Hyperkinetische Störung im Sozialverhalten

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  • Sie reagiert bei allen Situationen, die sie gefühlt nicht kontrollieren kann, extrem aggressiv.

    In der Schule ist sie jetzt schon gemieden. Wer will schon mit einem Kind spielen, vor dem man Angst haben muss?

    Das klingt, als sei sie selbst grundlegend unzufrieden, unglücklich und wütend, so dass jede Kleinigkeit reicht, das Fass zum Überlaufen zu bringen.

    Mein ex ist polytox und bei uns gab es nie einen Tropfen im Haus.

    Außerdem bin ich von mph in dem Alter alles andere als begeistert.

    Ich verstehe, dass Du btms nicht in der Familie haben möchtest...


    Deine Tochter braucht Hilfe, das steht außer Frage. Was ich mit unseren Kindern tue, läuft auf "Stärken stärken, Schwächen ausgleichen" hinaus ( wenn ich es hinkriege. Manchmal laufe ich so auf dem Zahnfleisch, dass es nur darum geht, den Tag zu überstehen, dann den nächsten, danach den übernächsten, aber darum geht es hier nicht). Also positive Erlebnisse und Erfolge zu vermitteln. Daraus entsteht der Mut und die Kraft, an den Schwächen zu arbeiten.


    Trotzdem geht das erst, seit der Spezialist und ich niedrig dosiertes mph nehmen. Vorher waren wir viel zu gestresst, um etwas lernen zu können! Inzwischen haben wir so viele gute Gewohnheiten eingeschliffen, dass wir die Kapseln auch mal für ein Wochenende weglassen können, aber den längeren Auslassversuch in den Sommerferien brachen wir ab, weil es wieder unerträglich wurde; das Kind verweigerte alles, auch das, worauf er sich freute. Es ging einfach gar nichts mehr ohne Zwang.

    Mit mph profitiert er von der Ergo, vom Sporttraining, vom Forderunterricht in der Schule, kann mit seinem Bruder spielen, einen Teil der Hausaufgaben erledigen, Freundschaften pflegen, ist sauber und trocken, kann seine Zähne putzen - ohne nicht.


    So ist das bei uns. Was Euch hilft, wirst Du herausfinden müssen. Ich wünsche Dir viel Kraft dafür!


    Lieben Gruß - Silbermöwe


    P.S.

    Cordula Neuhaus schrieb irgendwo, dass die Suchtgefahr bei ungenügend oder gar nicht behandelten ADHSlern signifikant erhöht sei. Bei multimodal behandelten sei die Quote derer, die als Erwachsene eine Suchterkrankung haben, wesentlich niedriger. Ihre Bücher kann ich Dir sehr empfehlen, sie schreibt wissenschaftlich fundiert und kennt das Thema aus allen Perspektiven.


    pps. wusstest du, dass man auch für ADHS-Kinder einen Pflegegrad und Pflegegeld bekommen kann?

  • Klettermax Einiges , was du beschreibst erinnert mich sehr an meinen Sohn. In diesem Alter hatte er auch so gut wie keine Impulskontrolle. Bei ihm stand der Verdacht auf ADHS bzw. Asperger immer wieder im Raum. Gesichert ist aber nur die Hochbegabung. Er hat sehr gelitten unter der ständigen Reizüberflutung und der gleichzeitigen Unter- und Überforderung. Danke Silbermöwe in dem Zusammenhang auch an den Hinweis an SENG. Die finde ich ja auch klasse.


    Ich habe also keine Erfahrung mit Medikamenten. Was uns damals ein bisschen geholfen hat, war die Natur. Ich bin mit dem Kind jeden Nachmittag lange raus gegangen. Das hat ihn einigermaßen geerdet. Aber es hat mich wahnsinnig viele Resourcen gekostet. Ich war damals nicht berufstätig, und er ist mein einziges Kind, sodass ich das leisten konnte.


