Darf Arzt Rezepte per Post verschicken?

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  • MeineRasselbande von welcher Seite aus hast Du Einblick?

    Unsere Standesvertretung ist seit mindestens 20 Jahren ein absolut zahnloser Tiger... Die Marktmacht der GKV zwingt die Apothekerverbände Verträge zu unterschreiben, in denen es z.B. hieß, dass wenn der Arzt seine Telefonnummer nicht auf das Rezept oder seinen Vornamen nicht ausschreibt, dann besteht kein Erstattungsanspruch. Auf deutsch: wenn sowas in der Apotheke übersehen wurde, zahlte die Kasse nichts. Nullinger. Egal, wie hoch der Rezeptwert war, und ob der Kunde fachgerecht versorgt war. Der entstehende Schaden geht schnell in die Tausende, weil natürlich solche Rezepte besonders auf Formfehler durchleuchtet werden.

    Mit dem neuen Liefervertrag soll das zum Glück nicht mehr so sein. Dafür sind da andere, haarsträubende Fußangeln drin (ich sag nur Preisanker).


    Die Software der Ärzteschaft ist der der Apotheken übrigens meilenweit hinterher, insbesondere was sichere Vernetzung, Schnittstellen und Aktualität angeht. Wenn die Software der Ärzte mehr könnte, dann würden nicht so viele Rezepte falsch ausgestellt werden (z.B. nicht erstattungsfähige Krankenhauspackungen auf dem Rezept landen oder Mischverordnungen von Arzneimitteln und Hilfsmitteln).


    Wogegen wir Apotheker uns zu Recht wehren, ist die mögliche Rezeptzuweisung an den Versandhandel. Das entzieht den öffentlichen Apotheken die Grundlage (an der Stelle reiben sich viele Akteure die Hände und jubeln „böse Apothekenlobby“), aber was das für die Versorgung der Bevölkerung wirklich bedeutet, raffen nur die Betroffenen. Kunden. Patienten. Alten. Multimorbide. Chronisch Kranken. Um die Jobs weint kaum einer, sind ja nur ein paar (Hoch-)qualifizierte Frauenjobs.

    • Offizieller Beitrag

    Eiche eine gute Apothekerin ist soviel wert! Die Zustände, wie du sie beschreibst sind echt fatal. Sollte die arztsoftware nicht automatisch gucken, dass es beim Rezept zumindest keine Formfehler gibt?

  • Sollte sie. Aber wo kein Regress für die Ärzte droht, besteht auch kein Handlungsdruck.

    Für die Formfehler der Ärzte haftet die Apotheke.

    Formal heißt es, dass die Apotheke das Rezept nicht einlösen darf, wenn es fehlerhaft ausgestellt ist, weil es dann ungültig ist. Das ist aber schlicht nicht möglich, wenn man nicht die Gesundheit oder gar das Leben der Patienten riskieren will.


    Deshalb bin ich sehr dankbar, dass die Praxen in unserem Einzugsgebiet zum allergrößten Teil echt kooperativ sind (sind wir ja auch, das ist gegenseitig, wir schätzen uns ja auch sehr).

  • Die Apotkenlobby hat sich sehr lange gegen das e Rezept gesperrt. Ich würde erwarten, dass die Software beim Arzt ihn auf Formfehler schon hinweist und es mit den Fehlern gar nicht erst durchgeht.

    Wenn es keine Formfehler sind, dann kommen im Moment unzählige Rezepte aus andren Gründen zurück. Mit einer geänderten pzn-nummer. Mit alternativen Vorschlägen zur medikation, weil das andere aus ist. Mit irgendwelchen seltsamen Vorgängen, die ich nicht verstehe, aber bitte trotzdem abnicken und unterschreiben soll.


    Ganz abgesehen davon, dass dieser blöde Datenschutz es unmöglich macht, die bereits bestehende medikation einzusehen und der durchschnittliche Patient natürlich keine Ahnung hat, was er da sonst noch nimmt.


    Das ist ein für mich völlig unentwirrbarer wust von Formalitäten, die ich nur in Teilen beherrsche. Wenn mir eine Software das abnähme, wäre das toll. Aber es funktioniert einfach nicht. Es ist ja noch nicht mal möglich, ordentliche Verordnungspläne zu etablieren.


