standard) und Plattdeutsch (Niederdeutsch) verwechselt.
ich bin in S-H geboren und aufgewachsen und lebe inzwischen auch wieder hier. mir ist absolut klar, dass Platt nicht so ohne weiteres zu verstehen ist und wenig bis keine Gemeinsamkeiten mit unserer Standardsprache hat.