    Die gute Nachricht ist, dass sich vieles bei meinem mittlerweile 13-jährigen ausgewachsen hat. In der emotionalen Entwicklung hat er viel aufgeholt. Er ist immer noch ein etwas angespannter Jugendlicher, aber er hat seine Impulse fast immer im Griff. (Seine Aggression richtet er, wenn überhaupt, dann gegen sich selbst, was natürlich auch nicht optimal ist.) In der Klassengemeinschaft ist er heute ganz wunderbar integriert. In der Grundschule war er ein totaler Außenseiter.


    Toll fand ich übrigens dieses Buch: https://www.amazon.de/Emotiona…s-Explosive/dp/1618214578

  • Genau Silbermöwe : Cordula Neuhaus ist sehr zu empfehlen. Auch da haben wir ganz viel mitnehmen können und Strategien für den Umgang mit dem „schwierigen“ Kind bekommen.


    Wie gesagt, bezüglich mph kann ich mangels Erfahrung nichts beitragen. Aber ich würde es dem Kind nicht verweigern, wenn es ohne nicht zurecht käme. Bei uns hat das Verhaltenstraining dann auch ohne Medikamente Erfolg gezeigt. Bei „echten“ ADHS Kindern heißt es ja, soviel ich weiß, dass die Therapien erst eine Chance haben, wenn gleichzeitig medikamentös unterstützt wird.

  • JooBoo

    Danke für deine Nachricht.

    Mein Sohn nimmt seit Jahren Ritalin, weil er ADHS hat. Er wurde erst mit mph, jetzt Ritalin retard behandelt.

    Aber : wir haben erst, als er mit einem IQ von 130 in die Förderschule sollte Medikamente gegeben.

    Meine Tochter ist erst 6 Jahre alt, nicht 10, wie mein Sohn damals.

    Was bleibt, sind die Erinnerungen...
    schlaf gut, schlaf ruhig
    Ich werde dich nie vergessen und immer vermissen

    1976-2003-2013


    »Das Staunen ist der Anfang der Erkenntnis.«
    ― Platon

  • ritalin ist mph.


    Meine Tochter war 6 Jahre alt bei mph Beginn.

    10 Jahre bei stattera.


    Ich habe es nicht bereut.


    Ich wünschte, ich wäre als Kind behandelt worden.

    Meine halbe Familie schluckt antidepressiva.


    Ich medikinet und antidepressiva.

  • Kann mir jemand etwas darüber erzählen

    Das ist ein ADHD kombiniert mit einer Störung des Sozialverhaltens, die ohne ADHD mit F91 kodiert werden würde. Im DSM-5 nennt sich die Störung des Sozialverhaltens ODD oder oppositionnelle Störung. eine Störung des Sozialverhaltens hat man, wenn man viele Frage wie: ist leicht reizbar oder zornig, ist beleidigend oder nachtragend, gehässig und rachsüchtig, benutzt beleidigende ausdrücke, ärgert andere mit Absicht (exklusive Geschwister), und gibt anderen die Schuld für eigene Fehler mit ja beantworten kann für eine Dauer von mehr als 6 Monate und nicht nur zu Hause, sondern auch in der Schule und/oder im sozialen Umfeld.


    Für die Medikamente sprechen, auch im jungen Alter, viele Studien, die zeigen, dass obwohl die direkten ADHD Symptome wie Hyperaktivität und Aufmerksamkeit auf Dauer nicht immer positiv beeinflusst werden, die langzeitlichen Schwierigkeiten wie eben die Störungen des Sozialverhaltens, Drogengebruach usw. sich postiv mit den medikamenten beeinflussen lassen

    LG Heike


    Der richtige Mensch ist nicht der, mit dem immer alles toll ist, sondern der, ohne den alles blöd ist.

    2 Mal editiert, zuletzt von HeikeNorge ()

  • Klettermax: jetzt hab ich mich auf meine Finger gesetzt und klappt doch nicht, also: weder möchte ich unbedingt Medikamente propagieren, noch Juju ihren weg und ihre Erfahrungen absprechen, aber überleg dir, was du möchtest:

    In der Jackensituation kann das Kind

    - A sich angegriffen fühlen, reagieren, das andere Kind verbal oder körperlich angreifen

    - B sich angegriffen fühlen, Impulse kontrollieren, sich zurücknnehmen, die eigene jacke aufheben, schmollen

    - C erkennen, dass das andere Kind helfen möchte, die Jacke aufheben, sich bedanken


    Bei A und B geht es später weiter, denn das Kind fühlt sich blöd behandelt, versteht vielleicht, dass es anders gemeint war, kann dann schmollen, weil die andere das ja trotzdem so gesagt hat, dass man es falsch verstehen muss oder weil es das mal wieder nicht gebacken bekommen hat. - beides nicht schön für das Kind. Wenn auch B doch von außen ein voller Erfolg ist, weil es jetzt impulskontrolle hat.