    Getoppt wird das nur von Verordnungen für Physio und Ergo und sowas. Ich bin zunehmend entsetzt, wie komplex das ist und wie sehr einem der regress da immer im Nacken sitzt

  • Ich bin auch sehr dafür, dass sich Ärzte wieder auf das konzentrieren können sollen, wofür sie in der Praxis sitzen: Diagnosen stellen, Therapien machen, den Menschen sehen. So grob umrissen ^^

    Und für mich in meinem Job möchte ich das bitte auch.

    Arzneimittel beschaffen, herstellen, abgeben, Medikation prüfen, Compliance fördern, Therapien erläutern, Ansprechpartner für die Ärzte sein, zusammen Therapieoptionen klären, gemeinsam die Probleme der Patienten lösen.

  • Wie muss ich mir ein fehlerhaftes Rezept vorstellen?


    Ich bin jetzt 40 Jahre alt und habe seit dem Mauerfall Asthma und nehme seitdem Medikamente ein.


    Ich gehe zu meinem Arzt des Vertrauens hole mir ein Rezept für meine Dauermedikation, gehe zur Apotheke und bekomme das Medikament.

    Was schwierig für mich ist, aber nicht ständig passiert.... Dass mein Medikament nicht vorrätig ist. Wobei ich Das nicht wirklich glaube.... Ich brauche salbutamol, gibt's von vielen Herstellern.. Ich bekomme mal das eine, mal das andere.

    Mir wird erklärt, dass sie das abgeben müssen, was laut Vertrag vereinbart wurde.

    In meinem Kopfkino liegt also ein notfallspraY in der Apotheke im Regal, ich darf das aber nicht bekommen, weil in (für mich) nicht einsehbaren Buchstaben draufsteht "nur Produkt XYZ"

    Dann muss ich bestellen und noch mal wieder kommen, ich hatte aber auch schonmal echte Engpässe in meinem Leben und musste in die Rettungsstelle, weil ich kein notfallspray mehr hatte.


    Mich ärgErt, dass die Finanzierung und Dokumentation des gesamten Gesundheitssystem in Deutschland so extrem intransparent iSt.

    "Wenn Dein Leben schwerer geworden ist, bist Du vielleicht ein Level aufgestiegen?!"

    • Offizieller Beitrag

    Ich hatte es mir so vorgestellt, dass die Apotheke, mir das Medikament zwar gibt, aber eventuell halt auf den Kosten sitzen bleibt, wenn da Formfehler waren, und die Apotheke dann anschliessend eben, die Ärzte kontaktiert, um die Formfehler zu beheben?

    Mich ärgErt, dass die Finanzierung und Dokumentation des gesamten Gesundheitssystem in Deutschland so extrem intransparent iSt.

    Das hat mich auch sehr überrascht nach ueber 20 Jahren Abwesenheit. Ich habe keine Ahnung, was Arztbesuche hier kosten oder was der Arzt abrechnet, oder was ein Medikament kostet und wie achtsam ich damit umgehen sollte.

  • Beispiel Salbutamol, das gehört sogar zum Notfalldepot, damit muss jede Apotheke bevorratet sein.

    Das hat aber nichts mit den Lieferverträgen in der GKV zu tun...

    Man stelle sich vor, von den gefühlt 50 Herstellern für Salbutamol DA 200 ED schreibt der Arzt irgendeines aufs Rezept: In der Apotheke muss zunächst entschieden werden, welche Regeln gelten, hier sind es die für den „generischen Markt“, nicht die für den „importrelevanten Markt“. Dann müssen die Verträge der Krankenkasse geprüft werden. Oft gibt es 1-3 Rabattpartner. Hier seht Ihr schon das Dilemma, wenn Kunde keine Kundendatei hat, weil man nicht sieht, welchen der drei Hersteller beim letzten Mal abgegeben wurde.

    Wenn davon nichts lieferbar ist (passiert leider oft genug), dann gelten sehr strenge Regeln für die Austauschbarkeit. Der Arzt setzt mit seiner Verordnung den „Preisanker“, der überhaupt gar nicht unter keinen Umständen überschritten werden darf. Was zu echten Problemen führt, wenn die Praxissoftware aus Angst vor Regressen immer das Billigste auswirft. Hat die Praxis dankenswerterweise einen höheren Preisanker gesetzt, sind wir immer noch verpflichtet, das preisgünstigste, lieferbare Präparat abzugeben, sofern es nicht den Preisanker übersteigt. Weichen wir vom Rabattpartner ab, müssen wir eines von 9 Sonderkennzeichen auf das Rezept drucken, abhängig vom Grund des Abweichens. Aber wehe, das falsche Kennzeichen ist gesetzt, oder es ist versehentlich an die falsche Stelle gerutscht oder die handschriftliche Begründung fehlt oder die vorherige Rücksprache mit der Praxis fehlt oder der zusätzliche Praxisstempel mit Unterschrift oder der mehrfache (!) Nachweis über den Lieferausfall fehlt...

    Und das für jede Verordnungszeile einzeln...

    Der ganze Rotz hat mit Pharmazie nix zu tun und läuft nebenher mit etwas Tastengeklappere ab. Davon sollen die Kunden möglichst wenig mitbekommen, die haben schließlich andere Sorgen.

    Wie inhaliert man eigentlich richtig mit dem Dosieraerosol, warum soll man eigentlich dauerhaft ein Cortisonspray nehmen, wenn man die Wirkung gar nicht merkt, was ist bei der Reihenfolge der Sprays zu beachten...


    Ich bin morgen wieder im Dienst, ich freu mich schon #super

    Nein, im Ernst, wir haben die weltbesten Kunden, die das alles mit Würde mit uns zusammen ertragen.

  • Eiche wie kommt es denn, dass ich schon mehrfach salbutamol in der Apotheke bestellen musste?


    Ich mein, ich lebe in Berlin! Es gibt doch tausende Leidensgenossen, ich kann mir nicht vorstellen, dass das sinnvoll ist, wenn in Apotheken salbutamol nicht vorrätig ist.

    "Wenn Dein Leben schwerer geworden ist, bist Du vielleicht ein Level aufgestiegen?!"

  • Weil die Krankenkasse den Vertrag gewechselt hat, weil die umliegenden Ärzte andere Hersteller verordnen, weil es Lieferschwierigkeiten mit den Vertragspartnern gibt, weil Du bei einer kleinen BKK Pusemuckel versichert bist und deshalb hahnebüchene Verträge existieren...


    Es kommt sogar bei uns vor (mit den weltbesten Einkäuferinnen, den flexibelsten Apothekerinnen und PTA, den flexibelsten Praxen und Kunden und dem besten Lager in weitem Umkreis), dass wir Standartmedis wie Salbu oder Meto bestellen müssen.


    Edit: Salbu ist mit Sicherheit vorrätig. Aber mitunter keines, welches auf dieses eine Rezept mit der KK abgerechnet werden kann.

  • Aber das fühlt sich doch nicht richtig an!

    Ich bin schon immer bei großen KK versichert.


    Das mit den umliegenden Praxen kann sein... Die Apotheken in meinem Kiez müssen öfter bestellen, die Apotheken in Praxisnähe nicht.

    "Wenn Dein Leben schwerer geworden ist, bist Du vielleicht ein Level aufgestiegen?!"

  • Das ist bei den Verordnungen für Physio, Logo, Ergo genauso! Wenn auch nur ein Kreuz, ein Datum nicht stimmt, dann ist das ganze nicht abrechnungsfähig obwohl voll geleistet.

    Und ist dann auch nicht nachbesserbar, ganz fies. Nicht mal, wenn der Arzt mitspielt und es im Nachhinein ändern würde.


    Die AOK hat extra Mitarbeiter, die Verordnungen auf das richtige Ausgefülltsein (wie soll man das sonst nennen....?) prüfen. Dadurch sparen sie Millionen. Obwohl die Leistung erbracht wurde, wird nicht gezahlt.


    Zum Kotzen.