    Weißt du, dass es da oft eine erbliche Komponente gibt, also mnd. ein Elternteil auch betroffen ist?


    Mein Rat: überleg dir, was du für dein Kind willst. Und dann guck dir alle (!) möglichen Wege an. Auch Medikamente. Lies in selbsthilfeforen. Bücher. Frag dich, ob du deinem Kind ein herzmittel verweigern würdest, weil das ja heftige nebenwirkungen hätte. Guck mal in den geburtstbericht, ob du Schmerzmittel bekommen hast und welche Nebenwirkungen die haben können.


    Ich wünsche deinem Kind offene Gedanken bei dir!

  • Noch einmal zur Erklärung.

    Ich werde, wenn absolut unumgänglich, natürlich keine Medikamente verweigern.

    Aber es sollte eben die letzte Lösung sein.

    Nicht die erste und einzige mögliche Lösung.

    Was bleibt, sind die Erinnerungen...
    schlaf gut, schlaf ruhig
    Ich werde dich nie vergessen und immer vermissen

    1976-2003-2013


    »Das Staunen ist der Anfang der Erkenntnis.«
    ― Platon

  • Noch einmal zur Erklärung.

    Ich werde, wenn absolut unumgänglich, natürlich keine Medikamente verweigern.

    Aber es sollte eben die letzte Lösung sein.

    Nicht die erste und einzige mögliche Lösung.

    Das Kind ist doch bestimmt schon länger aufgefallen.

    War bei uns so. Adhs Diagnose gibt es ja auch erst mit 6.

    Was habt ihr bisher gemacht an Therapien?


    Wie gesagt, alles was wir vorher an Therapien gemacht haben, hatte außer Geld, zeit und nerven kosten, keinen Effekt.

  • Wie gesagt, alles was wir vorher an Therapien gemacht haben, hatte außer Geld, zeit und nerven kosten, keinen Effekt.

    Das entspricht auch dem, was die Metaanalysen der Beurteilung der ADHD-Therapien schon seit Jahren schreiben. Auf Wunsch kann sie mal so einen Artikel verlinken.

    LG Heike


    Der richtige Mensch ist nicht der, mit dem immer alles toll ist, sondern der, ohne den alles blöd ist.

  • Das ist ein ADHD kombiniert mit einer Störung des Sozialverhaltens, die ohne ADHD mit F91 kodiert werden würde. Im DSM-5 nennt sich die Störung des Sozialverhaltens ODD oder oppositionnelle Störung. eine Störung des Sozialverhaltens hat man, wenn man viele Frage wie: ist leicht reizbar oder zornig, ist beleidigend oder nachtragend, gehässig und rachsüchtig, benutzt beleidigende ausdrücke, ärgert andere mit Absicht (exklusive Geschwister), und gibt anderen die Schuld für eigene Fehler mit ja beantworten kann für eine Dauer von mehr als 6 Monate und nicht nur zu Hause, sondern auch in der Schule und/oder im sozialen Umfeld.

    interessant. auch ich lerne noch neues. ist genau meine tochter.

    ich kann meinen vorschreiberin ansonsten zustimmen. meine tochter bekam in der 6. klasse den sonderschulstatus aufgrund des sozialverhaltens. da begannen wir mit medikanet (ein ritalin versuch war in der 5. gescheitert), in der 8. klasse wurde der sonderschulstatus aufgehoben, da ihr sozialverhalten sich massiv besserte. sagen wirs so es war 5 vor 12 mit medis zu beginnen. ich wollte das auch nie. habe mich dagegen gewehrt, sogar der sehr versierte psychologe war sich nicht sicher, da sie dort auch immer was vorgespielt hatte.

    die schlimmen jahre in der primarschule hätte ich ihr gerne erspart.

    ich bin fast sicher, dass sie ohne medikamente (und ihr 2. retter = eiskunstlauf) nicht da wäre wo sie heute ist.

    suchttendenzen hat sie, aber es hält sich wohl auch in grenzen, da sie ein tolles umfeld hat, eine lehrstelle, selbstbewusstsein, etc. und eben die medis, welche sie in absprache mit mir selber dosiert.