  • So lange, wie bei der AOK noch im Hause selbst geprüft wird, hat man wenigstens selten noch mal eine Chance auf Kulanz, so dass nur auf EK+MwSt. retaxiert wird.

    Richtig böse sind die privaten Retax-Unternehmen. Sie kaufen den Kassen die potentiellen Forderungen ab und verdienen mit jeder Retax. Da geht es nicht um fach- und sachgerechte Versorgung der Patienten, sondern nur ums Geld.

    Der Physio- und Ergo-Bereich ist auch echt bitter dran, bei den Logopäden wird es kaum anders aussehen...

  • liege ich falsch, oder liegt die Wurzel vielen Übels auch hier... wie so oft... in der Privatisierung gewisser Dienste und Leistungen?

    (Früher war es halt einfach Krankenversicherung und so.... jetzt muss es sich rechnen und rentieren...


    Wie kann ein Gesundheitssystem sich rechnen und rentieren?

    Das ist doch Quatsch.)

  • Jepp. Und gleichzeitig will man die kleinen, bisher unabhängigen (!) Apotheken verdrängen und durch große Versandhändler und ein Oligopol von Ketten ersetzen.., das wird weder billiger noch besser. Zeigen die anderen europäischen Länder (die jetzt z.T. versuchen, mühevoll zurückzurudern).

  • Der Physio- und Ergo-Bereich ist auch echt bitter dran, bei den Logopäden wird es kaum anders aussehen...

    Von unserer Logopädin weiß ich, dass sie mit Luchsaugen erst mal jedes vom Arzt ausgestellte Rezept anschaut, ob nicht irgendwelche Fehler drauf sind. Sie hat uns auch schon mehrmals mit einem Rezept zum Arzt zurück geschickt, um das ändern zu lassen.

    Wenn sie ein falsch ausgestelltes Rezept annimmt, kann sie es nämlich nachträglich nicht mehr ändern lassen und bleibt dann auf den Kosten sitzen.

    Sie sagt, es liegt gar nicht an den Ärzten (unser Kinderarzt und der Zahnarzt und die Kieferorthopädin unserer Kinder sind nämlich durchaus willig, die Rezepte für Logopädie auszustellen, also da hat noch nie einer rumgemacht)

    Sondern die Kassen ändern andauernd ihre Vorgaben, und das ist hochkompliziert (und ein nicht beträchtlicher Teil der Arbeitszeit der Logopädin geht damit drauf, da up to date zu bleiben und hinterher zu sein)

  • Jepp. Und gleichzeitig will man die kleinen, bisher unabhängigen (!) Apotheken verdrängen und durch große Versandhändler und ein Oligopol von Ketten ersetzen.., das wird weder billiger noch besser. Zeigen die anderen europäischen Länder (die jetzt z.T. versuchen, mühevoll zurückzurudern).

    Das ist so traurig.

    Und war so vorhersehbar.

  • Danke, dass Ihr mir hier einen Raum gebt, das Bild vom feisten Schubladenzieher mal etwas gerade zu rücken.

    Die „böse Pharma“ ist mein Herzensthema, also danke fürs Lesen :)

  • Danke, dass Ihr mir hier einen Raum gebt, das Bild vom feisten Schubladenzieher mal etwas gerade zu rücken.

    Die „böse Pharma“ ist mein Herzensthema, also danke fürs Lesen :)

    Welches Bild vom feisten Schubladenzieher?


    Ich hatte im Studium mal einen WG-Mitbewohner, der Pharmazeutik (oder Pharmazie? gibt es da einen Unterschied?) studiert hat, und das war schon sehr interessant.

    Seitdem hab ich großen Respekt vor ApothekerInnen, und weiß auch, dass die sich einfach bei den Medikamenten oft sehr, sehr, sehr viel besser auskennen als die Ärzte.


    Und ich lasse mich bei uns in der Apotheke auch oft beraten (also natürlich lasse ich mich auch von unserem Arzt beraten, aber die Leute in unserer Apotheke halte ich, wenn ich mit einer Beschwerde oder einer Diagnose ankomme, für mindestens genauso kompetent wie den Arzt, was die Wahl des Arzneimittels angeht).