  • Ach Klettermax ....


    Ich würde dir deine Zweifel so gerne nehmen.ich habe mich so mies gefühlt und der damalige Kinderarzt war auch keine Hilfe.

    Ich habe dann um Überweisung in die kjp gebeten.

    Auf der Überweisung stand: ADHS, beratungsresistente Eltern#flop


    Vor 8 Jahren war das auch noch ein Makel, oder ich habe es so empfunden.

    Nicht Mal meine Eltern wussten anfangs Bescheid.


    Eine gute Freundin war zwar verständnisvoll, wurde aber nicht müde zu erwähnen, dass meine Tochter unter Medikamenten ja viel weniger fröhlich war als früher. Allerdings hat sie sie immer mit der unbeschwerten Zeit vor den sozialen Problemen verglichen. Da war sie max. 4.

    Und sie hat sie in der Regel Spätnachmittags im rebound oder bereits ohne Mediwirkung erlebt.


    Heute tut ihr das leid. Ihr Sohn nimmt seit 4 Jahren medikinet . Der hat null soziale Probleme,aber erhebliche Probleme in der schule. Sie hat sich mit der Entscheidung für Medikamente nicht so gequält, kannte es ja schon von uns und anderen.


    Mph, egal ob als Ritalin, medikinet, equasym, concerta.....und wie sie alle heißen, kann man einfach testen.

    Es ist ein bisschen tricky mit der geeigneten Dosierung, aber wenn es keine gewünschte Wirkung oder zu viel Nebenwirkung hat, nimmt man es am nächsten Tag nicht mehr und das war's.


    Deine Tochter leidet, du sicher auch.


    Ich bin fast daran kaputt gegangen. Mit Medikamenten ist auch nicht alles weggeblasen. Das sind maximal Krücken, aber es ist eine hilfe, auf die ich nicht verzichten wöllte.

    Weder für mich persönlich, noch für meine Kinder.

  • suchttendenzen hat sie, aber es hält sich wohl auch in grenzen, da sie ein tolles umfeld hat, eine lehrstelle, selbstbewusstsein, etc. und eben die medis, welche sie in absprache mit mir selber dosiert.

    Man hat zwar gefunden, dass Personen mit ADHD ein höheres Suchtrisiko haben, dieses Suchtrisiko aber nicht mit der Gabe der Medikamente zusammenhängt, eventuell das Suchtrisiko aber negativ beeinflusst werden kann durch die Gabe von Medikamenten, dh. Kinder/Jugendliche, die Medikamente erhalten, haben ein geringeres Risiko in den substance abuse zu geraten und die Medikamente werden als vorbeugend gesehen. Quelle zb. hier. Ich war dieses und letztes Jahr auf insgesamt 3 grossen ADHD Kongressen und das ist statistisch gesehen immer noch der aktuelle Stand der Dinge und wurde so ziemlich von allen auch so propagiert. Wenn ich mich richtig erinnere, ist der Zusammenhang erst recht gesehen worden, wenn die Kinder zusätzlich noch eine Störung des Sozialverhaltens hatten.


    Eine relative neue deutsche Studie bestätigte frühere Studien und zeigte, dass Erwachsene mit ADHD, die durch eine Straftat im Gefängnis gelandet waren, eine höhere Chance hatten, nach ihrer Entlassung wieder eine Straftat zu begehen/inhaftiert zu werden, wenn die ohne Medikamente waren, während die, die Medikamente bekamen, eine niedrigere Chance hatten, wieder eine Straftat zu begehen.

    LG Heike


    Der richtige Mensch ist nicht der, mit dem immer alles toll ist, sondern der, ohne den alles blöd ist.